VwGH 98/10/0415

VwGH98/10/041525.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde

1.) des Erwin B, 2.) des Norbert B und 3.) des Peter B, alle in Spittal/Drau und vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Bahnhofstraße 2/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. Oktober 1998, Zl. Ro- 406/5/1998, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
AVG §8;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. April 1998 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) nach Maßgabe der eingereichten Pläne und Beschreibungen Hermann H. die naturschutzrechtliche Bewilligung zur geringfügigen Änderung des mit Bescheid vom 19. Juli 1994 genehmigten Kleinkraftwerkes auf den Parzellen Nr. 1530/1 und 1530/21 der KG. B.

Das Grundstück Nr. 1530/21 befindet sich im Eigentum der Beschwerdeführer; das Grundstück Nr. 1530/1 im Eigentum von Hermann H.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen den Bescheid der BH gleichlautende Berufungen. Sie brachten im Wesentlichen vor, bei der gegenständlichen Änderung der Entnahmestelle handle es sich nicht um eine geringfügige Änderung. Das Wasserrechtsverfahren betreffend die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes auf Grund der von Hermann H. durchgeführten Baumaßnahmen sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bezirksgerichtes Spittal/Drau (Unterlassung) ausgesetzt worden. Die Grundgrenzen im gegenständlichen Bereich stünden keinesfalls fest, sondern würden derzeit von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen vermessen. Hermann H. habe in den rodungs-, wasser- und naturschutzrechtlichen Verfahren jeweils verschiedene Lagepläne vorgelegt. Zur Feststellung der Auswirkungen der Wasserentnahme werde auch ein Amtsachverständiger aus dem Bereich des Wasserbaues beantragt. Das Verfahren beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft betreffend die zwangsweise Einräumung von Rechten sei noch nicht abgeschlossen, weshalb die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Änderung der noch nicht rechtskräftig bewilligten Entnahmestelle nicht schon vorher erteilt werden dürfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Berufungen gemäß § 51 Abs. 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (Krnt NatSchG), als unzulässig zurückgewiesen.

Nach der Begründung sei gemäß § 51 Abs. 2 leg. cit. die Zustimmung des vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümers zur beabsichtigten Maßnahme dann nicht schriftlich nachzuweisen, wenn auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich sei. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall gemäß § 63 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1979 gegeben. Beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft sei auch ein Verfahren auf Einräumung von Zwangsrechten anhängig. Die Parteistellung des vom Antragstellers verschiedenen Grundeigentümers sei auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt. Hinsichtlich des Schutzes der Natur und der darüber hinausgehenden Vollziehung des Kärntner Naturschutzgesetzes stünden den Beschwerdeführern daher keine subjektiven-öffentlichen Rechte zu. Eine Aussetzung des Berufungsverfahrens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesministeriums bzw. des Bezirksgerichtes sei nicht zulässig, weil die angeschnittenen Bereiche keine Vorfrage nach § 38 AVG darstellten. Der Ausgang des anhängigen Wasserrechtsverfahrens bzw. des bezirksgerichtlichen Grenzfeststellungsverfahrens sei für das gegenständliche Verfahren nicht beachtlich. Dies deshalb, weil nach dem Naturschutzgesetz einerseits eine andere Fragestellung zu prüfen sei und sich andererseits § 51 Abs. 2 Krnt NatSchG auf die bloße Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten beziehe. Es sei somit konkret nicht zu prüfen, ob im gegebenen Fall solche Zwangsrechte auch tatsächlich eingeräumt würden. Auf Grund der gegebenen Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten sei somit die Zustimmung der Grundeigentümer nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, für die beantragte Maßnahme sei eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten gar nicht möglich. Das Vorhaben des Antragstellers sei auch auf eine andere, gelindere Weise, nämlich durch die Errichtung der Entnahmevorrichtung unterhalb der geplanten Bachfassung zu erreichen. Außerdem handle es sich bei der Frage, ob eine Enteignung oder Einräumung von Zwangsrechten möglich sei, um eine wesentliche Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, weshalb die belangte Behörde zu prüfen gehabt hätte, ob für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten nach dem Wasserrechtsgesetz überhaupt möglich sei. Bei dem gegenständlichen Projekt handle es sich nach dem vorliegenden Gutachten um kein geringfügiges, weshalb die Tatbestände des § 9 Abs. 1 lit. a, b und c Krnt NatSchG betroffen seien. Unter Berücksichtigung dieser Bestimmungen hätte die naturschutzrechtliche Bewilligung für das geänderte Projekt nur unter Vorschreibung einer Pflichtwassermenge bewilligt werden dürfen.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Nach § 51 Abs. 2 Krnt NatSchG sind in einem Antrag Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben. Das Eigentum am betroffenen Grundstück ist glaubhaft zu machen. Ist der Antragsteller nicht Grundeigentümer, ist die Zustimmung des Eigentümers zur beabsichtigten Maßnahme schriftlich nachzuweisen, es sei denn, dass auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verleiht § 51 Abs. 2 leg. cit. dem vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümer Parteistellung, die aber auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 95/10/0098, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Naturschutzgesetzes für die Erteilung einer Bewilligung stand den Beschwerdeführern daher kein Mitspracherecht zu.

§ 51 Abs. 2 leg. cit. soll in jenen Fällen, in denen für ein auch naturschutzbehördlich bewilligungspflichtiges Vorhaben eine Enteignung oder eine Zwangsrechtseinräumung nach anderen gesetzlichen Regelungen in Betracht kommt, die Möglichkeit eröffnen, das naturschutzbehördliche Verfahren ohne Zustimmung des betroffenen Grundeigentümers abzuwickeln. § 51 Abs. 2 Krnt NatSchG erlegt aber der Naturschutzbehörde keine eingehende Prüfung dahingehend auf, ob das konkrete Projekt alle in einem sonstigen Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für eine Enteignung oder eine Zwangsrechtseinräumung erfüllt; vielmehr hat die Naturschutzbehörde lediglich zu prüfen, ob für das zur naturschutzbehördlichen Bewilligung beantragte Projekt grundsätzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung in anderen Gesetzen vorgesehen ist. Die konkrete Beurteilung, ob und unter welchen Voraussetzungen die Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung ausgesprochen werden kann, obliegt der hiefür zuständigen Behörde. Dem Gesetzgeber des Kärntner Naturschutzgesetzes kann nicht unterstellt werden, er habe der Naturschutzbehörde ein Parallelverfahren zur Prüfung der Enteignungs- oder Zwangsrechtseinräumungsvoraussetzungen auferlegen wollen (vgl. dazu die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 16. November 1998, Zl. 98/10/0268, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Bei dem streitgegenständlichen Projekt handelte es sich um die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Änderung eines Kleinkraftwerkes.

Nach § 63 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1959 kann die Wasserrechtsbehörde - u. a. um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern - in dem Maße als erforderlich für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lässt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahme entsprochen werden kann.

Nach der zitierten Vorschrift kommt die Einräumung von Zwangsrechten zu Gunsten des in Rede stehenden Vorhabens grundsätzlich in Betracht; denn es ist nicht auszuschließen, dass die nach § 63 lit. b WRG vorzunehmende Abwägung überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse (unter dem Gesichtspunkt der Energieversorgung) erwarten lässt. Ob Zwangsrechte tatsächlich einzuräumen sind oder nicht, hat die Naturschutzbehörde nicht zu prüfen, da es für sie nur darauf ankommt, ob die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten besteht. Ob im konkreten Fall Zwangsrechte tatsächlich einzuräumen sind, hat die Wasserbehörde zu prüfen.

Die Voraussetzungen für den Entfall des Erfordernisses der Zustimmung der Beschwerdeführer zur beabsichtigten Maßnahme liegen daher vor, ohne dass im Einzelnen zu prüfen war, ob tatsächlich im Detail alle Voraussetzungen für die Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung gegeben sind. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die erhobenen Berufungen zurückgewiesen.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde somit

als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. April 2001

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