Normen
ASVG §136 Abs5;
ASVG §5 Abs1 Z7;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997;
ASVG §136 Abs5;
ASVG §5 Abs1 Z7;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; die Mehrbegehren werden abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerinnen sind Ordensfrauen und haben die ewige Profess, welche auch das Bekenntnis zur Armut umfasst, abgelegt. Seit 1991 haben die Beschwerdeführerinnen bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse jährlich die Befreiung von der Entrichtung der Rezeptgebühr beantragt, was jeweils für ein Jahr, zuletzt bis 30. Juni 1997, gewährt worden ist. Für die Zeit danach stellten die Beschwerdeführerinnen im Frühjahr 1997 neuerlich Befreiungsanträge. In dem dafür vorgesehenen Formular verneinten sie die Frage nach einer Krankheit und dadurch erwachsenen besonderen Kosten und nannten als Einkommen den Unterhalt durch ihre Kongregation.
Mit Bescheiden vom 15. September 1997 lehnte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beide Anträge ab und verwies in den gleich lautenden Begründungen auf § 136 Abs. 5 ASVG und auf die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr (in der Folge abgekürzt: RiL). Die dort jeweils geforderte soziale Schutzbedürftigkeit könne für Ordensangehörige nicht angenommen werden, weil für die Sicherung von deren Lebensunterhalt der Orden aufkomme (volle freie Station, Unterhalt und Krankenversorgung).
In den gegen diese Bescheide erhobenen Einsprüchen wenden sich die Beschwerdeführerinnen gegen die Annahme, der ihnen zustehende Unterhalt stelle ein die soziale Bedürftigkeit ausschließendes Einkommen dar. Es sei lediglich die vom Orden gewährte freie Station als Eigeneinkommen zu berücksichtigen, dessen Höhe die in den RiL vorgesehene Grenze für die Annahme der sozialen Schutzbedürftigkeit nicht überschreite. Darüber hinaus benötigten die Beschwerdeführerinnen laufend Medikamente, wodurch besondere Aufwendungen entstünden. Auch seien länger dauernde medikamentöse Behandlungen notwendig, die auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerinnen nicht zumutbare Belastungen mit Rezeptgebühren zur Folge hätten. Ein Vergleich mit Empfängern von Sozialhilfe könne nicht gezogen werden, weil in diesem Fall das jeweilige Bundesland als Sozialhilfeträger die notwendigen Medikamente bezahle. Im Übrigen lägen rechtskräftige Bescheide über die Rezeptgebührenbefreiung seit 1991 vor, die ohne Änderung der Einkommensverhältnisse nicht abgeändert hätten werden dürfen.
Die belangte Behörde gab den Einsprüchen mit den angefochtenen Bescheiden nicht Folge und begründete dies im Wesentlichen gleich lautend mit den Unterhalts- und Versorgungsansprüchen der Beschwerdeführerinnen gegenüber ihrem Orden. Die Ordensgemeinschaft sei durch Annahme des Gelübdes verpflichtet, für den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerinnen (Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung, diensterforderliches Taschengeld, Kranken-, Invaliditäts- und Altersversorgung) aufzukommen. Bei den Beschwerdeführerinnen handle es sich um bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse freiwillig versicherte Personen. Diese freiwilligen Versicherungen erfolgten über ihren Orden und stellten einen Teil der Erfüllung der Unterhalts- und Versorgungspflichten dar. Dabei seien gemäß § 4 Abs. 2 der Richtlinien über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge die Beitragsgrundlage und somit auch die zu bezahlenden Beiträge herabgesetzt. Durch diese Bestimmung würden die Orden zu Lasten der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sowie der gesamten Versichertengemeinschaft finanziell entlastet. In § 12 RiL, der Sozialhilfeempfänger von der Befreiung von der Rezeptgebühr ausnehme, seien zwar nur die Sozialhilfeträger genannt, trotzdem seien die Sozialhilfeempfänger mit einem Ordensangehörigen vergleichbar. Auch bei Letzterem existiere ein finanziell potenter Träger, nämlich der Orden, der zum Unterhalt seiner Angehörigen verpflichtet sei. Da bereits eine finanzielle Entlastung der Orden beitragsseitig erfolge - eine solche Begünstigung gelte für die Sozialhilfeträger nicht - erscheine eine weitere ausgabenseitige Privilegierung nicht gerechtfertigt. Hiebei sei es dem Orden zuzumuten, seiner Unterhalts- und Versorgungspflicht durch Tragung der Rezeptgebühren nachzukommen. Eine weitere Bevorzugung gegenüber anderen Versicherungsgruppen sei gleichheitswidrig. Eine analoge Anwendung des Ausschlusses von der Befreiungsbestimmung sei somit gerechtfertigt. Zur behaupteten Rechtskraftwirkung meinte die belangte Behörde, dass aus einer jährlich befristeten Rezeptgebührenbefreiung nicht auf eine Bindung für die Zukunft geschlossen werden könne.
Gegen diese Bescheide richten sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Gemäß § 136 Abs. 5 ASVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schützbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.
Gemäß § 31 Abs. 2 Z 3 ASVG obliegt dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger.
§ 31 Abs. 5 Z 16 ASVG sieht vor, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger Richtlinien im Sinne des Abs. 2 Z 3 unter anderem für die Befreiung von der Rezeptgebühr bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten aufzustellen hat; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien -, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen.
Die auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen RiL (kundgemacht in der Sozialen Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr. 114/1996, Seite 1065 ff) traten mit 1. Jänner 1997 in Kraft.
Die für die Beschwerdefälle bedeutsamen Bestimmungen der RiL lauten:
"Zusätzliche Befreiung bei sozialer Schutzbedürftigkeit § 4.(1) Auf Antrag ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr
wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit auch zu bewilligen,
...
2. wenn das Einkommen eines Versicherten, der weder eine Pension aus der Pensionsversicherung noch einen Ruhe- oder Versorgungsgenuss bezieht, den nach § 293 Abs. 1 lit. a) ASVG ... in Betracht kommenden Richtsatz nicht übersteigt ...
3. wenn ein Versicherter ... an Krankheiten oder Gebrechen leidet, durch die ihm erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen, sofern das Einkommen des Versicherten 115 % des nach
Z 2 in Betracht kommenden Richtsatzes nicht übersteigt.
...
(4) Als Einkommen gilt das Nettoeinkommen nach Maßgabe des § 292 ASVG ... Hiebei sind Unterhaltsansprüche in der Höhe des gebührenden Unterhaltes zu berücksichtigen. Ist der tatsächlich geleistete Unterhalt höher als der gebührende, so ist der tatsächlich geleistete Unterhalt heranzuziehen.
...
Befreiung in besondern Fällen
§ 5. In anderen als den in den §§ 3 und 4 genannten Fällen ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte.
...
Freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger
§ 12. In der Krankenversicherung freiwillig versicherten Personen, die Hilfe (bzw. einen Zuschuss) zur Sicherung ihres Lebensbedarfes von einem Träger der Sozialhilfe erhalten, sowie den Angehörigen dieser Personen darf eine Befreiung von der Rezeptgebühr nicht bewilligt werden."
Die Bestimmungen des ASVG, auf die in den zitierten RiL verwiesen wird, lauten:
"Voraussetzung für den Anspruch auf Ausgleichszulage
§ 292. ...
(3) Nettoeinkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 ist, soweit im Folgenden nichts anders bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt ... die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, dass als Wert der vollen freien Station der Betrag von S 2.654,-- heranzuziehen ist; ...
(4) Bei Anwendung der Abs. 1 bis 3 haben außer Betracht zu bleiben :
...
e) Bezüge aus Unterhaltsansprüchen privater Art, die nach § 294 berücksichtigt werden; ...
Richtsätze
§ 293.(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet der Bestimmungen
des Abs. 2
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) im gemeinsamen Haushalt leben S 10.700,--,
bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen
S 7.500,--, ..."
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die von § 136 Abs. 5 ASVG für die Befreiung von der Rezeptgebühr geforderte "besondere soziale Schutzbedürftigkeit" des Versicherten. In Ausführung des § 136 Abs. 5 ASVG wurden vom Verordnungsgeber (zum Verordnungscharakter der RiL vgl. das Erkenntnis vom 13. Juni 1989, 89/08/0049) im einzelnen angeführte Bezieher bestimmter Geldleistungen wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit von der Rezeptgebühr befreit. Hierunter fallen zum Beispiel Bezieher einer Ausgleichszulage zu einer Pension aus der Pensionsversicherung (§ 3 RiL). Weiters sollen Personen, die mehr als ein dem Richtsatz entsprechendes Einkommen beziehen, die Rezeptgebühr grundsätzlich selbst zu tragen haben (§ 4 Abs. 1 Z 2). Schon das Vorliegen dieser Voraussetzung verneint die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden, wenn sie davon ausgeht, dass die Unterhalts- und Versorgungsansprüche der Beschwerdeführerinnen einem Einkommen entsprechen, das den Richtsatz übersteigt. Die besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG ist aber nur in jenen Fällen von Bedeutung, in denen die Entrichtung der Rezeptgebühr eine Verminderung des Einkommens mit sich brächte; nur für jene Fälle erfüllt die Befreiungsregelung ihren Zweck. Würde die Rezeptgebühr ohne Minderung des übrigen Einkommens (Unterhaltes) bezahlt bzw. ersetzt werden, entspräche die Befreiung einer wohl nicht beabsichtigten Einkommens - (Unterhalts -) erhöhung, die dem Grundgedanken entgegenstünde, eine Befreiung nur für jene Fälle vorzusehen, in denen der Versicherte - bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen - die Rezeptgebühr (endgültig) selbst zu tragen hätte (vgl. das Erkenntnis vom 27. November 1990, 90/08/0122). Ist also die Rezeptgebühr jedenfalls zusätzlich zum sonstigen Unterhalt vom Unterhaltspflichtigen zu tragen, wird durch die Rezeptgebühr das in den konkreten Fällen ausschließlich aus dem Unterhalt bestehende Einkommen nicht geschmälert, sodass es diesfalls schon an der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG fehlt und damit die RiL und deren Einkommensgrenzen von vornherein keine Anwendung finden.
Die Beschwerdeführerinnen sind als Ordensangehörige gemäß § 5 Abs. 1 Z 7 ASVG von der Pflichtversicherung (unter anderem in der Krankenversicherung) ausgenommen. Ihr Verhältnis zum Orden unterliegt den Regeln des Codex Juris Canonici 1983 (CIC 1983), der in seinem Teil III, Sektion I, die Institute des geweihten Lebens behandelt. Diese haben unter Beachtung der Eigenart und der eigenen Ziele jedes Institutes in ihren Konstitutionen die Art und Weise festzulegen, wie gemäß ihrer Lebensweise die evangelischen Räte der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams zu befolgen sind (Can 598 § 1). Alle Mitglieder müssen jedoch nicht nur die evangelischen Räte getreu und vollständig befolgen, sondern auch ihr Leben nach dem Eigenrecht des Institutes gestalten (§ 2 des zitierten Can). In der Ordensprofess übernehmen die Mitglieder durch ein öffentliches Gelübde die Beachtung der drei evangelischen Räte ... und werden dem Institut mit den vom Recht festgesetzten Rechten und Pflichten eingegliedert (Can 654). Die Mitglieder haben vor der ersten Profess die Verwaltung ihres Vermögens an eine Person ihrer Wahl abzutreten und, soweit die Konstitutionen nichts anders bestimmen, über dessen Gebrauch und Missbrauch frei Verfügungen zu treffen ... (Can 668 § 1). Das Institut muss seinen Mitgliedern alles zur Verfügung stellen, was gemäß den Konstitutionen zur Erreichung des Zieles ihrer Berufung erforderlich ist (Can 670).
Die durch die Ablegung der Profess erworbenen Unterhaltsansprüche der Beschwerdeführerinnen gegen ihre Kongregation blieben unbestritten (zum Unterhaltsanspruch eines Professen nach dem CIC 1917 vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1984, Slg.Nr. 11.305/A; zum Charakter eines solchen Anspruches als zivilrechtliche Forderung vgl. das Urteil des OGH vom 7. September 1993, 10 ObS 137/93). Der CIC 1983 enthält aber keine nähere Umschreibung des Unterhaltsanspruches von Ordensleuten, sondern verweist auf die Konstitutionen der einzelnen Institute, weshalb ohne Kenntnis der Ordensregeln und allfälliger weiterer Grundlagen aus dem Eigenrecht des Ordens Ansprüche, die über die unstrittig den Beschwerdeführerinnen zustehende freie Station hinausgehen, nicht beurteilt werden können. Dazu bedarf es ebenso entsprechender Tatsachenfeststellungen wie zu einem möglicherweise höheren tatsächlich geleisteten Unterhalt.
Ergänzend ist zur speziellen Situation von Ordensleuten neuerlich auf § 5 Abs. 1 Z 7 ASVG zu verweisen: Die Ausklammerung unter anderem von Angehörigen der Orden und Kongregationen der katholischen Kirche aus dem Versicherungssystem des ASVG gegen die Lebensrisiken Krankheit, Unfall und Alter hat ihren wesentlichen Grund in dem typischer Weise fehlenden Schutzbedürfnis dieser Personen auf Grund bestehender Ansprüche auf Unterhalt gegen ihre kirchliche Gemeinschaft, zu denen auch die Sorge im Falle der Krankheit und eines Unfalles zählt (vgl. die EB zur Stammfassung des ASVG, 599 BlgNR, VII.GP, Seite 8 und die EB zur 29. Novelle, 404 BlgNR, XIII. GP, Seite 64). Sollten den Beschwerdeführerinnen daher nach der Konstitution des Ordens - worüber die belangte Behörde freilich keine Feststellungen getroffen hat - Ansprüche auf Krankenhilfe an sich zustehen und trägt der Orden demgemäß wirtschaftlich auch die Beiträge für die Selbstversicherung in der Krankenversicherung, dann wäre davon auszugehen, dass der Orden seine Leistungsverpflichtung dadurch erfüllt, dass er die Beschwerdeführerinnen bei der Gebietskrankenkasse versichert hält. Soweit mit der Leistungserbringung im Rahmen dieser Versicherung weitere Zuzahlungen (Selbstbehalte, Zuzahlungen bei Kuren oder Spitalsaufenthalten, aber auch Rezeptgebühren) verbunden sind, hätte der Orden aufgrund seiner Verpflichtung zur umfassenden Krankenhilfe gegenüber seinen Angehörigen auch diese Zuzahlungen wirtschaftlich zu tragen. Die an sich zurecht auf die Unterhalts- und Versorgungspflicht des Ordens gestützte "Zweitbegründung" des angefochtenen Bescheides setzt allerdings voraus, dass eine solche Versorgungspflicht nach den einschlägigen kirchenrechtlichen Vorschriften zusteht. Dies festzustellen, wird Aufgabe der Behörde im zweiten Rechtsgang sein.
Sollte eine Versorgungspflicht des Ordens nicht bestehen, dann käme es auf die Frage der besonderen sozialen Bedürftigkeit an:
Nach § 4 Abs. 1 Z 2 RiL ist der Maßstab der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit ausschließlich das Einkommen des Versicherten. Die Beschwerdeführerinnen haben nach ihren Angaben kein Einkommen, jedoch einen - beim Einkommen zu berücksichtigenden (§ 4 Abs. 4 RiL) - Unterhaltsanspruch. Dieser oder eine allenfalls höhere tatsächliche Unterhaltsleistung ist dem Einkommen zuzuschlagen bzw. ersetzt das Einkommen. Einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben die Beschwerdeführerinnen nicht behauptet, sodass als Anspruchsgrundlage nur eine Vereinbarung mit dem Unterhaltspflichtigen in Frage kommt. Mit Ausnahme der unstrittig gewährten freien Station blieb offen, welche konkreten Sach- und Geldansprüche die Beschwerdeführerinnen während des zu beurteilenden Zeitraumes haben bzw. welche Leistungen sie im Einzelnen erhalten. Ohne Feststellungen dazu kann aber die zunächst entscheidende Frage, ob die Einkommen den in § 4 Abs. 1 Z 2 RiL genannten Richtsatz überschreiten, nicht beantwortet werden. Übersteigen dann nach diesen Feststellungen die - zu bewertenden - Sachbezüge (vgl. §§ 50, 292 Abs. 3 ASVG) alleine oder gemeinsam mit Geldbezügen den erwähnten Richtsatz (für den in Frage stehenden Zeitraum S 7.500,--), wäre die soziale Schutzbedürftigkeit als Voraussetzung für die Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 RiL zu verneinen. Nur wenn die soziale Schutzbedürftigkeit mangels Versorgungspflicht des Ordens zu bejahen wäre und jeweils die Höhe des Bezuges der Beschwerdeführerinnen den Richtsatz nicht überstiege, lägen die Voraussetzungen für die in Frage stehende Befreiung vor.
Den Beschwerden ist beizupflichten, dass für den Fall der Anwendbarkeit der RiL deren § 12 auf die konkreten Fälle keine unmittelbare Anwendung fände. Allerdings ist auch dort der Grundgedanke festgehalten, dass bei Sicherung des Lebensbedarfes durch einen Sozialhilfeträger, der auch die Rezeptgebühr entrichtet, unabhängig vom Einkommen des Sozialhilfeempfängers eine Befreiung von der Rezeptgebühr nicht zu bewilligen ist. Eine Befreiung bedeutete eine Überwälzung der Verpflichtungen des Sozialhilfeträgers auf den Krankenversicherungsträger. Unzulässig ist der von der belangten Behörde aus § 12 RiL gezogene Analogieschluss schon deswegen, weil mangels entsprechender Feststellungen nicht einmal die besondere soziale Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführerinnen beurteilt werden kann.
Nicht zielführend ist die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, in früheren Jahren eine Befreiung erhalten zu haben, da sich daraus keine Bindung für die Zukunft und kein Rechtsanspruch auf eine nicht gesetzmäßige Entscheidung in den vorliegenden Verfahren ableiten lässt.
Eine abschließende Beurteilung der Rechtssachen ist nach dem Gesagten nicht möglich, weil die belangte Behörde die dazu erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Den Beschwerdeführerinnen wird im weiteren Verfahren jedenfalls Gelegenheit zu geben sein, ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 27. November 1990, 90/08/0122). Es kann auch nicht
ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, weshalb die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die offensichtlich unter dem Titel "Beschwerdeaufwand" verzeichneten Stempelgebühren waren wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht zu ersetzen.
Wien, am 27. Juli 2001
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