VwGH 98/18/0369

VwGH98/18/036931.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des A, (geboren am 26.11.1973), vertreten durch Mag. Birgit Hermann und Dr. Thomas Kraft, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 5a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. Oktober 1998, Zl. III 266/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §48 Abs1;
StGB §73;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §48 Abs1;
StGB §73;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen italienischen Staatsangehörigen, gemäß §§ 36 Abs. 1 Z. 1, 37, 38 und 39, 48 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein habe den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 iVm §§ 37, 38 und 39 FrG mit einem auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltsverbot belegt. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer berufen.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit einem in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnis vom 18. November 1997 wegen Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 des Meldegesetzes gemäß § 22 Abs. 1 leg.cit. mit einer Geldstrafe von jeweils S 3.000,-- belegt worden, weil er 1. in der Zeit vom 24. August 1997 bis 16. November 1997 seine Unterkunft in Kufstein an einer näher genannten Adresse, und anschließend 2. in der Zeit vom 17. November 1997 bis 21. November 1997 unbekannt in Kufstein bei seinem Bruder und Freunden Unterkunft genommen hätte, ohne sich jeweils rechtzeitig (längstens binnen drei Tagen) beim Meldeamt der Stadtgemeinde Kufstein (dem Bürgermeister als zuständiger Meldebehörde) polizeilich anzumelden.

Weiters sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Innsbruck mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 14. Juli 1998 wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB mit einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten, Probezeit drei Jahre, und mit einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 240 Tagessätzen belegt worden. Diesem Urteil liege folgender Schuldspruch zu Grunde:

"Der Beschuldigte A ist schuldig, er hat in Kufstein

1. am 19.10.1997 die C durch die Äußerung, sie solle ja nichts gegen ihn unternehmen, sonst wäre sie nicht die erste und nicht die letzte, sohin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme einer Anzeige wegen Körperverletzung genötigt;

2. die C am Körper verletzt und zwar a) am 19.10.1997 durch Versetzen von Schlägen wodurch diese Hämatome erlitt; b) am 19.11.1997 durch Würgen und Versetzen von Schlägen mit Gegenständen, wodurch sie eine Schädelprellung, eine Halswirbelsäulenprellung sowie eine Prellung des linken Unterarmes erlitt." Die "deutsche Strafkarte" betreffend den Beschwerdeführer weise folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:

"1. Amtsgericht Ingolstadt vom 16.4.1992, Zl. 16 JS 14624/91 JUG, ein Jahr 10 Monate Jugendstrafe, 3 Jahre Bewährungszeit, wegen Diebstahls in 26 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 2 Fällen und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in 8 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Diebstahl und Computerbetrug, Datum der letzten Tat: 14.11.1991.

2. Amtsgericht Ingolstadt vom 2.2.1993, Zl. LS 15 JS 6773/92, 3 Jahre 6 Monate Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Diebstahl in 21 sachlich zusammentreffenden Fällen und mit versuchtem Diebstahl in 5 sachlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit in 3 Fällen mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, Datum der letzten Tat:

15.6.1992.

3. Amtsgericht Ingolstadt vom 2.1.1996, Zl. 24 JS 17173/95, 3 Monate Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher unerlaubter Einreise in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Aufenthalt, Datum der letzten Tat: 1.10.1995." Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers laut den rechtskräftigen Bestrafungen zeige deutlich seine negative Einstellung gegenüber der Rechtsordnung auf, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung in erforderlicher Weise zu achten und sein Verhalten den Gesetzen anzupassen, woraus sich die berechtigte Folgerung ergebe, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle (§ 36 Abs. 1 Z. 1, § 48 Abs. 1 erster Satz FrG), und weshalb vom Ermessen des § 36 Abs. 1 FrG zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werde.

Mit dem Aufenthaltsverbot sei ein relevanter Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG verbunden. Die sich im Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung des Beschwerdeführers, sich über die Rechtsordnung hinwegzusehen, mache das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte anderer (z.B. auf körperliche Unversehrtheit) dringend geboten im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Das aus seinem erlaubten kurzen Aufenthalt seit 1997, seiner Beschäftigung im Bundesgebiet (zuletzt bei einer näher genannten Firma) und seiner dementsprechend geringen Integration und "ebensolche(r) private(r) Bindung" im Bundesgebiet, sowie seiner "intensive(n) familiäre(n) Bindung" zu seinem im Bundesgebiet ansässigen Bruder abzuleitende Interesse des Beschwerdeführers an seinem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wöge - im Hinblick auf seine Neigung zu Straftaten - höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots, weshalb die Erlassung des Aufenthaltsverbots auch im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Der Schutz der Rechte anderer, "z.B. auf körperliche Unversehrtheit, Vermögen," habe einen "großen öffentlichen Stellenwert, großes öffentliches Gewicht".

Ein Aufenthaltsverbots-Verbotsgrund gemäß §§ 38, 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG komme im Beschwerdefall nicht zum Tragen.

Zur Dauer des Aufenthaltsverbots sei Folgendes festzuhalten:

Aufgrund des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers in Österreich (laut dem Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14. Juli 1998) und seiner Vorstrafen in Deutschland ("darunter einer einschlägigen") sei die belangte Behörde der Auffassung, dass der Zeitpunkt des Wegfalls des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbots, nämlich die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, nicht vorhergesehen werden könne und daher die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots notwendig und aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Juli 1998 in Verbindung mit seiner einschlägigen Vorstrafe aus Deutschland aus dem Jahr 1993 ("gefährliche Körperverletzung") gemäß § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall iVm § 36 Abs. 3 zweiter Satz FrG auch zulässig sein würde. Weil der Beschwerdeführer als italienischer Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger jedoch im Hinblick auf Art. 6 des EWR-Abkommens "nur" gemäß der Generalklausel des § 36 Abs. 1 mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden dürfe, dürfe ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer nicht erlassen werden, sondern maximal ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot (vgl. § 39 Abs. 1 FrG). Ein solches Aufenthaltsverbot werde aus den obgenannten Gründen auch erlassen. Es entspreche den für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umständen. Die Erlassung dieses Aufenthaltsverbots sei aufgrund seiner aus seinen zahlreichen Vorstrafen eindrucksvoll hervorleuchtenden Gefährlichkeit für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gemäß § 48 Abs. 1 erster Satz FrG auch gegen den Beschwerdeführer als EWR-Bürger zulässig.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung gegen den Erstbescheid werde zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen. Allfällige erstinstanzliche Verfahrens- oder Begründungsmängel seien durch die Berufungsmöglichkeit, von der der Beschwerdeführer Gebrauch gemacht habe, und den Berufungsbescheid saniert. Auf eine persönliche niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers werde "wegen Unnotwendigkeit verzichtet". Auf der Übertretung des Meldegesetzes allein beruhe das vorliegende Aufenthaltsverbot ohnehin nicht. Das diesbezügliche Straferkenntnis sei rechtskräftig, sodass die Fremdenpolizeibehörde berechtigt sei, ohne weiteres davon bzw. von dem ihm zu Grunde liegenden Sachverhalt auszugehen. Dass die erstmalige Unterkunftnahme des Beschwerdeführers in Kufstein am 24. September 1997 erfolgt sei und nicht wie im Spruch des Straferkenntnisses angeführt am 24. August 1997, ändere nichts Grundsätzliches an der in Rede stehenden Übertretung des Meldegesetzes, ebenso wenig wie der Umstand, dass der Beschwerdeführer Punkt 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 18. November 1997 - wie er in seiner Berufung behaupte - tatsächlich nicht zu verantworten habe. Auf die Rechtskraft des Straferkenntnisses und deren Wirkung für die Verwaltungsbehörde ("= Fremdenpolizeibehörde") werde nochmals hingewiesen, ebenso darauf, dass die Übertretung des Meldegesetzes nur einen kleinen Teil des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers darstelle, das zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt habe. Auf § 36 Abs. 2 Z. 1 oder Z. 2 FrG beruhe das Aufenthaltsverbot ohnehin nicht. Dass die Beziehung des Beschwerdeführers zu C nicht bloß einseitig aggressiv gewesen sei, möge sein, und dass der Beschwerdeführer die Genannte nicht schwer am Körper verletzt habe, sei eine Tatsache; dies ändere aber nichts an dem in Rede stehenden Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers "laut den rechtskräftigen Bestrafungen und der daraus eindrucksvoll hervorleuchtenden Gefährlichkeit" für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Dass die Straftaten des Beschwerdeführers in Deutschland, für die er dort rechtskräftig verurteilt worden sei, so genannte Jugendstraftaten seien, und dass der Beschwerdeführer diese Strafen verbüßt habe, übersehe die belangte Behörde nicht. Dass sich der Beschwerdeführer - auf Dauer - geläutert hätte, könne angesichts seiner Straftaten in Österreich, insbesondere laut dem genannten rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Innsbruck, derzeit noch nicht ernsthaft gesagt werden. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass Fremde angesichts konkret drohender fremdenpolizeilicher Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde gegenüber kundtäten, dass sie sich geläutert hätten bzw. dass sie in Zukunft die Rechtsordnung beachten würden. Die seit den letzten Straftaten des Beschwerdeführers verstrichene Zeit sei jedoch noch viel zu kurz, um jetzt schon eine dauerhafte Änderung seiner Einstellung zur Rechtsordnung attestieren zu können, und das Risiko der "Dabelassung" des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf Kosten der Rechte anderer sei viel zu groß. Daran vermöge nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich keine Vermögensdelikte begangen habe. Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Deutschland wegen vorsätzlicher unerlaubter Einreise und vorsätzlichen unerlaubten Aufenthalts könne im gegenständlichen Verwaltungsverfahren im Rahmen des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers sehr wohl berücksichtigt werden; dass das in Österreich kein strafrechtliches Delikt sei und daher § 73 StGB keine Anwendung finde, sei in diesem Zusammenhang irrelevant. Dass der Beschwerdeführer, wie er in seiner Berufung ausführe, in Österreich keineswegs die meiste Zeit arbeitslos gewesen sei, ändere nichts an der Kürze seines Aufenthalts und seines Arbeitens in Österreich und seiner dementsprechend geringen Integration. Dass das Unternehmen, bei dem er derzeit beschäftigt sei, dem Beschwerdeführer attestiere, dass er ein gewissenhafter und fleißiger Arbeiter und für das Unternehmen unabkömmlich sei, ändere nichts an den rechtskräftigen Bestrafungen bzw. den diesen zu Grunde liegenden Straftaten bzw. dem Gesamtfehlverhalten. Der Beschwerdeführer habe seinen Lebensmittelpunkt vom Kleinkindalter an bis zum Jahr 1997 in Deutschland gehabt, von wo er 1997 nach Italien abgeschoben worden sei, von wo er sich umgehend nach Kufstein in Tirol begeben habe, um hier seinen zukünftigen Lebensmittelpunkt einzurichten. Die Eltern des Beschwerdeführers lebten nach wie vor in Deutschland. Sein einziger familiärer Kontakt außerhalb Deutschlands sei sein Bruder in Kufstein. In diesem Zusammenhang werde auf die Volljährigkeit des Beschwerdeführers hingewiesen, die das Gewicht der privatfamiliären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich verringere. Dazu, dass der Beschwerdeführer durch eine Abschiebung aus Österreich seines letzten und inzwischen wichtigsten familiären Kontakts beraubt würde, werde nochmals auf seine Volljährigkeit hingewiesen und auf sein Gesamtfehlverhalten und die daraus eindrucksvoll hervorleuchtende Gefährlichkeit seiner Person für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bzw. für die Rechte anderer, weshalb dieser durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbots bewirkte Eingriff in Kauf genommen werden müsse.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab. II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde hat das vorliegende Aufenthaltsverbot auf das den im bekämpften Bescheid angesprochenen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen und rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zu Grunde liegende Gesamtfehlverhalten gestützt.

2.1. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde, wenn sie bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens auch die oben genannte Verurteilung des Amtsgerichtes Ingolstadt vom 2. Jänner 1996 wegen vorsätzlich unerlaubter Einreise in Tateinheit mit vorsätzlich unerlaubtem Aufenthalt herangezogen hat, nicht beachtet hat, dass nach der hg. Rechtsprechung aus einem rechtswidrigen Aufenthalt in einem anderen Staat eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit in Österreich - nur diese ist durch § 48 Abs. 1 FrG (bzw. § 36 Abs. 1 Z. 1 leg.cit.) geschützt - nicht abgeleitet werden kann (vgl. in diesem Sinn das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, aber auch für die Rechtslage nach dem FrG einschlägige Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0496).

2.2. Weiters ist § 73 StGB entgegen der Behörde auch dann relevant, wenn im Rahmen des Gesamtfehlverhaltens das einem ausländischen Gerichtsurteil zu Grunde liegende Fehlverhalten berücksichtigt werden soll. Nach § 36 Abs. 3 FrG dürfen Verurteilungen durch ein ausländisches Gericht nur dann als Verurteilungen im Sinn des § 36 Abs. 2 leg.cit. eingestuft werden, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entsprechen. Entspricht eine ausländische gerichtliche Verurteilung diesen Voraussetzungen nicht, so liegt keine Verurteilung iSd § 36 Abs. 2 FrG vor und kann auch die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes maßgebliche Annahme nicht auf das einer solchen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten gestützt werden (vgl. § 36 Abs. 1 und Abs. 2 erster Halbsatz FrG). Es würde aber der aus § 73 StGB hervorleuchtenden Wertung des Gesetzgebers, ausländische gerichtliche Verurteilungen nicht schrankenlos, sondern nur unter den in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen inländischen gerichtlichen Verurteilungen gleichzustellen (vgl die Erläuterungen der RV zum StGB, 30 BlgNR 13.GP, zu § 76, S 185 ff), zuwiderlaufen, wenn man die Regelung des § 73 StGB gemäß § 36 Abs. 3 FrG nur bezüglich der vom § 36 Abs. 2 FrG erfassten Verurteilungen zum Tragen kommen ließe. Vielmehr ist es unter Bedachtnahme auf den besagten Wertungsgesichtspunkt erforderlich, in verfassungskonformer Weise auch für den Fall, dass ein Aufenthaltsverbot auf § 36 Abs. 1 FrG (ohne Dazwischentreten eines Tatbestandes des § 36 Abs. 2 FrG) oder auf § 48 Abs. 1 leg.cit. gestützt werden soll, die diesbezüglich infolge des - planwidrigen - Fehlens einer ausdrücklichen Anordnung wie in § 36 Abs. 3 leg.cit. bestehende Regelungslücke - im Wege einer unter dieser Voraussetzung auch im öffentlichen Recht zulässigen Analogie (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 96/18/0134) - dadurch zu schließen, dass auch für diesen Fall das einen dem § 73 StGB nicht gerecht werdenden ausländischen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten nicht herangezogen werden darf, und solcherart eine dem Sinn des Gesetzes (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG) nicht entsprechende Handhabung des nach § 36 Abs. 1 bzw. § 48 Abs. 1 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0326) gegebenen behördlichen Ermessens hintanzuhalten (vgl. in diesem Sinn das zu § 3 Abs. 2 lit. b des Fremdenpolizeigesetzes ergangene, aber auch im vorliegenden Zusammenhang einschlägige hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1965, Zl. 180/64).

Die Beschwerde weist somit zu Recht darauf hin, dass die genannte Verurteilung des Amtsgerichts Ingolstadt den in § 73 StGB statuierten Voraussetzungen für eine Gleichwertigkeit mit einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht nicht gerecht wird, ist doch die diesem Urteil zu Grunde liegende Straftat der vorsätzlichen unerlaubten Einreise in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Aufenthalt nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar. Gleiches gilt für das von den beiden anderen in der "deutschen Strafkarte" genannten Verurteilungen des Amtsgerichtes Ingolstadt vom 16. April 1992 und vom 2. Februar 1993 mitumfasste "vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis" (in "8 Fällen" bzw. in "3 Fällen"), stellt doch das Lenken eines Kraftfahrzeugs ohne gültige Lenkerberechtigung nach dem (diesbezüglich) am 1. November 1997 in Kraft getretenen Führerscheingesetz eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 1 Abs. 3 iVm § 37 leg. cit.; vgl auch den bis dahin in Kraft gestandenen § 64 Abs. 1 KFG 1967 iVm § 134 leg. cit.).

2.3. Wenn auch nicht von vornherein gesagt werden kann, dass das vorliegende Aufenthaltsverbot nicht auf die in den angesprochenen Verurteilungen des Amtsgerichtes Ingolstadt vom 16. April 1992 und vom 2. Februar 1993 genannten weiteren Straftaten sowie auf das der rechtskräftigen Verurteilung vom 14. Juli 1998 und der rechtskräftigen Bestrafung vom 18. November 1997 (siehe oben I.1.) zu Grunde liegende Fehlverhalten gestützt werden könnte, hat es die belangte Behörde in Verkennung der dargestellten Rechtslage aber unterlassen, zu diesen amtsgerichtlichen Verurteilungen nähere Feststellungen zu treffen, erfassen diese doch unter Einbeziehung des in Österreich nicht gerichtlich strafbaren Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung jeweils mehrere Straftaten, weshalb es ohne solche Feststellungen nicht ersichtlich ist, wie das in Österreich nicht gerichtlich strafbare Fehlverhalten des Beschwerdeführers bei der Beurteilung durch das genannte deutsche Gericht - auch in Bezug auf die Höhe der verhängten Strafe - zu Buche schlug.

3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die beschwerdeführende Partei begehrte Schriftsatzaufwand (ausdrücklich) in der Höhe von S 12.500,--, sowie die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 (ausdrücklich) in der Höhe von S 2.500,--, weshalb ihr bei der insgesamt begehrten Summe von S 14.500,-- offensichtlich ein Rechenfehler unterlief und somit kein Minderbegehren vorliegt. Wien, am

Wien, am 31. März 2000

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