Normen
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
61995CJ0386 Süleyman Eker VORAB;
61996CJ0036 Günaydin VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
ARB1/80 Art6;
AuslBG §1 Abs3;
AVG §45 Abs3;
EURallg;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
61995CJ0386 Süleyman Eker VORAB;
61996CJ0036 Günaydin VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
ARB1/80 Art6;
AuslBG §1 Abs3;
AVG §45 Abs3;
EURallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz (die Erstbehörde) erließ mit Bescheid vom 22. Dezember 1997 gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 21 des Fremdengesetzes aus 1992 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) gab mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 14. Mai 1998 der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge und sprach aus, dass das Aufenthaltsverbot gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, in der Dauer von sechs Jahren erlassen werde.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, dass sich der Beschwerdeführer seit 1990 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und in dieser Zeit regelmäßig - hauptsächlich zwischen April und Oktober - bei der Firma B. beschäftigt gewesen und seinen Angaben in der Stellungnahme vom 17. Oktober 1997 zufolge deshalb in den Wintermonaten regelmäßig gekündigt und im Frühjahr wieder eingestellt worden sei, weil seine Tätigkeit - das Anstreichen von Starkstromleitungsmasten - naturgemäß "nur" (gemeint: nicht) bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt erfolgen könnte. Der Beschwerdeführer sei am 27. September 1996 im Sinn der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt gewesen und habe am 18. November 1996 seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft. Da er zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung am 9. Jänner 1997 nicht mehr der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlegen sei, sei dieser Antrag mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Bludenz vom 6. Februar 1997 abgelehnt worden. Der dagegen eingebrachten Berufung sei vom Arbeitsmarktservice Vorarlberg, Landesgeschäftsstelle Bregenz, mit Bescheid vom 27. Februar 1997 keine Folge gegeben worden. Obwohl der Beschwerdeführer also über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt habe, sei er nach den Aufzeichnungen der Gebietskrankenkasse in der Zeit zwischen 14. April bis 27. Oktober 1997 bei der Firma B. angemeldet gewesen. Dass er dort auch beschäftigt gewesen sei, sei anlässlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 19. Juni 1997 festgestellt worden.
Damit stehe, was vom Beschwerdeführer nicht bestritten werde, fest, dass er seit 19. November 1996 über kein rechtmäßiges Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit verfüge und auch keinen Arbeitslosengeldanspruch habe. Mangels geregelten Einkommens sei davon auszugehen, dass er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermöge. Im Übrigen sei er seit 27. November 1997 auch nicht mehr krankenversichert. Damit seien die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt und deshalb die Annahme im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt. Für diese Annahme spreche auch die Tatsache, dass er im Jahr 1997 ohne irgendeine Beschäftigungsberechtigung bei der Firma B. beschäftigt gewesen sei, was sich aus den Erkenntnissen des Arbeitsinspektorats, dessen Organe anlässlich einer Kontrolle am 19. Juni 1997 festgestellt hätten, dass er seit 14. April 1997 als ein bei der Firma B. Beschäftigter aufgeschienen sei, ergebe. Vom Beschwerdeführer seien nachträglich am 30. Jänner 1998 zwei als "Verpflichtungserklärung" deklarierte Schreiben beigebracht worden, in denen sich eine in Österreich lebende und arbeitende jugoslawische Staatsangehörige und deren Schwester verpflichtet hätten, für seinen Unterhalt und seine Unterkunft aufzukommen und alle zukünftigen Kosten, die den Gebietskörperschaften entstünden, zu bezahlen. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei eng mit dem Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. verknüpft, und es werde ausdrücklich in (§ 10) Abs. 3 leg. cit. festgelegt, dass die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - nur eine solche käme bei positiver Behandlung des entsprechenden Antrages für den Beschwerdeführer in Frage - auf Grundlage einer Verpflichtungserklärung unzulässig sei. Der Fremde müsse daher die eigenen Mittel zu seinem Unterhalt nachweisen. Im Übrigen sei aus der übermittelten - für kurzfristige Einladungen von Fremden vorgesehenen - Verpflichtungserklärung weder die Bonität der verpflichteten Personen noch die notwendige gerichtliche oder notarielle Beglaubigung zu ersehen. Dem ebenfalls am 30. Jänner 1998 beigebrachten Schreiben der Firma B., in dem dem Beschwerdeführer, sollte das Unternehmen einen bestimmten Auftrag bekommen, eine Beschäftigung in Aussicht gestellt werde, könne keine Bedeutung zugemessen werden, weil der Beschwerdeführer zum einen über keine Beschäftigungsbewilligung verfüge und zum anderen die Beschäftigungszusicherung vom Eintreten eines ungewissen Ereignisses in der Zukunft abhängig gemacht werde.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung auch vorbringe, nach Art. 6 ARB Nr. 1/80 in Österreich arbeits- und aufenthaltsberechtigt und damit offensichtlich auch in der Lage zu sein, die Mittel für seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, habe, wie aus einem Schreiben des Arbeitsmarktservice Bludenz vom 10. November 1997 an die Erstbehörde zu entnehmen sei, eine amtswegige Prüfung ergeben, dass das Assoziationsabkommen für ihn nicht zum Tragen käme.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 1990 in Österreich auf und sei bis einschließlich 1996 jedes Jahr etwa sechs Monate bei der Firma B. einer legalen Beschäftigung nachgegangen. Er sei verheiratet, seine Ehegattin und auch seine übrige Familie lebten in der Türkei. Am 30. Jänner 1998 sei bei der belangten Behörde ein Schreiben der jugoslawischen Staatsangehörigen V. eingelangt, in dem sie erklärt habe, dass der Beschwerdeführer und sie gemeinsam in einer Wohnung in Bludenz lebten und er beabsichtigte, sich von seiner Frau in der Türkei scheiden zu lassen und sie zu heiraten. Auf Grund seines mehrjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich sei von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dennoch sei der Entzug der Aufenthaltsberechtigung zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - nämlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes - dringend erforderlich sei. Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer seit nunmehr acht Jahren im Bundesgebiet aufhalte und bis 1996 jedes Jahr zumindest sechs Monate gearbeitet habe, sei von einem gewissen Grad an Integration auszugehen. Allerdings werde diese Integration durch die Umstände relativiert, dass der Beschwerdeführer seit 27. September 1996 über keine Beschäftigungsbewilligung mehr verfüge, seit dem Ablauf der zuletzt erteilten Aufenthaltsberechtigung am 28. Februar 1997 keine Aufenthaltsberechtigung mehr habe und die Entwicklung seiner Integration in den Arbeitsprozess regelmäßig durch Zeiten mehrmonatiger Arbeitslosigkeit unterbrochen gewesen sei. Seiner Beziehung zu V. sei bei der Beurteilung seiner privaten Interessen kein besonderes Gewicht zuzumessen. Selbst wenn man grundsätzlich die Beziehungen eines Fremden zu einer Lebensgefährtin vom Schutzumfang des § 37 Abs. 2 FrG als erfasst ansehen könne, so dann nur unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung der Familie, was beim Beschwerdeführer nicht der Fall sei. Im Übrigen bewohne der Beschwerdeführer ein Einzelzimmer in einer Pension in Bludenz und lebe somit nicht mit V. in einer Wohnung zusammen. Ansonsten bestünden in Österreich keine familiären Bindungen des Beschwerdeführers und seien deshalb seine privaten Interessen als gering zu werten.
Dem stünden gewichtige öffentliche Interessen gegenüber. Da er weder über eine Beschäftigungsbewilligung noch über eine Aufenthaltsberechtigung verfüge und nicht mehr krankenversichert sei, könne er seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht auf legale Weise bestreiten. Auf Grund des Fehlens der eigenen Mittel und der mangelnden Aussicht auf Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung bestehe die potenzielle Gefahr des Abrutschens in die Illegalität, insbesondere in die Schwarzarbeit. Tatsächlich sei im Rahmen einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 19. Juni 1997 festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer bei der Firma B. beschäftigt gewesen sei. Das in hohem Maß bestehende öffentliche Interesse, den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu untersagen, dränge sein gegenläufiges privates Interesse in den Hintergrund, und es wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes weit schwerer als dessen Auswirkungen auf seine Lebenssituation.
Da es aussichtslos scheine, dass er in Zukunft eine Beschäftigungsbewilligung erlangen könne, und er damit die Mittel zu seinem Unterhalt durch legalen Einsatz eigener Kräfte - und nicht etwa durch Verpflichtungserklärungen - auch künftig nicht aufbringen könne, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 34 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 35 Abs. 1 FrG zulässig.
Die Dauer des Aufenthaltsverbotes richte sich nach der Zeit, nach der vermutlich die Voraussetzungen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten - im gegenständlichen Fall die Gefährdung des wirtschaftlichen Wohles des Landes und der öffentlichen Ordnung im Sinn eines geordneten Fremden- und Beschäftigungswesens - weggefallen seien. Unter Bedachtnahme auf die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände einerseits und der momentanen angespannten Arbeitsmarktlage und dem sich daraus ergebenden besonderen öffentlichen Interesse an der Unterbindung von Schwarzarbeit andererseits erscheine die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in der Dauer von sechs Jahren angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Die Beschwerde bringt vor, der seit dem Jahr 1990 rechtmäßig in Österreich aufhältige und beschäftigte Beschwerdeführer habe regelmäßig jedes Jahr von April bis November bei demselben Arbeitgeber, der Firma B., gearbeitet, sei jedes Jahr im November im Hinblick darauf, dass bei tiefen Außentemperaturen seine Tätigkeit nicht ausgeübt werden könne, gekündigt worden und sei im folgenden Frühjahr wieder eingestellt worden. Es handle sich dabei ausschließlich um Zeiten "witterungsabhängiger Nichtarbeit", die nach Art. 6 Abs. 2 ARB Nr. 1/80 zu berücksichtigen seien. Da er bis zur rechtswidrigen Verweigerung seiner Arbeitsmarktzugangsberechtigung sieben Jahre, "komprimiert" knapp 3,5 Jahre, beim selben Arbeitgeber erwerbstätig gewesen sei, erfülle er die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich, zumindest jene nach Art. 6 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80. Er verfüge über eine Einstellungszusage seines bisherigen Arbeitgebers, könnte für diesen unverzüglich wieder arbeiten und sei daher in der Lage, die Mittel für seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB) hat folgenden Wortlaut:
"(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat
- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.
(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die auf Grund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.
(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Abs. 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften stehen türkischen Arbeitnehmern die durch Art. 6 Abs. 1 ARB verliehenen Rechte unabhängig davon zu, dass die Behörden des Aufnahmemitgliedstaates ein spezielles Verwaltungsdokument wie eine Arbeits- oder eine Aufenthaltserlaubnis ausstellen. Die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung im Sinn von Art. 6 Abs. 1 ARB setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates voraus; sie ist anhand der Rechtsvorschriften des Aufnahmestaates zu prüfen, die die Voraussetzungen regeln, unter denen der türkische Staatsangehörige in das nationale Hoheitsgebiet gelangt ist und dort eine Beschäftigung ausübt. Liegen diese Voraussetzungen vor, so impliziert Art. 6 Abs. 1 ARB, der dem türkischen Arbeitnehmer das Recht verleiht, nach einem bestimmten Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung seine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis bei dem gleichen Arbeitgeber oder im gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl weiter auszuüben oder jede Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis seiner Wahl frei aufzunehmen, zwangsläufig, dass dem Betroffenen ein Aufenthaltsrecht zusteht, weil sonst das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf Ausübung einer Beschäftigung völlig wirkungslos wäre. Ein Aufnahmemitgliedstaat ist deshalb nicht mehr befugt, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, die die Ausübung der Rechte beeinträchtigen können, die dem Betroffenen, der die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt und daher also bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat eingegliedert ist, ausdrücklich durch den ARB verliehen werden (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. März 2000, Zl. 97/09/0260, mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des EuGH).
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer bei der Firma B. jedenfalls in den Wintermonaten jeweils nicht beschäftigt war. Soweit die Beschwerde vorbringt, dass diese Zeiten "witterungsabhängiger Nichtarbeit" gemäß Art. 6 Abs. 2 ARB bei der Beurteilung nach Art. 6 Abs. 1 zweiter und dritter Gedankenstrich ARB zu berücksichtigen gewesen wären, ist ihr zu erwidern, dass gemäß Art. 6 Abs. 2 erster Satz ARB lediglich eine Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit den Beschäftigungszeiten gleichgestellt wird. Bei der Beurteilung der Zeiten "witterungsabhängiger Nichtarbeit" kann es demnach nur darum gehen, ob diese Zeiten die in Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz ARB umschriebenen Voraussetzungen derart zu erfüllen vermögen, dass sie den Beschwerdeführer davor bewahren, seine allfällige Anwartschaft auf eine gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB erlangte Rechtsposition zu verlieren.
Nach dem Verlust seiner Beschäftigung im Jahr 1994 konnte sich der Beschwerdeführer noch nicht auf einen allenfalls durch die Zurücklegung von den in Art. 6 Abs. 1 ARB umschriebenen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung erworbenen Anspruch auf Fortsetzung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach den - erst mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 wirksamen - Bestimmungen des ARB - etwa im Licht des Urteils des EuGH vom 23. Jänner 1997, in der Rechtssache C-171/95 (Recep Tetik gegen Land Berlin) - berufen (vgl. hiezu etwa das in einer Beschwerdesache desselben Beschwerdeführers nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 99/09/0214, m.w.N.). Daher hat jedenfalls die vor dem 1. Jänner 1995 gelegene Unterbrechung der Beschäftigung des Beschwerdeführers zum Untergang einer (allenfalls) davor erworbenen Anwartschaft auf eine mit Art. 6 Abs. 1 ARB verbundene Rechtsposition geführt.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner im vorliegenden Beschwerdeverfahren erstatteten Replik vom 25. Oktober 2000 behauptet, "dass sich inzwischen die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs im Sinne des Beschwerdeführers völlig geklärt hat", ist ihm zu erwidern, dass aus den in diesem Schriftsatz wiedergegebenen Judikaturgrundsätzen nichts für seinen Standpunkt zu gewinnen ist. Insoweit wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zur weiteren Begründung auf das vorzitierte Erkenntnis Zl. 99/09/0214 verwiesen. Auch war im Hinblick auf die bereits vorliegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Anregung des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht aufzugreifen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. etwa das obzitierte Urteil vom 23. Jänner 1997) ist die Voraussetzung der Zugehörigkeit eines türkischen Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates grundsätzlich nur dann weiterhin gegeben, wenn der Betroffene alle Formalitäten erfüllt, die im betreffenden Mitgliedstaat gegebenenfalls vorgeschrieben sind. Was die nach dem 1. Jänner 1995 zurückgelegten Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers anlangt, so erfüllt er die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 zweiter (und dritter) Gedankenstrich ARB schon deshalb nicht, weil diese Beschäftigungszeiten nicht die Gesamtdauer von drei (bzw. vier) Jahren erreicht haben.
Ebenso sind die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB nicht erfüllt. Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 29. Mai 1997 in der Rechtssache C-386/95 , Süleyman Eker gegen Land Baden-Württemberg, ausgeführt hat, wird die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eines türkischen Arbeitsnehmers im Aufnahmemitgliedstaat im Sinn des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB davon abhängig gemacht, dass dieser ein Jahr ununterbrochen eine ordnungsgemäße Beschäftigung bei ein und demselben Arbeitgeber ausgeübt hat (RN 31). Diese Voraussetzung beruhe auf der Prämisse, dass nur eine vertragliche Beziehung, die ein Jahr lang aufrecht erhalten werde, eine Verfestigung des Arbeitsverhältnisses erkennen lasse, die ausreiche, um dem türkischen Arbeitnehmer die Fortsetzung seiner Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber zu gewährleisten (RN 22).
Selbst wenn man die von der Beschwerde ins Treffen geführten Zeiten der "witterungsabhängigen Nichtarbeit" als solche der "unverschuldeten (unfreiwilligen)" Arbeitslosigkeit im Sinn des Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz ARB beurteilen würde und man der Auffassung folgte, dass nach dem 1. Jänner 1995 zurückgelegte Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers von jeweils weniger als einem Jahr, die lediglich durch Zeiten im Sinn des Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz ARB unterbrochen seien, für die Beurteilung der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB zusammenzurechnen seien, wäre für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen. Nach den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen war der Beschwerdeführer bis einschließlich 1996 erlaubt und regelmäßig etwa sechs Monate, hauptsächlich zwischen April und Oktober, und zuletzt am 27. September 1996 im Sinn der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bei der Firma B. beschäftigt. Ein am 9. Jänner 1997 gestellter Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer wurde im Instanzenzug vom Arbeitsmarktservice Vorarlberg, Landesgeschäftsstelle Bregenz, mit Bescheid vom 27. Februar 1997 abgewiesen. Dennoch wurde der Beschwerdeführer auch in der Zeit von 14. April bis 27. Oktober 1997 von der Firma B. angemeldet und beschäftigt. Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vor, dass er jedes Jahr von April bis November bei der Firma B. gearbeitet habe, und führt dazu - wie bereits im Verwaltungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 1997 -
aus, dass er seit dem Jahr 1990 "komprimiert" 1250 Tage in derselben Tätigkeit beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei. In dieser Stellungnahme vom 16. Oktober 1997 verwies er hinsichtlich der Berechnung der Beschäftigungsdauer auf eine gleichzeitig von ihm vorgelegte Versicherungszeitenbestätigung der Vorarlberger Gebietskrankenkasse vom 19. Juni 1997, derzufolge er im Jahr 1995 von 24. April bis 3. November, im Jahr 1996 von 15. April bis 2. Oktober und im Jahr 1997 ab 14. April beim Dienstgeber B. angemeldet war. Dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1995 und 1996 über die in dieser von ihm vorgelegten Bestätigung angeführten Zeiten hinaus bei der Firma B. beschäftigt gewesen sei, hat die Beschwerde nicht konkretisiert dargelegt. Davon ausgehend erreichen diese Beschäftigungszeiten in den Jahren 1995 und 1996, selbst wenn man sie zusammenrechnet, nicht die Dauer eines Jahres, weshalb dem Beschwerdeführer auch nicht die Rechtsposition gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB zukommen konnte. Hiebei sind die Zeiten seiner Beschäftigung im Jahr 1997 außer Betracht zu lassen, weil dafür keine gültige Beschäftigungsbewilligung und damit keine ordnungsgemäße Beschäftigung vorlag. Demzufolge hat der Beschwerdeführer auch nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB kein Recht auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei seinem bisherigen Arbeitgeber erlangt.
Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen ist der in der Beschwerde erhobenen Rüge, die belangte Behörde hätte sich nicht auf die Mitteilung des Arbeitsmarktservice Bludenz vom 10. November 1997 stützen dürfen, der Boden entzogen und ist auch die weitere Rüge, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Stellungnahme zu diesem Schreiben einräumen müssen, nicht zielführend, zumal sich bereits die Erstbehörde in ihrem Bescheid vom 22. Dezember 1997 auf das Schreiben vom 10. November 1997 gestützt und den Inhalt des Schreibens dem Beschwerdeführer damit zur Kenntnis gebracht hatte, sodass dieser Gelegenheit hatte, zu diesem Schreiben in seiner Berufung Stellung zu nehmen (vgl. dazu die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 45 AVG E 521, 522 zitierte hg. Judikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 99/18/0182, m. w.N.) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Beurteilung der belangten Behörde, dass die von ihm am 30. Jänner 1998 vorgelegten Verpflichtungserklärungen (u.a.) mangels Angaben zur Bonität der Verpflichteten zum Nachweis der Unterhaltsmittel im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht ausreichten, sondern erachtet diesen Nachweis (lediglich) im Hinblick auf die Einstellungszusage seines bisherigen Arbeitgebers und die Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 (zweiter und dritter Gedankenstrich) ARB für erbracht. Da ihm diese Rechtsposition jedoch nicht zukommt, begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.
Angesichts der nach der hg. Rechtsprechung (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 99/18/0182) aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich, wozu noch kommt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1997 trotz Fehlens der erforderlichen arbeitsrechtlichen Bewilligung bei der Firma B. gearbeitet hat, begegnet auch die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.
Im Licht des § 37 FrG bringt die Beschwerde vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich seit vielen Jahren rechtmäßig lebe, viele Jahre hindurch rechtmäßig gearbeitet habe und unbescholten sei, weshalb die Auswirkungen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation weitaus schwerer wögen als die Folgen der Abstandnahme von dessen Erlassung. Dass der Beschwerdeführer nicht berufstätig sei, dürfe äußerstenfalls zu einer Ausweisung führen.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde den rechtmäßigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1990, seine regelmäßige und bis 1996 erlaubte Beschäftigung und seine private Beziehung zu V., seinen Behauptungen zufolge seine Lebensgefährtin, berücksichtigt. Unstrittig ist, dass seine Familie in der Türkei lebt. Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht die von ihm ausgehende, mit seiner Mittellosigkeit verbundene Gefährdung des öffentlichen Interesses gegenüber. Eine weitere Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses liegt darin, dass der Beschwerdeführer, obwohl für ihn im Jahr 1997 keine arbeitsrechtliche Bewilligung erteilt worden war, dennoch über mehrere Monate hindurch neuerlich für die Firma B. gearbeitet hat. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes, dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers jedenfalls nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Schließlich wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen, allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht berufstätig sei, dürfe nicht zur Verhängung eines auf sechs Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes führen, gegen die festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes. Dies führt die Beschwerde zum Erfolg. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Mai 2000, Zl. 99/18/0291, m.w.N.) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die der Erhöhung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes zu Grunde liegende Annahme der belangten Behörde, dass dies "unter Bedachtnahme auf die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände einerseits sowie die momentane angespannte Arbeitsmarktlage und das sich daraus ergebende besondere öffentliche Interesse an der Unterbindung von 'Schwarzarbeit' andererseits" erst nach sechs Jahren der Fall sein werde, vermag der Verwaltungsgerichtshof bei Würdigung der für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Umstände nicht zu teilen.
Die belangte Behörde hat somit bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes die Rechtslage verkannt und damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Da es sich nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 99/18/0398) um einen vom übrigen Bescheidinhalt nicht trennbaren Abspruch handelt, war der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. Juni 2002
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