VwGH 98/10/0084

VwGH98/10/008431.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde 1. der Kommanditgesellschaft J, vertreten durch die Komplementärin Mag.pharm. B in Stockerau, diese vertreten durch Dr. Eleonore Berchtold-Ostermann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bräunerstraße 6, 2. des Mag.pharm. E in Stockerau, vertreten durch Dr. Gabriele Baumann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rennweg 59, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 4. Oktober 1996, Zl. 263.074/0-II/A/4/96, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb neuer öffentlicher Apotheken in Stockerau (mitbeteiligte Partei:

Mag.pharm. I in Stockerau, vertreten durch Prader & Plaz OEG, Rechtsanwältinnen in 1070 Wien, Seidengasse 28), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3;
ApG 1907 §49 Abs1;
AVG §8;
VwGG §53 Abs1;
VwGG §53 Abs2;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3;
ApG 1907 §49 Abs1;
AVG §8;
VwGG §53 Abs1;
VwGG §53 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben jeweils dem Bund Aufwendungen von S 2.532,50 und der Mitbeteiligten Aufwendungen von S 12.500.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Am 27. Juli 1992 beantragte die Mitbeteiligte beim Landeshauptmann von Niederösterreich die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Stockerau mit der Betriebsstätte in der Eduard-Rösch-Straße 24 und einem näher umschriebenen Standort, der einen Teil des Gemeindegebietes von Stockerau umfasst.

1.2. Die Inhaber der beiden in Stockerau bestehenden Apotheken, der "Landschaftlichen Apotheke zur heiligen Dreifaltigkeit" (Erstbeschwerdeführerin; im Folgenden "Landschaftliche Apotheke") und der Apotheke "Zum göttlichen Heiland" erhoben Einspruch.

2.1. Am 15. Juli 1993 beantragte der Zweitbeschwerdeführer (der Ehemann der persönlich haftenden Gesellschafterin der Erstbeschwerdeführerin) beim Landeshauptmann von Niederösterreich die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in Stockerau, Eduard-Rösch-Straße 69, und einem näher umschriebenen Standort im Gemeindegebiet von Stockerau.

2.2. Der Inhaber der Apotheke "Zum göttlichen Heiland" erhob Einspruch.

3.1. Der Landeshauptmann holte Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer ein. Diese hob hervor, im fraglichen Bereich bestehe Bedarf nach nur einer der beiden beantragten Apotheken. In dem die Frage des Bedarfes nach der von der Mitbeteiligten beantragten Apotheke bejahenden Gutachten führte die Apothekerkammer unter anderem aus, die "Landschaftliche Apotheke" werde im Fall der Neuerrichtung weiterhin 4.695 ständige Einwohner versorgen, nämlich jene der Zählsprengel 013 und 021, jeweils die Hälfte der ständigen Einwohner der Zählsprengel 000, 010 und 020 und je ein Drittel der ständigen Einwohner der Zählsprengel 014 und 030. Diese Zuteilung sei auf Grund der kürzeren Entfernung zwischen Wohnsitz und Apotheke vorgenommen worden. Weiters seien auf Grund des Umstandes, dass 259 Personen in den angeführten Zählsprengeln ihren Zweitwohnsitz hätten, 130 "Einwohnergleichwerte" anzunehmen, weil auf Grund der Nähe zu Wien anzunehmen sei, dass die Zweitwohnsitze häufig auch unter der Woche bewohnt würden. Stockerau stelle aber auch einen Anziehungspunkt für zahlreiche umliegende kleinere Gemeinden dar. So würden die insgesamt 8100 Einwohner der Gemeinden Hausleiten, Sierndorf, Großmugl und Niederhollabrunn zwar zum Großteil durch die dort befindlichen ärztlichen Hausapotheken mit Arzneimittel versorgt; insbesondere nach Facharztbesuchen in Stockerau und auf Grund der fachkundigen Beratung und des breiten Nebensortiments in öffentlichen Apotheken wären diese Personen aber zumindest zu einem Drittel dem Versorgungspotential der öffentlichen Apotheken in Stockerau zuzurechnen. Diese Personen aus den umliegenden Einzugsgebieten würden sich nach der Auffassung der Apothekerkammer einigermaßen gleichmäßig auf die drei Apotheken in Stockerau aufteilen, weshalb von rund 900 Einwohnergleichwerten für die bestehende "Landschaftliche Apotheke" auszugehen sei.

3.2. In dem die Frage nach dem Bedarf an der vom Zweitbeschwerdeführer beantragten Apotheke - ebenfalls unter der Prämisse, dass nur Bedarf nach einer neuen Apotheke gegeben sei - bejahenden Gutachten führte die Apothekerkammer unter anderem aus, im Fall der Neuerrichtung werde die "Landschaftliche Apotheke" weiterhin rund 6.339 Personen zu versorgen haben. Dabei handle es sich zunächst um 5.297 ständige Einwohner, nämlich jene der Zählsprengel 010, 013 und 021 (je zur Gänze), 000 und 020 (je zur Hälfte) sowie 014 und 030 (je zu einem Drittel). Auch hier sei die Zuteilung auf Grund der kürzeren Entfernung zwischen Wohnsitz und Apotheke vorgenommen worden. Dazu kämen 142 Einwohnergleichwerte im Hinblick auf die Anzahl der Zweitwohnsitze und 900 Einwohnergleichwerte auf Grund der Anziehungskraft, die die in Stockerau situierten Facharztordinationen und öffentlichen Apotheken auf die oben bereits erwähnten 8.100 Einwohner der Umlandgemeinden ausübten.

4.1. Mit Bescheid vom 21. Jänner 1994 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich den Antrag der Mitbeteiligten ab. In der Frage des der "Landschaftlichen Apotheke" verbleibenden Versorgungspotentials folgte die Behörde dem Gutachten der Apothekerkammer in Bezug auf die Zurechnung von 4.695 ständigen Einwohnern. Aus näher dargelegten Gründen könnten jedoch nur 25 Einwohnergleichwerte im Hinblick auf die Benützung von Zweitwohnsitzen und 30 % der Einwohner von Leitzersdorf (355 Personen) und 200 Einwohnergleichwerte auf Grund des Verkehrspublikums zugerechnet werden. Daraus ergebe sich eine Zahl von 5.275 von der "Landschaftlichen Apotheke" weiterhin zu versorgenen Personen.

4.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung.

5.1. Den Antrag des Zweitbeschwerdeführers wies der Landeshauptmann mit Bescheid vom 28. Oktober 1994 ebenfalls ab. Aus näher dargelegten Gründen würden im Falle der Neuerrichtung von der Apotheke "Zum göttlichen Heiland" nur ca. 5.000 Personen zu versorgen sein.

5.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Zweitbeschwerdeführer Berufung.

6.1. Mit Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten gegen den zu 4.1. genannten Bescheid Folge und erteilte der Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Stockerau an der in Aussicht genommenen Betriebsstätte Eduard-Rösch-Straße 24 und einem näher umschriebenen Standort.

6.2. Mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den zu 5.1. bezeichneten Bescheid ab.

6.3. Begründend stellte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes ergänzend fest, Stockerau habe 14.106 ständige Einwohner mit Hauptwohnsitz; 1.318 Personen hätten in Stockerau ihren Zweitwohnsitz. Leitzersdorf habe 1.065, Hausleiten 3.112 und Sierndorf 2.782 Einwohner. In Spillern hätten 1.623 Personen ihren Hauptwohnsitz und 254 Personen ihren Zweitwohnsitz. Stockerau habe

3.507 Einpendler und 3.189 Auspendler. Die bestehenden öffentlichen Apotheken lägen 400 m voneinander entfernt. Die Einwohner der Umgebungsgemeinden Hausleiten und Leitzersdorf könnten Stockerau 10 bis 15 Mal täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in wenigen Minuten erreichen. Stockerau habe zwei Volksschulen, zwei Hauptschulen, eine Sonderschule, einen Polytechnischen Lehrgang, ein Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium, eine Bundeshandelsschule und zwei Berufsschulen. Stockerau sei Sitz eines Bezirksgerichtes, des Standesamtes, des Staatsbürgerschaftsverbandes und eines Gendarmeriepostens. 1995 seien 11.052 Übernachtungen von Gästen registriert worden. Stockerau sei eine bedeutende Einkaufsstadt des Bezirkes. Die 4 km-Umkreise der neuen und der beantragten Apotheken seien zum größten Teil deckungsgleich. Sie umfassten den ganzen Stadtbereich von Stockerau sowie Spillern, Wiesen (Gemeinde Leitzersdorf) zur Gänze und einen unterschiedlich großen Teil der KG Leitzersdorf. In Stockerau ordinierten derzeit neun Ärzte für Allgemeinmedizin und 20 Fachärzte. In Spillern und Leitzersdorf seien Ärzte für Allgemeinmedizin ohne Hausapotheken niedergelassen. Angesichts der dargelegten örtlichen Verhältnisse sei in Stockerau der Bedarf nach maximal einer neuen öffentlichen Apotheke gegeben. Der Zweitbeschwerdeführer habe etwa ein Jahr später als die Mitbeteiligte um Erteilung der Konzession angesucht.

6.4. Den festgestellten Sachverhalt beurteilte die belangte Behörde dahin, dass es nicht möglich sei, hinreichende objektive Anhaltspunkte für die Zuordnung der ständigen Einwohner von Stockerau, Spillern und Leitzersdorf (zusammen 16.794 Personen) zu den bestehenden öffentlichen Apotheken und der geplanten Apotheke zu finden. Die Apotheke "Zum göttlichen Heiland" sei von der "Landschaftlichen Apotheke" ca. 400 m in östlicher Richtung, die geplante Apotheke der Mitbeteiligten von der "Landschaftlichen Apotheke" 500 m in östlicher Richtung entfernt. Die Betriebsstätten lägen an der Hauptdurchzugsstraße von Stockerau, die bestehenden Apotheken an Plätzen mit Hauptplatzcharakter. In der Umgebung der bestehenden Apotheken seien zahlreiche Geschäfte und andere Einrichtungen auf kleinem Raum leicht zu Fuß erreichbar. Von allen im Bereich des Zentrums von Stockerau gelegenen Parkplätzen aus seien auch die bestehenden Apotheken zu Fuß leicht erreichbar. Aus der Lage öffentlicher Parkplätze in Beziehung zu den Betriebsstätten öffentlicher Apotheken könnten daher keine tauglichen Zuordnungsgesichtspunkte abgeleitet werden. Bewohner der Umgebungsgemeinden würden einen der in Betracht kommenden Parkplätze benützen und ihre Einkäufe zu Fuß erledigen. Auch vom Bahnhof seien die bestehenden Apotheken gleich weit entfernt. Mangels hinreichender für die Zuordnung zu einer der in Rede stehenden Apotheken sprechender Gesichtspunkte sei der 16.794 ständige Einwohner umfassende Personenkreis, der seinen Heilmittelbedarf jedenfalls in Stockerau decken werde, zu gleichen Teilen auf die bestehenden Apotheken und die beantragte Apotheke der Mitbeteiligten aufzuteilen. Daraus ergebe sich, dass nach der Neuerrichtung der Apotheke der Mitbeteiligten jede der beteiligten Apotheken 5.598 Personen versorgen werde. In Betracht kommende Einwohner weiterer Gemeinden, Personen mit Zweitwohnsitz, Pendler und Gäste seien dabei noch gar nicht berücksichtigt; ebenso wenig Personen, die das in Rede stehende Gebiet aus Gründen des Schulbesuches und der Beschäftigung aufsuchen würden.

7.1. Gegen diesen Bescheid richten sich die Beschwerden der Inhaberin der "Landschaftlichen Apotheke" (Erstbeschwerdeführerin) und des weiteren Konzessionswerbers Mag. B.

(Zweitbeschwerdeführer). Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Unterbleiben der Konzessionserteilung an die Mitbeteiligte, der Zweitbeschwerdeführer im Recht auf Erteilung der Konzession an ihn und auf Nichterteilung der Konzession an die Mitbeteiligte verletzt.

7.2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine (auf beide Beschwerden bezogene) Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligte Partei erstattete zu jeder Beschwerde eine gesonderte Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren über die Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über diese erwogen:

8. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

8.1. Soweit sich Darlegungen der Beschwerde auf die Frage des Bedarfes nach der beantragten öffentlichen Apotheke der Mitbeteiligten im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG beziehen, bleibt es ihnen verwehrt, eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil der Verwaltungsgerichtshof die soeben angeführte Vorschrift im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, G 37/97-47 u.a., im Beschwerdefall nicht anzuwenden hat. Auf die erwähnten Darlegungen ist somit nicht einzugehen.

8.2. Im Übrigen macht die Beschwerde geltend, im angefochtenen Bescheid werde nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar dargelegt, aus welchen Gründen die Zahl der von der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin aus zu versorgenden Personen nicht unter

5.500 sinke. Die Erstbeschwerdeführerin habe im Verwaltungsverfahren mehrfach dargelegt, dass ihr nach Errichtung der beantragten Apotheke der Mitbeteiligten "nur jenes Gebiet verbleiben werde, das sich aus der mittleren Entfernung zwischen der Betriebsstätte der im Westen bereits bestehenden öffentlichen Apotheke und der im Osten beantragten öffentlichen Apotheke ergebe". Dies wären lediglich 2.118 Personen, nämlich die Einwohner des Wahlsprengels V, ein Drittel der Einwohner des Wahlsprengels VI und jeweils die Hälfte der Einwohner der Wahlsprengel VII, IX und XIV. Im Detail habe die Erstbeschwerdeführerin dargelegt, dass von den Einwohnern des Wahlsprengels VI ihrem Versorgungspotential lediglich ein Drittel zuzuordnen sei, weil die Einwohner dieses Wahlsprengels mit dem PKW über eine näher beschriebene, ein Einbahnsystem einbeziehende Verkehrsverbindung die Apotheke "Zum göttlichen Heiland" rascher erreichen könnten und für die Einwohner im Norden dieses Wahlsprengels die Verkehrsverbindungen zur beantragten öffentlichen Apotheke besser seien. Weiters seien näher genannte Gründe vorgetragen worden, aus denen die Einwohner des Wahlsprengels X nicht zum Versorgungspotential der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin zählten. Nach den ergänzenden Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft befänden sich im östlichen Stadtteil 5.194 hauptgemeldete und 368 zweitgemeldete Personen. Für den westlichen Stadtteil von Stockerau verblieben somit 8.580 hauptgemeldete Personen und 862 "Zweitwohnsitzer". Da der westliche Stadtteil von Stockerau aber von zwei Apotheken versorgt werde, müsse die Zahl von 8.580 hauptgemeldeten Personen jedenfalls auf die zwei bestehenden Apotheken in Stockerau aufgeteilt werden, was maximal ein Versorgungspotential von je 4.290 ständigen Einwohnern pro Apotheke bedeute. Dies zeige, dass sich das Versorgungspotential der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin im Fall der Errichtung der beantragten öffentlichen Apotheke der Mitbeteiligten auf weniger als 5.500 Personen verringern werde. Die Voraussetzungen der Anwendung der so genannten Divisionsmethode lägen nicht vor. Die Behauptung, dass die Geschäfte auf kleinem Raum zu Fuß erreichbar seien, weshalb die Aufteilung der Arztordinationen auf das Stadtgebiet und die Lage der Parkplätze unerheblich seien, sei im Hinblick auf die jeweils aus dem Stadtzentrum führenden Einbahnsysteme nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig nachvollziehbar sei die Behauptung, dass die beiden Apotheken, wenn jemand vom Bahnhof käme, "gleichwertig nah" seien, und die Behauptung, dass Einwohner der Umgebungsgemeinden nach dem Abstellen des PKW auf einem der Parkplätze ihre Einkäufe zu Fuß machen würden. Mit den nachvollziehbaren Argumenten der Erstbeschwerdeführerin habe sich die belangte Behörde hingegen nicht auseinander gesetzt. Insbesondere habe sie übersehen, dass auf der Hauptstraße Halten und Parken nur in der Fahrtrichtung erlaubt sei. Dies habe zur Folge, dass die Lenker der aus der Richtung Schießstattgasse und Bahnhofstraße kommenden PKW vorwiegend als Kunden der Apotheke "Zum göttlichen Heiland" anzusehen seien. Direkt vor dieser Apotheke seien ausreichend Kurzparkmöglichkeiten, während vor der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin keine Parkmöglichkeit bestehe und die Schillerstraße Einbahn in Richtung Norden sei. Zwar sei schräg gegenüber der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin eine Kurzparkzone; deren Benützer gehörten aber nicht zum Kundenpotential der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin, weil sie, insbesondere wenn es sich um ältere Leute oder Mütter mit Kleinkindern handelte, die Überquerung der stark frequentierten Hauptstraße scheuten. Es sei verfehlt, der Lage der Parkplätze keine wesentliche Bedeutung beizumessen, weil es in Stockerau im Gegensatz zu großen Städten nicht üblich sei, Besorgungen zu Fuß zu machen. Die Erstbeschwerdeführerin habe weiters vorgebracht, dass jene Autobusse, die von Norden und Osten nach Stockerau kämen und Haltestellen am Sparkassenplatz hätten, "frühere" Stationen hätten, die näher zur Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei lägen. Darauf habe die belangte Behörde zu Unrecht nicht Bedacht genommen, weil unter den im Gesetz genannten "örtlichen Verhältnissen" die jeweils nächste erreichbare Apotheke zu verstehen sei. Im Übrigen habe die belangte Behörde durch einen Erhebungsauftrag, der sich auf die Einwohnerzahl jenes Gebietes, dessen Einwohner es zur Apotheke der Erstbeschwerdeführerin näher hätten als zu einer der anderen Apotheken, bezogen hätte, erkennen lassen, dass es eine andere Beurteilungsmöglichkeit als die Divisionsmethode gebe.

8.3. Die soeben zusammenfassend wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde sind durchwegs gegen die Vorgangsweise der belangten Behörde gerichtet, das der bestehenden Apotheke der Erstbeschwerdeführerin nach Errichtung der beantragten öffentlichen Apotheke der Mitbeteiligten verbleibende Versorgungspotential mit Hilfe der so genannten "Divisionsmethode" zu ermitteln.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die "Divisionsmethode" als Methode der Ermittlung der Anzahl der weiterhin zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG ausnahmsweise zugelassen, wenn besondere Gründe eine Zuordnung konkreter Kundenpotentiale nach den Gesichtspunkten der örtlichen Nähe und Erreichbarkeit unmöglich machen, andererseits aber eindeutig ist, dass das in Rede stehende Kundenpotential von den Betriebsstätten der beteiligten Apotheken aus zu versorgen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. April 1999, 98/10/0426, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im erwähnten Erkenntnis wurde darauf verwiesen, dass insbesondere relativ - im Verhältnis zur insgesamt zurückzulegenden Distanz - geringfügige Entfernungsunterschiede keinen Umstand darstellen, der bei lebensnaher Betrachtung für die Zurechnung zur einen oder anderen Apotheke den Ausschlag geben könnte; weiters könne auch in Fällen geringer Entfernung zwischen den beteiligten Apotheken die Anwendung der Divisionsmethode bei der Bedarfsermittlung angezeigt sein.

Im Beschwerdefall besteht kein Zweifel, dass wenigstens 16.794 ständige Einwohner von den in Stockerau gelegenen Apotheken aus zu versorgen sind; eine Versorgung von diesem Personenkreis zuzuzählenden Einwohnern durch Apotheken außerhalb Stockeraus wird von keiner Seite behauptet. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen, in der Frage des Bedarfes nach § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG auf der Divisionsmethode aufbauenden Bescheides ist somit, ob Umstände vorliegen, die bei Bedachtnahme auf die Lage der Betriebsstätten bei lebensnaher Betrachtung für die Zuordnung zur einen oder anderen Apotheke den Ausschlag geben können, und die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf diese Umstände zum Ergebnis hätte gelangen können, das Versorgungspotential der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin werde im Falle der Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke unter die Zahl von 5.500 zu versorgenden Personen absinken.

8.5. Dies wird mit den oben zusammenfassend wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde nicht konkret aufgezeigt. Mit dem (in der vorliegenden Form unverständlichen) Hinweis, der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin werde "nur jenes Gebiet verbleiben, das sich aus der mittleren Entfernung zwischen der Betriebsstätte der im Westen bereits bestehenden öffentlichen Apotheke und der im Osten beantragten öffentlichen Apotheke ergebe" (gemeint offenbar: jenes Gebiet, das sich bei Bedachtnahme auf die jeweils mittlere Entfernung zwischen der Betriebsstätte der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin und jenen der jeweils benachbarten - bestehenden bzw. geplanten - öffentlichen Apotheke ergebe), wird nicht konkret aufgezeigt, dass auf Grund der Lage der Betriebsstätten in Ansehung bestimmter Personenkreise Zuordnungsgesichtspunkte vorlägen, bei deren Heranziehung eine Prognose über das der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin verbleibende Versorgungspotential möglich wäre, die den bei Errichtung der beantragten öffentlichen Apotheke voraussichtlich eintretenden tatsächlichen Verhältnissen näher käme als die auf der Divisionsmethode beruhende Prognose. So können etwa den Hinweisen auf die Verkehrsverhältnisse im Bereich der Betriebsstätte der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin (Lage an einer stark befahrenen Hauptstraße, Entfernung zu Kurzparkplätzen, Einbahnregelung, Lage der Haltestellen der Autobusse) Umstände, die bei lebensnaher Betrachtung für die Zurechnung bestimmter Personenkreise zur einen oder anderen Apotheke den Ausschlag geben könnten, im vorliegenden Fall nicht gesehen werden. Auch die Hinweise auf Gründe, aus denen die Einwohner näher bezeichneter Wahlsprengel - oder Bruchteile der Einwohnerzahlen - nicht dem Versorgungspotential der Apotheke der Erstbeschwerdeführerin zuzuzählen seien, lassen die Auffassung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Zusammenhang hinreichende Gesichtspunkte der Zuordnung nicht gefunden werden könnten, nicht als von vornherein verfehlt erscheinen, zumal sich die Beschwerde bei diesen Darlegungen ebenfalls der Divisionsmethode bedient.

Die weiteren Darlegungen der Beschwerde basieren auf der Annahme, dass den beiden bestehenden Apotheken ein Versorgungspotential von insgesamt 8.580 ständigen Einwohnern zuzuordnen sei. Diese Annahme wird, was die Gesichtspunkte der Zuordnung bestimmter Personenkreise zu den Versorgungspotentialen der beteiligten Apotheken betrifft, nicht näher begründet; schon deshalb wird damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, die darin läge, dass die belangte Behörde hinreichende Zuordnungsgesichtspunkte nicht beachtet hätte, aufgezeigt. Im Übrigen setzt sich die Beschwerde damit im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, wonach die beantragte Apotheke der Mitbeteiligten weniger als 5.500 Personen zu versorgen haben werde; ginge man von der Annahme aus, dass die bestehenden Apotheken 8.580 ständige Einwohner zu versorgen hätten, ergäbe sich für die beantragte Apotheke - ausgehend vom unstrittigen Umstand, dass das ausschließlich den in Stockerau gelegenen Apotheken zuzurechnende Einzugsgebiet mindestens 16.794 ständige Einwohner umfasst - ein Versorgungspotential von mehr als 8000 zu versorgenden Personen.

Die Beschwerde zeigt somit im Umfang des geltend gemachten Rechts keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf; sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

9. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

9.1. Soweit sich der Zweitbeschwerdeführer im Recht auf Nichterteilung der Konzession an die Mitbeteiligte als verletzt erachtet, ist Folgendes zu bemerken:

"Mitbewerber" im Apothekenkonzessionsverfahren sind jene Bewerber, deren Anträge im Hinblick auf ein Überschneiden des potentiellen Kundenkreises derart konkurrieren, dass bei Erteilung einer Konzession ein Bedarf an einer weiteren Konzession im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG insofern nicht besteht, als die Erteilung einer weiteren Konzession ein Absinken des Potentials des zum Zug kommenden Bewerbers im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG unter die Zahl von 5500 zu versorgenden Personen zur Folge hätte (vgl. das Erkenntnis vom 15. Februar 1999, 98/10/0356).

Die belangte Behörde geht unwidersprochen davon aus, dass in Stockerau "Bedarf für maximal eine weitere öffentliche Apotheke gegeben" sei. Die vom Zweitbeschwerdeführer in Aussicht genommene Betriebsstätte liegt nur wenige 100 m von jener der Mitbeteiligten entfernt; von der Eigenschaft des Zweitbeschwerdeführers als Mitbewerber ist daher auszugehen, weil auf der Grundlage der oben wiedergegebenen Annahme der belangten Behörde nicht zweifelhaft ist, dass sich bei Errichtung der vom Zweitbeschwerdeführer geplanten Apotheke die Zahl der von der Betriebsstätte der Apotheke der Mitbeteiligten aus weiterhin zu versorgenden Personen verringern und weniger als 5500 betragen werde. Von der Eigenschaft des Zweitbeschwerdeführers als Mitbewerber ausgehend steht diesem im Verfahren über den Konzessionsantrag der Mitbeteiligten ein Mitspracherecht jedoch nur in Ansehung der gesetzlichen Auswahlkriterien zu. Zwischen mehreren Bewerbern um eine Apothekenkonzession, deren Ansuchen einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, entscheidet die Priorität des Einlangens der Anträge bei der Behörde (vgl. auch hiezu das oben erwähnte Erkenntnis vom 15. Februar 1999). Der Zweitbeschwerdeführer macht nicht geltend, die belangte Behörde habe dem Konzessionsansuchen der Mitbeteiligten zu Unrecht die zeitliche Priorität zuerkannt. Mit dem im Wesentlichen auf die Behauptung, die "Versorgung der Bevölkerung am östlichen Stadtrand von Stockerau und der Bevölkerung von Spillern" würde sich durch die Errichtung der vom Zweitbeschwerdeführer geplanten Apotheke verbessern, durch die Errichtung der Apotheke der Mitbeteiligten hingegen nicht, gegründeten Beschwerdevorbringen kann somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden.

9.2. Es liegt auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, soweit damit der Konzessionsantrag des Zweitbeschwerdeführers abgewiesen wird. Nach dem oben Gesagten ist nicht zweifelhaft, dass sich bei Errichtung der vom Zweitbeschwerdeführer geplanten Apotheke die Zahl der von der Betriebsstätte der Apotheke der Mitbeteiligten aus weiterhin zu versorgenden Personen verringern und weniger als 5500 betragen werde. Dies wird auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Davon ausgehend steht der Konzessionserteilung an den Zweitbeschwerdeführer der Mangel des Bedarfes im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG entgegen.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

10. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Anwendungsfall des § 53 Abs. 2 VwGG liegt nicht vor, weil die Beschwerden nicht die Unterschrift desselben Rechtsanwaltes aufweisen; in der Frage des Aufwandersatzes tritt daher die Fiktion des § 53 Abs. 1 erster Satz VwGG nicht ein. Daraus folgt, dass jeder Beschwerdeführer der mitbeteiligten Partei den bei der Erstattung der jewiligen Gegenschrift entstandenen Schriftsatzaufwand, der belangten Behörde, die eine

gemeinsame Gegenschrift erstattet hat, den Schriftsatzaufwand (und den Vorlageaufwand) jeweils zur Hälfte zu ersetzen hat.

Wien, am 31. Jänner 2000

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