Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb idF 1996/042;
BauO Wr §81 Abs2 idF 1996/044;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb idF 1996/042;
BauO Wr §81 Abs2 idF 1996/044;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Bauwerberin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 346/1 der Liegenschaft EZ 708, KG Ottakring, Johann-Staud-Straße 52, mit einer Größe von 1.040,93 m2. Infolge der Bebauungsbestimmungen des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 16. August 1996 ist für dieses im Wohngebiet liegende Grundstück die Bauklasse I mit offener Bebauungsweise und einer Gebäudehöhe von maximal 7,50 m angeordnet. Weiters ist für dieses Grundstück angeordnet:
"Soweit die zulässige Höhe von Gebäuden nach § 81 (2) der BO für Wien zu ermitteln ist, wird für die Gliederung der Baumassen bestimmt, dass keine Front eine Fläche aufweisen darf, die größer ist als das Produkt aus der Länge dieser Front und der höchstzulässigen Gebäudehöhe. Der obere Abschluss der Gebäudefronten darf überdies an keiner Stelle höher als das um 1,50 m vermehrte Ausmaß der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gelände liegen.
Generell wird für die auf 7,50 m höhenbeschränkte Bauklasse I festgelegt, dass die zur Errichtung gelangenden Gebäude höchstens zwei Hauptgeschoße und ein Dachgeschoß aufweisen dürfen.
..."
Für das Grundstück sind Baufluchtlinien festgelegt, und zwar 15 m von der Baulinie an der Johann-Staud-Straße Richtung Norden entfernt, 5 m von der westlichen Grundstücksgrenze entfernt. Für die Ost- und Westseite des Grundstückes gelten die im § 79 Abs. 3 Bauordnung für Wien normierten Abstandsvorschriften von den Nachbargrenzen.
Im Norden grenzt an das vorbeschriebene Grundstück das den Beschwerdeführern gehörige Grundstück Nr. 346/1, KG Ottakring.
Mit Eingabe vom 20. März 1997 beantragte die mitbeteiligte Bauwerberin die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit Tiefgarage, bestehend aus 11 Wohnungen. Der voll unterkellerte Neubau soll aus zwei Kellergeschoßen, einem Erdgeschoß, einem Stockwerk und einem Dachgeschoß bestehen. Plangemäß wurde die Erdgeschoßfußbodenoberkante mit +/- 0,00 festgesetzt. 15 cm darunter (d.i. 180,05 m ü.A.) soll an der Nordseite (also zum Grundstück der Beschwerdeführer hin) in dieser Höhe das anschließende Gelände liegen. An dieser Seite beträgt die höchste Gebäudefront 8,82 m.
Die insgesamt vorgesehene bebaute Fläche beträgt 346,48 m2 und ragt plangemäß mit einer Fläche von 37,85 m2 an der Nordseite in die Abstandsfläche teilweise bis 3 m zum Grundstück der Beschwerdeführer hinein.
Das Grundstück fällt von Norden nach Süden ab. Die Geländehöhe liegt an der südlichen Gebäudeseite plangemäß bei 177,83 m ü.A.
Die Beschwerdeführer wendeten in der mündlichen Verhandlung gegen das Bauvorhaben ein, die Niveauhöhe müsste aufgrund des Grundstücksgefälles abgesenkt werden, die Abstandsfläche würde nicht eingehalten; die gewaltigen Gebäudeflächen von ca. 14 m und 10 m bis 12 m Gesamthöhe würden ihrem Gebäude und Garten die Sonnenbestrahlung nehmen, dies führe zu einer Einschränkung ihrer Wohnqualität. Es werde "Einspruch gegen die Errichtung eines zweiten Stockes an der Front zur Johann-Staud-Straße" erhoben, das im Einreichplan bezeichnete Untergeschoß sei als Erdgeschoß zu bezeichnen; mit den beiden Stockwerken werde daher gegen die Bauklasse I verstoßen. Das beantragte Bauvorhaben beeinträchtige das örtliche Stadtbild der Einzelhausbesiedlung stark. Die gewaltige Kubatur der unterirdischen Bauten lasse befürchten, dass das Grundwasser der umliegenden Grundstücke absinke, wodurch der alte Baumbestand im öffentlichen Park und auf den umliegenden Grundstücken gefährdet sei.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 18. August 1997 wurde die beantragte Baubewilligung unter Nebenbestimmungen erteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 14. Oktober 1997 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Nach dem Bebauungsplan dürfe auf dem gegenständlichen Bauplatz ein Gebäude nicht an der Baulinie errichtet werden, da durch die Festlegung einer vorderen Baufluchtlinie ein 15 m tiefer Vorgarten entlang der Baulinie vorgesehen sei. Die zulässige Gebäudehöhe sei daher gemäß § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien zu ermitteln, wonach bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein dürfe. Im vorliegenden Fall dürfe diese Gebäudehöhe an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Im gegenständlichen Fall dürfe der obere Abschluss der Gebäudefronten an keiner Stelle höher als das um 1,50 m vermehrte Ausmaß der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gebäude liegen. Den Einreichplänen sei zu entnehmen, dass die den Beschwerdeführern zugekehrten Gebäudefronten eine maximale Höhe von 8,82 m aufweisen und hiebei keine Geländeveränderungen vorgenommen würden, die die Bemessungsgrundlage für die Gebäudehöhe zum Nachteil der Nachbarn veränderten. Daraus folge, dass das vorliegende Projekt die sich aus den Bebauungsbestimmungen und § 75 Abs. 9 der Bauordnung für Wien ergebende Gebäudehöhe von 9 m nicht überschreite. Aus den Bestimmungen über die Anzahl der Geschoße erwachse den Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht, weil die Beeinträchtigung der Nachbarschaft durch die Anzahl der Geschoße nur dann herbeigeführt werden könnte, wenn die Gebäudehöhe durch die Bestimmungen über die zulässige Geschoßzahl bestimmt würde, nicht jedoch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Umriss des Gebäudes und damit die zulässige Beeinträchtigung der Nachbarn durch Entzug von Licht und Luft durch die Gebäudehöhe bereits festgelegt sei. Außerdem handle es sich bei dem in den Plänen als erstes Kellergeschoß bezeichneten Geschoß nicht um ein Hauptgeschoß.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtbewilligung des vorliegenden Bauvorhabens verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer tragen in ihrer Beschwerde vor, das bewilligte Bauvorhaben verstoße gegen die Anordnungen des § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien, weil die maximale Gebäudehöhe von 7,50 m nicht überschritten hätte werden dürfen; das Gebäude reiche nämlich bis zu einem Abstand von 3 m an ihre Grundstücksgrenze heran. Die maximale Höhe der ihnen zugekehrten Gebäudefronten weise nicht nur eine Höhe von 8,82 m auf, vielmehr sei aus der Ansicht Ost ersichtlich, dass aufgrund des stark abfallenden Geländes von der Nordfassade weg in Richtung Süden bereits nach etwa 1 m eine Gebäudehöhe von 9 m überschritten werde und im Bereich des Vorsprunges an der Ostfassade der obere Abschluss der Gebäudefronten um 9,60 m über dem anschließenden Gelände liege.
Gemäß § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/1996 darf bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Bei dieser Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben jedoch bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht, und der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,50 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.
In ständiger Rechtsprechung führt der Verwaltungsgerichtshof zu den Anordnungen über die Gebäudehöhe gemäß § 81 der Bauordnung für Wien aus, dass der Nachbar nur einen Rechtsanspruch darauf besitzt, dass die ihm zugekehrte Front des Gebäudes die höchstzulässige Gebäudehöhe nicht überschreite (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0034, u.v.a.). Dem Grundstück der Beschwerdeführer ist nur die im Plan als "Ansicht Nord" bezeichnete Front des beschwerdegegenständlichen Bauvorhabens zugekehrt. Nach dem hier maßgeblichen, aus den Einreichplänen ersichtlichen anschließenden Gelände (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1977, Slg. Nr. 9220/A) beträgt die Gebäudehöhe des bewilligten Bauvorhabens an dieser Front maximal 8,82 m. Die aufgrund der rechtskräftig festgestellten Bebauungsbestimmungen im vorliegenden Fall höchste zulässige Gebäudehöhe von 9 m (7,50 m + 1,50 m) wird somit an der für das subjektiv-öffentliche Recht der Beschwerdeführer bezüglich der Gebäudehöhe maßgeblichen Front nicht überschritten. Hinsichtlich der als "Ansicht Ost" bezeichneten Front kommt den Beschwerdeführern in Bezug auf die Einhaltung der Gebäudehöhe kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinne des § 134a der Bauordnung für Wien zu.
Insoweit die Beschwerdeführer zu den Anordnungen des § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides nachzuweisen versuchen, ist darauf hinzuweisen, dass im Verwaltungsakt ein Nachweis über die bauliche Ausnutzung, die Gebäudeumrisse, die Fassadenflächen und die Terrainveränderung einliegt, welcher der mündlichen Verhandlung und auch dem Bewilligungsbescheid zugrunde gelegen ist. Dieser Urkunde können jeder Flächeninhalt aller Gebäudefronten sowie auch die Längen aller Gebäudefronten entnommen werden, sodass anhand dieser Unterlage die im § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien vorgesehene Rechenoperation durchgeführt werden kann. Eine nähere Begründung durch die Baubehörden haben die Beschwerdeführer in ihrer Berufung auch nicht für erforderlich gehalten. In ihrem Beschwerdevorbringen, mit welchem sie nunmehr einen Begründungsmangel im angefochtenen Bescheid behaupten, legen die Beschwerdeführer nicht dar, dass und inwiefern die vorgenannte Urkunde die Flächeninhalte und Längen der Gebäudefronten nicht richtig wiedergeben soll. Dass die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht vorlägen, wird von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang nicht behauptet.
Die Beschwerdeführer rügen weiters, die Behörden hätten die Anwendbarkeit des § 75 Abs. 9 der Bauordnung für Wien stillschweigend bejaht; das bewilligte Bauvorhaben beeinträchtige jedoch das örtliche Stadtbild. Die Gebäudehöhe von 7,50 m hätte daher nicht überschritten werden dürfen.
Mit diesem Vorbringen verkennen die Beschwerdeführer aber die im Beschwerdefall anzuwendende Rechtslage. Für das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben darf aufgrund der rechtskräftigen Bebauungsbestimmungen die tatsächliche Gebäudehöhe bis zu 1,50 m über der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gelände liegen, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Auf die Anordnung des § 75 Abs. 9 der Bauordnung für Wien braucht daher im Zusammenhang mit dem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht über die Einhaltung der Gebäudehöhe nicht näher eingegangen zu werden. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vorschriften, die der Wahrung des örtlichen Stadtbildes und der schönheitlichen Rücksichten dienen, nicht zu jenen Bestimmungen gehören, die auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Eine Verletzung dieser Vorschriften kann daher der Nachbar im Baubewilligungsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen, weil er diesbezüglich kein Nachbarrecht hat (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 22. September 1998, Zl. 95/05/0068). Der in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zur Last gelegte Verfahrensmangel kann daher - auch wenn er tatsächlich vorliegen sollte - einer Beschwerde eines Nachbarn gegen einen Baubewilligungsbescheid nicht zum Erfolg verhelfen, weil Verfahrensrechte nicht weitergehen können als die einer Partei gewährten subjektiv-öffentlichen Rechte des materiellen Rechtes.
Aus den Bestimmungen über die Anzahl der Geschosse könnte dem Nachbarn nur dann ein subjektiv-öffentliches Recht zukommen, wenn die Gebäudehöhe durch die Bestimmungen über die zulässige Geschoßzahl bestimmt würde, nicht jedoch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Umriss des Gebäudes und damit die zulässige Beeinträchtigung der Nachbarn durch Entzug von Licht und Luft durch die Gebäudehöhe bereits festgelegt ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1963, Slg. Nr. 6033/A).
Die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. März 1999
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