VwGH 97/19/1271

VwGH97/19/12718.5.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden

  1. 1.) des 1992 geborenen ZJ, 2.) der 1989 geborenen SJ und
  2. 3.) des 1971 geborenen NJ, sämtliche vertreten durch Dr. G und Dr. P, Rechtsanwälte in Schwaz, gegen die in Angelegenheiten des Aufenthaltsrechts ergangenen Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 30. April 1997,

    Zlen. 1.) 307.959/4-III/11/97 (betreffend Zurückweisung einer Berufung des Erstbeschwerdeführers), 2.) 307.959/7-III/11/97 (betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages des Erstbeschwerdeführers), 3.) 307.959/3-III/11/97 (betreffend Zurückweisung einer Berufung der Zweitbeschwerdeführerin),

    4.) 307.959/6-III/11/97 (betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages der Zweitbeschwerdeführerin),

    5.) 307.959/2-III/11/97 (betreffend Zurückweisung einer Berufung des Drittbeschwerdeführers), 6.) 307.959/5-III/11/97 (betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages des Drittbeschwerdeführers), zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §9;
FrG 1993 §18;
IPRG §24;
IPRG §25 Abs2;
IPRG §5;
VwGG §46 Abs1 impl;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §9;
FrG 1993 §18;
IPRG §24;
IPRG §25 Abs2;
IPRG §5;
VwGG §46 Abs1 impl;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und Republiksbürger der Republik Serbien. Der Drittbeschwerdeführer ist ehelicher Vater der Zweitbeschwerdeführerin. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ist VJ. Der Erstbeschwerdeführer ist unehelicher Sohn des Drittbeschwerdeführers mit dessen Lebensgefährtin SS. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin lebten bezogen auf das Jahr 1995 mit dem Drittbeschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin SS im gemeinsamen Haushalt.

Am 18. Mai 1995 stellten der Erst- und der Drittbeschwerdeführer, am 8. August 1995 auch die Zweitbeschwerdeführerin an die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel Verlängerungsanträge nach dem Aufenthaltsgesetz.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 23. August 1995 verhängte diese Behörde über den Drittbeschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von sieben Jahren.

Am 8. September 1995 erhob der Drittbeschwerdeführer, vertreten durch die Beschwerdevertreter, gegen diesen Bescheid Berufung. Die Beschwerdevertreter beriefen sich auf die ihnen vom Drittbeschwerdeführer erteilte Vollmacht.

Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als vom Landeshauptmann für Tirol gemäß § 6 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ermächtigte Behörde je vom 20. Dezember 1995 wies diese die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ab. Sie sprach aus, daß die Beschwerdeführer das Bundesgebiet unverzüglich nach Zustellung dieser Bescheide zu verlassen hätten, widrigenfalls fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen ergriffen werden müßten. Die Bescheide enthalten die Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen sie binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung an, Berufung bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel erhoben werden könne.

Die erstinstanzliche Aufenthaltsbehörde verfügte die Zustellung des den Drittbeschwerdeführer betreffenden Bescheides an diesen persönlich, jener an den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin an "den Erziehungsberechtigten" dieser jeweiligen Beschwerdeführer. Die Ausfertigungen dieser Bescheide wurden gemeinsam kuvertiert mit einem an den Drittbeschwerdeführer adressierten RSa-Brief abgesendet. Die eigenhändige Übernahme dieser Sendung durch den Drittbeschwerdeführer erfolgte am 21. Dezember 1995.

Mit am 3. September 1996 zur Post gegebenen Eingaben erhoben die Beschwerdeführer jeweils Berufung gegen die sie betreffenden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. Dezember 1995 und verbanden diese Berufungen jeweils mit Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung derselben.

In diesen Eingaben stellten sich die Beschwerdeführer vorerst auf den Standpunkt, die Zustellung der Bescheide vom 20. Dezember 1995 an den Drittbeschwerdeführer am 21. Dezember 1995 sei unwirksam gewesen. Die Zustellung der die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abweisenden Bescheide hätte nicht zu Handen ihres Vaters, sondern eines vom Pflegschaftsgericht bestellten Kurators erfolgen müssen. Unbeschadet dessen habe sich die Berufung des Beschwerdevertreters auf die erteilte Vollmacht in dem namens des Drittbeschwerdeführers ergriffenen Rechtsmittel gegen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über ihn auch auf die Verfahren über die hier gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen erstreckt.

Für den Fall, daß dessenungeachtet eine ordungsgemäße Zustellung vorliege, werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung dieser Anträge werde vorgebracht, die Berufung des Drittbeschwerdeführers gegen das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 5. Dezember 1995 erledigt worden. Gegen diesen Bescheid habe der Drittbeschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, welcher ihr mit Beschluß vom 26. Jänner 1996 die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.

Im übrigen führte der Drittbeschwerdeführer zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages aus wie folgt:

"Da NJ bekannt war, daß durch Rechtsanwalt Dr. G der Bescheid wegen des Aufenthaltsverbotes bekämpft wird, hat er den Inhalt dieses Bescheides nicht verstanden, da es für ihn eine Wiederholung einer bereits bekannten Entscheidung war und daher auch seinen Anwalt nicht verständigt. Er hat auch angenommen, daß dieser Bescheid auch seinem Anwalt zugestellt wird, der dann rechtzeitig darauf reagiert. Daß dies nicht der Fall war, hat sich erst im Zuge der Erhebungen gegen die Strafverfügungen ... der BH Kitzbühel herausgestellt, als zur Abklärung des Sachverhaltes Akteneinsicht genommen wurde. Wie bereits angeführt hat Rechtsanwalt Dr. H am 27.8.1996 hier die Akteneinsicht gemacht. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher rechtzeitig erfolgt. Begründet wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand damit, daß NJ durch ein unvorhersehbares Ereignis, nämlich eine mangelhafte Zustellung, im Sinne des § 71 AVG gehindert war, seine Rechte rechtzeitig wahrzunehmen."

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin begründeten ihre Wiedereinsetzungsanträge gleichlautend wie folgt:

"Dazu wird noch vorgebracht, daß es für das mj. Kind ... ein unvorhersehbares Ereignis darstellt, daß eine ihn betreffende Zustellung in dieser Form erfolgt ist, insbesondere da der Vater NJ der Meinung war, es handle sich bei dem gegenständlichen Bescheid um einen, der ihn selbst betrifft, wobei er wieder der Meinung war, daß durch seinen Vertreter RA Dr. G bereits die entsprechenden Rechtsmittel ergriffen worden sind."

Mit dem erst-, dritt- und fünftangefochtenen Bescheid der belangten Behörde je vom 30. April 1997 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die sie betreffenden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. Dezember 1995 jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in diesen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, Berufungen seien gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Da die Zustellung der angefochtenen Bescheide am 21. Dezember 1995 rechtswirksam erfolgt sei, die Berufungen jedoch erst am 3. September 1996 und daher verspätet eingebracht worden seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen zweit-, viert- und sechstangefochtenen Bescheid wurden die jeweiligen Anträge der Beschwerdeführer auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der in Rede stehenden Berufungen jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Begründend vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Berufung des Beschwerdevertreters auf die erteilte Vollmacht in der im Aufenthaltsverbotsverfahren betreffend den Drittbeschwerdeführer erhobenen Berufung habe sich nicht auf die gegenständlichen Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erstreckt. Eine Erklärung des Drittbeschwerdeführers, wonach sich dieser durch den Beschwerdevertreter in allen Verwaltungsverfahren vertreten lassen wolle, sei nicht abgegeben worden.

Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 71 Abs. 1 AVG führte die belangte Behörde aus, von einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis könne im Falle der Beschwerdeführer nicht gesprochen werden, weil der Drittbeschwerdeführer die gegenständlichen Bescheide persönlich am 21. Dezember 1995 übernommen habe und es in dessen eigenem Verschulden liege, wenn er es unterlassen habe, bei eigener Rechtsunkenntnis umgehend seinen Rechtsvertreter zu kontaktieren. Im übrigen wäre der Drittbeschwerdeführer auch gehalten gewesen, sich zeitgerecht Kenntnis vom Inhalt des Schriftstückes zu verschaffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 10 Abs. 1 und § 71 Abs. 1 AVG lauten:

"§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

..."

§ 9 Abs. 1 ZustellG lautet:

"§ 9. (1) Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

§ 5 Abs. 1 und 2, § 24 und § 25 Abs. 2 IPRG lauten:

"§ 5. (1) Die Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung umfaßt auch deren Verweisungsnormen.

(2) Verweist die fremde Rechtsordnung zurück, so sind die österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden; ...

§ 24. Die Wirkungen der Ehelichkeit und der Legitimation eines Kindes sind nach dessen Personalstatut zu beurteilen.

§ 25. (1) ...

(2) Die Wirkungen der Unehelichkeit eines Kindes sind nach dessen Personalstatut zu beurteilen."

Art. 40 Abs. 1 des Jugoslawischen Gesetzes vom 15. Juli 1982 zur Lösung der Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten (Länder) für bestimmte Verhältnisse lautet:

"Art. 40. Für das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist das Recht des Staates maßgeblich, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen."

Art. 113 Abs. 1, Art. 116, Art. 118, Art. 123 Abs. 1 und Art. 124 Abs. 1 des für Engeres Serbien geltenden Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 5. Juni 1980 lauten:

"Art. 113. (1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, ihre minderjährigen Kinder zu hüten und für ihr Leben und ihre Gesundheit zu sorgen.

...

Art. 116. Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, durch ihren persönlichen Beitrag und unter Inanspruchnahme der Dienstleistungen der entsprechenden gesellschaftlichen Institutionen die Bedingungen für eine ordentliche Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder sowie für ihre Befähigung zu einem aktiven, schöpferischen Leben in der sozialistischen Selbstverwaltungsgemeinschaft zu schaffen.

Art. 118. Zustellungen und Erklärungen, die gegenüber einem minderjährigen Kind zu bewirken sind, können gültig dem einen oder dem anderen Elternteil gegenüber bewirkt werden; leben aber die Eltern nicht zusammen, gegenüber dem Elternteil, bei dem das Kind lebt.

Art. 123 (1) Das Elternrecht üben die Eltern gemeinschaftlich und einvernehmlich aus; ...

Art. 124. (1) Leben die Eltern voneinander getrennt, so übt der Elternteil, bei dem das Kind lebt, das Elternrecht aus."

Die Beschwerdeführer vertreten auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst die Auffassung, die Zustellung der Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. Dezember 1995 an den Drittbeschwerdeführer am 21. Dezember 1995 habe nicht die Erlassung der angefochtenen Bescheide bewirkt. Die Berufung des Beschwerdevertreters auf die ihm erteilte Vollmacht im Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Bescheid im Aufenthaltsverbotsverfahren betreffend den Drittbeschwerdeführer sei auch als Vollmachtsbekanntgabe in den Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten. Dieser Argumentation ist folgendes entgegenzuhalten:

Eine allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung beinhaltet auch die Ermächtigung der Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 des Zustellgesetzes. Die Schriftstücke sind bei sonstiger Unwirksamkeit des Bescheides an den bevollmächtigten Vertreter zuzustellen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. April 1955, Slg. Nr. 3.726/A, ausgeführt hat, dient die Vorlage der Vollmachtsurkunde nicht nur zum Nachweis des Inhalts und Umfangs der Vertretungsmacht, sondern sie ist zugleich als eine der Behörde gegenüber abgegebene Erklärung des Vollmachtsgebers zu verstehen, daß er in dem betreffenden Verfahren nicht unbedingt persönlich gegenüber der Behörde auftreten wolle. Diese Willensbekundung aber ist, soweit nicht in den Verwaltungsvorschriften die Bestellung eines Bevollmächtigten der Partei zur Pflicht gemacht wird, der Parteidisposition überlassen; das bedeutet, daß die Partei von Fall zu Fall volle Entschlußfreiheit besitzt. Darum ist die Behörde nicht berechtigt, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt hat, diesen in Verfahren über andere, bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheiten ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat. Die Tatsache allein, daß in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Ermächtigung zur Vertretung "in allen Angelegenheiten" beurkundet, reicht hiezu nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/10/0035, in der Folge darlegt, ist auf dem Boden dieser Rechtsanschauung entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, daß von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Ist dies nicht der Fall, dann kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, daß auch das jeweilige weitere oder andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfaßt sein soll.

Die in den vorzitierten Erkenntnissen für die Vorlage einer Vollmacht angestellten Erwägungen gelten gleichermaßen auch für die Berufung eines Rechtsanwaltes auf eine erteilte Vollmacht im Sinne des § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG.

In Anwendung der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze verneinte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 18. Juni 1990 das Vorliegen einer Verfahrenseinheit etwa für ein auf Antrag der dortigen Beschwerdeführerin eingeleitetes Verfahren zur Genehmigung der Bestellung eines Stellvertreters bzw. zur Bestellung eines verantwortlichen Leiters einer Apotheke mit dem amtswegigen Verfahren betreffend die Entziehung der Konzession der Beschwerdeführerin für diese Apotheke und daher in Ermangelung einer dahingehenden Parteienerklärung auch die Erstreckung einer im Antragsverfahren vorgelegten Vollmacht auf das Verfahren zur Konzessionsentziehung (vgl. darüber hinaus die in diesem Erkenntnis ausführlich dargestellte Judikatur zur Frage der Verfahrenseinheit).

Im vorliegenden Fall kann nun kein Zweifel darüber bestehen, daß das von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel als vom Landeshauptmann für Tirol ermächtigte Behörde durchgeführte Verfahren über den Antrag des Drittbeschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung keine Einheit mit dem von eben dieser Bezirkshauptmannschaft eingeleiteten fremdenpolizeilichen Verfahren zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bildet, mögen diese Verfahren auch unter einer gemeinsamen Aktenzahl geführt worden sein. In Ermangelung einer Erklärung des Drittbeschwerdeführers in seiner Berufung gegen den das Aufenthaltsverbot verhängenden Bescheid, wonach er auch im Aufenthaltsverfahren durch den Beschwerdevertreter vertreten sei, war letzterer daher nach der vorzitierten Rechtsprechung nicht als Zustellbevollmächtigter im Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung anzusehen. Umso weniger könnte davon ausgegangen werden, daß die Vollmachtsbekanntgabe des Beschwerdevertreters im Aufenthaltsverbotsverfahren betreffend den Drittbeschwerdeführer auch als Erklärung dahingehend zu werten gewesen wäre, dieser habe dem Beschwerdevertreter auch namens der beiden anderen Beschwerdeführer Vollmacht zur Vertretung in den Verfahren über deren Anträge auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligungen erteilt.

Nach den Vorgesagten kann es daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde es unterließ, die Zustellung ihrer Bescheide vom 20. Dezember 1995 zu Handen des Beschwerdevertreters zu verfügen.

Der Erstbeschwerdeführer macht nun geltend, die Zustellung des ihn betreffenden Bescheides an den Drittbeschwerdeführer sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil dieser nicht sein gesetzlicher Vertreter gewesen sei. Bei unehelichen Kindern sei dies die Mutter, in seinem Fall daher SS, gewesen.

Gemäß §§ 24 und 25 Abs. 2 IPRG sind sowohl die Wirkungen der ehelichen als auch jene der unehelichen Geburt nach dem Personalstatut des Kindes, im Falle des Erstbeschwerdeführers daher nach dem Personalstatut Serbiens zu beurteilen. Eine gemäß § 5 IPRG zu beachtende Rück- oder Weiterverweisung enthält die maßgebliche Vorschrift des Art. 40 des Jugoslawischen Gesetzes vom 15. Juli 1982 nicht. Demnach konnte gemäß Art. 118 des oben zitierten Gesetzes vom 5. Juni 1980 die Zustellung an den Erstbeschwerdeführer gültig zu Handen jedes einzelnen Elternteiles, somit auch zu Handen des Drittbeschwerdeführers bewirkt werden. Für die Zweitbeschwerdeführerin gilt, daß die Zustellung an sie zu Handen des Drittbeschwerdeführers, bei dem sie lebte, bewirkt werden konnte.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin machen darüber hinaus aber auch geltend, daß die Erlassung der sie betreffenden Bescheide schon deshalb nicht durch Zustellung der entsprechenden Ausfertigungen zu Handen des Drittbeschwerdeführers bewirkt werden konnte, weil die Zustellverfügung dieser Bescheide an "den Erziehungsberechtigten" dieser Beschwerdeführer den Drittbeschwerdeführer nicht mit hinreichender Deutlichkeit bezeichnete.

Selbst wenn man davon ausginge, daß die von der Genehmigung des Bescheides nicht gedeckte spätere Ausfertigung des Rückscheines an den Drittbeschwerdeführer zur präzisierenden Auslegung dieser Zustellverfügung nicht herangezogen werden dürfte, wäre für den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin nichts gewonnen:

Wie der Bescheid selbst, so ist auch seine Zustellverfügung einer (gesetzeskonformen) Auslegung zugänglich. Nach den - wie oben dargelegt - maßgeblichen Rechtsvorschriften des Serbischen Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 5. Juni 1980 üben die Eltern das Elternrecht gemeinschaftlich und einvernehmlich aus (Art. 123 Abs. 1 leg. cit.). Leben die Eltern aber - wie das bei denen der Zweitbeschwerdeführerin der Fall ist - voneinander getrennt, so übt der Elternteil, bei dem das Kind lebt, das Elternrecht aus (Art. 124 Abs. 1 leg. cit.). Gemäß Art. 113 Abs. 1 und Art. 116 umfaßt das Elternrecht auch die Leistung des persönlichen Beitrages zur Erziehung der Kinder. Erziehungsberechtigt waren daher in Ansehung des Erstbeschwerdeführers der Drittbeschwerdeführer und SS, in Ansehung der Zweitbeschwerdeführerin ausschließlich der Drittbeschwerdeführer. Durch die Formulierung, der Bescheid ergehe an den Erziehungsberechtigten des Erstbeschwerdeführers, ist mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß damit der Drittbeschwerdeführer, nicht aber die Mutter des Erstbeschwerdeführers, SS, gemeint war.

Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, die belangte Behörde habe den Drittbeschwerdeführer als Zustellbevollmächtigten nicht (mit hinreichender Deutlichkeit) bezeichnet, hätte die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen gegolten, in dem das Schriftstück dem Drittbeschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist. Die diesbezügliche Anordnung des § 9 Abs. 1 letzter Satz ZustellG gilt nämlich auch für Fälle einer gebotenen Zustellung an einen gesetzlichen Vertreter (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1986, Zl. 85/11/0207). Eine Zustellung an eine als Empfänger bezeichnete unbeteiligte dritte Person, welche eine Heilung eines Zustellmangels auch nach § 9 Abs. 1 letzter Satz ZustellG ausschlösse (vgl. hiezu die in Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Rz 72, zu § 9 ZustellG wiedergegebene Judikatur), liegt hier jedenfalls nicht vor.

Aus dem Vorgesagten folgt nun aber, daß die eigenhändige Übernahme der die erstinstanzlichen Bescheide vom 20. Dezember 1995 beinhaltenden Sendung durch den Drittbeschwerdeführer am 21. Dezember 1995 deren Zustellung an alle Beschwerdeführer bewirkte. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die erst am 3. September 1996 und damit außerhalb der Frist des § 63 Abs. 5 AVG erhobenen Berufungen als verspätet zurückwies.

In Ansehung der ihre Wiedereinsetzungsanträge abweisenden Bescheide bringen die Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, der Drittbeschwerdeführer sei von der Berufungsentscheidung in seinem Aufenthaltsverbotsverfahren informiert und es sei vereinbart worden, daß gegen diesen Bescheid eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht werde. Die Zustellung der gegenständlichen Bescheide sei dem Drittbeschwerdeführer unerheblich erschienen, weil er nicht in der Lage gewesen sei, zwischen der Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und einer "Ausweisung" zu unterscheiden. Überdies sei im Spruch der Bescheide vom 20. Dezember 1995 auch die Aufforderung enthalten gewesen, die Beschwerdeführer hätten Österreich bei Androhung von Zwangsmaßnahmen zu verlassen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Zl. 82/06/0177, zum Ausdruck gebracht, daß auch psychologische Vorgänge, wie Irrtümer, Ereignisse seien, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten. Auch werde auf "die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Nr. 13.553A" hingewiesen, wonach auch unzureichende Sprachkenntnisse als unabwendbare Ereignisse qualifiziert worden seien. Schließlich sei auch auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde des Drittbeschwerdeführers gegen den letztinstanzlichen Bescheid im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu verweisen. Schließlich berufen sich die Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1996, Zl. 95/21/0783, wonach die Aufrechterhaltung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK "Vorrang" vor einer Fristversäumnis genieße. Der Drittbeschwerdeführer lebe seit vielen Jahren mit seiner Lebensgefährtin und vier Kindern (darunter die beiden anderen Beschwerdeführer) in Österreich. Die Entscheidung der belangten Behörde stehe daher im Widerspruch zu Art. 8 MRK.

Den Beschwerdeführern ist zunächst beizupflichten, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem von ihnen zitierten Erkenntnis, dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9026/A folgend, aussprach, auch psychologische Vorgänge, wie Irrtümer, stellten "Ereignisse" im Sinne des § 71 Abs. 1 AVG dar. Allein damit ist für die Beschwerdeführer hier nichts gewonnen:

Der Drittbeschwerdeführer hat als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht, er habe angenommen, bei dem ihn betreffenden Bescheid habe es sich bloß um eine Wiederholung der bereits im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ergangenen Entscheidung gehandelt. Er habe auch angenommen, daß dieser Bescheid seinem Anwalt zugestellt werde, der dann rechtzeitig darauf reagiere. Damit machte der Beschwerdeführer aber einerseits einen Irrtum über den Inhalt eines Bescheides bzw. einen solchen über die Wirksamkeit der Zustellung desselben an ihn geltend. Keiner dieser Irrtümer stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. zur erstgenannten Fallkonstellation das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0416, zur zweitgenannten Konstellation das hg. Erkenntnis vom 5. März 1980, Slg. Nr. 10.059/A). Einen Irrtum über den Inhalt des zugestellten Bescheides stellt im übrigen auch der vom Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in ihren Wiedereinsetzungsanträgen darüber hinaus geltend gemachte Umstand dar, ihr Vater sei überdies der Meinung gewesen, die in Ansehung dieser Beschwerdeführer zugestellten Bescheide beträfen ihn selbst.

Unabhängig davon also, ob es sich bei den behaupteten Irrtümern des Drittbeschwerdeführers um Ereignisse im Sinne des § 71 Abs. 1 AVG handelte, vermöchten sie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu rechtfertigen, weil der Drittbeschwerdeführer die ihm unterlaufenen Irrtümer schon durch bloße Lektüre der ihm zugestellten Ausfertigungen hätte vermeiden können. Daß die Bescheide Aufenthaltsverfahren, und zwar nicht nur dasjenige des Drittbeschwerdeführers, sondern auch jene seiner Kinder betrafen, ergab sich unzweifelhaft aus deren Spruch. Aus der Rechtsmittelbelehrung war überdies ableitbar, daß die erstinstanzliche Behörde davon ausging, daß mit Zustellung des gegenständlichen Bescheides an den Drittbeschwerdeführer die Berufungsfristen zu laufen begannen. Wenn es der Drittbeschwerdeführer aber unterließ, die ihm zugestellten Bescheide überhaupt zu lesen bzw. trotz allfälliger Lektüre der Rechtsmittelbelehrung sich über die Frage, ob durch die Bescheidzustellung eine Rechtsmittelfrist ausgelöst wurde, durch Rücksprache bei der Behörde oder bei seinem Rechtsvertreter im Aufenthaltsverbotsverfahren Klarheit zu verschaffen, so ist ihm dies als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden anzulasten.

Dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Slg. Nr. 13.553/A, ist entgegen seinen Beschwerdebehauptungen nicht zu entnehmen, daß unzureichende Sprachkenntnisse unabwendbare Ereignisse darstellten. Das Gegenteil ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Fall (vgl. die bei Walter-Thienel, a. a.O., Seite 1572 bis 1573, wiedergegebene Judikatur).

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Drittbeschwerdeführers gegen den letztinstanzlichen Bescheid im Verfahren zur Erlassung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes mit Beschluß vom 26. Jänner 1996 ist für die hier in Rede stehende Frage der Rechtzeitigkeit der gegenständlichen Berufungen sowie der Berechtigung der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb ohne Bedeutung, weil dieser Beschluß erst nach Zustellung der Bescheide vom 20. Dezember 1995 und erst nach Ablauf der dagegen zustehenden Berufungsfrist ergangen war.

Schließlich ist das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 95/21/0783, zur Versäumung der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes materiell-rechtlichen Frist zur Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften ergangen. Diesem Erkenntnis ist nicht - wie die Beschwerdeführer offenbar meinen - zu entnehmen, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die prozessuale Frist des § 63 Abs. 5 AVG zur Erhebung einer Berufung in einem Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verstrichen ist oder bei Beurteilung der Frage, ob gegen eine solche Fristversäumung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung zu gewähren ist, etwa auf Art. 8 MRK Bedacht zu nehmen wäre.

Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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