VwGH 99/02/0287

VwGH99/02/028723.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll sowie Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der Ö-Aktiengesellschaft in Salzburg, vertreten durch Dr. Bruno Heinz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 9. August 1999, Zl. Ib-190-1/99, betreffend Versagung einer Ausnahmebewilligung und Beseitigungsauftrag nach der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

BStFG 1996 §6;
StruktAnpG 1996 Art20;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
VwRallg;
BStFG 1996 §6;
StruktAnpG 1996 Art20;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der beschwerdeführenden Partei die Entfernung von Plakatwänden aufgetragen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 9. August 1999 versagte die belangte Behörde gemäß § 84 Abs. 3 StVO der beschwerdeführenden Partei die angestrebte Ausnahmebewilligung für die Aufstellung von Plakatwänden mit näher beschriebenen Plakatinhalten entlang der Rheintal-Autobahn A 14 in A. und S. (Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides). Gleichzeitig wurde gemäß § 84 Abs. 4 StVO der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, die beiden Plakatwände bis längstens 30. September 1999 zu entfernen (Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die von der beschwerdeführenden Partei bereits seit längerer Zeit entlang der Rheintal-Autobahn, Richtungsfahrbahn Bludenz sowie Richtungsfahrbahn Bregenz, aufgestellten beiden Plakatwände, auf denen jeweils das Foto einer Autobahnstrecke mit der Aufschrift:

"Für bessere Straßen: Die Vignette" sowie die "Logos" von sechs Treibstoffkonzernen angebracht seien, als Werbung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO einzustufen seien. Wenn auch aus der Aufstellung der Plakatwände die Absicht zu erkennen sei, die Verkehrsteilnehmer auf die Vignettenpflicht aufmerksam zu machen, könne auf ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer im Sinne des § 84 Abs. 3 StVO nicht geschlossen werden, weil für die Kennzeichnung der Vignettenpflicht ein entsprechendes Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z 12 StVO vorgesehen sei. Einer zusätzlichen Werbung bedürfe es nicht. Die Entfernung der ohne entsprechende Ausnahmebewilligung aufgestellten Plakatwände sei daher zu verfügen gewesen.

Gemäß § 84 Abs. 2 erster Satz StVO sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.

Gemäß § 84 Abs. 3 StVO hat die Behörde Ausnahmen von diesem Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz StVO sinngemäß.

Gemäß § 84 Abs. 4 StVO hat die Behörde, wenn eine Werbung oder Ankündigung entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden ist, den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen.

Soweit die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf eine gleichlautende Ansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten geltend macht, bei den gegenständlichen Plakaten handle es sich nicht um eine bewilligungspflichtige Werbung oder Ankündigung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO, sondern um Informations- bzw. Hinweistafeln, die den Hinweiszeichen nach straßenrechtlichen Vorschriften gleichgehalten werden könnten, ist ihr zu entgegnen, dass der Begriff der Werbung im allgemeinen Sprachgebrauch nicht bloß wirtschaftliche Werbung in dem Sinn, dass damit Güter, Dienstleistungen, etc. angepriesen werden sollen, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, umfasst. Vielmehr sind auch Maßnahmen, die nicht darauf abzielen, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, sondern Menschen in einem anderen Sinn zu beeinflussen, als Werbung zu bezeichnen (vgl. die - die beschwerdeführende Partei betreffenden - hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2000, Zl. 99/10/0243 und Zl. 99/10/0244).

Die beschwerdeführende Partei hat ihren Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO insbesondere auf ein vordringliches Bedürfnis bzw. ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer an der Kenntnis der Mautpflichtigkeit österreichischer Autobahnen gestützt. Diesem grundsätzlichen Interesse der Straßenbenützer hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er in § 6 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes (Art. 20 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201) die Bundesstraßengesellschaften verpflichtet hat, deutlich und rechtzeitig auf fahrleistungs- und zeitabhängig bemautete Strecken hinzuweisen und im grenznahen Bereich die Information durch Hinweise und Anschläge sicherzustellen. Die gegenständlichen Plakate können aber - unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin nicht behauptet, im in Frage kommenden Bereich wären entsprechende Hinweistafeln noch nicht aufgestellt - nicht als Information über die Mautpflicht angesehen werden, weil der Text darauf abstellt, um Verständnis für die Mautpflicht zu werben.

Nach der hg. Rechtsprechung hängt die Zulässigkeit der Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach dieser Gesetzesstelle davon ab, dass nicht bloß ein Interesse allgemeiner Natur an der Art der in der Ankündigung enthaltenen Information, sondern ein solches für die konkrete Ankündigung besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2001, 98/03/0210, mit weiteren Nachweisen). Zufolge des allgemeinen Charakters der durch die gegenständlichen Werbeplakate vermittelten Information, aus der die Mautpflichtigkeit gar nicht entnehmbar ist, sondern die lediglich die Verwendung von aus dem Verkauf der Vignette erzielten Mitteln andeutet, kann aber im Sinne der angeführten Judikatur von einem über ein Interesse bloß allgemeiner Natur hinausgehenden Interesse der Straßenbenützer an dieser Information nicht ausgegangen werden.

Bei diesem Verständnis erweist sich die Versagung der Ausnahmebewilligung für die - unbestritten außerhalb eines Ortsgebietes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 15 StVO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 93/03/0021, mit weiteren Nachweisen) angebrachten - Plakate als dem Gesetz entsprechend. Dass diese Überlegungen auch auf die oben angeführten "Logos" von sechs Treibstoffkonzernen zutreffen, liegt auf der Hand.

Zum Entfernungsauftrag gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960 ist zunächst festzuhalten, dass - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - nach der hg. Rechtsprechung unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 lediglich die Werbungen und Ankündigungen selbst, nicht aber auch alle Tafeln, Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, fallen (vgl. hiezu z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 93/03/0021, mit weiteren Verweisen). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann gegeben, wenn Werbung und Werbeträger eine untrennbare Einheit darstellen. Dass dies der Fall wäre hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Vielmehr ergibt sich aus den Verwaltungsakten, dass auf den gegenständlichen Tafeln bereits andere Plakate der beschwerdeführenden Partei ("Vignette - schon geklebt?") angebracht waren. Eine Plakatwand, an der wechselnde Plakate befestigt werden, kann aber keine untrennbare Einheit mit den einzelnen Plakaten bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/18/0136). Zudem spricht der Umstand, dass eine Plakatwand bereits seit Jahren mit (verschiedenen) Plakaten versehen wird, nicht für, sondern gegen das Vorliegen einer untrennbaren Einheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0082). Der mit dem angefochtenen Bescheid verfügte, auf § 84 Abs. 4 StVO gestützte Beseitigungsauftrag für die Plakatwände steht daher nicht im Einklang mit der Rechtslage.

Die Beschwerde war somit, soweit sie sich gegen die Versagung der angestrebten Ausnahmebewilligung richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Hingegen war der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm die Entfernung von Plakatwänden aufgetragen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. November 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte