Normen
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem (im Jahr 1975 geborenen) Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 3 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von zehn Monaten (beginnend ab der am 15. April 1999 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, jedoch ohne Einrechnung von Haftzeiten) entzogen.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Jänner 1998 wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1 StGB verurteilt worden. Er sei für schuldig erkannt worden, am 31. Oktober 1997 als Mittäter durch Einbruch in einen Pkw dem Berechtigten ein näher bezeichnetes Mobiltelefon in Bereicherungsabsicht weggenommen zu haben.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, diese strafbare Handlung bilde eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 2 FSG, auch wenn der vom Beschwerdeführer verwirklichte Tatbestand in der demonstrativen Aufzählung des § 7 Abs. 4 leg. cit. nicht genannt sei. Auch andere Straftatbestände als die im § 7 Abs. 4 leg. cit. aufgezählten kämen als bestimmte Tatsachen in Betracht, wenn sie den beispielsweise aufgezählten an Bedeutung und Gewicht gleichkämen. Dies sei bei Einbruchsdiebstählen der Fall. Diese würden durch den Besitz einer Lenkberechtigung typischerweise im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG erleichtert.
Die vom Beschwerdeführer begangene Straftat sei verwerflich und gefährlich. Es sei offensichtlich, dass der Beschwerdeführer eine zu schweren Eingriffen in die Rechte Dritter neigende Sinnesart habe. Er sei zudem von 1991 bis 1994 drei Mal wegen Diebstählen nach § 127 (im Jahr 1994 auch wegen Einbruchsdiebstahl nach § 129 Abs. 1) StGB zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der Wiederholungstendenz komme in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht zu.
Im Hinblick auf die seit der Tat verstrichene Zeit sei die Entziehungszeit mit zehn Monaten festzusetzen gewesen. Der zwischen der Tat und dem Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens verstrichenen Zeit komme im Rahmen der Wertung geringes Gewicht zu. Der Beschwerdeführer sei derzeit noch als verkehrsunzuverlässig anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 2 FSG gilt als nicht verkehrszuverlässig eine Person, wenn aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG haben als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 2 insbesondere die in den folgenden Z. 1 bis 5 genannten strafbaren Handlungen zu gelten.
(Einbruchs-)Diebstähle sind im § 7 Abs. 4 FSG nicht aufgezählt. Dies würde es nicht ausschließen, auch solche strafbare Handlungen als bestimmte Tatsachen heranzuziehen, weil die Aufzählung im § 7 Abs. 4 FSG nur demonstrativ ist. Auch nicht in dieser Aufzählung enthaltene strafbare Handlungen können als bestimmte Tatsachen zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 7 Abs. 2 FSG führen, wenn sie den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichkommen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0191, mit Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zur insoweit gleichen Rechtslage nach § 66 Abs. 1 und 2 KFG 1967).
Die von der belangten Behörde als bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 2 FSG herangezogene Straftat des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1997 kommt den im § 7 Abs. 4 leg. cit. genannten Straftaten an Unrechtsgehalt und Bedeutung nicht gleich. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 66 Abs. 1 und 2 KFG 1967 zum Ausdruck gebracht, dass eine Häufung von Einbruchsdiebstählen (insbesondere im Zusammenhang mit der Verwendung von Kraftfahrzeugen), das Zusammentreffen mit anderen Straftaten oder besonders gelagerte schwere Diebstähle die Annahme der Gleichwertigkeit mit den beispielsweise aufgezählten Straftaten rechtfertigen können (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 91/11/0158, vom 23. November 1993, Zl. 93/11/0120, vom 25. Juni 1996, Zl. 94/11/0105, vom 29. Oktober 1996, Zl. 94/11/0136, und vom 19. Mai 1998, Zl. 96/11/0288). Auch in dem bereits zum FSG ergangenen oben zitierten Erkenntnis vom 10. November 1998 wurde die Häufung von Diebstählen als ein die Gleichwertigkeit mit den im § 7 Abs. 4 FSG aufgezählten Delikten indizierendes Merkmal genannt.
Keines der genannten Merkmale ist in Ansehung der von der belangten Behörde als bestimmte Tatsache herangezogenen Straftat des Beschwerdeführers gegeben. Zum Unterschied von seinen Mittätern, die eine ganze Reihe gleichartiger Einbruchsdiebstähle zu verantworten hatten und bei denen das Gericht Gewerbsmäßigkeit gemäß § 130 StGB angenommen hat, hatte der Beschwerdeführer nur eine einzige Straftat zu verantworten. Dazu kommt, dass er sich nach den Sachverhaltsfeststellungen im Strafurteil zunächst geweigert hatte mitzuwirken. Für die Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang mit diesem Einbruchsdiebstahl gibt es nach der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkt. Die vom Beschwerdeführer am 31. Oktober 1997 begangene Straftat stellt nach dem Gesagten keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG dar, sodass sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde als rechtswidrig erweist.
Die vom Beschwerdeführer als Jugendlicher (im Sinne des § 1 Z. 2 JGG) begangenen Straftaten hätten im Rahmen der gemäß § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmenden Wertung einer bestimmten Tatsache (im Sinne des § 7 Abs. 4 ) Berücksichtigung finden können, stellen aber schon deshalb keine taugliche Grundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung dar, weil sie vor der (nach der Aktenlage am 14. Februar 1995 erfolgten) Erteilung der Lenkerberechtigung begangen wurden und daher allenfalls im Verfahren betreffend die Erteilung der Lenkerberechtigung bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit hätten berücksichtigt werden müssen.
Da eine bestimmte, die Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 7 Abs. 2 FSG indizierende Tatsache nicht vorliegt und die Entziehung der Lenkberechtigung sich daher schon aus diesem Grunde als rechtswidrig erweist, erübrigt es sich, auf die im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 5 FSG anzustellenden Überlegungen und die für die Festsetzung der Entziehungszeit maßgebliche Prognose betreffend die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit einzugehen.
Aus dem oben genannten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. März 2000
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