Normen
AusgleichsO §48;
AusgleichsO §53 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §156 Abs1;
KO §156;
VwGG §13 Abs1 Z1;
AusgleichsO §48;
AusgleichsO §53 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §156 Abs1;
KO §156;
VwGG §13 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,86 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß den §§ 9 und 80 BAO als Haftungspflichtiger für aushaftende Abgabenschulden der S GesmbH im Ausmaß von S 110.088,--
(überwiegend Umsatzsteuerzahllasten und Lohnabgaben) herangezogen.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen - soweit für das Beschwerdeverfahren maßgeblich - aus: Die S GesmbH sei am 24. Februar 1992 gegründet worden, der Beschwerdeführer sei seit 26. April 1994 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 14. September 1998 sei über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden, dieses habe mit einem Zwangsausgleich geendet. Der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung stehe jedoch dieser Zwangsausgleich mangels rechtskräftiger Bestätigung nicht entgegen. Der Beschwerdeführer habe das Vorliegen einer Pflichtverletzung zunächst mit dem Hinweis verneint, die S GesmbH hätte das Taxigewerbe in der Weise geführt, dass jeder Geschäftsführer selbständig für die Gesellschaft tätig und für den von ihm betriebenen Geschäftsbereich verantwortlich gewesen wäre. Unzutreffend sei die Verantwortung des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 2. März 1999, für die Wahrnehmung der ihn treffenden Erklärungs- und Zahlungspflichten sei Bruno K. zuständig gewesen. Dieser habe nämlich erklärt, für die Abgabenangelegenheiten des Beschwerdeführers nicht zuständig gewesen zu sein. "Selbst wenn man der Verantwortung des Berufungswerbers folgen würde", wonach Bruno K. für die Wahrnehmung der Erklärungs- und Zahlungspflichten zuständig gewesen wäre, sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Betrauung eines "Dritten" mit steuerlichen Agenden den Geschäftsführer einer GesmbH nicht von seiner Pflicht enthebe, die Tätigkeit dieser Personen in einer Weise zu überwachen, die es ausschließe, dass ihm Steuerrückstände verborgen blieben. Für eine solche Kontrolle könne selbst mit regelmäßigen Berichterstattungen und Kontakten mit dem steuerlichen Vertreter ohne jegliche Vergewisserung über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Berichte durch entsprechende Kontrollen der Geschäftstätigkeit und der Geschäftsunterlagen nicht das Auslangen gefunden werden. Dass der Beschwerdeführer Bruno K. in einer ausreichenden Weise überwacht hätte, sei nicht behauptet worden. Hinsichtlich der nach dem 1. März 1997 fällig gewordenen Abgaben sei davon auszugehen, dass auf Grund einer internen Vereinbarung der Geschäftsführer die Mitgeschäftsführerin Susanne S. zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten zuständig gewesen sei. Bei einer Agendenverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern einer GesmbH verletze der mit den steuerlichen Angelegenheiten nicht befasste Geschäftsführer seine eigenen Pflichten dadurch, dass er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung steuerlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternehme, um Abhilfe zu schaffen. Die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben erstreckten sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr und die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer betreffe die Jahre 1994, 1995, 1996 und Jänner bis März sowie Juni 1998; offenkundig habe der Beschwerdeführer nie kontrolliert, ob die verantwortliche Geschäftsführerin Susanne S. ihren abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sei. Nach seiner Behauptung habe Susanne S. stets die Auskunft gegeben, dass alles ordnungsgemäß weitergeleitet worden wäre. Es reiche aber keinesfalls aus, wenn der Geschäftsführer sich mit bloßen Befragungen der zuständigen Person begnüge. Kontrollen seien vom Beschwerdeführer unbestritten nicht durchgeführt worden. Die Geschäftsführer hätten nur mehr über den zuständigen Sachbearbeiter des steuerlichen Vertreters miteinander kommuniziert; die Art der Führung des Unternehmens hätte eine besondere Überwachung der verantwortlichen Geschäftsführerin geboten. Der Beschwerdeführer habe selbst die Erstattung der aus einem Taxikauf resultierenden Normverbrauchsabgabe beantragt. Wegen der bestehenden Rückstände am Abgabenkonto hätte weder dieser Erstattungsbetrag noch die als Vorsteuer geltend gemachte Umsatzsteuer ausbezahlt werden können. Schon allein auf Grund dieser Umstände hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, dass offenkundig Rückstände am Abgabenkonto bestünden bzw. die zuständige Geschäftsführerin Susanne S. ihren abgabenrechtlichen Zahlungspflichten nicht nachgekommen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2002, Zl. 2000/14/0081).
Die belangte Behörde unterlag bei Beurteilung der an den Beschwerdeführer zu stellenden Sorgfaltserfordernisse einem Rechtsirrtum. Die belangte Behörde geht selbst davon aus, dass eine Agendenverteilung der Geschäftsführer dahin bestanden hat, dass für die Kontakte mit dem Finanzamt vorerst der Mitgeschäftsführer Bruno K. und später die Mitgeschäftsführerin Susanne S. zuständig war. Sind nun mehrere potentiell Haftende vorhanden, richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Verletzt der mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befasste Vertreter seine eigenen Pflichten dadurch grob, dass er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen, so ist auch er haftbar, es sei denn, dass ihm triftige Gründe die Erfüllung dieser wechselseitigen Überwachungspflicht unmöglich machen. Allerdings kommt eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlass vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 1994, Zl. 93/17/0395.)
Unter Zitierung der hg. Erkenntnisse vom 22. April 1998, Zl. 98/13/0057, und vom 26. Mai 1998, Zl. 97/14/0080, meint die belangte Behörde, der Beschwerdeführer hätte Bruno B. bzw. Susanne S. überwachen müssen und sich mit bloßen Berichten nicht zufrieden geben dürfen. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass den genannten Erkenntnissen nicht Fälle einer Agendenverteilung zwischen Geschäftsführern zu Grunde lagen, sondern die Betrauung einer nicht geschäftsführenden Person (eines Prokuristen im einen Fall bzw. des Vaters der Geschäftsführerin im anderen Fall) mit den steuerlichen Angelegenheiten. Diesbezüglich sprach der Verwaltungsgerichtshof tatsächlich aus, dass bei einer solchen Konstellation eine Kontrollpflicht der Geschäftsführer bestehe. Dies gilt aber - wie bereits ausgeführt - nicht, wenn im Zug einer Geschäftsverteilung ein bestimmter Geschäftsführer mit den steuerlichen Angelegenheiten betraut wurde, es sei denn, es liegt ein Anlass vor, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu zweifeln.
Ein derartiger Umstand kann im Beschwerdefall nicht gesehen werden. Die belangte Behörde zeigt nicht auf, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, erst bei Aufarbeitung der Wirtschaftsjahre 1996 und 1997 und beim Jahresabschluss 1998 hätte sich herausgestellt, dass Susanne S. die anteiligen Umsatzsteuern und Lohnabgaben kassiert, aber nicht einbezahlt hätte, unrichtig sei. Mangels eines Anhaltspunktes war somit unter Beachtung der aufgezeigten Rechtsprechung eine Kontrollpflicht gegenüber der Geschäftsführerin Susanne S. nicht gegeben. Daran ändert die in der Bescheidbegründung aufgezeigte Art der Führung des primärschuldnerischen Unternehmens ("eigenständige Taxibetriebe der Geschäftsführer") nichts. Nicht zielführend ist auch der Hinweis, der Beschwerdeführer hätte Rückstände auf dem Abgabenkonto daraus ersehen müssen, dass weder die Normverbrauchsabgabe noch die Vorsteuer auf das Abgabenkonto überwiesen worden sei. Wenn der Beschwerdeführer nämlich - wovon auch die belangte Behörde ausgeht - für die Abgabenangelegenheiten nicht zuständig gewesen ist, musste ihm eine fehlende Gutschrift auf dem Abgabenkonto auch nicht auffallen. Daran ändert nichts, dass er den Antrag auf Rückerstattung der Normverbrauchsabgabe selbst gestellt hat.
Ausgehend von ihrem Rechtsirrtum meinte die belangte Behörde, keine Feststellungen treffen zu müssen, ob Bruno K. tatsächlich mit den Steuerangelegenheiten betraut war oder nicht. Wegen der somit gegebenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit ist die auf den genannten Umstand bezogene Verfahrensrüge nicht zu behandeln.
Letztlich sei bemerkt, dass sowohl die belangte Behörde als auch der Beschwerdeführer einem Irrtum unterliegen, wenn sie meinen, die rechtskräftige Bestätigung eines Zwangsausgleichs des Primärschuldners stehe der Geltendmachung der Haftung nach den §§ 80 ff BAO auch für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden entgegen (vgl. dem entgegen das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, Zl. 96/15/0049).
Nach dem oben Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. November 2002
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