VwGH 98/03/0273

VwGH98/03/027318.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des TM in S, vertreten durch Dr. Michael Hasberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8/9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 31. Juli 1998, Zl. UVS-3/5735/12-1998, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
VwGG §34 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem als Straferkenntnis bezeichneten Schriftstück vom 9. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer einer Reihe von Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 für schuldig erkannt.

Im Kopf dieses Schriftstückes ist nur angeführt "Land Salzburg,

Für unseren Pongau! Hauptstraße 1, (06412)6101-242 DW".

Am Schluß des Schriftstückes steht in Maschinschrift: "Für den Bezirkshauptmann: Schwarzenberger".

Am unteren Ende jeder Seite findet sich folgende, in kleiner

Schriftgröße gedruckte Briefleiste:

"BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT ST. JOHANN I. PG. A-5600 TELEFON (06412)6101-0* FAX (06412)6101-219

DVR 0077470 SBG. SPARKASSE BANK AG. NR. 07008101925 ÖSTERR. POSTSPARKASSE, KTO.NR. 1876.109"

Über die Berufung des Beschwerdeführers erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung (mit der Maßgabe) als unbegründet abgewiesen wurde, daß zwei Übertretungen nach der erstinstanzlichen Erledigung zu einer Übertretung - mit einer neuen Tatumschreibung - zusammengefaßt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid allein deshalb, weil mit diesem von der belangten Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers inhaltlich abgesprochen wurde, anstatt sie - nach Auffassung des Beschwerdeführers rechtsrichtig - mangels eines bekämpfbaren Bescheides zurückzuweisen.

Gemäß dem - nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden - § 18 Abs. 4 erster Satz AVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 471/1995 müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.

Nach § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG genügt (u.a.) bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.

Der Beschwerdeführer bringt vor, weder aus dem "Spruch" des erstinstanzlichen Schreibens vom 9. Oktober 1997 noch aus dessen "Kopf" oder aus der "Fertigungsklausel" sei erkennbar, welche Behörde vom "Land Salzburg" entscheiden habe wollen. Die Briefleiste könne nicht das gesetzlich notwendige Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ersetzen, zumal es sich bei der Briefleiste um einen Vordruck handle, welcher sich auf allen schriftlichen Ausfertigungen - mit und ohne Bescheidcharakter - der offenbar erstinstanzlichen Behörde befinde. Auch die angeführte Adresse "Hauptstraße 1"sei, insbesondere mangels einer Ortsangabe, keine gesetzmäßige Behördenbezeichnung. Ebenso schließe die Fertigungsklausel dieses Schriftstückes nicht jeden Zweifel aus, ob der genehmigende Organwalter "Für den Bezirkshauptmann" der örtlich zuständigen Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz eingeschritten sei. Weil die fehlende bzw. für einen Laien nicht erkennbare Bezeichnung der Behörde die Zurechnung des Schreibens vom 9. Oktober 1997 zu einer bestimmten Behörde gefährde, sei auch durch das Fehlen der Unterschrift des Genehmigenden bzw. der Beglaubigungsklausel (selbst nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1987, Slg. Nr. 11.590) der verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtsschutzstandard beseitigt. Das Schriftstück vom 9. Oktober 1997 enthalte keine Unterschrift oder Beglaubigung. Einem solchen Schriftstück fehle überhaupt der Charakter eines Bescheides. Einer derartigen Ausfertigung könne nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes keine rechtliche Verbindlichkeit zukommen. In einer Erledigung, der keine Unterschrift beigesetzt sei, trete keine behördliche Willensbildung in Erscheinung. Es fehlten daher wesentliche Erfordernisse für die Bescheideigenschaften einer behördlichen Erledigung. Einem Schriftstück schon mit einem einzigen dieser Mängel fehle von vornherein der Bescheidcharakter. Das Schriftstück vom 9. Oktober 1997 weise beide Unterlassungen auf.

Es mag im Sinne der Beschwerdeausführungen zutreffen, daß in der erstinstanzlichen Erledigung nicht gerade augenfällig die bescheiderlassende Behörde zum Ausdruck kommt.

Entscheidend für die Frage, ob das betreffende Schriftstück als Bescheid angesehen werden kann, ist aber, daß "erkennbar" ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 1996, Zl. 96/17/0086). Erst das vollständige Fehlen jedes Hinweises auf die Behörde, die die Erledigung erlassen hat, schließt es aus, diese einer Behörde zuzurechnen, sie als "behördliche Erledigung" (hier: als Bescheid) zu qualifizieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0142, unter Hinweis auf Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, 1987, Anm. 10 zu § 18 AVG, 276). Die Frage, welcher Stelle ein behördlicher Abspruch zuzurechnen ist, kann dabei nur auf der Grundlage des äußeren Tatbestandes beantwortet werden (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995 und die dort angegebene hg. Rechtsprechung).

Diesem Erfordernis kommt die erstinstanzliche Erledigung (noch) nach, ist doch die Erledigung "Für den Bezirkshauptmann" gezeichnet und läßt sich aus der Briefleiste am unteren Seitenende erkennen, daß der Organwalter für die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau gehandelt hat. Daß es sich bei der Briefleiste um einen Vordruck handelt, welcher sich auf allen schriftlichen Ausfertigungen befindet, vermag daran nichts zu ändern.

Eine darüber hinausgehende Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer derartigen Gestaltung behördlicher Ausfertigungen, die zu Zweifeln und Irrtümern Anlaß geben kann, ist dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner auf eine Rechtskontrolle beschränkten Aufgabe verwehrt.

Was das weitere Beschwerdevorbringen betrifft, weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift (vom Beschwerdeführer unwidersprochen) darauf hin, daß die Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde. Dafür sprechen die Anführung der DVR-Nummer und auch das Schriftbild. In diesem Zusammenhang ist überdies anzumerken, daß ein Bescheid auch dann mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wird, wenn - wie im Beschwerdefall - der Bescheidtext, der Erwägungen zu den konkreten Umständen des Einzelfalles enthält, in einem Datenverarbeitungssystem derart gespeichert ist, daß die Ausfertigung des Bescheides mit Hilfe dieses Datenverarbeitungssystems erstellt werden kann ( vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0398). Die Beschwerde enthält nichts, was der Annahme, die Ausfertigung des Bescheides sei mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden, widersprechen würde.

Im Falle der Erstellung einer behördlichen Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung genügt aber gemäß § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Die Unterschrift des Genehmigenden auf der Urschrift ist auf dem im Akt erliegenden Bescheidoriginal beigesetzt, sodaß dem Erfordernis des § 18 Abs. 2 AVG jedenfalls entsprochen ist. Bei der erstinstanzlichen Erledigung handelt es sich somit auch unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdevorbringens entgegen der Meinung des Beschwerdeführers um einen Bescheid.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. November 1998

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