VwGH 97/18/0373

VwGH97/18/03734.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien XII, Hilschergasse 25/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Mai 1997, Zl. SD 622/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §19;
GmbHG §15;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §19;
GmbHG §15;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Mai 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin am 17. Jänner 1993 illegal aus Deutschland nach Österreich eingereist sei und sowohl der von ihr gestellte Asylantrag als auch ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei. Damit sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG für eine Ausweisung gegeben. Was die Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 19 leg. cit. betreffe, so liege im Hinblick auf die familiäre Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrer (in Österreich lebenden) Mutter ein mit der Ausweisung verbundener relevanter Eingriff in ihr Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung als dringend geboten zu erachten, komme doch gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise mißachtet worden. Zu ihren Ungunsten falle, abgesehen von dem langjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt, weiters ins Gewicht, daß sie diesen ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz und ungeachtet einer deswegen erfolgten Bestrafung fortgesetzt habe. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, daß die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet. Bekräftigt werde dieses Abwägungsergebnis durch den Umstand, daß die Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrer Mutter insoweit relativiert werde, als die Beschwerdeführerin erwachsen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin von Beginn an (17. Jänner 1993) nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde hält die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG - dies unter mehreren Aspekten - für unzulässig. Die diesbezüglichen Einwände sind indes nicht zielführend.

3. Wenn die Beschwerdeführerin meint, es sei unverständlich, warum die Abwägung gemäß § 19 FrG zu ihren Ungunsten ausgegangen sei, da im angefochtenen Bescheid ja nicht behauptet worden sei, daß das öffentliche Interesse das höherwertige Gut sei, so ist ihr entgegenzuhalten, daß (u.a.) eine Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, also der dort umschriebenen öffentlichen Interessen, immer dann dringend geboten ist, wenn die gegenläufigen privaten und familiären Interessen nicht überwiegen, somit der mit dieser Maßnahme verbundene Eingriff in das Privat- oder Familienleben nicht schwerer wiegt als das Allgemeininteresse an der Beendigung des Aufenthaltes des Fremden. Eine Bewertung der privaten und familiären Interessen als - wie vorliegend durch die belangte Behörde - "jedenfalls nicht höher" als das besagte Allgemeininteresse reicht demnach zur Verneinung des Dringend-geboten-seins der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG nicht aus.

4. Daß aber die belangte Behörde die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich zu Unrecht nicht schwerer gewichtet hat als die gegenläufigen öffentlichen Interessen, vermag die Beschwerde nicht darzutun.

4.1. Den Aufenthalt der Mutter der Beschwerdeführerin in Österreich und die darin begründete familiäre Bindung hat die belangte Behörde zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt. Sie hat das Gewicht dieser Bindung allerdings dadurch als gemindert angesehen, daß die Beschwerdeführerin erwachsen ist. Diese Bewertung stößt auf keinen Einwand. Sie ist insbesondere auch nicht - wie dies die Beschwerde versucht - damit zu entkräften, daß die Beschwerdeführerin schon "seit Jahren" bei ihrer Mutter in Österreich lebt, zumal der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nie ein rechtmäßiger war.

Mit ihrem Vorbringen - sollte dieses nicht als unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) zu werten sein -, die belangte Behörde habe nicht zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt, daß diese "zwischenzeitig auch Gesellschafterin der MT Reisebüroges.m.b.H." sei und "einen Geschäftsanteil daran halte", ist die Beschwerde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Erwerbstätigkeit eines Fremden als Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. und seine Beteiligung an einer solchen Gesellschaft nicht als relevant dergestalt zu werten ist, daß durch die Ausweisung in das Privatleben des Fremden i. S. des § 19 FrG eingegriffen würde (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 28. September 1995, Zl. 94/18/0934, mwN).

Das Vorbringen schließlich, der Beschwerdeführerin sei von der Technischen Universität Wien die Möglichkeit eingeräumt worden, ab dem Wintersemester 1997/98 Informatik zu studieren, wofür als Beleg ein "Schreiben der TU Wien an mich vom 3.6.1997" vorgelegt werde, verfängt deshalb nicht, weil es von der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren außer Betracht zu bleiben hat.

4.2. Den somit nicht allzu stark ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich war das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0171, mwN) aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften gegenüberzustellen. Wenn die belangte Behörde dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß dieses maßgebliche öffentliche Interesse zumindest gleich schwer wiegt, so kann dieser Beurteilung angesichts des dieses Allgemeininteresse erheblich beeinträchtigenden Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin - mehr als vierjähriger unrechtmäßiger Aufenthalt, Fortsetzung des unerlaubten Aufenthaltes trotz deswegen erfolgter Bestrafung und ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung eines Aufenthaltsbewilligungsantrages - nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Daran ändert auch nichts, daß der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin - so die Beschwerde - durch das Einkommen ihrer Mutter gesichert sei und die Beschwerdeführerin daher dem österreichischen Staat finanziell nicht zur Last fallen werde, bewirkt doch dieser Umstand keine Schmälerung des vorbezeichneten öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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