Normen
LMG 1975 §26 Abs2;
LMG 1975 §9 Abs1 litb;
LMG 1975 §26 Abs2;
LMG 1975 §9 Abs1 litb;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis vom 5. Februar 1991 legte der Magistrat der Stadt Wien dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH zur Last, er habe es zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 23. Jänner 1990 kosmetische Mittel, nämlich 120 Packungen "Kamill Gesichtscreme für normale Haut und Mischhaut" sowie 120 Packungen "Kamill Gesichtscreme für trockene Haut" an einen Drogeriemarkt geliefert und somit in Verkehr gebracht habe, die insofern falsch bezeichnet gewesen seien, als sie mit einer verbotenen gesundheitsbezogenen Angabe, nämlich "dermatologisch geprüft", versehen gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie § 8 lit. f und § 9 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, verletzt. Gemäß § 74 Abs. 1 leg. cit. werde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 1.500,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verhängt.
Das Verwaltungsstrafverfahren war am 1. Jänner 1991
anhängig.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 29. Jänner 1992 bestätigte der Landeshauptmann von Wien das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Änderung, daß die verletzten Rechtsvorschriften "§ 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 lit. d und § 9 Abs. 1 lit. b" LMG 1975 zu lauten hätten.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach den im Spruch angeführten Bestimmungen des LMG 1975 sowie in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges und der MRK entsprechendes Verwaltungsstrafverfahren verletzt.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
1.5. Mit Beschluß vom 8. August 1996, Zl. A 38/96, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, 1.) den Absatz 2 des VStG-Übergangsrechts 1991, Anlage 2 der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 52/1991, als verfassungswidrig aufzuheben, 2.) in eventu auszusprechen, daß die Worte ", kosmetische Mittel" und die Worte "kosmetische Mittel," in § 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1990 verfassungswidrig waren, in eventu diese Worte als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1997, G 216/96 und Folgezahlen (hier: G 219/96), gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeregt hatte, die angewendeten Bestimmungen des LMG 1975 wegen Widerspruchs zu den Art. 5 und 6 MRK vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Bedenken in seinen oben zitierten Prüfungsantrag aufgenommen. Diesem Antrag hat der Verfassungsgerichtshof keine Folge gegeben.
In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, das im § 9 Abs. 1 lit. a LMG 1975 normierte Verbot der Bezugnahme "auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen" könne für kosmetische Mittel nur so ausgelegt werden, daß zwar allgemein gehaltene und nicht näher begründete derartige Hinweise verboten seien, gleichartige nicht irreführende (§ 26 Abs. 2 LMG 1975) Hinweise auf der Grundlage von und in Verbindung mit physiologischen oder pharmakologischen Wirkungen von diesem Verbot aber nicht umfaßt seien. Die Auffassung der belangten Behörde, daß § 9 Abs. 1 lit. b leg. cit. unabhängig davon Hinweise auf "ärztliche Empfehlungen" verbiete, gleichgültig ob diese gesundheitsbezogen seien oder nicht, sei rechtsirrig; der Hinweis "dermatologisch geprüft" sei nicht rechtswidrig. Der Verbotstatbestand hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Angabe nach § 9 LMG 1975 werde für kosmetische Mittel noch durch § 26 Abs. 2 leg. cit. dadurch eingeschränkt, daß § 9 nur mit der Maßgabe gelte, daß "nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig" seien. Nach Auffassung des Beschwerdeführers seien Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen eines kosmetischen Mittels auch erlaubt, wenn sie Angaben über den durch den physiologischen oder pharmakologischen Wirkungsmechanismus eintretenden gesunderhaltenden, das heißt zugleich krankheitsverhütenden oder vorbeugenden, lindernden oder auch heilenden Effekt machten, sofern diese Angaben nicht irreführend seien. Seien Hinweise auf "ärztliche Empfehlungen" gemäß § 9 Abs. 1 lit. b LMG 1975 für Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe nicht verboten, wenn sie nicht als Referenz für nach § 9 Abs. 1 lit. a LMG 1975 verbotene gesundheitsbezogene Angaben dienten, müsse dasselbe auch für kosmetische Mittel gelten, da hier eine Erweiterung des Verbotes nicht einzusehen wäre; für kosmetische Mittel sei nämlich zusätzlich vorgesehen, daß gesundheitsbezogene Angaben über diese Mittel nur dann verboten seien, wenn sie zur Irreführung geeignet seien (§ 9 LMG 1975 gelte gemäß § 26 Abs. 2 leg. cit. nur mit der Maßgabe, daß "nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen ... zulässig sind").
2.2. § 74 Abs. 1 LMG 1975 lautet:
"Wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 9 lit. a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnet, oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt, macht sich, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs. 2 Z. 1 einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen."
§ 26 LMG 1975 bestimmt auszugsweise:
"(1) Es ist verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die
...
d) falsch bezeichnet sind;
...
(2) § 8 lit. a, b und f gelten sinngemäß, § 9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. ..."
§ 8 leg. cit. lautet auszugsweise:
"Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe sind
...
- f) falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden;
..."
§ 9 Abs. 1 LMG 1975 lautet auszugsweise:
"Es ist verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen
- a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
- b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
- c) ..."
2.3. Sowohl was den Sachverhalt als auch was die Rechtslage anlangt, gleicht der vorliegende Beschwerdefall jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. September 1994, Slg. N.F. Nr. 14.122/A = ZfVB 1996/3/1068, entschieden hat. Wie in diesem Vorerkenntnis - es handelte sich um das kosmetische Mittel "Bebe-Gesichtspflege Feuchtigkeitscreme" mit der beigegebenen Bezeichnung "dermatologisch getestet" - ist auch der im vorliegenden Beschwerdefall strittige Hinweis einerseits eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des im Spruch des angefochtenen Strafberufungsbescheides angeführten § 9 Abs. 1 lit. b LMG 1975 und bildet andererseits mangels jeglicher Konkretisierung dieses Hinweises auf eine bestimmte physiologische oder pharmakologische Wirkung des kosmetischen Mittels keinen Anwendungsfall der Ausnahmebestimmung des § 26 Abs. 2 leg. cit. Auf die Begründung des zitierten Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen.
Somit ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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