VwGH 98/06/0094

VwGH98/06/009423.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. der PG und

2. des AG, beide in M, beide vertreten durch D und J, Rechtsanwälte in T, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. April 1998, Zl. 03-12.10 H 8-98/30, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Halltal, vertreten durch den Bürgermeister) zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 1997 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die Jagdhütte samt Nebengebäude (Klosett) auf dem näher angeführten Grundstück abgewiesen. Diese Entscheidung wurde unter Hinweis auf ein agrartechnisches Gutachten im Wesentlichen damit begründet, dass die Erforderlichkeit des Bestandes dieser Hütte für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer nicht nachweisbar sei.

In der Berufung wurde insbesondere der Antrag gestellt, den Bestand der Jagdhütte samt Nebengebäude bis 31. Oktober 2000 zu bewilligen. Als Gründe für die Berufung trugen die Beschwerdeführer vor, dass die Nutzung dieser Hütte durch die Jagdgäste Einnahmen und damit einen wirtschaftlichen Vorteil in Form eines Nebenerwerbes für den Betrieb bringe. Es sei hinlänglich bekannt, dass - in Zeiten wie diesen - immer mehr Bauern um einen Nebenerwerb bemüht sein müssten, um ihre Höfe wirtschaftlich zum Erfolg zu führen. Es werde mit dem Objekt eine für die Jagdausübung prädestinierte und notwendige Unterkunft angeboten. Die Jagdhütte ermögliche wegen ihrer Lage ein für die Umgebung störungsfreies Aufsuchen und Verlassen zu Unzeiten, wie es die Jagd erfordere. In Gasthöfen und Privatunterkünften sei hingegen die Unterbringung von Jagdausübenden mit Rücksicht auf andere Gäste problematisch. Jagdhütten seien daher notwendig und damit auch ortsüblich. Überdies resultiere daraus eine Aufwertung der Gemeindejagd. Es ergebe sich daraus eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse aller Bauern, die in dieser Jagd zusammengeschlossen seien.

In dem weiteren agrartechnischen Gutachten vom 13. Jänner 1998 wurde Folgendes festgestellt:

"* die Berufungswerber üben mit ihrer Tochter C... G... eine

land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit höchstpersönlich im Vollerwerb aus

* die Jagdwirtschaft ist nach allen einschlägigen Gesetzen

jedenfalls Teil der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung

* die Einnahmen aus der Verpachtung für die mit der Jagdhütte

und Nebengebäude bebauten und mitgenutzten Flächen sind als land- und forstwirtschaftliche Einkommen zu bewerten

Insgesamt liegt eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung vor, die Erforderlichkeit der beantragten Bauführung ist als Grenzfall einzustufen.

Vor allem wegen der Befristung der beantragten Baubewilligung bis 31.10.2000 ist aus fachtechnischen Gründen der beantragten Bauführung für die Errichtung der Jagdhütte mit Nebengebäude auf dem GstNr., KG. Halltal, zuzustimmen."

Gestützt auf dieses Gutachten wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 2. März 1998 als unbegründet ab, da das Stmk. Baugesetz 1995 - außer in den in § 30 Abs. 1 leg. cit. geregelten Fällen - keine Möglichkeit gewähre, eine befristete Baubewilligung zu erteilen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen damit begründet, dass bei der Beurteilung, ob eine Baulichkeit für die landwirtschaftliche Nutzung nachweislich erforderlich sei, an die maßgebenden Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen sei, um eine Zersiedelung gerade jener Grundflächen hintanzuhalten, deren Freihaltung von Baulichkeiten ein besonderes Anliegen der Raumordnung sei. Zum Begriff der landwirtschaftlichen Nutzung gehöre, dass betriebliche Merkmale vorlägen, also von einer planvollen, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit gesprochen werden könne, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen (d.h. der Urproduktion dienenden) Betriebes rechtfertige, und nicht die Bestimmungen über die Flächenwidmung durch die Ausübung eines Hobbys umgangen würden. Grundsätzlich sei die Errichtung einer Jagdhütte im Freiland als zulässig zu beurteilen. Dieses Bauwerk müsse allerdings im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes errichtet und benützt werden und für diese Nutzung nachweislich erforderlich sein. Die Jagdhütte müsse demnach für die geplante Nutzung benötigt werden. Aus dem im erst- und zweitinstanzlichen Baubewilligungsverfahren eingeholten agrartechnischen Gutachten sowie dem Vorbringen in der Vorstellung könne entnommen werden, dass eine (ausschließliche) Nutzung dieser Jagdhütte im Rahmen des eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht erfolgen solle, sondern diese Hütte vielmehr verpachtet werde, insbesondere auch für die 1.136 ha große Gemeindejagd von H. von Bedeutung sei. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Akteninhalt, dass die Beschwerdeführer durch die Verpachtung der Jagdhütte ein Zusatzeinkommen erwarteten und gleichzeitig auch eine Aufwertung der Gemeindejagd damit bewirkt werden solle. Aspekte, die die Erforderlichkeit für den eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb begründeten, seien nicht erbracht worden. Schließlich hätten die Beschwerdeführer auch eine befristete Baubewilligung bis zum Ende der Jagdpachtperiode (31. Oktober 2000) begehrt. Dabei übersähen die Beschwerdeführer jedoch, dass eine befristete Baubewilligung nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Stmk. Baugesetz und lediglich auf die Dauer von höchstens sechs Monaten erteilt werden dürfe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, dass die belangte Behörde - wie die Berufungsbehörde - zu Unrecht angenommen habe, es sei nur die Erteilung einer befristeten Baubewilligung beantragt worden. Die Beschwerdeführer hätten vielmehr mit dem ursprünglichen Antrag (vom 21. März 1997) um die Erteilung einer unbefristeten nachträglichen Baubewilligung angesucht. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde H wäre daher in Ansehung der Berufung der Beschwerdeführer und von deren Berufungsantrag - nämlich "nochmals in Erkennung der Sachlage unserem gestellten Antrag zu entsprechen und den Bestand der Jagdhütte samt Nebengebäude in der jetzigen Form bis 31.10.2000 zu genehmigen" - verpflichtet gewesen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache selbst zu entscheiden. Für den Begriff der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG wäre wohl davon auszugehen gewesen, dass die Berufungsbehörde nur über Angelegenheiten zu entscheiden befugt sei, die bereits den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz, im eingeschränkten Sinn des Verfahrens der Unterinstanz, gebildet hätten. Es wäre daher davon auszugehen gewesen, dass die Berufungsbehörde lediglich über den unbefristet gestellten Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zu entscheiden gehabt hätte und die von den Berufungswerbern auf Grund der abschlägigen Entscheidung der I. Instanz vorgenommene "Einschränkung" vor allem in Ansehung des bisherigen Vorbringens der Beschwerdeführer und der seitens der Beschwerdeführer erwähnten Korrespondenz mit dem Pächter Ing. O... L... außer Betracht hätte lassen müssen.

Wenn die Beschwerdeführer in der Berufung ausführten, sie "bitten daher abschließend nochmals in Erkennung der Sachlage unserem Antrag zu entsprechen und den Bestand der Jagdhütte samt Nebengebäude in der jetzigen Form bis 31.10.2000 zu genehmigen", erfolgte damit unmissverständlich und eindeutig eine Einschränkung des ursprünglich unbefristet gestellten Antrages auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung (vom 21. März 1997) in einen Antrag auf Erteilung einer befristeten Baubewilligung. Die vorliegende Berufung der Beschwerdeführer konnte von der Berufungsbehörde -wie auch von der belangten Behörde - nicht dahin gedeutet werden, dass neben dem ursprünglich gestellten Antrag in der Berufung ein weiterer Antrag, nämlich auf Erteilung einer befristeten Baubewilligung, gestellt worden war.

Zu der Frage, ob die Verpachtung einer Hütte, die als Jagdhütte verwendet werden soll, durch einen Vollerwerbslandwirt dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 25 Abs. 3 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974 zugerechnet werden kann, wird Folgendes festgestellt:

Landwirtschaft im Sinne raumordnungsrechtlicher Regelungen liegt vor, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion oder eine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 94/05/0376). Die jagdliche Nutzung stellt grundsätzlich eine landwirtschaftliche Nutzung dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1980, Slg. Nr. 10.267/A, und vom 3. Juli 1986, Zl. 84/06/0200, BauSlg. Nr. 727). Gemäß § 25 Abs. 3 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127, dürfen im Freiland u.a. nur Neu- und Zubauten errichtet werden, die für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Es ist daher auch in Bezug auf eine Jagdhütte im Freiland stets weiters zu prüfen, ob diese Baulichkeit für eine geplante landwirtschaftliche Nutzung benötigt wird (siehe die zitierten hg. Erkenntnisse). Es ist weiters aus der Sicht des Beschwerdefalles und des Beschwerdeführers maßgeblich, ob die vorliegende Hütte, wenn sie zur jagdlichen Nutzung verpachtet wird, als zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer gehörig angesehen werden kann. Im hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0015, wurde das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Beschwerdeführers verneint, falls er diesen verpachtet hätte. Dasselbe muss gelten, wenn ein Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer (z.B. die jagdliche Nutzung von einer solchen Jagdhütte) verpachtet wird. Die Verpachtung einer Jagdhütte durch einen Landwirt stellt auch keine die Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit dar. Gemäß dem Art. V lit. a des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung 1859, RGBl. Nr. 227/1859 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 52/1933 und Nr. 322/1934, der - wie dies der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1948, Slg. Nr. 1642, zum Ausdruck gebracht hat - als Hilfsmittel zur Auslegung des Begriffes einer Betätigung "auf land- und forstwirtschaftlichen Gebiet" herangezogen werden kann, fallen Nebengewerbe (der land- und forstwirtschaftlichen Produktion) nur dann unter diesen Begriff, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben, und die Besorgung von Fuhrwerksdiensten. Die bloße Verpachtung einer Jagdhütte durch den Beschwerdeführer als Landwirt stellt keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers dar. Auch aus dem Umstand, dass eine weitere Jagdhütte die Gemeinschaftsjagd aufwerten würde, ergibt sich nicht, dass eine solche Jagdhütte für eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 25 Abs. 3 Stmk. ROG erforderlich ist.

Aus dem von den Beschwerdeführern angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 10.267/A kann für die Beschwerdeführer nichts abgeleitet werden, nach dem die Errichtung einer Jagdhütte durch den Pächter als für die von diesem beabsichtigte Jagdausübung nicht erforderlich angesehen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof stellte fest, dass aus einer raumordnungsrechtlichen Vorschrift (wie auch § 25 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974) vom Zweck dieser Regelung her gerade nicht abgeleitet werden könne, dass jeder Jagdpächter ein Recht auf Errichtung einer Jagdhütte in seinem Revier habe. Dieses Erkenntnis betraf überdies die Frage der Erforderlichkeit der Errichtung der Hütte für die Jagdausübung des Jagdpächters der Hütte.

Wenn die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 118 Abs. 4 B-VG geltend machen, weil die belangte Behörde in Form von Empfehlungen auf die Entscheidung der Gemeindebehörde Einfluss genommen haben soll, genügt es darauf zu verweisen, dass zur Überprüfung letztinstanzlicher Bescheide von Verwaltungsbehörden in verfassungsrechtlicher Hinsicht gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG allein der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Abgesehen davon ist anzumerken, dass es sich bei Empfehlungen nicht um Akte der belangten Behörde handelt, denen Verbindlichkeit zukommt.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. September 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte