VwGH 98/19/0121

VwGH98/19/012114.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll sowie die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des HK in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 28. Jänner 1998, Zl. Jv 17.895-5b/97, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
EGVG 2008 Art2;
SDG 1975 §10 Abs1 Z3 impl;
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z3;
ZPO §298;
AVG §37;
EGVG 2008 Art2;
SDG 1975 §10 Abs1 Z3 impl;
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z3;
ZPO §298;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war als Sachverständiger für das Fachgebiet 92, 15 Buch- und Rechnungsprüfung in die Liste der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen des Handelsgerichtes Wien eingetragen.

Am 10. April 1997 erstattete der Gerichtskommissär dem Verlassenschaftsgericht einen Bericht, wonach der Beschwerdeführer in der Verlassenschaftssache N am 27. November 1995 mit der Ausarbeitung eines Gutachtens zur Bewertung der nachlasszugehörigen Geschäftsanteile an der N Holdinggesellschaft mbH beauftragt worden sei. Trotz wiederholter schriftlicher und telefonischer Urgenzen sei dieses Gutachten bis zum damaligen Tage nicht vorgelegen. Ebensowenig seien die der Gutachtenserstellung entgegenstehenden Hindernisse bekannt gegeben worden. Da auch die dem Beschwerdeführer gesetzte Nachfrist ergebnislos ablaufen sei, sei nun ein anderer Steuerberater mit der Gutachtenserstellung beauftragt worden.

Diesen Bericht legte das Verlassenschaftsgericht dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vor. Letzterer übermittelte ihn mit Schreiben vom 5. Mai 1997 dem Präsidenten des Handelsgerichtes Wien "zuständigkeitshalber mit dem Ersuchen um Erledigung im eigenen Wirkungsbereich", wobei er auf §§ 3 Abs. 1 und 10 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher, BGBl. Nr. 137/1975 (im Folgenden: SDG) verwies.

Der Präsident des Handelsgerichtes Wien hielt dem Beschwerdeführer diesen Bericht des Gerichtskommissärs mit Schreiben vom 17. Juni 1997 vor.

In seiner Stellungnahme vom 30. Juni 1997 zu diesem ihm vorgehaltenen Schreiben entschuldigte der Sachverständige die Säumnis damit, dass er in dieser Sache mit einer Vielzahl von Personen telefoniert habe, wobei niemand im Stande gewesen sei, sachdienliche Auskünfte zu erteilen. Ähnliches sei auch in der Verlassenschaft M, in welcher selbiger Notar Gerichtskommissär sei, eingetreten.

Er selbst habe, wenn auch ohne greifbares Ergebnis, einige Detektivarbeit geleistet und bitte, daraus zu ersehen, dass ihm die Säumigkeit nicht vorgeworfen werden könne.

Mit Bescheid vom 1. August 1997 entzog der Präsident des Handelsgerichtes Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG die Eigenschaft als allgemein gerichtlicher Sachverständiger.

Nach der Schilderung des Berichtes des Notars und der darauf erfolgten Stellungnahme des Beschwerdeführers führte der Präsident des Handelsgerichtes weiter aus, dass nach Durchsicht des Aktes des Beschwerdeführers festgestellt worden sei, dass dieser bereits im Jahr 1991 mit einem Gutachten in einem Verlassenschaftsverfahren säumig geworden sei. Der Beschwerdeführer habe sohin wiederholt die Erstattung von Gutachten über Gebühr hinausgezögert und nicht nur nicht um Fristerstreckung angesucht, sondern auch auf Urgenzen keine der Gutachtenserstellung entgegenstehenden Hindernisse bekannt gegeben. Es sei daher gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG vorzugehen.

In seiner Berufung vom 22. September 1997 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor:

In den letzten sechs Jahren sei er im Schnitt pro Jahr zwischen 13 und 20 Mal mit der Erstellung von Gutachten beauftragt worden. In den 70er und 80er Jahren sei dies sogar fallweise über 40 Mal jährlich der Fall gewesen. In einem Jahr habe er sogar 51 Gutachten erstellt, dies alles ohne dass es dabei zu Versäumnissen gekommen sei. Das Jahr 1991, in dem es zu der ihm vorgeworfenen erstmaligen Säumnis gekommen sei, sei für ihn ein besonders schwieriges Jahr gewesen, da all seine Terminplanungen durch langwierige und komplizierte Betriebsprüfungen zunichte gemacht worden seien. Ab November 1991 sei er jedoch mit allen Gutachten wieder im Zeitplan gewesen.

In den Jahren 1995 bis Anfang 1996 sei er nochmals zeitmäßig unter Druck geraten, nachdem zwei langjährige (über 30 Jahre) Mitarbeiterinnen kurzzeitig hintereinander verstorben seien. In den Fällen N und M verweise er auf seine Stellungnahme und füge dieser hinzu, dass ihm Säumigkeit vorzuwerfen gewesen wäre, wenn ihm die zur Gutachtenserstellung notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestanden wären und er dann das Gutachten nicht erstellt hätte.

Weiters berichtete der Beschwerdeführer noch über allgemeine Schwierigkeiten bei Gutachtenserstellungen und verwies abschließend darauf, dass er in seiner Laufbahn 839 Gutachten klaglos und ordnungsgemäß erstellt habe, viele davon in kürzester Zeit. Weiters glaube er, dass er in seiner langjährigen (rund 27 Jahre) klaglosen Tätigkeit den Beweis erbracht habe, seine Pflichten als Sachverständiger ernst zu nehmen. In einer Beilage führte der Beschwerdeführer weiters 10 Gutachten aus den Jahren 1993, 1996 und 1997 an, die offenbar veranschaulichen sollten, dass er viele Gutachten in kürzester Zeit erstellt habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 28. Jänner 1998 wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben.

Die Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides entsprach im Wesentlichen derjenigen im erstinstanzlichen Bescheid.

Nach allgemein gehaltenen Überlegungen zum Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e SDG führte die belangte Behörde weiter aus:

Zum Entziehungstatbestand der wiederholten ungebührlichen Verzögerung bei der Gutachtenserstattung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG sei anzumerken, dass in den Sachverständigenlisten nur geeignete Sachverständige eingetragen sein sollten. Geeignet seien nur jene Sachverständige, die durch rasche und fristgerechte Erstellung der Gutachten einen verzögerungsfreien Gang der Rechtspflege gewährleisteten. Es sei gleichgültig, aus welchem Grund der Sachverständige die Gutachtenserstattung wiederholt hinausgezögert habe. Dieser Tatbestand setze kein persönliches Verschulden des Sachverständigen voraus. Allein die objektive Tatsache der wiederholten ungebührlichen Gutachtensverzögerung mache die Entziehung notwendig, weil die Weiterbelassung in der Liste geeignet sei, einen verzögerungsfreien Gang der Rechtspflege in anderen Fällen in Frage zu stellen. Der Entziehungstatbestand setze wiederholtes Verhalten voraus. Die Ungebührlichkeit des Verhaltens sei an der Dauer der Verzögerung bei der Gutachtenserstellung zu beurteilen. Es brauche nicht erörtert zu werden, welche persönlichen Umstände zu diesen Unzukömmlichkeiten geführt hätten. In diesem Zusammenhang gehöre es zu den Pflichten eines Sachverständigen, nach Ablauf der Frist für die Gutachtenserstattung jede schriftliche oder mündliche Urgenz eines Gerichtes zumindest zu beantworten, bei Fristüberschreitungen habe der Sachverständige bei Gericht um Fristerstreckung zu ersuchen.

Aus dem unbestrittenen Sachverhalt ergebe sich daher die Notwendigkeit der Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger sowohl wegen des Wegfalles der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e SDG zufolge Nichtreagierens auf wiederholte schriftliche und telefonische gerichtliche Urgenzen, als auch wegen wiederholter ungebührlicher Verzögerung bei der Gutachtenserstattung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG. Der Hinweis des Sachverständigen, er habe eine Vielzahl von Gutachten ohne Verzögerung erstattet und sei lediglich im Jahre 1991 wegen langwieriger und komplizierter Betriebsprüfungen und in den Jahren 1995 und 1996 durch den Tod zweier langjähriger Mitarbeiterinnen unter Zeitdruck geraten, komme keine Relevanz zu, weil es seine Sache gewesen wäre, keine weiteren Gutachtensaufträge anzunehmen, wenn sie nicht zeitgerecht erfüllt werden könnten. Ebenso sei seine Verantwortung, er habe in den Fällen N und M trotz Betreibens von den Beteiligten nicht die für die Gutachtenserstellung notwendigen Unterlagen erhalten, weshalb er diese Gutachten nicht erstatten habe können, ohne rechtliche Bedeutung; vielmehr hätte er dies dem Gericht melden und nötigenfalls auch um Erstreckung der Gutachtenserstattungsfristen ersuchen müssen. Auf jeden Fall hätte er auf wiederholte schriftliche und telefonische gerichtliche Urgenzen zu reagieren gehabt. Die Berufung erweise sich daher als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e SDG lautet auszugsweise:

"§ 2 ...

(2) Für die Eintragung in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. In der Person des Bewerbers

...

e) Vertrauenswürdigkeit"

§ 10 Abs. 1 Z. 1 SDG und § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG lauten auszugsweise:

"§ 10. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger ist vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz durch Bescheid zu entziehen,

1. wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind;

......

3. wenn er wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung eines Gutachtens über die Gebühr hinauszögert."

In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, dass für die Verzögerung bei der Gutachtenserstattung nicht die unterlassene Reaktion des Beschwerdeführers auf Urgenzen, sondern vielmehr die tatsächliche Unmöglichkeit einer Gutachtenserstattung mangels Vorliegens der notwendigen Unterlagen maßgeblich gewesen sei. Dem Beschwerdeführer könne allenfalls der Vorwurf gemacht werden, bei Fristüberschreitung nicht bei Gericht um Fristerstreckung eingekommen zu sein. Damit werde der Entziehungstatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG aber in keiner Weise erfüllt, zumal die Verzögerung bei der Gutachtenserstattung selbst damit in keiner Weise behoben und auch dem verzögerungsfreien Gang der Rechtspflege noch nicht weiter gedient sei. Weiters sei kein konkreter Sachverhalt dazu erhoben worden, dass der Beschwerdeführer nicht auf schriftliche oder mündliche Urgenzen des Gerichtes geantwortet habe.

Schließlich werde das Gesetz auch unrichtig angewendet, wenn zum Nachweis der Wiederholung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG eine Verzögerung aus dem Jahre 1991 herangezogen werde, zwischenzeitig aber etwa 100 weitere Aufträge klaglos, somit offenbar auch fristgerecht, abgewickelt worden seien. Ebenso vermöge der angefochtene Bescheid nicht darzustellen, wodurch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit weggefallen wäre, da der zugrundeliegende Sachverhalt jedenfalls keine Anhaltspunkte biete, die ausführlich dargestellten Erfordernisse von Unparteilichkeit, Gesetzestreue, Korrektheit, aber auch Pflichtbewusstsein oder Charakterstärke in Zweifel zu ziehen. Weiters rügt der Beschwerdeführer, dass der Sachverhalt bezüglich des vorgeworfenen Wegfalles der Vertrauenswürdigkeit nicht ausreichend festgestellt worden sei. Ebensowenig sei festgestellt worden, dass er auch nur eine Gutachtenserstattung ungebührlich verzögert habe. Schließlich seien im Verwaltungsverfahren die im Verfahren nach dem SDG zur Anwendung zu gelangenden Verfahrensvorschriften des AVG nicht hinreichend berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer sei von keinem einzigen Ergebnis einer Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zur Stellungnahme in Kenntnis gesetzt worden, ein einziger Vorhalt wie gegenständlich durch das Schreiben des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 17. Juni 1997 sei nicht ausreichend. Nicht nur den Bestimmungen des AVG zuwiderlaufend, sondern auch verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig sei der Vorgang, dass mit Schreiben vom 5. Mai 1997 der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien den Präsidenten des Handelsgerichtes Wien um Erledigung im eigenen Wirkungsbereich unter Hinweis auf § 10 Abs. 1 SDG, somit unter Hinweis auf eine Entziehung ersucht habe. Noch ehe ein Verfahren auch nur stattgefunden habe oder überhaupt eingeleitet worden sei, habe die Berufungsbehörde um Erledigung in Form der Entziehung der Eigenschaft nach § 10 Abs. 1 SDG ersucht.

Dazu ist zu bemerken:

§ 10 Abs. 1 Z. 3 SDG besagt, dass einem Sachverständigen die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger zu entziehen ist, wenn er wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung des Gutachtens über Gebühr hinauszögert. Die belangte Behörde sah diesen Tatbestand verwirklicht, weil es im Fall des Beschwerdeführers dreimal und zwar einmal im Jahr 1991 und in den Fällen N und M in den Jahren 1995 bis 1997 zu Gutachtensverzögerungen gekommen ist.

Mit der in Rede stehenden Gutachtenserstattung aus dem Jahre 1991 wurde der Beschwerdeführer nach der Aktenlage am 11. März 1991 unter Setzung einer sechsmonatigen Frist beauftragt. Am 26. November 1991 wurde die Verzögerung beim Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien beanstandet.

Das Gutachten N wurde nach der Aktenlage mit Schreiben vom 27. November 1995 beim Beschwerdeführer in Auftrag gegeben. Am 10. April 1997 wurde der erteilte Auftrag widerrufen und ein anderer Sachverständiger mit der Gutachenserstellung beauftragt.

Wie der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 30. Juni 1997 selbst angab, war es auch im Fall M zu vergleichbaren Verzögerungen gekommen.

Bezüglich der Feststellung der Behörde erster Instanz, dass er mit dem Gutachten im Fall N säumig sei und auch der Fall M ähnlich gelagert sei, räumte der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 22. September 1997 ausdrücklich ein, dass ihm in den Fällen N und M Säumigkeit dann vorzuwerfen wäre, wenn er die zur Gutachtenserstellung nötigen Unterlagen zur Verfügung gehabt hätte.

Der Beschwerdeführer ging also offensichtlich selbst davon aus, dass er die in Rede stehenden Gutachten nicht innerhalb angemessener Frist erstattet hat und wollte lediglich darlegen, dass ihm dieser Umstand aus näher genannten Gründen nicht vorwerfbar wäre.

Insofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vermeint, der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG sei deshalb nicht erfüllt, weil er die Verzögerungen nicht zu verantworten habe, ist ihm zu entgegnen, dass es, worauf auch die belangte Behörde hinwies, an ihm gelegen wäre, die geeigneten Schritte zur Erlangung der für die Gutachtenserstattung erforderlichen Unterlagen, insbesondere durch die Einschaltung des Gerichtes, welches dann nach §§ 298 ff. ZPO hätte vorgehen können, zu setzen. Gerade weil der Beschwerdeführer es unterließ, über Urgenzen des Gerichtes die Gründe für die Verzögerung der Gutachtenserstellung bekanntzugeben und damit auch zwecks Erlangung der dazu notwendigen Unterlagen mit dem Gericht Kontakt aufzunehmen, hat er die durch das Fehlen derselben bedingte Verzögerung als ungebührlich zu verantworten. Das Fehlen dieser Unterlagen stand daher der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG vorliegendenfalls nicht entgegen.

Anderes könnte gelten, wenn die Verzögerungen auf Gründe zurückzuführen gewesen wären, auf die der Beschwerdeführer keinen Einfluss hatte. Dies hätte auf das vom Beschwerdeführer als Entschuldigung darüberhinaus ins Treffen geführte Ableben zweier langjähriger Kanzleimitarbeiterinnen zutreffen können, wenn dieser Umstand nach Annahme des Auftrages zur Gutachtenserstattung eingetreten wäre. Dass letzteres der Fall gewesen wäre, wird vom Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet.

Wie dieser nämlich selbst angibt, kam es zu den Problemen in seiner Kanzlei aufgrund des Ablebens seiner Mitarbeiterinnen schon im Laufe des Jahres 1995. Der Auftrag N wurde dem Beschwerdeführer aber erst Ende November 1995 erteilt, zu einem Zeitpunkt also, an dem ihm diese Probleme schon bekannt waren. Auch wurde nicht vorgebracht, dass er den Auftrag im "ähnlich gelagerten" Fall M schon vor dem Tod seiner Mitarbeiterinnen erhalten habe. Sohin wäre es, wie auch schon die belangte Behörde ausführte, am Beschwerdeführer gelegen, aufgrund dieser Probleme keine weiteren Gutachtensaufträge mehr anzunehmen. Dieser Beurteilung der belangten Behörde tritt der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nicht entgegen.

Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen liegt dem Beschwerdeführer daher sehr wohl in allen drei Fällen eine ungebührliche Verzögerung der Gutachtenserstellung zur Last.

Der Beschwerdeführer ist nun insofern im Recht, als er auf eine dem Begriff "wiederholt" in § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG innewohnende zeitliche und mengenmäßige Komponente hinweist. Wie auch die belangte Behörde ausführt, ist Zweck der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG, ein verzögerungsfreies Verfahren dadurch zu gewähren, dass im Hinblick auf die prompte Gutachtenserstattung ungeeignete Sachverständige aus der Liste der Sachverständigen auszuschließen sind.

Die Beurteilung, ob ein Sachverständiger, dem, wie dem Beschwerdeführer, eine Vielzahl von Gutachten aufgetragen wurde, in diesem Sinne ungeeignet ist, kann nicht allein von der Tatsache abhängen, dass dieser mehr als einmal säumig geworden ist. Vielmehr setzt eine "wiederholte" Säumigkeit im Sinne dieser Bestimmung bei solchen Sachverständigen entweder eine größere Zahl von Verzögerungen, oder aber ein gewisses zeitliches Naheverhältnis zwischen den einzelnen (allenfalls nur zwei) Säumnisfällen voraus. Erst wenn bei Tätigkeit eines solchen Sachverständigen schon nach einem kürzeren zeitlichen Intervall eine neuerliche Verzögerung auftritt, oder sich sonst Verzögerungen (in längeren Intervallen) häufen, kann davon ausgegangen werden, dass eine Streichung von der Liste der Sachverständigen zu erfolgen hat.

Auch bei Zugrundelegung dieser Beurteilung ist der Beschwerde aber kein Erfolg beschieden. Der Beschwerdeführer verzögerte nämlich in insgesamt drei Fällen die Gutachtenserstattung, wobei zwei dieser Fälle, N und M, in engstem zeitlichem Zusammenhang stehen. Die belangte Behörde ist deshalb ausgehend von den Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid zutreffend vom Vorliegen des Entziehungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG ausgegangen. Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt nicht vor.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe es verabsäumt, ihm entsprechend den Bestimmungen des AVG Parteiengehör zu gewähren.

Die Justizverwaltungsbehörden zählen nicht zu jenen Behörden, die das AVG anzuwenden haben. Von ihnen sind allerdings die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu beachten (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 10 zu Art. II EGVG). Hiezu zählt auch die Pflicht zur Gewährung von Parteiengehör (Walter-Thienel, a.a.O., E. 16 zu Art. II EGVG). Vorliegendenfalls wurde der Beschwerdeführer allerdings mit Schreiben des Präsidenten des Handelsgerichtes vom 17. Juni 1997 aufgefordert, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen, was er übrigens auch tat. Weiters hatte er in der Berufung die Möglichkeit, insbesondere zum Vorwurf der wiederholten ungebührlichen Verzögerung der Gutachtenserstattung, Vorbringen zu erstatten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine Verletzung der Pflicht der Verwaltungsbehörden zur Gewährung von Parteiengehör - unabhängig von der Frage der Relevanz - nicht zu erkennen.

Dem Vorbringen betreffend das Schreiben der belangten Behörde vom 5. Mai 1997 ist Folgendes zu entgegnen:

Gemäß § 3 Abs. 2 SDG sind in Wien in die vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien geführte Liste die Sachverständigen des Handels, des Gewerbes, der Industrie und sonstiger Wirtschaftszweige einzutragen. Der Beschwerdeführer war unbestrittener Maßen in die Liste der Sachverständigen beim Handelsgericht Wien eingetragen. Nach § 10 Abs. 1 SDG ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz zu entziehen. Im vorliegenden Fall hatte also der Präsident des Handelsgerichtes Wien in erster Instanz zu entscheiden. Da aber das Bezirksgericht Donaustadt, bei dem der Bericht des Gerichtskommissärs über die Säumnis des Beschwerdeführers eingelangt war, diesen zur Kenntnisnahme an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien weitergeleitet hatte, wurde dieser Bericht richtigerweise an den Präsidenten des Handelsgerichtes Wien als zuständige Behörde übermittelt, wobei die angeführten Gesetzesstellen (§ 3 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 SDG) nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, einen Hinweis auf den Inhalt der zu treffenden Erledigung geben, sondern lediglich auf die Zuständigkeit des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien in dieser Angelegenheit verweisen sollten.

Durch die Streichung aus der Sachverständigenliste gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 SDG wurde der Beschwerdeführer in seinen Rechten daher nicht verletzt. Damit war aber nicht mehr zu prüfen, ob das Nichtreagieren des Beschwerdeführers auf Urgenzen für sich alleine den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 1 SDG iVm § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e leg.cit. erfüllt hat. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Jänner 2000

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