VwGH 99/13/0252

VwGH99/13/02523.8.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des K in N, B, vertreten durch Mag. Dr. Klaus Hafner, Wirtschaftsprüfer in 1190 Wien, Langackergasse 18, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 29. September 1999, Zl. RV/034-15/12/94, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §16;
EStG §4 Abs4;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs2 Z1;
EStG §16;
EStG §4 Abs4;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug der Abzug solcher Zahlungen versagt, welche er im Zusammenhang mit eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen für eine Kapitalgesellschaft geleistet hatte, deren Geschäftsführer er zuvor gewesen und an der er teils unmittelbar und teils mittelbar auch beteiligt war. Da es nicht "Ausfluss der Geschäftsführertätigkeit" sei, für die Gesellschaft mit dem Privatvermögen zu bürgen, und der Beschwerdeführer trotz wiederholter Aufforderung keinen Nachweis für eine vertragliche Verpflichtung zur Bürgschaftsübernahme habe erbringen können, könnten die im Zusammenhang mit der Bürgschaft geleisteten Zahlungen für die Kapitalgesellschaft nicht als betrieblich veranlasst erkannt werden. Es sei die Übernahme einer Bürgschaft durch Gesellschafter-Geschäftsführer im Übrigen auch nicht der Geschäftsführer-, sondern der Gesellschaftersphäre zuzurechnen. Wie ein Abzug der vom Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen somit als Betriebsausgabe nicht in Betracht komme, so scheide aus näher dargelegten Gründen für das Fehlen einer Zwangsläufigkeit der Bürgschaftsübernahme auch die Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen aus.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage von Teilen der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 38 Abs. 2 VwGG hat die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde die Akten vorzulegen. Unterlässt sie dies, so kann der Verwaltungsgerichtshof, wenn er die Behörde auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen hat, auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen.

Da die von der belangten Behörde im Beschwerdefall vorgelegten Aktenteile ihrer Unvollständigkeit wegen den Nachvollzug des der Bescheiderlassung vorangegangenen Verwaltungsverfahrens nicht in ausreichender Weise zulassen und die belangte Behörde auf die Säumnisfolge des § 38 Abs. 2 VwGG aufmerksam gemacht worden war, konnte der Gerichtshof sein Erkenntnis auf die Behauptungen des Beschwerdeführers stützen. Diese zeigen die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung allerdings nicht auf:

Der Beschwerdeführer erklärt sich in der Formulierung des Beschwerdepunktes nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG ausdrücklich nur in seinem Recht auf Anerkennung einer im Streitjahr getätigten Zahlung von S 860.297,12 als Betriebsausgabe als verletzt. Das Unterbleiben einer Berücksichtigung von Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen lässt der Beschwerdeführer ebenso ausdrücklich unbekämpft wie das Unterbleiben eines Abzuges weiterer, über den Betrag von S 860.297,12 hinausgehender Zahlungen von der Abgabenbemessungsgrundlage. Bei der Schilderung des Sachverhaltes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG trägt er vor, dass im erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr geltend gemachte außergewöhnliche Belastungen und Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Übernahme von Bankhaftungen nicht anerkannt worden seien. Nur gegen die Verweigerung einer Anerkennung der Haftungen als Betriebsausgaben, soweit sie in direktem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer gestanden seien, habe er Berufung erhoben. In der Darstellung der Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG bringt der Beschwerdeführer vor, er sei im Jahre 1990 infolge des Konkurses jener Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsführer er gewesen sei, "zur persönlichen Haftung herangezogen" worden, wobei ein Betrag von rund S 5 Mio. "auf Grund rechtsgeschäftlicher Haftungsübernahme (Bürgschaft)" zu bezahlen gewesen sei, während ein Betrag von S 860.297,12 hingegen "vergleichsweise an die X-Bank auf Grund einer Drohung bezahlt" worden sei, ihn wegen widmungswidriger Verwendung von Geldmitteln "strafrechtlich und kridamäßig zu belangen". Die belangte Behörde habe in der Untersuchung der Maßgeblichkeit der Geschäftsführer- oder der Gesellschafterstellung für den Aufwand "eine Vermischung vorgenommen", weil stets das Eingehen einer Bürgschaft und deren "Adäquanz hinsichtlich der Geschäftsführerstellung" untersucht worden sei. Die "rechtsgeschäftliche Haftung" sei aber nur für die mögliche Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung von ihm ins Treffen geführt worden. Im Übrigen sei auch diesbezüglich die Argumentation der belangten Behörde nicht folgerichtig, weil auch die Übernahme einer in Relation zum erwarteten Einkommen hohen Haftung in kaufmännischer Überlegung sinnvoll erscheinen könne, wenn das Risiko der Inanspruchnahme sehr gering einzuschätzen sei. Dass die Bürgschaftsübernahme durch einen nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer eher der Gesellschaftersphäre zuzuordnen sei als bei einem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer, treffe nicht zu, müsse doch das Gesellschafterinteresse mit dem Ausmaß der Beteiligung steigen. Die eine Betriebsausgabenqualität des Aufwandes ablehnende Beurteilung der belangten Behörde sei somit selbst dann verfehlt, wenn man von der "Prämisse der rechtsgeschäftlichen Begründungen der Haftungen" ausginge. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer jedoch darauf hingewiesen, dass die Zahlung erforderlich gewesen sei, um in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer Rechtsverfolgung durch die X-Bankengruppe zu entgehen, deren Geschäftspartner ihm vorgeworfen hätten, Mittel teilweise widmungswidrig verwendet und auch "durch verspätete insolvenzrechtliche Schritte ein kridamäßiges Verhalten gesetzt" zu haben. Die Heranziehung zur Bezahlung des Betrages von S 860.297,12 sei also "direkter Ausfluss aus meiner Geschäftsführertätigkeit" und beruhe auf dem Vorwurf, durch unsachgemäße Geschäftsführung Gläubiger geschädigt zu haben. "Die zusätzliche Absetzbarkeit der weiters angefallenen rechtsgeschäftlichen Haftung (sei es als Betriebsausgabe, sei es als außergewöhnliche Belastung) wird nicht beantragt!" Die Zahlung des Betrages von S 860.297,12 sei durch die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers veranlasst und stelle daher auch eine Betriebsausgabe aus dieser seiner Tätigkeit dar. Auf diesen Umstand habe der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Ergänzung zu einer mit ihm von der belangten Behörde aufgenommenen Niederschrift hingewiesen. Wären die vorgelegten Beweismittel der belangten Behörde nicht aussagekräftig genug erschienen, dann wäre es an ihr gelegen gewesen, weitere Beweismittel abzuverlangen. Stattdessen habe die belangte Behörde "in sich widersprüchliche und aktenwidrige Sachverhaltsannahmen" getroffen und das Verfahren auch durch Verletzung des Parteiengehörs so mangelhaft gestaltet, dass "ein ordnungsgemäßes Verfahren zu anderen Ergebnissen" hätte führen können.

Die vom Beschwerdeführer erwähnte Niederschrift vor der belangten Behörde und das unter Bezugnahme auf diese Niederschrift vom Beschwerdeführer gerichtete Schreiben an die belangte Behörde sind Aktenteile, die die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat.

Die Niederschrift vom 22. April 1999 enthält die Aussage des Beschwerdeführers, dass der Grund für die Übernahme einer Bürgschaft gegenüber der X-Bank "die Beteiligung und die versprochene Geschäftsführerbestellung" gewesen sei. Die Haftung gegenüber der X-Bank habe ursprünglich S 8 Mio. betragen. Hievon habe der Beschwerdeführer S 860.297,12 bezahlt, danach zusätzlich S 2 Mio. Seiner Erinnerung nach sei "der Betrag insgesamt jedoch wesentlich höher, so um die S 5 Mio." gewesen.

In dem bei der belangten Behörde am 25. Juni 1999 eingelangten Schreiben des Beschwerdeführers, in welchem er auf die Niederschrift vom 22. April 1999 Bezug nimmt, wird vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass "zwecks Abwendung eines Konkurses" der Kapitalgesellschaft "mit möglicherweise folgendem existenzvernichtenden Kridaverfahren meiner Person gegenüber" auf Grund widmungswidriger Verwendung von Beteiligungsmitteln für eine Zustimmung der X-Bank zum Ausgleichsverfahren es Voraussetzung gewesen sei, "den (Teil-)Betrag von S 860.297,12 meinerseits" zu bezahlen. Der Beschwerdeführer habe in diesem Zusammenhang ein Schreiben der X-Bank vom 1. Februar 1990 gefunden, welches diesen Sachverhalt bestätige.

In dem vom Beschwerdeführer genannten, dem Verwaltungsgerichtshof auch vorgelegten Schreiben der X-Bank an eine Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers vom 1. Februar 1990 wird von der Bank Einverständnis mit der von Seiten des Beschwerdeführers vorgeschlagenen Vorgangsweise des Inhaltes erklärt, dass der Beschwerdeführer zunächst 60 % einer angemeldeten Teilforderung von S 1,433.828,53, somit einen Betrag von S 860.297,12 bei seiner Rechtsvertreterin mit dem Auftrag erlege, diesen Betrag unmittelbar nach Ausgleichsannahme der Bank zufließen zu lassen. Die Bank werde diesen Betrag vorläufig allerdings nicht den einzelnen Kreditkonten gutbringen, weil sie einerseits das definitive Zustandekommen des Ausgleichs und andererseits auch noch die Verwertung der übrigen Sicherheiten abwarten wolle. Eine Entlassung aus der in Anspruch genommenen Garantie für die Forderung von S 1,433.828,53 könne erst dann vorgenommen werden, wenn sämtliche Forderungen zuzüglich weiterlaufender Zinsen abgedeckt sein würden. Hinsichtlich einer anderen nicht näher beschriebenen Angelegenheit sei von der Bank ein Rechtsanwalt beauftragt worden, welcher aber "die Klage vorerst noch nicht eingebracht" habe.

Sowohl aus diesen vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Ermittlungsergebnissen als auch aus seinem Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerdeschrift wird deutlich, dass der rechtliche Grund für die vom Beschwerdeführer geleistete Zahlung des strittigen Betrages von S 860.297,12 an die X-Bank in nichts anderem als der seinerzeit eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung gelegen war. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift vorgenommene Unterscheidung in eine "rechtsgeschäftliche Haftung" einerseits, welche er nicht zum Streitpunkt habe machen wollen, und in die als "Ausfluss der Geschäftsführertätigkeit" gesehene Zahlung des Betrages von S 860.297,12 andererseits ist rechtlich verfehlt, weil auch diese Leistung des Beschwerdeführers ihren Rechtsgrund in der rechtsgeschäftlich übernommenen Bürgschaftsverpflichtung hatte. Das Beschwerdevorbringen über die Erforderlichkeit der Leistung dieses Betrages zur Abwendung auf den Beschwerdeführer zukommender Bedrohungen im Zusammenhang mit ihm vorgeworfenen Fehlleistungen in seiner Geschäftsführung stellt inhaltlich damit nur ein Motiv dar, welches den Beschwerdeführer dazu bewogen haben mag, die Ansprüche der X-Bank unverzüglich zu erfüllen. Nichts ändert dies allerdings daran, dass diese Ansprüche ihren Rechtsgrund in der vom Beschwerdeführer rechtsgeschäftlich übernommenen Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Kapitalgesellschaft hatten, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er gewesen war.

Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers sind nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften (siehe Doralt, EStG7, § 4 Tz 330, Stichwort Bürgschaften, derselbe, EStG4, § 16 Tz 220, Stichwort Bürgschaften, ebenso wie Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung, Wien 1992, 73, und etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0060, vom 21. Oktober 2003, 2003/14/0076, und vom 31. März 2004, 2004/13/0021).

Da sich dem Beschwerdevorbringen - auch im Zusammenhalt mit den Ermittlungsergebnissen, auf welche der Beschwerdeführer verweist - ein anderer Rechtsgrund für die strittige Zahlung als der durch den Beschwerdeführer als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung nicht entnehmen lässt, Zahlungen aus einem solchen Rechtsgrund aber in der Gesellschafterposition wurzeln und deswegen einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften nicht zugänglich sind, hat der Spruch des angefochtenen Bescheides den Beschwerdeführer im geltend gemachten Recht nicht verletzt. Den vom Beschwerdeführer gerügten Begründungsmängeln des angefochtenen Bescheides fehlt damit die Relevanz; auch hinsichtlich der weiteren der belangten Behörde vorgeworfenen Verfahrensmängel wird vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte gelangen können.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003; das Kostenmehrbegehren betreffend den Vorlageaufwand war abzuweisen, weil ein solcher nicht gebührt, wenn die vorgelegten Geschäftsstücke die wesentlichen Verfahrensschritte nicht ausreichend wiedergeben (siehe hiezu etwa den hg. Beschluss vom 6. April 1994, 91/13/0234, Slg. N.F. Nr. 6881/F).

Wien, am 3. August 2004

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