VwGH 94/05/0376

VwGH94/05/037630.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Progress Oberösterreich Werbe- und Verlags Ges.m.b.H in Linz, vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günter Tews, Rechtsanwälte in Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. November 1994, Zl. BauR - 011312/4 - 1994 Ha/Lan, betreffend einen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Leonding, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §41 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 lita;
BauO OÖ 1976 §60 Abs6;
BauO OÖ 1976 §61 Abs5;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §30 Abs5;
VwRallg;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 lita;
BauO OÖ 1976 §60 Abs6;
BauO OÖ 1976 §61 Abs5;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §30 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Für das dem F.K. gehörige Grundstück Nr. 1493, KG Leonding, gilt nach dem Flächenwidmungsplan F 3 die Flächenwidmung Grünland-landwirtschaftliche Fläche. Nachdem von der Baubehörde am 8. Juli 1993 festgestellt worden war, daß auf diesem Grundstück vier Werbetafeln aufgestellt wurden, wurde nach Rücksprache mit dem Grundeigentümer erhoben, daß die Flächen für diese Tafeln an die Firma "Werbeland" Werbe Ges.m.b.H. in Linz vermietet wurden. Über telefonische Anfrage bestätigte Kommerzialrat Sch. der Firma "Werbeland", daß diese Tafeln von seinem Unternehmen aufgestellt wurden.

Mit Schreiben vom 3. November 1993 hielt der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dieser Gesellschaft unter Einräumung einer Frist von 8 Tagen zur Stellungnahme vor, daß die näher beschriebenen Werbetafeln entgegen der Flächenwidmung errichtet worden seien und daß die Erlassung eines Beseitigungsauftrages geplant sei.

Darauf antwortete Kommerzialrat Sch., der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, mit Schreiben vom 22. November 1993 zunächst mit dem Hinweis, daß die Beschwerdeführerin Rechtsnachfolgerin der angeführten Gesellschaft sei. Da Werbetafeln nicht bewilligungspflichtig seien, könnten für sie auch Beschränkungen durch Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes nicht gelten. Die Flächen neben der Straße, wo die Tafeln stünden, könnten landwirtschaftlich nicht mehr genützt werden, weil die Ernte durch die Abgase arg beeinträchtigt werde. Die Vermietung der Grundflächen für die Aufstellung von Werbetafeln diene dem Einkommen der Landwirte, weshalb Werbetafeln als Bauten und Anlagen angesehen werden könnten, die dem Nebenerwerb der Landwirtschaft dienten.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1994 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gemäß § 61 Abs. 5 der Oö Bauordnung 1976 der Beschwerdeführerin den Auftrag, die in dem dem Bescheid angeschlossenen Lageplan näher bezeichneten Werbetafeln innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Gemäß § 30 Abs. 5 Oö ROG 1994 dürften im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig seien, um dieses bestimmungsgemäß zu nützen. Die Aufstellung von Werbetafeln sei keine bestimmungsgemäße Nutzung einer Grünlandfläche.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie vertrat in der Berufung die Auffassung, daß der Auftrag zur Beseitigung nur dem Grundeigentümer erteilt werden dürfe. Außerdem rügte sie, daß der Aufstellungszeitpunkt der Tafeln im Bescheid nicht angeführt worden sei. Das Raumordnungsgesetz enthalte kein Verbot von Werbetafeln.

Daß die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der Werbetafeln sei, wurde in der Berufung nicht behauptet.

Mit Bescheid vom 27. Juli 1994 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde dieser Berufung keine Folge. Durch die Werbetafeln erfolge keine bestimmungsgemäße Nutzung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen.

Erstmals in der dagegen erstatteten Vorstellung wurde von der Beschwerdeführerin gerügt, die Gemeindebehörden hätten nicht festgestellt, wer Eigentümer der Werbetafeln sei. Insbesondere sei nicht festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin Eigentümerin sei. Allerdings wurde in der Vorstellung nicht die Behauptung aufgestellt, daß eine von der Beschwerdeführerin verschiedene Person Eigentümerin der Tafeln sei. Da das Verfahren spätestens durch den Vorhalt des Bürgermeisters vom 3. November 1993 eingeleitet worden sei, könne das ROG 1994 noch nicht Anwendung finden. Im Sinne des § 18 Abs. 5 ROG 1972 dienten die Werbetafeln der landwirtschaftlichen Nutzung, weil die Vermietung oder Verpachtung von Teilen einer Liegenschaft auch zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gehöre.

Über Aufforderung durch die Vorstellungsbehörde gab die mitbeteiligte Gemeinde mit Schreiben vom 25. Oktober 1994 bekannt, daß das gegenständliche Grundstück unverändert seit dem am 16. November 1987 bewilligten Flächenwidmungsplan als Grünland-landwirtschaftliche Fläche gewidmet sei.

Daraufhin forderte die Vorstellungsbehörde die Beschwerdeführerin auf, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht anzugeben, wer nach ihrer Ansicht Eigentümer der Werbetafeln sei.

Dem erwiderte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 16. November 1994, daß die Behörde bei Erlassung des Entfernungsauftrages festzustellen hätte, wer Eigentümer sei. Eine gesetzliche Vorschrift, diese Bekanntgabe auch ohne ausdrückliche Aufforderung der Behörde zu machen, bestehe nicht. Die Vorstellungsbehörde müsse die Entscheidung der Berufungsbehörde aufgrund des bis zu dieser Entscheidung durchgeführten Verfahrens auf ihre Richtigkeit überprüfen. Im Vorstellungsverfahren bestehe keinesfalls eine Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes.

Wörtlich heißt es: "Selbst dann, wenn die Vorstellungsbehörde in einem allenfalls von ihr ergänzten Ermittlungsverfahren zu der Feststellung gelangen sollte, daß die Vorstellungswerberin zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Werbetafeln war, was bestritten wird, müßte der bekämpfte Bescheid aufgehoben werden." Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Im Zeitpunkt der Aufstellung der Werbetafeln seien diese gemäß § 18 Abs. 5 Oö ROG in Verbindung mit der bestehenden Widmung unzulässig gewesen, weil die Werbetafeln keine Bauten seien, die der Land- und Forstwirtschaft dienten. Ebenso wie die baubehördlichen Instanzen der Gemeinde sah es auch die Vorstellungsbehörde als unbedenklich an, davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin Eigentümerin der fraglichen Werbetafeln sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oö Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, am 1. Jänner 1995 (§ 60 Abs. 1 leg. cit.) war das der Beschwerde zugrundeliegende Verwaltungsverfahren bereits anhängig, weshalb dieses nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen war (§ 58 Abs. 1 leg. cit.). Demnach ist auf den gegenständlichen Beschwerdefall die Oö Bauordnung 1976 (BO) anzuwenden.

§ 61 Abs. 5 BO lautet:

"(5) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden baurechtlichen Bestimmungen oder nicht entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 60 Abs. 6 gilt sinngemäß."

Die Beschwerdeführerin ist (richtigerweise) von dem vor den Gemeindebehörden eingenommenen Standpunkt abgegangen, ein derartiger Entfernungsauftrag sollte sich an den Grundeigentümer richten; tatsächlich hat sich der baupolizeiliche Auftrag an den Eigentümer bzw. an den Miteigentümer der konsenslosen baulichen Anlage zu richten (siehe die Nachweise bei Neuhofer-Sapp, Oö Baurecht3, 263).

Vor Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages hat die Baubehörde als Vorfrage zu prüfen, wer Eigentümer der baulichen Anlage ist (hg. Erkenntnis vom 3. April 1984, Zl. 83/05/0152, BauSlg. Nr. 235). Dieser Prüfungspflicht ist die Baubehörde nachgekommen, indem sie sowohl beim Grundeigentümer als auch bei der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin entsprechende Erhebungen gepflogen hat. Gedeckt durch diese Erhebungen erging der Bauauftrag an die Beschwerdeführerin; auch aus der Begründung ergibt sich unzweifelhaft, daß die Baubehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der baulichen Anlage angesehen hat. In der Berufung wurde dies nicht bekämpft, sodaß für die Vorstellungsbehörde kein Anlaß bestand, insoferne Feststellungsmängel aufzugreifen.

Im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages galt § 30 Abs. 5 ROG 1994. Danach dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. Hiezu gehörten im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft.

Weiters stellte die Beschwerdeführerin in Frage, ob eine Werbetafel dem Begriff "Bauten und Anlagen" im Sinne des § 30 Abs. 5 ROG 1994 zu unterstellen sei. Daran kann aber schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil Abs. 4 lit. a des § 41 BO Anschlagtafeln, Anschlagsäulen u.dgl. von der Bewilligungspflicht gemäß Abs. 1 (§ 41 BO) ausnimmt; eine solche Ausnahme wäre nicht erforderlich, wenn eine Werbetafel nicht grundsätzlich ein "Bau" im Sinne des § 41 Abs. 1 bzw. der Begriffsbestimmung im § 41 Abs. 2 lit. a BO wäre.

Die Beschwerdeführerin sieht die entgeltliche Zurverfügungstellung von Teilen des Grundstückes Nr. 1493 an Dritte (wie die Beschwerdeführerin) als land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit an. Dabei übersieht sie aber, daß auch eine derartige Nebentätigkeit eine "landwirtschaftliche" sein muß. Ein wesentlicher Bestandteil des Begriffes "Landwirtschaft" ist jedoch die Bodennutzung im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion oder eine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/05/0182). Eine derartige Nutzung stellt die Zurverfügungstellung eines Teiles eines als "Grünland - für die Land- und Forstwirtschaft bestimmte Flächen" gewidmeten Grundstückes keinesfalls dar. Offenbar vermeint die Beschwerdeführerin, daß jede Erwerbstätigkeit eines Landwirtes eine "landwirtschaftliche" Tätigkeit darstellt.

§ 30 Abs. 5 ROG 1994 stellt nur darauf ab, ob die Bauten und Anlagen nötig sind, das Grünland bestimmungsgemäß zu nützen; ob die Grundfläche selbst derzeit landwirtschaftlich genützt wird, ist für die Frage des Widerspruches solcher Bauten zur Flächenwidmung ohne Belang.

Schließlich spielt es auch keine Rolle, wie die belangte Behörde die oben wiedergegebene Passage im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 16. November 1994 interpretiert hat. Von der aktenwidrigen Annahme des Sachverhaltes im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG kann daher keine Rede sein.

Die Beschwerde erwies sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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