Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstmitbeteiligte Dr. Maya K., Ärztin für Allgemeinmedizin und Inhaberin eines Diploms für Akupunktur- und Lasermedizin, schloss mit ihrem Ehemann, Dr. Wilhelm K., Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, am 1. April 1995 einen Dienstvertrag, wonach sie in der Ordination des Dr. K. gegen ein monatliches Entgelt von S 6.900,-- zehn Stunden pro Woche tätig sein sollte. Die Ordinationszeiten waren Montag, Dienstag und Donnerstag von acht bis zwölf Uhr und Dienstag von 13 bis 15 Uhr. Am 31. März 1996 wurde der Dienstvertrag aufgelöst.
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom 9. Juni 1995 fest, dass die Erstmitbeteiligte hinsichtlich ihrer Tätigkeit für Dr. K. nicht der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach dem ASVG und in der Arbeitslosenversicherung unterliege. Dem dagegen erhobenen Einspruch der Erstmitbeteiligten gab der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 11. März 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und sprach aus, dass die Erstmitbeteiligte ab dem 1. April 1995 hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Ärztin für Allgemeinmedizin für Dr. K. nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach dem ASVG und in der Arbeitslosenversicherung unterliege. Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und sprach aus, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit für Dr. K. vom 1. April 1995 bis zum 31. März 1996 nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach dem ASVG und in der Arbeitslosenversicherung unterliege.
Sie stellte fest, dass die Einteilung der täglichen Arbeitszeit sowie deren Änderung dem Dienstgeber oblegen habe. Der Erstmitbeteiligten sei der Tätigkeitsbereich Akupunktur- und Lasertherapie übertragen worden. Die Behandlungstermine habe die Sprechstundenhilfe festgelegt. Dr. K. habe die Arbeitszeit kontrolliert. Die Erstmitbeteiligte sei auf Anordnung zur Leistung von Überstunden verpflichtet gewesen. Wenn Dr. K. eine Akupunktur- oder Lasertherapie für notwendig hielt, habe er durch seine Ordinationshilfe Termine für die Erstmitbeteiligte festlegen lassen. Die Erstmitbeteiligte habe keine Rezepte und Honorarnoten ausgestellt, wohl aber die Behandlungserfolge in einer Karteikarte festgehalten und darüber berichtet. Ein gemeinsames Verrechnungskonto habe nicht bestanden.
Rechtlich vertrat die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verfahrensganges und allgemein gehaltenen Rechtsausführungen und Judikaturhinweisen die Auffassung, dass es für die Beurteilung der Versicherungspflicht nur auf die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung, nicht aber auf deren allfällige Rechtswidrigkeit (nach dem Ärztegesetz) ankomme. Es schade der Eigenschaft als Dienstnehmerin nicht, wenn die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Qualifikation keiner Weisung bedurfte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde und die Erstmitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die eine versicherungspflichtige Tätigkeit der Erstmitbeteiligten bestreitende beschwerdeführende Gebietskrankenkasse wendet sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, die Erstmitbeteiligte habe bei ihren Patienten lediglich Akupunktur und Lasertherapie durchgeführt. Es stelle einen Verfahrensmangel dar, nicht geprüft zu haben, ob die Erstmitbeteiligte nicht noch andere ärztliche Tätigkeiten (insbesondere die Vertretung ihres nicht zu allen Ordinationszeiten anwesenden Ehegatten) ausgeübt habe. Die Angabe auf der Anmeldung "beschäftigt ab 01.04.1995 als Ärztin für Allgemeinmedizin" sei im Verfahren überhaupt nicht beachtet worden.
Dieses Vorbringen vermag aber keinen relevanten Verfahrensfehler aufzuzeigen, weil die Beschwerdeführerin nähere Angaben darüber unterlässt, worin diese "anderen ärztlichen Tätigkeiten" bestanden haben sollen und welche rechtliche Relevanz dem Umstand der Verrichtung solcher ärztlicher Tätigkeiten zukommen soll. Der Hinweis auf Ordinationszeiten, an denen Dr. K. nicht anwesend gewesen sein soll, und die daran geknüpfte Vermutung, dass die Erstmitbeteiligte (außer Akupunktur und Lasertherapie) noch anderweitig ärztlich tätig gewesen sein könnte, sind in dieser Hinsicht unzureichend.
Dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten grundsätzlich auch im Rahmen eines die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG (in der hier zeitraumbezogen noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997) erfüllenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgen kann, sofern die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, ist nicht zweifelhaft. § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1984, BGBl. Nr. 373/1984, in der hier anwendbaren Fassung BGBl. Nr. 100/1994, geht sogar ausdrücklich davon aus, dass die "selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes", also die "eigenverantwortliche Ausführung" ärztlicher Tätigkeiten, sowohl freiberuflich als auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses möglich ist.
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse vertritt jedoch die Auffassung, dass die "Charakteristika des Dienstverhältnisses, insbesondere die Weisungsunterworfenheit des Dienstnehmers" dort auf eine Grenze stoße, wo es um die Ausübung der Medizin gehe. Hier pralle das "ärztegesetzliche Gebot der selbständigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung auf das arbeitsvertragliche Wesensmerkmal der persönlichen Abhängigkeit." Bei der geforderten persönlichen Abhängigkeit zwischen frei praktizierenden Ärzten gehe es gar nicht so sehr um ein gesetzliches Verbot der Anstellung von Ärzten bei Ärzten als um die für eine persönliche Abhängigkeit erforderlichen Voraussetzungen, die im Wesentlichen nicht gegeben seien.
Damit verkennt die Beschwerdeführerin den Inhalt des für die Versicherungspflicht maßgebenden Merkmals der Weisungsgebundenheit als Kennzeichen der persönlichen Abhängigkeit:
Die Beantwortung der Frage, ob die Merkmale persönlicher Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A, ferner das Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl. 89/08/0238 uva).
Für die Prüfung der persönlichen Abhängigkeit ist daher nicht die Weisungsgebundenheit betreffend das Arbeitsverfahren und die Arbeitsergebnisse maßgebend, sondern nur jene betreffend das arbeitsbezogene Verhalten. Die (notwendige) Freiheit von Weisungen fachlicher Art, wie sie für die Ausübung einer Tätigkeit, die in weitgehender Eigenverantwortung verrichtet werden muss, kennzeichnend ist, schließt daher das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 88/08/0180 - Wirtschaftstreuhänder).
Eine von der Erstmitbeteiligten übernommene grundsätzliche Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Betreuung ihrer Patienten schließt nur Weisungen in fachlicher Hinsicht aus. Mit einer Ausübung dieser Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 1151 ABGB und damit in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist diese Weisungsfreiheit durchaus vereinbar (vgl. das Erkenntnis vom 31. Mai 1994, Zl. 93/08/0162, m.w.N.), und zwar in Ermangelung einer arbeits- oder sozialversicherungsrechtlich begründbaren Differenzierung grundsätzlich auch dann, wenn die Funktion eines Dienstgebers einem freiberuflich tätigen Arzt zukäme.
Nach den im übrigen unbekämpft gebliebenen Feststellungen (Tätigkeit von zehn Stunden pro Woche in der Ordination des Dienstgebers gegen ein monatliches Entgelt von S 6.900,--;
Übertragung des Tätigkeitsbereiches Akupunktur- und Lasertherapie;
Einteilung der täglichen Arbeitzeit sowie deren Änderung und Kontrolle durch den Dienstgeber; Verpflichtung zur Leistung von "Überstunden" bei Anordnung durch den Dienstgeber; Festlegung der Behandlungstermine durch die Sprechstundenhilfe; Berichtspflicht über Behandlungserfolge) und in Ermangelung einer Möglichkeit der Erstmitbeteiligten, einzelne Arbeitsleistungen generell durch Dritte vornehmen zu lassen, oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistungen einer Hilfskraft zu bedienen (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 96/08/0200 m.w.N.), hat die belangte Behörde zur Recht die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit als überwiegend beurteilt und die Erstmitbeteiligte unterlag daher in dem im angefochtenen Bescheid angeführten Zeitraum nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach dem ASVG und nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung.
Soweit die Beschwerdeführerin das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Erstmitbeteiligten und Dr. K. deshalb für ausgeschlossen hält, weil ein solches Dienstverhältnis aus standesrechtlichen Gründen, nach den Bestimmungen des Ärztegesetzes bzw. nach der vertraglichen Beziehung zwischen Dr. K. und dem Sozialversicherungsträger unzulässig wäre, ist darauf zu verweisen, dass derartige Bestimmungen - auch wenn sie den von der Beschwerdeführerin unterstellten Inhalt hätten - die vertraglich bedungene Tätigkeit der Erstmitbeteiligten selbst zwar gesetzwidrig machten. Wenn eine an sich erlaubte Tätigkeit lediglich in einer (arbeits)rechtlich verbotenen Weise ausgeübt würde, so ist die Sozialversicherungspflicht der Beschäftigung davon nicht berührt (vgl. Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis (1977), 44f, Krejci-Marhold in Tomandl, System, 14. Erg. Lfg. 1.2.2.C.; zur Versicherungspflicht trotz nichtigen Vertrages vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Slg. Nr. 14216/A; zur Versicherungspflicht bei unerlaubter Beschäftigung vgl. das Erkenntnis vom 12. November 1991, Slg. Nr. 13529/A mit weiteren Hinweisen).
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. November 2001
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