VwGH 97/18/0075

VwGH97/18/00754.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. August 1996, Zl. SD 643/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. August 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Kasachstan, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin, die sich nach der Aktenlage seit Oktober 1994 im Bundesgebiet befinde, habe bis zum 20. April 1995 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung dieser Bewilligung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres, rechtswirksam am 11. September 1995, abgewiesen worden, sodaß sie sich seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und der Ausweisung auch nicht § 17 Abs. 4 FrG entgegenstehe.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei zunächst darauf hinzuweisen, daß aufgrund des relativ kurzen inländischen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin von einem mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in ihr Privatleben keine Rede sein könne. Da sich aber auch ihre Kinder und ihr Ehegatte (allerdings auch ohne Aufenthaltsbewilligung) im Bundesgebiet befänden, sei von einem Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen gewesen.

Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG zu bejahen. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein besonders hoher Stellenwert zu. Andererseits seien die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an ihrem weiteren Verbleib in Österreich angesichts ihres beinahe einjährigen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet (nach der Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im September 1995) - bei einer Aufenthaltsdauer von insgesamt nicht einmal zwei Jahren - nicht so stark ausgeprägt, und zwar auch nicht unter Bedachtnahme auf ihre familiären Bindungen, daß sie schwerer zu gewichten wären als das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens.

2. Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 25. November 1996, B 3310/96, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Bereits in dieser Beschwerde machte die Beschwerdeführerin für das verwaltungsgerichtliche Verfahren Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragte aus diesem Grund die Aufhebung dieses Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichshof hat erwogen:

1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, stößt im Hinblick auf die in der Beschwerde unbestritten gebliebenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen auf keine Bedenken. Damit hat die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG für die Erlassung einer Ausweisung gegen die Beschwerdeführerin - vorbehaltlich der Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 19 FrG - zutreffend bejaht.

2.1. Gegen die von der Behörde vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 19 FrG bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie in Österreich mit ihrem Ehemann und mit ihren beiden minderjährigen Kindern eine "gesicherte und eine für Inländer ortsübliche Unterkunft" bewohne und "der notwendige Lebensunterhalt der gesamten Familie" gesichert sei. Eine Ausweisung der Beschwerdeführerin wäre mit unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen des "Familienlebens der gesamten Familie" verbunden: die Familie würde "ansich" auseinandergerissen; die minderjährigen Kinder würden "vor die Entscheidung gestellt", ob sie gemeinsam mit der Beschwerdeführerin ausreisen oder mit deren Ehemann in Österreich bleiben sollten, wobei letzterer durch ein Bleiben der Kinder "aufgrund der Sorgepflichten auch in der Ausübung seiner selbständigen Berufstätigkeit schwer beeinträchtigt" sein würde; durch eine Ausweisung werde auch der persönliche Kontakt zwischen der Familie weitgehend "praktisch verhindert". Da die Beschwerdeführerin seit nunmehr zwei Jahren in Österreich sei, könne die belangte Behörde "keinesfalls damit argumentieren, daß dies lediglich ein kurzer inländischer Aufenthalt" wäre; vielmehr sei nach diesem Zeitraum von einer Integration der Beschwerdeführerin und ihrer gesamten Familie in Österreich auszugehen. Die Beschwerdeführerin habe sich in Österreich "keinerlei Verfehlung schuldig" gemacht, sodaß eine "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" durch einen weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin "von vornherein" ausscheide.

2.2. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat im Hinblick auf die familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin zutreffend einen mit ihrer Ausweisung verbundenen Eingriff in ihre vom § 19 FrG geschützten Interessen angenommen. Wenn die belangte Behörde dennoch die Ausweisung der Beschwerdeführerin nach dieser Regelung für zulässig erachtete, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden, kommt doch der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen Rechtssprechung des Gerichtshofs etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435 mwH). Die Beschwerdeführerin hat dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch ihren jedenfalls schon etwa einjährigen unerlaubten Aufenthalt - bei einer Aufenthaltsdauer in Österreich von insgesamt weniger als zwei Jahren - erheblich beeinträchtigt, wobei die Beschwerdeführerin noch nach und trotz rechtskräftiger Abweisung eines Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung in Österreich verblieben ist. Dazu kommt, daß das Gewicht der familiären Interessen der Beschwerdeführerin dadurch deutlich gemindert wird, daß ihr Ehemann und ihre Kinder - die diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid läßt die Beschwerde unbestritten - ebenfalls über keine Aufenthaltsbewilligung verfügen. Von einer Integration der Beschwerdeführerin und ihrer Familie in Österreich kann daher - entgegen der Beschwerde - keine Rede sein. In der Beschwerde wird schließlich nicht behauptet, daß einer gemeinsamen Ausreise bzw. einem gemeinsamen Aufenthalt der Beschwerdeführerin und ihrer Familie im Ausland ein unüberwindbares Hindernis entgegenstünde.

2.3. Das Vorbringen, daß sich die Beschwerdeführerin in Österreich "keinerlei Verfehlung schuldig gemacht" habe und deshalb "eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" durch den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin von vornherein ausscheide, kann das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung - auf den im Art. 8 Abs. 2 MRK (ebenfalls) abgestellt wird - nicht entkräften.

3. Der von der Beschwerde behauptete Beitrag des Ehemannes der Beschwerdeführerin zum "wirtschaftlichen Wohl" Österreichs kann schon deshalb nicht zugunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden, weil dieser Umstand nicht dem Bereich des Privat- und Familienlebens zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 95/18/0721).

4. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist schließlich auch dem Beschwerdeeinwand, dem angefochtenen Bescheid seien "keinerlei Ausführungen" bezüglich der Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und der Intensität des Eingriffs in das Familienleben der Beschwerdeführerin zu entnehmen, der Boden entzogen.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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