VwGH 98/06/0058

VwGH98/06/005819.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des G in G, vertreten durch D, M und M, Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 23. Februar 1998, Zl. A 17-C-19.279/1997-3, betreffend einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. I in K, vertreten durch die zweitmitbeteiligte Partei, 2. D in G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §22 Abs2 Z4;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2 Z5;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs2;
BauG Stmk 1995 §4 Z41;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088;
VwRallg;
AVG §17;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §22 Abs2 Z4;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2 Z5;
BauG Stmk 1995 §25 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauG Stmk 1995 §27 Abs2;
BauG Stmk 1995 §4 Z41;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 2. Oktober 1995 eingebrachten Antrag begehrte die erstmitbeteiligte Partei die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zwecks Aufstockung eines Bestandobjektes und Errichtung eines Zubaues auf einer Liegenschaft in Graz (zugleich zog sie ein Widmungsänderungsansuchen und ein Bauansuchen vom 19. Juli 1993 zurück). Über dieses Gesuch wurde von der erstinstanzlichen Baubehörde mit Erledigung vom 3. Oktober 1995 eine Bauverhandlung für den 17. Oktober 1995 anberaumt. In dieser Erledigung sind als Rechtsgrundlagen die §§ 25 bis 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (in der Folge kurz: BauG) genannt; im Anschluß daran heißt es wörtlich:

"Als Nachbar beachten Sie bitte, daß die Parteistellung nur bei Erhebung subjektiv-öffentlich-rechtlicher Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Behörde schriftlich oder während der Verhandlung mündlich bekanntzugeben sind, beibehalten wird."

Diese Erledigung erging unter anderem an zahlreiche Nachbarn, nicht aber an den Beschwerdeführer (der somit zu dieser Bauverhandlung nicht eigens geladen wurde). Diese Erledigung wurde (auch) an der Amtstafel der "Hauptkanzlei" des Magistrates Graz, Rathaus, am 5. Oktober 1995 angeschlagen und am 18. Oktober 1995 abgenommen.

Mit Bescheid vom 9. Oktober 1995 wurde dem Erstmitbeteiligten die angestrebte Baubewilligung unter verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Der Aktenlage zufolge (Rechtskraftbestätigung) erwuchs dieser Bescheid mit Ablauf des 30. November 1995 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft in Graz. In einer an die Baubehörde gerichteten Eingabe vom 14. November 1997 (eingelangt am 19. November 1997) brachte er vor, in unmittelbarer Nähe zu seiner Liegenschaft sei ein Bauvorhaben in Planung und er habe in Erfahrung gebracht, daß hiezu bereits ein Verfahren zu einer näher bezeichneten Zahl anhängig sei (Anmerkung: gemeint ist die Zahl des erstinstanzlichen Verfahrens). Er habe daraufhin sofort bei der zuständigen Behörde vorgesprochen und um Akteneinsicht ersucht, was ihm jedoch verwehrt worden sei. Zweifelsohne komme ihm im gegenständlichen Verfahren gemäß § 27 BauG Parteistellung zu. Ebenso gestützt auf § 4 Z. 41 leg. cit. sei er Nachbar im Sinne dieses Gesetzes, weil der vorgesehene Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis zu seiner Liegenschaft stehe, daß vom geplanten Bau bzw. dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf seine Liegenschaft ausgehen könnten, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewährten. Ausdrücklich werde auch "auf die neueste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hiezu verwiesen" (Anmerkung: eine solche ist in der Eingabe nicht genannt). Gestützt auf diese Ausführungen beantrage er somit, der "Magistrat Graz, Baupolizeiamt" möge ihm Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zuerkennen sowie ihm Akteneinsicht in den gegenständlichen Akt gewähren (Anmerkung: das Verfahren und der Akt sind jeweils unter Anführung der zuvor genannten Geschäftszahl bezeichnet).

In einer Eingabe vom 30. September 1997, die beim Magistrat Graz am 17. Dezember 1997 einging, teilten die mitbeteiligten Parteien mit, die Behörde "mit gegenständlichem Schreiben" über die Gründung einer "Miteigentumsgemeinschaft" (die den Namen der beiden Mitbeteiligten führt) in Kenntnis zu setzen, und teilten der Behörde mit, daß das genehmigte Projekt von dieser "Miteigentumsgemeinschaft" realisiert werde. Sie bäten, "den bezughabenden rechtskräftigen Baubescheid auf den neuen Bauherrn bzw. Bauwerber", nämlich auf diese Miteigentumsgemeinschaft, "umzuschreiben".

Mit Bescheid vom 22. Dezember 1997 wies die erstinstanzliche Baubehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. November 1997 ab. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß das Grundstück, das im Eigentum des Beschwerdeführers stehe, vom gegenständlichen Bauplatz durch die öffentliche Verkehrsfläche L-Straße getrennt sei. Maßgeblich für die Eigenschaft einer Liegenschaft als benachbart sei nicht, ob tatsächlich nachteilige Einwirkungen (im Sinne des § 4 Z. 41 BauG) einträten, sondern ob mit ihnen gerechnet werden müsse. Entscheidend sei also, ob eine Beeinträchtigung der Rechtssphäre des Nachbarn überhaupt möglich sei. Beim gegenständlichen Bauvorhaben handle es sich um die Errichtung von Zubauten, nämlich eines nicht unterkellerten, fünfgeschossigen Wohn- und Geschäftsgebäudes mit ausgebauten Dachgeschoß sowie um die Aufstockung, den Ausbau des Dachgeschosses und um Umbauten bei einem bestehenden Gebäude. Bei diesem Bauvorhaben könne aber die bloße Möglichkeit von Rückwirkungen des Vorhabens auf das Grundstück des Beschwerdeführers ausgeschlossen werden, sodaß der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung abzuweisen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er auch geltend machte, daß die Behörde erster Instanz nicht über seinen Antrag auf Akteneinsicht bescheidmäßig entschieden habe. Die Behörde dokumentiere mit dieser Vorgangsweise, daß sie ihm jegliche Möglichkeit nähme, das Bauvorhaben auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen bzw. zu überprüfen, ob Rückwirkungen auf seine Liegenschaft möglich seien. Zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen sei die Einsicht in die Akten unbedingt erforderlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, die Baubehörde erster Instanz habe im durchgeführten Verfahren "pflichtgemäß - nämlich entsprechend der Norm des § 25 Abs. 2 Z. 5 des Steiermärkischen Baugesetzes - jene Nachbarn geladen, die ihr durch das auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfte Verzeichnis nach § 22 Abs. 2 Z. 4 Baugesetz bekannt geworden sind, nämlich die Eigentümer jener Grundstücke, die bis zu 30,0 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen. Zu diesem kraft Gesetzes zu ladenden Nachbarkreis hat der nunmehrige Antragsteller nicht gezählt und ist daher nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Stufe zu laden gewesen".

Anschließend befaßte sich die belangte Behörde mit dem Begriff des "Nachbarn" und sodann mit der Bestimmung des § 27 Abs. 2 BauG betreffend die "übergangenen Nachbarn". Hiezu führte sie aus, die Wendung "die Parteistellung nach Abs. 1 beizubehalten" in § 27 Abs. 2 BauG beziehe sich auf den Regelungsinhalt des Abs. 1 leg. cit., wonach dann, wenn eine Bauverhandlung kundgemacht worden sei, nur die Nachbarn Parteistellung behielten, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhoben hätten. Die Regelung des § 27 Abs. 2 BauG ziele schon nach ihrem Wortlaut ganz offenkundig darauf ab, den "übergangenen Nachbarn", also einem solchen, der ungeachtet seiner Zugehörigkeit zum "30-m-Kreis" (im Original jeweils unter Anführungszeichen) unverschuldet nicht zur mündlichen Ortsaugenscheinsverhandlung geladen worden sei und daher (notgedrungen) nicht bei dieser oder am Tage vor dieser seine Einwendungen erstatten habe können, aber ebenso jenem Eigentümer, dessen Liegenschaft zwar außerhalb des "30-m-Kreises" gelegen sei, der aber unverschuldet trotz Kundmachung der Bauverhandlung von dieser nicht erfahren habe und daher ebenso notgedrungen bei der mündlichen Ortsaugenscheinsverhandlung bzw. am Tage vor dieser keine Einwendungen erstatten und damit gleichfalls eine Parteistellung nicht habe behalten können, nachträglich die Möglichkeit zu verschaffen, wenn auch in einem begrenzten Zeitraum, jene Einwendungen nachzutragen, die er unverschuldet nicht habe erstatten können, somit die Parteistellung weiterzubehalten und allenfalls auch ein Rechtsmittel gegen den Baubescheid zu ergreifen.

Der Fall des Auftretens eines übergangenen Nachbarn sei in der Steiermärkischen Bauordnung 1968 nicht geregelt gewesen. Lehre und Rechtsprechung hätten hiezu klargestellt, daß sich dieser übergangene Nachbar dadurch wiederum in das Verfahren "einschalten" und dort seine Rechte wahrnehmen könne, daß er entweder förmlich bei der Behörde erster Instanz die Zuerkennung der Parteistellung und die Bescheidzustellung begehre, oder aber sogleich gegen einen ergangenen Baubewilligungsbescheid Berufung erhebe. Dieses von Lehre und Rechtsprechung vorgezeichnete Modell habe der Steiermärkische Gesetzgeber im BauG nicht übernommen, sondern habe eine spezielle Regelung geschaffen (Hinweis auf § 27 Abs. 2 und 3 BauG). Diese Regelung verlange, wie sich aus ihrem klaren Wortlaut ergebe, vom übergangenen Nachbarn dreierlei: Zum einen habe er der Behörde nachzuweisen, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Parteistellung nach § 27 Abs. 1 leg.cit. beizubehalten; weiters habe er diese Einwendungen binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses bei der Behörde erster Instanz einzubringen (wobei der Gesetzgeber anders als etwa in § 69 Abs. 2 AVG "bedauerlicherweise offengelassen hat, ob den übergangenen Nachbarn die Verpflichtung trifft, den 'Wegfall des Hindernisses' nachzuweisen"); schließlich habe er Einwendungen zu erheben.

Ungeachtet dieser vom Gesetzeswortlaut vorgezeichneten prozessualen Vorgangsweise habe der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung sowie einen Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht gestellt. In diesem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung werde entgegen § 27 Abs. 2 BauG keineswegs nachgewiesen, daß der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Parteistellung beizubehalten, es werde auch gar nicht gesagt, welches Hindernis den Beschwerdeführer von der Erstattung von Einwendungen abgehalten habe und wann dieses Hindernis weggefallen sei. Der Beschwerdeführer habe auch keinerlei Einwendungen erhoben.

"Bedauerlicherweise" habe der Gesetzgeber auch die Frage offengelassen, wie vorzugehen sei, wenn ein übergangener Nachbar seinen im § 27 Abs. 2 BauG geregelten "und eben in effigie dargestellten Verpflichtungen" nicht nachkomme, nämlich nicht den "Unverschuldensnachweis" (im Original unter Anführungszeichen) erbringe und auch keinerlei Anhaltspunkte liefere, "ob er sich wohl 'rechtzeitig' an die Behörde gewendet" habe. Im Hinblick auf die im Verwaltungsverfahren herrschende Offizialmaxime lasse sich zumindest aus der Judikatur entnehmen, daß in einem solchen Fall die Behörde von Amts wegen weitere Erhebungen unter qualifizierter Mitwirkung des Antragstellers zu pflegen hätte, also ihn etwa aufzufordern habe, den von ihm geschuldeten Nachweis zu erbringen und zureichende Angaben betreffend die Frage der Rechtzeitigkeit zu erstatten. Von einer solchen Vorgangsweise könne jedoch im vorliegenden Fall Abstand genommen werden, weil der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben habe. Der Gesetzgeber habe nämlich im § 27 Abs. 2 BauG "ganz offenkundig nicht nur die Erstattung irgendwelcher Einwendungen im Auge" gehabt, sondern ein qualifiziertes Vorbringen, nämlich eine Einwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG. Der übergangene Nachbar habe demnach sein Vorbringen nicht nur so zu konretisieren, daß zumindest erkennbar sei, in welchen subjektiv-öffentlichen Rechten er sich verletzt erachte, sondern vielmehr Einwendungen im Sinne des BauG zu erstatten, also die Verletzung eines der im § 26 Abs. 1 Z. 1 bis 5 BauG genannten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten geltend zu machen. Das habe der Beschwerdeführer aber unterlassen.

Damit habe die Behörde erster Instanz im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung abgewiesen. Dahingestellt könne die Frage bleiben, ob die Behörde erster Instanz nicht mangels Erstattung von Einwendungen seinen Antrag zurück- statt abzuweisen gehabt hätte, weil der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines Antrages anstelle seiner Zurückweisung in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligten Parteien haben eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt (dieser ist ein Grundbuchsauszug angeschlossen, aus welchem sich ergibt, daß die zu bebauende Liegenschaft - nunmehr - im Miteigentum beider mitbeteiligten Parteien steht; näherhin wurde das Eigentumsrecht des Zweitmitbeteiligten aufgrund eines Kaufvertrages vom 8. August 1997 einverleibt; dem am 2. Oktober 1995 eingebrachten Baugesuch war ein Grundbuchsauszug angeschlossen, demzufolge noch der Erstmitbeteiligte alleiniger Eigentümer der Liegenschaft war).

Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde haben weitere

Schriftsätze eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist (wie auch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkannt haben) das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59, (kurz: BauG) anzuwenden. Von Bedeutung sind insbesondere § 4 Z. 41, § 22 (teilweise) und die §§ 25 bis 27.

Der Begriff des "Nachbarn" ist im § 4 Z. 41 BauG wie folgt definiert:

"41. Nachbar: Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren;"

§ 22 BauG lautet auszugsweise:

"§ 22

Ansuchen

(1) Um die Erteilung der Baubewilligung ist bei der Behörde schriftlich anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:

.......

4. ein Verzeichnis der Grundstücke, die bis zu 30,0 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, jeweils mit Namen und Anschriften der Eigentümer dieser Grundstücke;"

Die §§ 25 bis 27 lauten:

"§ 25

Kundmachung und Ladung zur Bauverhandlung

(1) Die Bauverhandlung ist durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen. In der Kundmachung sind Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung und die gemäß § 27 Abs. 1 bestehenden Voraussetzungen für die Beibehaltung der Parteistellung bekanntzugeben.

(2) Zur Bauverhandlung sind persönlich zu laden

  1. 1. der Bauwerber,
  2. 2. der Grundeigentümer,
  3. 3. der Inhaber des Baurechtes,
  4. 4. die Verfasser der Projektunterlagen,
  5. 5. die Nachbarn, die der Behörde durch das auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfte Verzeichnis nach § 22 Abs. 2 Z. 4 bekannt geworden sind.

    § 26

    Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv- öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. die Abstände (§ 13);
  2. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
  3. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
  4. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

(2) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das ausschließlich der Wahrung öffentlicher, von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmender Interessen dient (objektiv-öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde dieses Vorbringen zurückzuweisen.

(3) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), so hat die Behörde zunächst eine Einigung zu versuchen. Kommt keine Einigung zustande, so ist der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Verweisung ist unter Anführung der Einwendung im Spruch des Bewilligungsbescheides auszusprechen.

§ 27

Parteistellung

(1) Wurde eine Bauverhandlung kundgemacht, so behalten nur die Nachbarn Parteistellung, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhoben haben.

(2) Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach Abs. 1 beizubehalten, so darf er seine Einwendungen auch nach Abschluß der Bauverhandlung vorbringen, und zwar

  1. a) bis zum Ablauf von acht Wochen ab Baubeginn oder
  2. b) ab Kenntnis der bewilligungspflichtigen Nutzungsänderung, längstens jedoch bis zum Ablauf eines Jahres ab durchgeführter Nutzungsänderung.

    Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses bei der Behörde erster Instanz einzubringen. Der Nachbar ist vom Zeitpunkt seiner Einwendung an Partei.

(3) Solange über das Bauansuchen noch nicht entschieden wurde, sind Einwendungen nach Abs. 2 von der Behörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Wurde hingegen der Baubewilligungsbescheid bereits erlassen, gilt die Einbringung der Einwendung als Antrag auf Zustellung des Genehmigungsbescheides. Gegen den Genehmigungsbescheid oder gegen den dem Antrag auf Zustellung nicht stattgebenden Bescheid ist die Berufung zulässig. Für das weitere Verfahren ist die zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen."

Aus § 25 Abs. 2 Z. 5 in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Z. 4 und § 4 Z. 41 BauG ergibt sich, daß die Behörde zur Bauverhandlung (jedenfalls) als Nachbarn die Eigentümer jener Grundstücke zu laden hat, die bis zu 30 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, wobei die Behörde die Verpflichtung trifft, das Verzeichnis nach § 22 Abs. 2 Z. 4 BauG auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin zu überprüfen (die Frage, ob die Behörde dann, wenn nach der Natur des Projektes Einwirkungen im Sinne des § 4 Z. 41 BauG auch auf weiter entfernte Grundstücke zu erwarten sind, von sich aus auch die Eigentümer dieser Grundstücke zu laden hat, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben).

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers zugestanden, er sei Eigentümer eines Grundstückes im fraglichen 30 m-Bereich. Daraus folgt, daß auch er gemäß § 25 Abs. 2 Z. 5 BauG zur Bauverhandlung zu laden gewesen wäre, was aber (nach dem Gesagten somit rechtswidrig) unterblieb. Die belangte Behörde begründet diese Unterlassung in ihrer Gegenschrift damit, es sei den Verwaltungsakten zu entnehmen, daß die erstinstanzliche Behörde im Baubewilligungsverfahren "infolge Unbrauchbarkeit des vom Bewilligungswerber vorgelegten 'Nachbarverzeichnisses' anhand einer Katasterplankopie mit eingezeichneter 30-m-Grenze aus der (im amtsinternen Zugriff abrufbaren) Grundstücksdatenbank Namen und Adressen der '30-m-Nachbarn' beigeschafft, dabei aber" gerade das fragliche, dem Beschwerdeführer eigentümliche Grundstück übersehen habe. Dieser Umstand sei erst durch das Beschwerdevorbringen hervorgekommen, weil die belangte Behörde bei ihrer entgegengesetzten Behauptung in der Begründung des angefochtenen Bescheides das Versehen der Unterbehörde bedauerlicherweise selbst übersehen habe. Dem ist allerdings folgendes entgegenzuhalten: Das am 2. Oktober 1995 eingelangte Baugesuch ist in den Verwaltungsakten mit der Blattzahl 28 journalisiert. Geht man davon aus, daß die Blätter 29 bis 36 die in der Einlaufstampiglie vom 2. Oktober genannten drei Beilagen zum Baugesuch darstellen, und geht man weiters davon aus, daß der auf dem Katasterplan Blatt 29 eingezeichnete Bereich der 30-m-Bereich darstellen soll, ist daraus festzuhalten, daß das Grundstück des Beschwerdeführers in diesen Bereich hereinragt. Auch scheint das fragliche Grundstück auf dem Verzeichnis Blatt 31 unten mit Einlagezahl und der Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft mit eben dieser Einlagezahl auf Blatt 34, Rückseite, auf (Wobei das Blatt 34 ebenso wie andere Blätter dieses EDV-Ausdruckes, der anscheinend im Wege eines öffentlichen Notars auf "Endlospapier" erstellt wurde, "verkehrt", nämlich "auf dem Kopf stehend" in den Akt eingeheftet wurde).

Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, hat der Beschwerdeführer weder spätestestens am Tag vor der Bauverhandlung bei der Behörde noch während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG erhoben. Es ist daher zu prüfen, ob er, obzwar er rechtswidrig zur Bauverhandlung nicht geladen wurde, dennoch im Sinne des § 27 Abs. 1 BauG seine Parteistellung verloren hat, was die belangte Behörde (auch in der Gegenschrift unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer zur Bauverhandlung zu laden gewesen wäre) bejaht. Dementgegen vertreten Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, Anmerkung 1 zu § 27 BauG die Auffassung, § 27 Abs. 1 BauG stelle auf die ordnungsgemäße Kundmachung im Sinne des § 25 ab. Diese Bestimmung sei dem § 42 Abs. 1 AVG nachgebildet, das bedeute, daß die Kundmachung des § 25 Abs. 1 nur dann den Eintritt der Präklusionsfolgen hinsichtlich sämtlicher Nachbarn ermögliche, wenn auch die bekannten Beteiligten (Hinweis auf § 25 Abs. 2 Z. 5 leg. cit.) persönlich geladen worden seien (weiterer Hinweis auf die Anmerkungen 1 und 7 zu § 25 BauG, wo die Autoren auch in diesem Sinne argumentieren). Dieser Auffassung kann aber nach dem maßgeblichen Wortlaut des Gesetzes nicht beigetreten werden: § 25 BauG differenziert schon in der Überschrift zwischen "Kundmachung" und "Ladung" zur Bauverhandlung; Abs. 1 regelt die Kundmachung, Abs. 2 die Ladung. Dem maßgeblichen Wortlaut des Gesetzes ist nicht zu entnehmen, daß der Begriff "Kundmachung" in § 27 Abs. 1 BauG einen anderen, nämlich weiteren Inhalt als jenen haben sollte, der im § 25 Abs. 1 BauG umschrieben ist, insbesondere daß hier die Kundmachung auch die persönliche Ladung im Sinne des § 25 Abs. 2 umfassen sollte. Das bedeutet, daß ein Verstoß gegen die Anordnung des § 25 Abs. 2 BauG hinsichtlich der Frage des Beibehaltes der Parteistellung im Sinne des § 27 Abs. 1 BauG sanktionslos (so auch das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 95/07/0234, zur vergleichbaren Regelung des § 107 WRG) ist (ob ein solcher Verstoß allenfalls Schadenersatz- bzw. Amtshaftungsansprüche auslösen kann, ist im Beschwerdefall nicht näher zu untersuchen). Zutreffend hat daher die belangte Behörde erkannt, daß der Beschwerdeführer seine Parteistellung im Sinne des § 27 Abs. 1 BauG verloren hatte.

Zutreffend hat auch die belangte Behörde erkannt, daß der Nachbar, der seine Parteistellung nach § 27 Abs. 1 BauG verloren hat, diese Parteistellung unter den im Abs. 2 dieser Bestimmung umschriebenen Voraussetzungen wieder erlangen kann. Eine der Voraussetzungen ist, daß er Einwendungen gegen das Vorhaben erhebt, wobei das Gesetz, wie sich aus seiner Systematik ergibt (siehe den Schluß des § 27 Abs. 1 BauG), damit Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. meint. Solche Einwendungen hat der Beschwerdeführer aber nicht erhoben, was er auch gar nicht behauptet. Vielmehr bringt er vor, er hätte ja solche Einwendungen gar nicht erheben können, weil ihm ja entgegen seinem Begehren die Behörden die Akteneinsicht verweigert hätten (wird in der Beschwerde näher ausgeführt). Dem ist zu entgegnen, daß es nach dem Gesetz darauf nicht ankommt; dieses Ergebnis ist auch nicht absurd, wie der Beschwerdeführer meint, wenngleich ihm einzuräumen ist, daß es zunächst äußerst problematisch erscheinen mag: Das Gesetz fordert nämlich nur, daß Einwendungen (im Sinne des § 26 Abs. 1 BauG) erhoben werden, nicht aber zusätzlich, daß diese auch näher zu begründen wären (vgl. hiezu auch Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, Seite 99, oder auch beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 93/06/0005, zur Steiermärkischen Bauordnung 1968). Einwendungen können daher (erforderlichenfalls) auch ohne entsprechende Information erhoben werden. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles ist entscheidend, daß die Einwendung erkennen läßt, welche Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer war daher nicht gehindert, auch ohne Kenntnis der Bauakten einzelne oder - zweckmäßigerweise sicherheitshalber - alle der in § 26 Abs. 1 BauG genannten Einwendungen zu erheben: Allerdings ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, daß im Beschwerdefall ein rechtliches Hindernis, dem Beschwerdeführer Akteneinsicht zu gewähren, bestanden hätte. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich der Auffassung, daß dem "übergangenen" Nachbarn, der die Wiedererlangung der Parteistellung anstrebt, die Akteneinsicht (zumindest grundsätzlich) schon zu gewähren ist, bevor er Einwendungen erhoben hat (zu welchem Zeitpunkt er gemäß § 27 Abs. 2, letzter Satz, BauG Partei ist), damit er beurteilen kann, ob er überhaupt Einwendungen erheben will, und diese gegebenenfalls auch näher ausführen kann. Zwingend erforderlich ist aber, wie gesagt, die Akteneinsicht nicht, um Einwendungen erheben zu können (sondern "nur" - sehr - zweckmäßig).

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang in der Beschwerde vorbringt, folge man der Begründung der belangten Behörde, so hätte er zur Erlangung seiner Parteistellung subjektiv-öffentliche Einwendungen erheben müssen, ohne zu wissen, ob das konkrete Bauvorhaben diese Einwendungen auch rechtfertige, was nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen könne, ist ihm zu entgegnen, daß nach dem maßgeblichen Gesetzeswortlaut in Kauf zu nehmen ist, daß ein Nachbar, um die Parteistellung wieder zu erlangen, Einwendungen auch ohne näheren Informationen, also ohne Kenntnis des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu erheben hat. Keinesfalls kann einem solchen Nachbarn, dem Akteneinsicht nicht gewährt wurde, entgegengehalten werden, er habe seine Einwendungen nicht näher ausgeführt. Hat ein solcher Nachbar dann die Parteistellung wiedererlangt, steht ihm jedenfalls das Recht auf Akteneinsicht zu, sodaß er nach Einsichtnahme in die Akten in der Lage ist, gegebenfalls ein substantielles Vorbringen zu erstatten. Da somit der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben hat, obwohl dies zur Wiedererlangung der Parteistellung erforderlich gewesen wäre, kann im Beschwerdefall ungeprüft bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 BauG vorlagen.

Was nun das Recht auf Akteneinsicht anlangt, ist dem Beschwerdeführer zunächst zu entgegnen, daß die belangte Behörde hierüber nicht förmlich abgesprochen hat. Darüber hinaus ist auf das oben Gesagte zu verweisen, wonach aus rechtlicher Sicht eine Akteneinsicht (zwar zweckmäßig, aber) nicht erforderlich ist, um Einwendungen zu erheben.

Zusammenfassend wurde daher der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid jedenfalls im Ergebnis in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Kostenzuspruch hinsichtlich der beiden mitbeteiligten Parteien beschränkt sich auf den Ersatz der Stempelgebühren, dies aus folgenden Erwägungen: Da gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) dem Beschwerdeführer Schriftsatzaufwand nur dann gebührt, wenn er tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war, hat schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen Gleiches für die beiden anwaltlich nicht vertretenen Mitbeteiligten zu gelten (siehe das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385).

Wien, am 19. November 1998

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