Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §16;
GmbHG §15;
GmbHG §16;
GmbHG §16a Abs2;
GmbHG §17;
GmbHG §89 Abs1;
GmbHG §90;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §16;
GmbHG §15;
GmbHG §16;
GmbHG §16a Abs2;
GmbHG §17;
GmbHG §89 Abs1;
GmbHG §90;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien vom 7. April 1999 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 4. Jänner 1999 mangels Arbeitslosigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 12 AlVG abgewiesen, weil das Dienstverhältnis (des Beschwerdeführers) bei der "Firma S" noch nicht beendet gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Unternehmen mit 22. September 1998 geschlossen und sämtliche Dienstverhältnisse beendet worden wären. Auch habe der Beschwerdeführer den Gesellschaftern gegenüber einen "(handelsrechtlichen) Zurücktritt mitgeteilt".
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, laut der Arbeitsbescheinigung vom 21. Jänner 1999 sei der Beschwerdeführer vom 1. September 1982 bis 25. September 1998 in einem Dienstverhältnis zur Firma S Ges.m.b.H. gestanden. Das Ende des Entgeltanspruches aus diesem Dienstverhältnis wäre demnach der 25. Jänner 1998. Laut Auszug aus dem Firmenbuch sei der Beschwerdeführer am 8. September 1999 noch handelsrechtlicher Geschäftsführer der mittlerweile insolventen S Ges.m.b.H. gewesen. Durch die Beendigung des Angestelltenverhältnisses sei die Hauptleistungspflicht als Geschäftsführer nicht beendet worden, zumal der Beschwerdeführer laut Firmenbuch mit 8. März 1999 noch Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei. Solange dieses Beschäftigungsverhältnis nicht beendet sei, könne - unabhängig von der Höhe einer etwaigen Entlohnung - Arbeitslosigkeit nach § 12 Abs. 1 AlVG nicht eintreten. "Unabhängig vom Berufungsgegenstand" habe der Beschwerdeführer laut Auskunft des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bis 30. Mai 1999 Anspruch auf Urlaubsentschädigung und beziehe seither Krankengeld. Die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung würde daher gemäß § 16 AlVG ruhen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Die Arbeitslosigkeit ist auf Grund des § 7 Abs. 1 und 2 AlVG eine Anspruchsvoraussetzung für das Arbeitslosengeld.
Unbestritten ist, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der S Ges.m.b.H. ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG begründet hatte.
Vom Beschwerdeführer wird aber zunächst bestritten, dass dieses Beschäftigungsverhältnis auch nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der genannten Gesellschaft, nach Schließung des Unternehmens dieser Gesellschaft und nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses des Beschwerdeführers zu dieser Gesellschaft noch bestanden hatte.
Der Beschwerdeführer vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 99/03/0201, 0202, und die dort zitierte Vorjudikatur), setzt die "Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses" im § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraus, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen, anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der Umstand allein, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers bei Fortdauer seiner Organstellung endet, bedeutet noch keinen Entfall der Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers, gleichgültig, ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiterhin Entgelt erhält oder nicht. Auch auf die tatsächliche Tätigkeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an.
Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Konkurses als aufgelöst gilt. Auch damit wird die Organstellung des Geschäftsführers nicht beendet, mag sich auch der Aufgabenkreis durch den Übergang von der werbenden Gesellschaft zur liquidierenden Gesellschaft geändert haben. Selbst wenn ein großer Teil der Befugnisse des Geschäftsführers zufolge der Konkurseröffnung auf den Masseverwalter übergegangen ist, besteht die Organstellung des Geschäftsführers, wenn auch mit eingeschränktem Pflichtenkreis, fort. Arbeitslosigkeit liegt daher auch in einem solchen Fall nicht vor (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer ist aber im Recht, wenn er geltend macht, er habe in der Berufung ausdrücklich ausgeführt, dass auch den Gesellschaftern gegenüber der Rücktritt als Geschäftsführer ausdrücklich erklärt worden sei, weshalb schon aus diesem Grund die Beendigung des Organverhältnisses (als Geschäftsführer der Gesellschaft) gegeben sei.
Lehre und Rechtsprechung hatten anerkannt, dass der Geschäftsführer auch berechtigt ist, seine Organfunktion jederzeit niederzulegen; die Rücktrittserklärung stellt dabei eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 85/14/0161, und die darin zitierte Vorjudikatur; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2, 439f). Weiters wurde die Auffassung vertreten, dass der Zeitpunkt der Löschung im Handelsregister für die Wirksamkeit nicht von Bedeutung ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 85/14/0161).
Mit dem diesbezüglich am 1. Oktober 1997 in Kraft getretenen Insolvenzrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 114/1997, wurde der Rücktritt der Geschäftsführer durch § 16a GmbHG geregelt. Danach können Geschäftsführer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirksamkeit ihren Rücktritt erklären, sonst wird der Rücktritt erst nach Ablauf von 14 Tagen wirksam. Dabei hat die Anmeldung zum Firmenbuch nach § 17 bloß deklarative Wirkung (vgl. Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz4, 213f). Im Übrigen wurde durch § 16a Abs. 2 GmbHG nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass der Rücktritt gegenüber der Generalversammlung oder gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären ist.
Im vorliegenden Fall ist somit (zunächst) entscheidungswesentlich, ob es - entsprechend dem Berufungsvorbringen - zutrifft, dass der Beschwerdeführer den Gesellschaftern gegenüber den Rücktritt als Geschäftsführer erklärt hat.
Die belangte Behörde hätte daher zu dieser Frage geeignete Ermittlungen anstellen müssen. Derartiges ist nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten jedoch unterlassen worden. Im Hinblick auf die Darlegungen in der Beschwerde kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Behörde bei Vermeidung des Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Daran, dass der Beschwerdeführer insofern in seinen Rechten verletzt wurde, ändert auch nichts, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das Ruhen der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gemäß § 16 AlVG verwiesen wird, weil das Vorliegen eines Ruhenstatbestandes nach § 16 AlVG ab dem Tag, ab dem die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes begehrt wird, nur ein Hinausschieben des Beginnes des (an sich gebührenden) Bezuges, nicht aber eine zeitliche Verlagerung des Entstehens des Anspruches bewirkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1997, Zl. 94/08/0054).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 16. Oktober 2002
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