VwGH 90/14/0120

VwGH90/14/012016.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 30. März 1990, Zl. 30.248-3/90, betreffend Einkommensteuer 1979 bis 1983, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1175;
ABGB §863 Abs2;
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §983;
BAO §167 Abs2;
BAO §168;
BAO §22;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
EStG 1972 §27 Abs1 Z4;
HGB §112 Abs1;
HGB §118;
HGB §335;
HGB §338;
VwRallg;
ABGB §1175;
ABGB §863 Abs2;
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §983;
BAO §167 Abs2;
BAO §168;
BAO §22;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
EStG 1972 §27 Abs1 Z4;
HGB §112 Abs1;
HGB §118;
HGB §335;
HGB §338;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Fürstentum Liechtenstein. In seinen Einkommensteuererklärungen (bei beschränkter Steuerpflicht) für die Streitjahre 1979 bis 1983 wies er Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter bei einer inländischen offenen Handelsgesellschaft aus.

Das Finanzamt führte Veranlagungen gemäß § 102 Abs. 5 EStG durch. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung; er beantragte, die erklärten Kapitaleinkünfte als Erträge eines partiarischen Darlehens zu erfassen und hiebei das Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein (Besteuerung im Wohnsitzstaat) zu berücksichtigen. Durch neue vertragliche Vereinbarungen habe sich der Charakter der ursprünglichen Gesellschaft wesentlich verändert, weshalb der Beschwerdeführer nur mehr als Darlehensgeber angesehen werden könne. Die gelegten Einkommensteuererklärungen seien insoweit versehentlich falsch ausgefertigt worden. Die zu Unrecht abgeführte Kapitalertragsteuer möge rückvergütet werden.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe am 10. Juli 1972 mit der X. OHG nachstehenden Vertrag geschlossen:

"I. GRÜNDUNG

An der mit Gesellschaftsvertrag vom 31.10.1966 errichteten offenen Handelsgesellschaft X. OHG. mit den derzeitigen Gesellschaftern:

Frau X., Herr J.X. und Herr Dr. X.,

beteiligt sich der vertragsschließende Unterzeichnete (der Beschwerdeführer) als stiller Gesellschafter.

II. GEGENSTAND DES UNTERNEHMENS

Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung und der Betrieb von Fremdenverkehrsunternehmungen, wie Hotels, Autounternehmungen und Schilifts samt allen damit zusammenhängenden Nebengeschäften einschließlich Gemischtwarenhandlung und Tabaktrafik, insbesondere der Betrieb des Hotel "Y" und der Autounternehmung "Y-Tour", samt 2 Schleppliften und einer Gemischtwarenhandlung.

III. KAPITALBETEILIGUNG

Die Kapitalbeteiligung bzw. Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters (des Beschwerdeführers) beträgt ÖS 10 Millionen (zehn Millionen Öst. Schilling).

IV. EINBRINGUNG

Die Einlage des stillen Gesellschafters ist bis 15. Juli 1972 durch Banküberweisung oder Bankscheck zu leisten. Rückständige Einlagen sind mit 7,5 Prozent p.a. seit Fälligkeit zu verzinsen.

V. DAUER DER GESELLSCHAFT

Das Gesellschaftsverhältnis beginnt mit 1. Juli 1972 und kann erstmalig zum 31. Dezember 1973 gekündigt werden. Wird es nicht gekündigt, so verlängert es sich jeweils um ein Jahr. Die Kündigung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.

VI. GESCHÄFTSFÜHRUNG UND VERTRETUNG

Zur Geschäftsführung und Vertretung sind gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nur die Gesellschafter Dr. X. und J.X. berechtigt und verpflichtet. Die Geschäftsführungsbefugnisse erstrecken sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für die nachfolgend aufgeführten Geschäfte ist in jedem Fall ein Gesellschafterbeschluß erforderlich:

Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundbesitz, bauliche Erweiterungen, ausgenommen laufende Instandsetzungsarbeiten, Erwerb von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, Vornahme von Investitionen, welche pro Einzelgeschäft den Betrag von 1 Million ÖS übersteigen, Aufnahme und Erhöhung von Krediten, welche den Stand zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages um mehr als 500.000,-- ÖS übersteigen.

VII. INFORMATIONS- UND KONTROLLRECHT

Das Informations- und Kontrollrecht gemäß § 118 HGB steht auch dem stillen Gesellschafter zu.

VIII. WETTBEWERBSVERBOT

Der stille Teilhaber darf der Gesellschaft während seiner Vertragszeit weder mittelbar noch unmittelbar, direkt oder indirekt, gelegentlich oder gewerbsmäßig Konkurrenz machen oder sich als persönlich haftender Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen. Verboten sind alle Geschäfte im Handelszweig der Gesellschaft, und zwar im eigenen oder fremden Namen, auf eigene oder für fremde Rechnung. Das Konkurrenzverbot wird über die Vertragszeit hinaus ausgedehnt. Es gilt auch noch für die Dauer von 2 Jahren nach Ausscheiden des stillen Teilhabers.

IX. GESELLSCHAFTERBESCHLÜSSE

Gesellschafterbeschlüsse erfolgen mit einfacher Mehrheit. Abgestimmt wird nach Kopfteilen.

X. JAHRESABSCHLUSS

Die Geschäftsführung hat nach Abschluß eines Geschäftsjahres eine Bilanz samt Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Für die Buchführung, Bilanzierung und Bilanzgliederung gelten die aktienrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften. Diese Bilanz ist unverändert auch für die Gewinn- und Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters zugrundezulegen. Kapital- und Gewinnanteil des stillen Gesellschafters sind in der Bilanz auszuweisen.

XI. GEWINN- UND VERLUSTBETEILIGUNG

Am einkommensteuerpflichtigen Gewinn sowie am Verlust ist der stille Gesellschafter mit 10 Prozent beteiligt.

Als Gewinnvoraus erhält der stille Gesellschafter sein Einlagekonto vorab mit 5 Prozent p.a. verzinst.

XII. GESELLSCHAFTERKONTO

Das Kapitalkonto des stillen Gesellschafters wird als Festkonto geführt, jedoch mit der Einschränkung, daß Verluste nach Maßgabe des Punktes XI abzubuchen sind.

XIII. ENTNAHMEN

Der stille Gesellschafter darf den auf ihn entfallenden Gewinnanteil bzw. Gewinnvoraus in vollem Umfang entnehmen.

XIV. ABTRETUNG DER BETEILIGUNG

Der stille Gesellschafter kann seine Beteiligung nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter an Dritte veräußern oder abtreten. Dadurch erwirbt der neue Gesellschafter alle Rechte und Pflichten des veräußernden Gesellschafters.

Die Abtretung der Beteiligung kann immer nur mit Wirkung zum Ende des Geschäftsjahres erfolgen.

XV. AUSEINANDERSETZUNG

Im Auseinandersetzungsfalle ist das buchmäßige nominelle Kapitalkonto des ausscheidenden stillen Gesellschafters, sowie es sich aus der letzten festgestellten Jahresbilanz = Steuerbilanz ergibt, für die Abfindung unverändert zugrundezulegen. Die letzte ordnungsmäßig festgestellte Jahresbilanz bleibt auch dann maßgeblich, wenn die Steuerbilanz im Zuge einer Betriebsprüfung nachträglich geändert wird. Der Geschäftswert ist bei der Auseinandersetzung nicht in Ansatz zu bringen. Das Abfindungsguthaben ist mit 5 Prozent p.a. zu verzinsen.

XVI. SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgen.

Für die Bestimmungen dieses Vertrages ist das österreichische Recht anwendbar.

Für allfällige Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist ausschließlich das Gericht des Sitzes der Gesellschaft zuständig ..."

Unstrittig sei, daß dieser Vertrag nicht nur auf Grund seiner Bezeichnung sondern auf Grund seines gesamten Inhaltes ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft sei. Strittig sei hingegen, ob und allenfalls wann die stille Gesellschaft in ein partiarisches Darlehen umgewandelt worden sei. Der Beschwerdeführer habe hiezu eine von ihm und den Gesellschafter-Geschäftsführern Dr. X. und J.X. unterzeichnete "Feststellung" vom 18. September 1986 beigebracht, in der es heiße:

"Die unterfertigten Vertragspartner stellen übereinstimmend fest, daß der urspüngliche Gesellschaftsvertrag vom 10.7.1972 laufend durch schriftliche und mündliche Absprachen und Vereinbarungen abgeändert worden ist.

Es wird sohin gemeinsam festgestellt, daß jedenfalls ab dem Jahre 1978 noch folgende Vereinbarungen aufrecht erhalten wurden und pro futuro verbindlich sind:

Wie die abgelaufenen Betriebsjahre bewiesen haben, wurden keinerlei Gesellschafterbeschlüsse hinsichtlich Erwerb, Veräußerung und Belastung des Grundbesitzes, der baulichen Erweiterung, der Erwerb von gesellschaftlichen Beteiligungen und überhaupt Investitionen in jeglicher Höhe und damit zusammenhängende Kreditaufnahmen getätigt und wurden somit die einschränkenden Bestimmungen des Punktes VI des Gesellschaftsvertrages niemals effektuiert und gelten daher als aufgehoben.

Damit ergibt sich auch, daß entgegen den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen auf Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse verzichtet wurde und auch weiterhin keine gegeben ist.

Weiters stellte sich die Wettbewerbsklausel gemäß Punkt VIII des Vertrages sehr bald als übertriebene Vorsichtsmaßnahme heraus und wurde einvernehmlich davon Abstand genommen.

Das Informations- und Kontrollrecht bestand und besteht lediglich in der Vorlage der Jahresbilanz.

Durch die Umstellung der Darlehensvaluta auf die Frankenbasis und Erhöhung der Zinsen auf 7 Prozent wurde von der Gewinn- und Verlustbeteiligung gemäß Punkt XI Abstand genommen und auf diesbezügliche Ansprüche der Vorjahre verzichtet. Damit ist auch die Bestimmung der Punktes XIII hinsichtlich der vollen Entnahmemöglichkeit hinfällig.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß eine Betriebspflicht niemals ausdrücklich vereinbart wurde und daher auch weiterhin nicht besteht.

Da die gesellschaftliche Bindung längst gelöst wurde, ist Punkt XV des Vertrages den geänderten Verhältnissen entsprechend zu verstehen und bestimmt sich das Auseinandersetzungsguthaben lediglich aus dem aktuellen Gegenwert der hingegebenen Frankensumme (sfr. 1.650.000,--).

Es besteht weiterhin kein Verbot der Aufnahme anderer Gesellschafter sowie eine Abtretung der Darlehensforderung ohne Zustimmung der Schuldnerin möglich ist.

Die Darstellungen des geänderten Rechtsverhältnisses in den Bilanzen der Jahre 1978 bis 1983 waren falsch.

Der seit dem Jahre 1978 erfolgte Übergang vom einstigen Gesellschaftsverhältnis in ein Darlehensverhältnis wird hiermit bestätigt und mit nachstehenden Unterschriften bekräftigt."

Die weiteren Ausführungen der belangten Behörde lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Aus der (im einzelnen dargestellten) Korrespondenz ergebe sich, daß der Inhalt getroffener Vereinbarungen immer schriftlich niedergelegt und meist gegengezeichnet worden sei. Da sowohl der Beschwerdeführer als auch Dr. X. rechtskundig seien, liege es nahe, daß die Schriftform wegen ihrer Beweiskraft gewählt und beibehalten worden sei. Auf die vereinbarte Form sei immer wieder Bezug genommen worden. Mündliche Vertragsänderungen seien daher nur insoweit glaubhaft, als die mündlichen Absprachen durch den Inhalt der vorgelegten Schreiben gedeckt seien. Damit sei für die Streitjahre keine Änderung der Vertragspunkte VI, VII, IX und XIV erwiesen.

Die Behauptungen in der "Feststellung" vom 18. September 1986 würden durch den aktenkundigen Geschehnisablauf nicht gestützt: eine Vertragsbestimmung werde keineswegs dadurch aufgehoben, daß sie nicht zur Anwendung gelange. Aus der tatsächlichen Vertragshandhabung könnten höchstens Rückschlüsse auf den Parteiwillen gezogen werden. Das von der X. OHG in Aussicht genommene Investitionsvorhaben sei zum Zeitpunkt der Einlage schon festgestanden und müsse die Zustimmung des Beschwerdeführers (Vertragspunkt VI) gefunden haben, da er zur Leistung sonst nicht bereit gewesen wäre. Auch die Darlehensaufnahme bei einer Bank müsse vom Beschwerdeführer gebilligt worden sein, da in diesem Zusammenhang eine Pfandrechtseinverleibung zugunsten des Beschwerdeführers unterblieben sei, um der Bank den ersten Pfandrang zu wahren. Die Korrespondenz deute daraufhin, daß sich der Beschwerdeführer über die Einsicht in die Jahresbilanz hinaus von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichtet habe (Vertragspunkt VII). Auch für die Zulässigkeit einer Abtretung ohne Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter gebe es im Streitzeitraum keine Grundlage (Vertragspunkt XIV).

Gegen ein bloßes Versehen spreche, daß sich der Beschwerdeführer in allen Streitjahren als stiller Gesellschafter bezeichnet habe, daß von der X. OHG insgesamt acht Kapitalertragssteueranmeldungen für ihren stillen Gesellschafter abgegeben worden seien und daß auf beiden Seiten rechtskundige Personen beteiligt gewesen seien.

Die vorgelegte Korrespondenz stelle nur eine Ergänzung zum Gesellschaftsvertrag dar, ohne diesen außer Kraft zu setzen. Sie beinhalte keinen Ausschluß der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Verlustbeteiligung (Vertragspunkt XI), sondern beziehe sich insoweit lediglich auf die Berechnung des Gewinnvorauses. In den Jahresabschlüssen der X. OHG 1976/77 bis 1978/79 seien die aufgetretenen Verluste vielmehr anteilsmäßig dem Beschwerdeführer zugewiesen worden. Durch die Vereinbarung, die Einlage mit jenem Schillingbetrag zu tilgen, der dem investierten Schweizer-Franken-Betrag entspreche, sei zwar der Vertragspunkt XV berührt worden. Es widerspreche der Annahme einer stillen Gesellschaft aber nicht, daß der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Auseinandersetzung mehr bekomme, als dem buchmäßigen Stand entspreche. Andererseits sei es dem Beschwerdeführer gemäß Vertragspunkt XIII weiterhin frei gestanden, den auf ihn entfallenden Gewinnanteil bzw. Gewinnvoraus im vollen Umfang zu entnehmen. Gegen einen Verzicht auf vorjährige Ansprüche aus der Gewinn- und Verlustbeteiligung (Vertragspunkt XI) spreche auch, daß dem Beschwerdeführer 1980 bis 1982 in den Bilanzen Gewinnanteile gutgebucht worden seien.

Das Verhalten des Beschwerdeführers, der mehrmals wegen betrieblicher Probleme Erleichterungen für fällige Zahlungen gewährt habe, sei eher Ausdruck einer gesellschaftlichen Verbundenheit als typisch für einen Geldgeber, der nur auf seine individuellen Interessen Bedacht nehme und sozialrechtliche Bindungen nicht berücksichtige. Durch die Stundungsbereitschaft des Beschwerdeführers sei die X. OHG in die Lage versetzt worden, die dem Beschwerdeführer geschuldeten Beträge (unverzinst) zugunsten des Betriebes zu verwenden.

Dem Beschwerdeführer seien Kontroll- und Informationsrechte zugestanden worden, wie sie von Gesetzes wegen nur der Gesellschafter einer OHG habe. Großzügige Überwachungsrechte könnten zwar auch dem einseitigen Sicherungsbedürfnis eines Darlehensgebers entspringen; Indizwirkung komme der Stärke der eingeräumten Rechte aber immerhin zu.

Die Besicherung für die Rückgewähr der Einlage sei zu einem Zeitpunkt vereinbart worden, als unbestritten ein Gesellschaftsverhältnis vorgelegen habe. Auch ein stiller Gesellschafter könne im Hinblick auf sein Beteiligungsrisiko sicherungsbedürftig sein. Es sei nicht überzeugend, daß die vereinbarte Besicherung "nunmehr" gegen ein Gesellschaftsverhältnis spreche. Dr. X. und J.X. hätten zwar Liegenschaftsteile schriftlich verpfändet, die Ausfertigung einer verbücherungsfähigen Urkunde sei aber ebenso unterblieben wie im Hinblick auf einen benötigten Bankkredit die Einverleibung des Pfandrechtes. Dies deute daraufhin, daß der Beschwerdeführer hierauf nicht zuletzt unter Bedachtnahme auf den gemeinsamen Gesellschaftszweck verzichtet habe.

Der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes (Vertragspunkt VIII) komme für die rechtliche Beurteilung keine besondere Bedeutung zu. Hingegen stelle die Abtretungsregelung (Vertragspunkt XIV) ein geeignetes Abgrenzungskriterium dar, nicht aber die Zugrundelegung der Steuerbilanz für die Gewinnverteilung (Vertragspunkt X).

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insoweit verletzt, als seine strittigen Einkünfte nicht als solche aus einem (partiarischen) Darlehen behandelt wurden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist, ob die in Rede stehenden Einkünfte des Beschwerdeführers aus einer Beteiligung als stiller Gesellschafter oder aus einem partiarischen Darlehen stammen.

Diese Abgrenzung bereitet bei der Vertragsauslegung insbesondere dann Schwierigkeiten, wenn eine Verlustbeteiligung - diesfalls könnte kein Darlehen vorliegen - ausgeschlossen wurde. Vertragsinhalt, Vertragszweck und wirtschaftliche Zielsetzungen sind im Einzelfall vor allem dahin zu würdigen, ob bloße Kreditierung oder gemeinsame Gesellschaftsinteressen überwiegen. Lehre und Rechtsprechung ziehen für diese Prüfung regelmäßig eine Reihe von Kriterien wie Mitwirkungs- und Kontrollrechte oder atypische Gestaltungen heran (vgl. Straube in Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, § 335 Rz 31; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts

  1. 5. Auflage, Seite 163; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht II
  2. 3. Auflage, Seite 197; Nietsche in Ruppe, Familienverträge Seite 522; Neuner, Stille Gesellschaft im Abgabenrecht

    3. Auflage, Tz F 1-17; K. Schmidt in Schlegelberger, Kommentar zum HGB 5. Auflage, § 335 (§ 230 n.F.) Rz 51 ff; Zutt im Großkommentar zum HGB 4. Auflage, § 230 Rz 22 f;

    Hermann-Heuer-Rauppach, Kommentar zur Einkommensteuer, § 20 Tz 188 mit Ergänzungen, sowie die jeweiligen Judikaturhinweise).

Der Beschwerdeführer behauptet, die Vertragsteile hätten schon bei Vertragsabschluß die Gewährung eines partiarischen Darlehens gewollt. Dieser Standpunkt, den er nicht einmal im Verwaltungsverfahren eingenommen hatte, ist mit dem Inhalt des Vertrages vom 10. Juli 1972 schon deshalb nicht zu vereinbaren, da in diesem eine Verlustbeteiligung vorgesehen ist.

Der "Feststellung" vom 18. September 1986 kommt für die Streitjahre keine selbständige, rückwirkende Kraft zu. Auf "festgestellte" schriftliche Vertragsänderungen ist noch einzugehen. Soweit Änderungen durch mündliche Absprache behauptet werden, pflichtet der Gerichtshof den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde bei, wonach die Vertragspartner vom vertraglich vereinbarten Formzwang auch in den Folgejahren nicht einvernehmlich abgegangen sind. Auffällig ist, daß der Übergang vom Gesellschaftsverhältnis zum Darlehensverhältnis 1978 erfolgt sein soll: Erstmals für dieses Jahr waren gemäß § 111 Abs. 4 EStG 1972 beschränkt Steuerpflichtige, die Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter beziehen, mit diesen Einkünften zur Einkommensteuer zu veranlagen, während bis dahin die Einkommensteuer durch den Steuerabzug (§ 93) als abgegolten galt (vgl. Neuner a.a.O. Tz F 27).

Ob die Vertragsteile bei der zwischenzeitigen Kündigung - nunmehr in Kenntnis der rechtlichen Problematik - wie bei der Rückzahlung eines Darlehens vorgegangen sind, ist für die Beurteilung der Rechtslage in den Streitjahren nicht maßgebend.

Allerdings ist es schon vor den Streitjahren zu Vertragsänderungen gekommen, die entsprechend Vertragspunkt XVI schriftlich festgehalten wurden. Im mit Gegenbrief des Beschwerdeführers vom 30. April 1975 bestätigten Schreiben der X. OHG vom 28. April 1975 heißt es:

"Wir bestätigen hiermit auch unser Einverständnis zur eindeutigeren Formulierung des Punktes XI, wonach der Gewinnvoraus unabhängig vom einkommensteuerlichen Ertrag zu leisten ist und daß der Zinssatz sich dem jeweiligen Niveau der Bank in Liechtenstein angleicht, daß jedoch ein Absinken unter 5 Prozent nicht möglich ist."

Im gegengezeichneten Schreiben des Beschwerdeführers vom 30. Juni 1976 wird folgendes festgehalten:

"1. Es besteht darüber Einvernehmen, daß meine Einlage auf der Kursbasis von Franken 16,50 pro Schilling 100,-- geleistet worden und die Einlage daher mit jenem Schilling-Betrag zu tilgen ist, der für mich dem von mir investierten Betrag von Franken 1,650.000,-- entspricht.

2. Der Gewinnvoraus von 5 Prozent ist jeweils auf der Basis meiner Einlage in Franken ausgedrückt zu berechnen und mir daher mit jenem Schilling-Betrag zu überweisen, der dem Franken-Betrag von Franken 82.500,-- entspricht (5 Prozent von Franken 1,650.000,--).

Hiezu kommt noch das (allerdings im Zusammenhang mit einer Zwischenabrechnung des Steuerberaters ergangene) gegengezeichnete Schreiben des Beschwerdeführers vom 22. Jänner 1980, demzufolge "die Verluste ohnehin - wie schon lange vereinbart - nicht mehr berücksichtigt werden dürfen".

In diesem Schriftverkehr ist nach der - von der Meinung der belangten Behörde abweichenden - Auffassung des Gerichtshofes nicht bloß eine Berechnungsregel für den Gewinnvoraus, sondern schlechthin ein Ausschluß der Verlustbeteiligung gelegen. Dem Beschwerdeführer wurde wegen der unerwartet schlechten Ertragslage der X. OHG einerseits abweichend von Vertragspunkt XI eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals (vgl. K. Schmidt und Zutt a.a.O., sowie das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 1. Juni 1978, BStBl. II 570), andererseits abweichend von Vertragspunkt XV für den Auseinandersetzungsfall die Rückzahlung der vollen Einlage zugesichert, ohne daß es auf die Abbuchung von Verlusten vom Kapitalkonto des stillen Gesellschafters gemäß Vertragspunkt XII ankäme. Daß in Jahresabschlüssen folgender Verlustjahre solche Abbuchungen vorgenommen wurden, war für die Ansprüche des Beschwerdeführers ebensowenig von Bedeutung wie die Bezeichnung, unter der der Gewinnvoraus von der X. OHG gebucht wurde. Zutreffend verweist die belangte Behörde darauf, daß die Ansprüche des Beschwerdeführers unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifikation den Gewinn der X. OHG schmälerten.

Mit dem Ausschluß einer Verlustbeteiligung wurde aber nicht etwa auch eine Gewinnbeteiligung des Beschwerdeführers ausgeschlossen, was zur Annahme eines - nicht einmal partiarischen - Darlehens führen würde: Ein Verzicht des Beschwerdeführers auf die Gewinnbeteiligung ergibt sich aus der Korrespondenz nicht. Ein über die garantierte Mindestverzinsung allenfalls hinausgehender Gewinnanteil war ihm gutzubringen, da es sich eben lediglich um einen Gewinnvoraus handelte. Eine Erhöhung des Kapitalkontostandes - damit der Berechnungsgrundlage für Gewinnanteil bzw. Gewinnvoraus und Auseinandersetzungsguthaben - über die Einlage hinaus konnte sich durch Gewinne ohnehin nicht ergeben, da das Kapitalkonto - abgesehen von der Abbuchung von Verlusten - als Festkonto zu führen war.

Für die strittige Abgrenzung sind nach Auffassung des Gerichtshofes folgende weiteren, von Vertragsänderungen vor oder in den Streitjahren unberührt gebliebenen Vertragspunkte heranzuziehen, die freilich insgesamt für die Annahme einer stillen Gesellschaft sprechen:

Da auf beiden Seiten rechtskundige Personen beteiligt waren, kann zunächst der Bezeichnung des Vertrages und der im Vertrag und der Korrespondenz gebrauchten gesellschaftsrechtlichen Diktion nicht jede Indizwirkung abgesprochen werden (vgl. auch K. Schmidt a.a.O.).

Der Beschwerdeführer war gemäß Vertragspunkt VI bei außergewöhnlichen Geschäften an der Geschäftsführung beteiligt. Ein solches Mitwirkungsrecht steht einem bloßen Darlehensgeber typischerweise nicht zu (vgl. auch Neuner a.a.O. Tz F 9). Daß der Beschwerdeführer von diesem Recht allenfalls keinen Gebrauch gemacht hatte, weil etwa die wesentlichen Investitions- und Kreditentscheidungen schon im Zeitpunkt der Vertragserrichtung gefallen waren, bedeutete nicht schon, daß der Vertrag insoweit geändert worden wäre.

Im Vertragspunkt VII wurde dem Beschwerdeführer das Kontrollrecht gemäß § 118 HGB, wie es sonst nur einem persönlich haftenden Gesellschafter zusteht, eingeräumt. Seine Rechte wurden daher sogar über die Rechtsstellung eines stillen Gesellschafters gemäß § 338 HGB hinaus verstärkt, was für ein Gesellschaftsverhältnis spricht. Auch hiebei ist zu bemerken, daß eine zurückhaltende Ausübung eines Rechtes nicht schon zum Verlust desselben führt. Im übrigen ist der Korrespondenz durchaus zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer über die Angelegenheiten der X. OHG unterrichtet hatte. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn es ihm hiebei insbesondere um den Ertrag seiner Beteiligung ging, zumal auch ein stiller Gesellschafter an der Wahrung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche interessiert ist. Dem Beschwerdeführer ist freilich zuzugeben, daß bei der Gewichtung des in Rede stehenden Kriteriums zu berücksichtigen ist, daß auch Darlehensgeber sich häufig vertragliche Kontrollrechte ausbedingen (vgl. auch Neuner a. a.O. Tz F 8 und 10; K. Schmidt a.a.O.).

Das im Vertragspunkt VIII vereinbarte, sogar über die Vertragszeit hinaus ausgedehnte Wettbewerbsverbot spricht nicht gegen, sondern für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses. Dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1960, Slg. Nr. 2255/F, lag ein abweichender Sachverhalt zugrunde. Damals hatte sich ein Vertragspartner zur Finanzierung von Geschäften des anderen bereit erklärt; der Geschäftsinhaber hatte sich verpflichtet, während der Laufzeit des Abkommens keine gleichartigen Vereinbarungen mit anderen Personen abzuschließen. Die Einseitigkeit dieser Klausel hatte der Gerichtshof als gegen einen Zusammenschluß zu einem gemeinschaftlichen Erwerb sprechend angesehen. Im Beschwerdefall geht es aber nicht darum, daß es einem oder beiden Vertragspartner untersagt wäre, gleichartige (Beteiligungs)Verträge mit anderen einzugehen, sondern um ein für den Beschwerdeführer geltendes Verbot aller Geschäfte im Handelszweig der Gesellschaft sowie der Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen; ein solches Verbot traf gemäß § 112 Abs. 1 HGB (eine abweichende Regelung ist nicht behauptet worden) auch die Gesellschafter der X. OHG. Eine zweiseitige Konkurrenzklausel in dem Sinne, daß auch der OHG verboten würde, im Geschäftszweig des Beschwerdeführers Geschäfte zu tätigen, hat dieser bei seiner Argumentation offenbar selbst nicht im Auge. Der Gerichtshof ist somit der Auffassung, daß das Wettbewerbsverbot gemäß Vertragspunkt VIII durchaus als Ausfluß einer gesellschaftlichen Treuepflicht angesehen werden kann.

Auch das Zustimmungserfordernis für eine Abtretung der Beteiligung in Vertragspunkt XIV ist für eine Personengesellschaft typisch (vgl. auch Neuner a.a.O. Tz F 16; K. Schmidt a.a.O.). Unzutreffend ist die Auffassung des Beschwerdeführers, diese Bestimmung hätte nur für die erste Zeit nach Abschluß des schriftlichen Vertrages gegolten. Der spätere Ausschluß einer Verlustbeteiligung stand hiemit in keinem Zusammenhang. Richtig - und die Bedeutung dieses Abgrenzungskriteriums abschwächend - ist allerdings, daß auch im Falle eines Darlehens ein Zessionsverbot vereinbart werden kann.

Keine besondere Bedeutung für die strittige Abgrenzungsfrage mißt der Gerichtshof im Beschwerdefall der Dauer und Lösbarkeit des Vertragsverhältnisses (vgl. K. Schmidt a. a.O.) und der getroffenen Besicherungsvereinbarung bei. Sowohl ein stiller Gesellschafter als auch ein Darlehensgeber kann an Sicherheiten interessiert sein (vgl. K. Schmidt und Zutt a.a.O.). Zu einer dinglichen Sicherung ist es mangels Verbücherung eines Pfandrechtes ohnehin nicht gekommen; es wurde lediglich ein obligatorisches Pfandversprechen gegeben (vgl. hiezu Petrasch in Rummel, Kommentar zum ABGB, § 451 Rz 1, § 1368 Rz 1, 2 und 5). Für gesellschaftliche Motive des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang spricht das Schreiben der X. OHG vom 14. Juli 1972, in dem es heißt:

Auf eine (richtig: Von einer) Pfandrechtseintragung wird derzeit Abstand genommen, weil im Hinblick auf die Finanzierung und Durchführung des geplanten Erweiterungsbaues am Hotel Y eine öffentliche Belastung des Grundbuches untunlich ist, erstens weil für die (Bank)Darlehen ... der erste Rang gewahrt bleiben muß, und zweitens weil durch das Öffentlichkeitsprinzip des Grundbuches der Zweck einer stillen Beteiligung verfehlt wäre.

Zusammenfassend ergibt sich aus den aufgezeigten, überwiegend ein Gesellschaftsverhältnis der Vertragspartner indizierenden Vertragselementen, daß die belangte Behörde für die Streitjahre zu Recht vom Bestand einer stillen Gesellschaft ausging. Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.

Ein Verfahrensmangel soll darin gelegen sein, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht persönlich vernommen habe, obwohl im Vorlageantrag ausdrücklich dessen Ladung und Einvernehmung in der mündlichen Berufungsverhandlung beantragt worden sei. Weiters hätte die belangte Behörde die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der X. OHG und den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers von Amts wegen als Zeugen einvernehmen müssen.

Dem ist folgendes zu entgegnen: Der Beschwerdeführer wurde zu Handen seines steuerlichen Vertreters zur von ihm beantragten mündlichen Verhandlung über seine Berufung geladen, erschien jedoch nicht. Die belangte Behörde mußte daher nicht annehmen, daß er seinem bisherigen Vorbringen und den Ausführungen seines Vertreters noch etwas wesentliches hinzuzufügen hätte.

Was die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der X. OHG anlangt, so legte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren die von diesen (und ihm) unterfertigte "Feststellung" vom 18. September 1986 vor, die im angefochtenen Bescheid ausführlich gewürdigt wurde. Die Einholung schriftlicher Äußerungen von Zeugen ist im Abgabenverfahrensrecht zulässig (§ 173 Abs. 1 BAO). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, welche über die schriftliche Darstellung hinausgehenden Aufschlüsse im Falle einer mündlichen Äußerung der Gesellschafter-Geschäftsführer zu gewinnen gewesen wären. Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers schließlich kam in der mündlichen Verhandlung über die Berufung zu Wort; es stand ihm frei, auch Erläuterungen zu den von ihm erstellten Bilanzen abzugeben.

Es erweist sich sohin auch die Verfahrensrüge als nicht begründet.

Die vorliegende Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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