Normen
BAO §97;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §1a;
ZustG §7;
BAO §97;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §1a;
ZustG §7;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid vom 6. August 1993 berief sich der für den Beschwerdeführer einschreitende Rechtsanwalt (der nunmehrige Beschwerdevertreter) gemäß § 8 Abs. 1 RAO auf die ihm erteilte Vollmacht.
Hinsichtlich des nunmehr angefochtenen Berufungsbescheides wurde die Zustellung unmittelbar an den Beschwerdeführer verfügt. Nach erfolglosen Zustellversuchen unter einer näher bezeichneten Anschrift in M am 7. und 8. August 1996 wurde die Sendung am 8. August 1996 beim Postamt hinterlegt. Beginn der Abholfrist war der 8. August 1996. Das Postamt sandte die Sendung als nicht behoben an die belangte Behörde zurück, wo sie am 29. August 1996 einlangte.
In der am 4. August 1997 zur Post gegebenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer zur Rechtzeitigkeit aus, Anfang Juni 1997 habe sein Steuerberater davon Kenntnis erhalten, daß vom Finanzamt eine Umbuchung eines Guthabens wegen einer Haftung für Verbindlichkeiten einer GmbH durchgeführt worden sei. Vom Finanzamt sei daraufhin telefonisch die Auskunft erteilt worden, daß die Haftung aufgrund des nunmehr angefochtenen Bescheides feststehe. Da diese Entscheidung dem Beschwerdeführer und seinem Steuerberater nicht bekannt gewesen sei, sei diesem über sein telefonisches Ersuchen vom 23. Juni 1997 per Fax der angefochtene Bescheid übermittelt worden. Damit sei der Inhalt des angefochtenen Bescheides erstmals einem Vertreter des Beschwerdeführers bekannt geworden. Der Beschwerdeführer habe dem Beschwerdevertreter am 26. Juni 1997 mitgeteilt, daß es den angefochtenen Bescheid gebe. Anläßlich einer Kommission beim Finanzamt am 27. Juni 1997 habe der Beschwerdevertreter den angefochtenen Bescheid kopiert. Die Hinterlegung der Sendung nach erfolglosen Zustellversuchen an der Betriebsadresse des Beschwerdeführers sei unwirksam, weil der Beschwerdeführer vom 29. Juli bis 18. August 1996 Betriebsurlaub gehabt habe. Dem Beschwerdeführer sei keine Hinterlegungsanzeige bekannt geworden. Nach dem Betriebsurlaub sei er bis 23. August 1996 in Deutschland auf Dienstreise gewesen, sodaß er in dieser Woche die Sendung nicht hätte beheben können, selbst wenn ihm die Hinterlegungsanzeige bekannt geworden wäre. Es sei somit keine ordnungsgemäße Zustellung an den Beschwerdeführer vorgenommen worden.
In ihrer Gegenschrift vertrat die belangte Behörde die Auffassung, selbst nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei der angefochtene Bescheid spätestens mit Wirksamkeit vom 26. August 1996 zugestellt worden, weil die Sendung gemäß § 186 der Postordnung bis zum dritten Montag, der dem Tag der Verständigung folgt, zur Abholung bereit gehalten worden sei und dadurch die Mindestfrist von zwei Wochen (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz) in der Regel verlängert werde. Die Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers erscheine zweifelhaft im Hinblick auf eine seinem Steuerberater am 8. August 1996 erteilte Vollmacht und eine am 12. August 1996 beim Finanzamt eingelangte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 1996. Die Zustellung unmittelbar an den Beschwerdeführer sei aufgrund des § 103 Abs. 2 BAO rechtens gewesen. Damit komme auch die Sanierung eines Zustellmangels gemäß § 9 Abs. 1 letzter Satz Zustellgesetz nicht in Betracht, abgesehen davon, daß die für den Empfänger bestimmte Ausfertigung dem Beschwerdevertreter gar nicht zugekommen sei, sondern sich weiterhin in den Akten befinde. Die Erlangung der Kenntnis vom Inhalt des Bescheides führe nicht zur Sanierung eines Zustellmangels. Der Steuerberater des Beschwerdeführers, der eine Vollmacht vom 8. August 1996 beim Finanzamt vorgelegt habe, sei im Haftungsverfahren nicht als Zustellungsbevollmächtiger anzusehen gewesen. Die Mitteilung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mittels Telekopie sei zudem keine Zustellung. Es werde daher beantragt, die Beschwerde entweder im Hinblick auf die am 26. August 1996 bewirkte Zustellung als verspätet oder deshalb zurückzuweisen, weil sie sich gegen einen nicht wirksam ergangenen Bescheid richte.
In seiner Äußerung zur Gegenschrift trat der Beschwerdeführer u.a. der Auffassung der belangten Behörde entgegen, aus der Vollmachtserteilung an den Steuerberater und der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung könne auf seine Ortsanwesenheit geschlossen werden. Weiters wiederholt er seine Auffassung, daß die Berufungsentscheidung seinem Rechtsvertreter hätte zugestellt werden müssen, und bestätigt, daß diesem die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nicht zugekommen sei.
In einem weiteren Schriftsatz vom 19. Jänner 1998 führte der Beschwerdeführer aus, der Betrieb sei in der Zeit vom 29. Juli bis 16. August 1996 wegen Betriebsurlaubes geschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich in dieser Zeit überwiegend im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien aufgehalten, und zwar auf einem Boot am Meer, sodaß er für diese Zeit keine Hotelrechnungen beibringen könne. Aus den Eintragungen in seinem Reisepaß ergebe sich aber, daß er am 26. Juli und am 16. August 1996 den Grenzübergang Rupa benützt habe. Er sei zwischenzeitig einmal kurzfristig in seinem Haus in T gewesen, nicht aber in seinem Betrieb in M. Für den Betriebsurlaub in der Zeit vom 28. Juli bis 18. August 1996 werde eine Bestätigung eines Angestellten vorgelegt. Für den folgenden Aufenthalt in Deutschland würden Tankbelege vom 19. und 20. August 1996 vorgelegt. Hotelrechnungen seien nicht angefallen, weil er bei Bekannten genächtigt habe.
In einer dazu erstatteten Stellungnahme vom 25. Februar 1998 legte die belangte Behörde ihre Bedenken gegen die Richtigkeit der Darstellung des Beschwerdeführers über seine Ortsabwesenheit dar.
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde war vorerst zu prüfen, ob die belangte Behörde berechtigt war, die Zustellung ihres Bescheides unmittelbar an den Beschwerdeführer zu verfügen, oder ob sie den Beschwerdevertreter als Empfänger hätte bezeichnen müssen und ein diesfalls unterlaufener Zustellmangel gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz saniert wurde. Zur Begründung der Berechtigung der belangten Behörde, die Zustellung unmittelbar an den Beschwerdeführer zu verfügen, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 und 8 VwGG auf den hg. Beschluß vom 8. März 1994, 93/14/0174, hinzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof ist in diesem Beschluß in einem im wesentlichen gleichgelagerten Fall zur Auffassung gelangt, daß zufolge § 103 Abs. 2 BAO mangels Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung, alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen, die Behörde nicht verpflichtet sei, die Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen, und daß auch gemäß § 103 Abs. 1 BAO die unmittelbare Zustellung an den Haftungspflichtigen berechtigt gewesen sei. Der vorliegende Beschwerdefall bietet keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Da somit keine Verpflichtung der belangten Behörde zur Zustellung an den Bevollmächtigten bestand, kam eine Sanierung gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz nicht in Betracht, ganz abgesehen davon, daß die Sanierung weder durch die vom Finanzamt an den Steuerberater des Beschwerdeführers übersandte Telekopie - diese Zustellart ist im Anwendungsbereich der BAO unzulässig (vgl. Weninger, FinanzOnline im Echtbetrieb, ÖStZ 1998, 162 ff, insbesondere 163) - noch durch Kenntnisnahme und Anfertigung einer Fotokopie anläßlich einer Akteneinsicht durch den Beschwerdevertreter (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, unter E. Nr. 18 und 19 zu § 9 Zustellgesetz zitierte hg. Rechtsprechung) möglich gewesen wäre.
Da die Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers nicht vorzunehmen war, war zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid aufgrund der Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz mit 8. August 1996 als zugestellt gilt oder die Zustellung in der Folge gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz leg. cit. wirksam wurde. Aus nachstehenden Überlegungen kann keiner der beiden genannten Fälle als verwirklicht angesehen werden:
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers und der von ihm vorgelegten Unterlagen ist als bescheinigt anzusehen, daß sein Betrieb in M, unter dessen Anschrift die Zustellversuche unternommen wurden, zur Zeit der Zustellversuche wegen Betriebsurlaubes gesperrt war und daß auch der Beschwerdeführer nicht ortsanwesend war. Für die Annahme, der Beschwerdeführer sei in den folgenden Tagen in den Betrieb zurückgekommen, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Weder der Umstand, daß eine mit 8. August 1996 datierte Vollmacht des in St ansässigen Steuerberaters in einem anderen Verfahren vorgelegt wurde, noch die Tatsache, daß am 12. August 1996 beim Finanzamt eine mit 30. Juli 1996 datierte Umsatzsteuervoranmeldung des Beschwerdeführers, in der der Steuerberater als steuerlicher Vertreter genannt wird, eingelangt ist, lassen einen Schluß darauf zu, der Beschwerdeführer sei in den auf die Hinterlegung folgenden Tagen in seinen Betrieb in M zurückgekehrt. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers ist weiters davon auszugehen, daß er nach dem Betriebsurlaub bis 23. August 1996 in Deutschland gewesen und erst anschließend in seinen Betrieb zurückgekehrt ist. Selbst wenn man annähme, daß er noch am Wochenende (24. oder 25. August 1996) seinen Betrieb aufgesucht hat, könnte - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht davon ausgegangen werden, die Zustellung sei gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz am 26. August 1996 wirksam geworden, weil die Sendung zufolge § 186 der Postordnung bis zu diesem Tag (dem auf die Verständigung von der Hinterlegung folgenden dritten Montag) zur Abholung bereit gehalten worden sei. Zu diesem Ergebnis käme man nämlich nur dann, wenn die über die gesetzliche Mindestdauer (§ 17 Abs. 3 erster Satz Zustellgesetz) hinausgehende Dauer der Abholfrist in der Hinterlegungsanzeige gemäß § 17 Abs. 2 Zustellgesetz angegeben worden wäre, was aber nach der Aussage des am 17. Februar 1998 als Zeuge vernommenen Zustellers, er glaube eher nicht, daß eine "Hinterlegungsfrist" auf dem Formular ausgewiesen sei, offensichtlich nicht der Fall gewesen ist. Für das Wirksamwerden der Zustellung gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz kommt es nicht darauf an, wie lange die Sendung zur Abholung bereit gehalten wurde, sondern auf die in der Verständigung über die Hinterlegung angegebene Dauer. Nur dann, wenn die sich aus der Verständigung über die Hinterlegung ergebende Abholfrist an dem der Rückkehr des Empfängers an die Abgabestelle folgenden Tag noch nicht abgelaufen war, wird die Zustellung mit diesem Tag wirksam (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., unter E. Nr. 45 zu § 17 Zustellgesetz zitierte hg. Rechtsprechung sowie das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, 94/11/0413). Da nicht festgestellt werden kann, daß in der Hinterlegungsanzeige eine längere als die gesetzliche Mindestfrist angegeben wurde und diese bereits am 22. August 1996 abgelaufen ist, kann ein Wirksamwerden der Zustellung am 26. August 1996 nicht angenommen werden.
Da nach dem Gesagten die Zustellung an den Beschwerdeführer durch Hinterlegung infolge dessen Ortsabwesenheit nicht wirksam geworden ist und eine Heilung dieses Zustellmangels gemäß § 7 Zustellgesetz nicht eingetreten ist - die für den Beschwerdeführer bestimmte Ausfertigung befindet sich nach wie vor in den Verwaltungsakten -, wurde der angefochtene Bescheid noch nicht erlassen, sodaß in Wahrheit ein mit Beschwerde bekämpfbarer Bescheid gar nicht vorliegt.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Die Beschlußfassung erfolgte in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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