VwGH 97/18/0084

VwGH97/18/00849.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hofbauer, über die Beschwerde der ZK, (geb. 10.3.1965), in Schärding, vertreten durch Dr. Walter Brandt und Dr. Karl Wagner, Rechtsanwälte in 4780 Schärding, Ob. Stadtplatz 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 23. Dezember 1996, Zl. St 557/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §15;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §15;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 23. Dezember 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß den §§ 15, 17 und 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei 1994 nach Österreich eingereist, wobei nicht mehr festgestellt werden könne, von wo aus und über welche Grenzkontrollstelle sie nach Österreich gelangt sei. Es könne auch nicht mehr festgestellt werden, ob die Beschwerdeführerin während ihres Grenzübertritts über einen auf ihre Person ausgestellten zeitlich gültigen jugoslawischen Reisepaß verfügt hätte. Derzeit sei die Beschwerdeführerin jedenfalls im Besitz eines jugoslawischen Reisepasses, welcher am 5. April 1994 vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien in Salzburg ausgestellt worden sei und bis 5. April 1999 Gültigkeit habe. Während ihres gesamten Aufenthaltes habe die Beschwerdeführerin über keinen "österreichischen (Touristen) Sichtvermerk" verfügt. Die Beschwerdeführerin halte sich seit ihrer Einreise bei ihrem Ehegatten, einem jugoslawischen Staatsangehörigen, auf, mit dem sie seit dem 16. Februar 1994 verheiratet sei. Sie gehe in Österreich keinerlei Erwerbstätigkeit nach, ihr Gatte sei bei einem näher genannten Unternehmen tätig. Weiters habe die Erstbehörde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin die Mutter eines 1994 geborenen Kindes jugoslawischer Staatsangehörigkeit sei.

Am 27. Februar 1995 habe die Beschwerdeführerin beim österreichischen Generalkonsulat in München einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung gestellt, welcher mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12. Juni 1995 abgewiesen worden sei; die dagegen erhobene Berufung sei vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 25. Oktober 1995 abgewiesen worden. Der letztgenannte Bescheides sei am 3. November 1995 durch Zustellung an den Vertreter der Beschwerdeführerin in Rechtskraft erwachsen. Seither habe die Beschwerdeführerin keine Maßnahme gesetzt, um eine Legalisierung ihres Aufenthalts in Österreich herbeizuführen. Nach den behördlichen Erhebungen halte sich die Beschwerdeführerin "bis dato" in Schärding auf. Sie halte sich somit seit ca. zwei Jahren insofern rechtswidrig in Österreich auf, als ihr seit ihrer Einreise weder ein Sichtvermerk noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei.

Bei ihrer Einvernahme am 31. Mai 1995 habe die Beschwerdeführerin angegeben, daß sie deshalb in Österreich verbleiben wollte, um ihr Kind, welches (zum damaligen Zeitpunkt) ständiger ärztlicher Betreuung bedurft hätte, pflegen zu können. In ihrer Berufung gegen den Erstbescheid habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß ihr Gatte und ihre zwei kleinen Kinder im Bundesgebiet aufhältig wären und sie im Kosovo keine Familie mehr hätte; auch wäre sie rechtmäßig gemeldet und mit ihrem Gatten sozialversichert.

Seitens der Beschwerdeführerin bestünden "starke private familiäre Bindungen" in Österreich, zumal sich hier ihr Ehegatte und ihre Kinder aufhielten, und ihr am 24. November 1994 geborener Sohn überdies laut den Angaben der Beschwerdeführerin ärztlicher Betreuung und Pflege bedürfe. In Anbetracht des etwa zweijährigen illegalen Aufenthalts in Österreich sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin aber zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten, stelle doch die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme nämlich aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden "vor vollendete Tatsachen zu stellen"; dies sei ebenso der Fall, wenn Fremde nach "Auslaufen einer Aufenthaltsbewilligung" das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, sie halte sich seit ihrer Einreise unrechtmäßig in Österreich auf. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen, insbesondere daß die Beschwerdeführerin über keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verfüge, besteht gegen diese Auffassung kein Einwand, zumal sich die Beschwerdeführerin bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides für die Dauer von etwa zwei Jahren und vier Monaten in Österreich aufgehalten hat und daher im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 AufG hiezu einer Aufenthaltsbewilligung bedurft hätte. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, sie habe sich wiederholt bemüht, ihren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern; dasselbe gilt für ihren Hinweis, "in Schärding rechtmäßig gemeldet" zu sein. Ebensowenig ist es für diese Beurteilung maßgeblich, daß die Beschwerdeführerin (behauptetermaßen) mit einem gültigen Reisepaß nach Österreich eingereist sei.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 19 FrG. Die Beschwerdeführerin lebe in Österreich zusammen mit ihrem Ehemann, der hier arbeite, und ihren zwei kleinen in Österreich (1994 bzw. 1996) geborenen Kindern. Ihre 1996 geborene Tochter, auf die der angefochtene Bescheid nicht eingehe, bedürfe "ärztlicher Betreuung" und der Pflege durch die Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin sei mit einem gültigen Reisepaß nach Österreich eingereist, in Schärding rechtmäßig gemeldet und habe zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um ihren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Sie habe "keine Familie mehr" in ihrem Heimatland.

2.2. Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entgegen der Beschwerde hat die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nach § 19 FrG - wie oben dargestellt - beide Kinder der Beschwerdeführerin, somit auch ihre 1996 geborenen Tochter, berücksichtigt. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukomme, folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Die Beschwerdeführerin hat dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch ihren zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von etwa zwei Jahren und vier Monaten, und zwar auch nach und trotz rechtskräftiger Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, gravierend beeinträchtigt. Das somit sehr gewichtige öffentliche Interesse an der Ausreise der Beschwerdeführerin wird durch die von ihr geltend gemachten persönlichen Interessen nicht aufgewogen, ist doch ihr inländischer Aufenthalt nicht von einer Dauer, daß eine daraus (allenfalls) abzuleitende Integration entscheidend ins Gewicht fiele. Mit ihrem Einwand, es wäre ihr unmöglich, sich mit ihren Kindern ins Ausland zu begeben, ist für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Zum einen läßt dieser nicht erkennen, welche Hindernisse einer solchen Ausreise entgegenstünden, tut doch die Beschwerde nicht dar, daß die ihrer Behauptung nach erforderliche ärztliche Betreuung des im Jahr 1996 geborenen Kindes nur in und nicht auch außerhalb Österreichs erfolgen könne. Zum anderen ist die Beschwerdeführerin - sollte ihre Ausreise aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheinen - auf die nach § 36 Abs. 2 FrG bzw. § 56 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, gegebene Möglichkeit der Einräumung eines Abschiebungsaufschubes zu verweisen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, in ihrem Heimatland keinerlei familiäre Bindungen zu haben, ist schließlich entgegenzuhalten, daß sich § 19 FrG nur auf das in Österreich geführte Privat- und Familienleben des Fremden bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1998, Zl. 96/18/0122).

3. Vor dem Hintergrund des Gesagten sind auch die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe mit Blick auf die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und den angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet, nicht zielführend.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Februar 1999

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