Normen
ASVG §67 Abs10;
ASVG §67 Abs10;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft verpflichtet sei, der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die auf dem Beitragskonto der genannten Gesellschaft rückständigen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren im Betrag von S 395.977,98 zuzüglich Verzugszinsen binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Beiträge bei der Gesellschaft, hinsichtlich derer ein Antrag auf Eröffnung eines Konkurses mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 20. Jänner 1998 mangels verteilungsfähigen Vermögens abgewiesen worden sei, uneinbringlich seien. Der Beschwerdeführer sei (dem Sinne nach) nicht in der Lage gewesen, die von ihm im Einspruchsverfahren behauptete Bevorzugung der Wiener Gebietskrankenkasse nachzuweisen, sodass die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigterweise annehmen könne, dass der Beschwerdeführer seinen Geschäftsführerpflichten schuldhaft nicht nachgekommen sei. Zum Einwand, ein Teil der vorgeschriebenen Beiträge sei bereits vor Übernahme der Geschäftsführung durch den Beschwerdeführer fällig gewesen, werde bemerkt, dass der neue Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin auch für die zumindest anteilige Entrichtung solcher Beiträge Sorge zu tragen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0251) ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung, für deren Beurteilung die von Lehre und Rechtsprechung zu § 9 und § 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis vom 14. April 1988, Zl. 88/08/0025), kann z.B. darin liegen, dass der Geschäftsführer die Beitragsschulden insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0198, und jenes vom 19. November 1996, Zl. 96/08/0180).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit (bei der Verletzung der den Geschäftsführer treffenden Verpflichtungen) aus (vgl. hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0251). Es trifft jedoch - ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, sowie neuerlich das bereits erwähnte Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 96/08/0180).
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen auf zwei Ebenen: zum einen will er hinsichtlich seiner Darlegungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht hinreichend manuduziert worden sein, worin er eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt. In rechtlicher Hinsicht vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die belangte Behörde habe rechtsirrig keine Feststellungen darüber getroffen, in welchem Zeitraum der Beschwerdeführer welche Handlungen gesetzt habe, die seine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG eintreten ließen. Insbesondere sei der Großteil der Verbindlichkeiten vor seiner Bestellung als Geschäftsführer entstanden.
Was den erstgenannten Vorwurf betrifft, so erweist er sich als aktenwidrig: schon im erstinstanzlichen Verfahren hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer mit Schreiben 27. März 1997 unter Hinweis auf den gegenständlichen Beitragsrückstand der Gesellschaft und die Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 10 ASVG aufgefordert, nachzuweisen, dass ihn an der Nichtzahlung dieser Beiträge kein Verschulden träfe, wozu sich der Beschwerdeführer nicht geäußert hat. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 7. Oktober 1998 hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass während seiner Geschäftsführertätigkeit keine Geldmittel zur Verfügung gestanden und in diesem Zeitraum keine Gläubiger, ausgenommen die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, befriedigt worden seien, worauf dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben wurde, binnen 6 Wochen einen Nachweis dafür vorzulegen, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht schlechter behandelt worden seien, als andere Verbindlichkeiten der Beitragsschuldnerin "bzw den Nachweis der behaupteten Zahlungseinstellung vorzulegen". Schließlich wurde dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 1998 zur Vorlage der Bankauszüge eine weitere Frist von vier Wochen eingeräumt. Beide Fristen sind ergebnislos verstrichen; Zeugeneinvernahmen, die ausweislich der Niederschrift vom 16. Dezember 1998 in Anwesenheit des Beschwerdeführers erfolgt sind, haben ergeben, dass im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit zumindest teilweise Lohnzahlungen erfolgt sind und weitere "kleinere Zahlungen" (so das Vorbringen des Beschwerdeführers) geleistet wurden.
Es ist daher auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den dem Beschwerdeführer obliegenden Entlastungsbeweis, zu dessen Erbringung ihm ausreichende Informationen und Fristen zur Verfügung gestanden sind, als nicht erbracht angesehen und daher - im Einklang mit der vorzitierten Rechtsprechung - dessen Haftung bejaht hat.
Was den Umstand betrifft, dass ein Großteil der Beitragsverbindlichkeiten zu einer Zeit entstanden ist, zu welcher der Beschwerdeführer noch nicht Geschäftsführer der Gesellschaft war, ist darauf zu verweisen, dass sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Geschäftsführer bei Übernahme seiner Tätigkeit darüber unterrichten muss, ob und wie weit die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren Pflichten zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen nachgekommen ist, und er in der Folge etwaige "Altlasten" gleich an deren Beitragsschuldigkeiten zu befriedigen hat (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Juni 1990, 89/15/0063, vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0045, und vom 12. April 1994, Zl. 93/08/0258). Den Beschwerdeführer traf daher auch für die Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit die Verpflichtung zur zumindest anteiligen Befriedigung derartiger Altlasten und damit auch in dieser Hinsicht die Verpflichtung zur Erbringung entsprechender Nachweise.
Wenn aber der Beschwerdeführer nicht darlegt, weshalb er entsprechend der ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig zur Gänze oder zumindest anteilig entrichtet wurden, dann trifft ihn iSd ständigen Judikatur die Haftung für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne seine Mitwirkung jener Anteil, der durch das schuldhafte Verhalten uneinbringlich geworden ist, nicht festgestellt werden kann (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 12. April 1994, Zl. 93/08/0232, und vom 16. März 1999, Zl. 97/08/0394).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 1999
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