VwGH 99/15/0159

VwGH99/15/015926.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der V Genossenschaft mit beschränkter Haftung in R, vertreten durch Blum, Brandauer & Partner, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 76, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 21. Mai 1999, RV 787/1- V6/98, betreffend Kapitalertragsteuer für März 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §27 Abs1 Z2;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §30 Abs1;
EStG 1988 §93 Abs2 Z2;
EStG 1988 §93;
EStG 1988 §27 Abs1 Z2;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §30 Abs1;
EStG 1988 §93 Abs2 Z2;
EStG 1988 §93;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin teilte dem Finanzamt mit, dass sie kuponauszahlende Stelle hinsichtlich des Index-Finanzproduktes SMI sei, welches folgende Parameter aufweise:

"(1) Bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

(3) Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren sind Kapitalerträge aus

1. Wertpapieren, die ein Forderungsrecht verbriefen und nach dem 31. Dezember 1983 in Schillingwährung begeben wurden,

2. Wertpapieren, die ein Forderungsrecht verbriefen und nach dem 31. Dezember 1988 in anderer Währung als Schillingwährung begeben wurden,

  1. 3. Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen,
  2. 4. Anteilscheine an einem Kapitalanlagefonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes 1963 sowie im Sinne des Investmentfondsgesetzes 1993, soweit die ausgeschütteten Beträge aus Kapitalerträgen gemäß Abs. 2 Z 3 und aus Kapitalerträgen gemäß

    Z 1, 2 und 3 bestehen, und

    5. Anteilsrechten an ausländischen Kapitalanlagefonds (§ 25 Abs. 2 Z 1 Investmentfondsgesetz 1963, § 42 Abs. 2 Z 1 Investmentfondsgesetz 1993).

    Diese Kapitalerträge sind im Inland bezogen, wenn sich die kuponauszahlende Stelle (§ 95 Abs. 3 Z 2) im Inland befindet."

    Bei Index-Anleihen erhält der Anleger für das hingegebene Kapital keine fixen, während der Laufzeit ausbezahlten Zinsen, sondern am Ende der Laufzeit einen - bei positiver Wertentwicklung des festgelegten Bezugsobjektes (Index) - das hingegebene Kapital übersteigenden Kapitalbetrag (Einlösungswert bzw Veräußerungserlös). Sinkt der Wert des Bezugsobjektes (Index) unter den ursprünglichen Ausgangswert, so reduziert sich dadurch auch der Rückzahlungsbetrag der Index-Anleihe. Dabei kann vereinbart sein, dass ein bestimmter Mindestbetrag stets zur Auszahlung kommt. Zivilrechtlich handelt es sich bei Index-Anleihen um Schuldverschreibungen. Käufer derartiger Papiere sind also Gläubiger, die dem Emittenten (Schuldner) Geld überlassen und nach Ablauf einer von vornherein feststehenden Frist ihr Kapital zurückfordern (vgl Heinrich, Die Besteuerung von Index-Anleihen im Privatvermögen ÖStZ 2000/901).

    Im Erwerb der Anleihe liegt die Überlassung von Kapital zur Nutzung gegen ein entsprechendes Entgelt. Das Entgelt knüpft in diesem Fall nicht an einen marktüblichen Zinssatz oder an den Gewinn des Schuldners an, sondern an eine andere von vornherein festgelegte Bezugsgröße. Die Differenz zwischen dem Rücklösungsbetrag, der sich nach den Anleihebedingungen bestimmt, und dem Ausgabepreis der Anleihe stellt einen Zinsertrag dar, sie bildet das Entgelt für die zeitraumbezogene Kapitalüberlassung (vgl nochmals Heinrich, aaO). Daran ändert nichts, dass im Falle einer negativen Wertentwicklung des Bezugsobjektes kein Entgelt für die Kapitalüberlassung anfällt.

    Die Beschwerdeführerin bringt vor, es müsse zwischen der Ertrags- und der Vermögenssphäre unterschieden werden. Die Abgrenzung sei danach vorzunehmen, ob bei der Ausgabe der Wertpapiere von vornherein eine Rendite versprochen werde, die bei der Rückzahlung mit Sicherheit erzielt werde. Sage der Emittent weder die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals noch einen Kapitalertrag verbindlich zu, lägen keine Kapitalerträge vor. Marktzins- und börsenkursbedingte Kursschwankungen seien der Vermögenssphäre zuzurechnen. Im gegenständlichen Fall sei weder die Kapitalrückzahlung noch die Ertragserzielung gewiss. Es bestehe eine Abhängigkeit davon, wie sich der entsprechende Aktienindex entwickle. Es sei unbegrenzte Gewinnmöglichkeit gegeben, aber auch ein mit 5% des eingesetzten Kapitals begrenztes Verlustrisiko. Die Erträge des Anlegers ergäben sich aus den Wertveränderungen des Kapitalstammes.

    Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die Beschwerde den Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach es sich bei der Index-Anleihe um ein Forderungswertpapier handle, nicht entgegentritt. Auch in der Beschwerde wird die Veranlagung als Forderungswertpapier bezeichnet. Das Beschwerdevorbringen, Kapitalerträge lägen nur vor, wenn von vornherein eine konkrete Rendite verbindlich zugesagt werde, erweist sich hingegen als unzutreffend. Das Gesetz kennt weder bei der Festlegung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in § 27 EStG noch bei der Regelung der Kapitalertragsteuer in § 93 eine derartige Einschränkung. Insbesondere im Falle einer stillen Gesellschaft besteht keine verbindliche Zusage einer Rendite; dennoch liegen in einem solchen Fall, wenn Gewinne zugewiesen werden, Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs. 1 Z 2 EStG sowie Kapitalerträge iSd § 93 Abs. 2 Z 2 leg. cit vor. Auch ein partiarisches Darlehen ist durch eine Beteiligung am Gewinn gekennzeichnet, sodass der Darlehensgeber nicht von vornherein mit einer Rendite rechnen kann (vgl hiezu das hg Erkenntnis vom 16. April 1991, 90/14/0120, Slg 6598/F)

    Der Umstand, dass bei den in Rede stehenden Forderungswertpapieren das Entstehen des Entgeltsanspruches den Anleihebedingungen gemäß dem Grunde und der Höhe nach davon abhängig ist, wie sich ein Aktienindex entwickelt, steht somit der Annahme von Kapitalerträgen iSd § 93 Abs. 3 EStG nicht entgegen.

    Es bleibt zu prüfen, ob Kapitalerträge iSd § 93 EStG auch vorliegen, wenn nach der zu Grunde liegenden Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen das eingesetzte Kapital nicht zur Gänze zurückgezahlt wird. Der Gesetzgeber sieht im Rahmen der Einkünfte als stiller Gesellschafter (§ 27 Abs. 1 Z 2 und § 93 Abs. 2 Z 2 EStG) ausdrücklich den Fall des Verlustes der Einlage vor. Er trifft in § 27 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 eine Regelung für Gewinnanteile, "soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind". Daraus ergibt sich, dass die Vereinbarung einer Verlustbeteiligung Kapitalerträgen nicht entgegensteht.

    Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die Einnahmen aus den - solcherart unter iSd § 93 Abs. 3 Z 2 EStG zu subsumierenden - Forderungswertpapieren der Kapitalertragsteuer unterliegen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin führt auch die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" nicht zu einer anderen Beurteilung.

    Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die in Rede stehenden Anleihen den Spekulationstatbestand des § 30 Abs. 1 EStG 1988 erfüllten, falls der angefallene Unterschiedsbetrag zwischen dem (höheren) Rücknahmepreis und dem Ausgabepreis nicht als Kapitalertrag anzusehen wäre. Zugleich mit dem Erwerb der Wertpapiere wurde nämlich (in den Anleihebedingungen) die Rückveräußerung bereits fix vereinbart. Auf die spätere Erfüllung des Verpflichtungsgeschäftes kommt es nicht an.

    Der Beschwerdeführer rügt schließlich, das Finanzamt habe es im Haftungsbescheid vom 25. Juni 1998 unterlassen, der Vorschrift des § 224 Abs. 1 BAO entsprechend eine Zahlungsfrist von einem Monat festzusetzen. Der Bescheid enthalte nur die Aufforderung, den Betrag innerhalb der sich aus der Buchungsmitteilung ergebenden Fälligkeit zu entrichten. Mit diesem Vorbringen ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil sich der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich darauf erstreckt, ob ein Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in seinen Rechten verletzt ist.

    Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 501/2001.

    Wien, am 26. November 2002

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