VwGH 97/03/0229

VwGH97/03/022921.1.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Ulrich Schwab & Dr. Georg Schwab, Rechtsanwälte in Wels, Ringstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. September 1996, Zl. VerkGe-120.013/1-1996/Sta, betreffend Taxilenkerausweis und Ausweis für Schülertransporte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BetriebsO 1994 §14;
BetriebsO 1994 §16 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
AVG §68 Abs1;
BetriebsO 1994 §14;
BetriebsO 1994 §16 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurden die Anträge des Beschwerdeführers vom 29. April 1996 auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß § 6 Abs. 1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen

Personenverkehr - BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993, i.V.m. § 1, § 2 und § 4 BO 1994 sowie eines Ausweises für Schülertransporte gemäß § 16 BO 1994 i.V.m. § 15, § 1 und § 2 BO 1994 abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. März 1996 die ihm erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppen A, B, C, D, E, F, G, mangels Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen vorübergehend entzogen worden, weshalb sein Taxilenkerausweis und sein Ausweis für Schülertransporte ex lege ungültig geworden seien.

Wie es in der Begründung weiters heißt, stehe fest, daß der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 14. März 1996 zuletzt fünfmal wegen Übertretung einer Verkehrsvorschrift rechtskräftig bestraft worden sei. Als besonders schwerwiegend sei dabei der Umstand zu werten, daß in einem Fall die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um weitere 70 km/h überschritten worden sei. Die vom Beschwerdeführer gewählte Geschwindigkeit von 140 km/h stelle somit eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 100 % dar. In zwei weiteren Fällen sei die erlaubte HÖchstgeschwindigkeit von 100 km/h um weitere 40 km/h überschritten worden, was eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 40 % bedeute und auch als durchaus schwerwiegende Geschwindigkeitsüberschreitung zu qualifizieren sei. Ebenso liege eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 % bei der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h durch eine gewählte Geschwindigkeit von 70 km/h vor.

Bezogen auf diese Sachverhaltsfeststellungen folgerte die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführer schon allein auf Grund dieser Geschwindigkeitsüberschreitungen von einer weiteren Tätigkeit als Taxi- und Schulbuslenker auszuschließen sei.

Nach Beurteilung weiterer Bestrafungen des Beschwerdeführers heißt es (zusammenfassend), der Beschwerdeführer lasse sich, wenn man sämtliche Verwaltungsvorstrafen einer qualitativen und quantitativen Gesamtbetrachtung unterziehe, als Person mit einer gewissen Gleichgültigkeit bzw. einem Hang zur Nichtbeachtung von Schutzvorschriften charakterisieren.

Bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit gehe es letztlich darum, eine Prognose für die Zukunft zu erstellen. Auf Grund des Vorlebens des Beschwerdeführers sei zu beurteilen, ob man sich auch in Zukunft auf ihn verlassen werde können. Im Falle des Beschwerdeführers sprächen jedoch seine massiven und wiederholten Verstöße gegen die einschlägigen verkehrs- und gewerberechtlichen Schutzvorschriften dagegen, sodaß eine Wiederholung dieser Verhaltensweisen nicht ausgeschlossen werden könne.

Hinsichtlich der Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises für Schülertransporte vertritt die belangte Behörde (zusammenfassend) die Auffassung, daß (jedenfalls) vier wesentliche Verkehrsverstöße vorlägen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 9. Juni 1997, B 4000/96-4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises sieht § 6 Abs. 1 Z. 3 erster Satz BO 1994 vor, daß der Bewerber vertrauenswürdig ist.

§ 14 BO 1994 bestimmt, daß der Ausweis ungültig wird und bei der Behörde abgeliefert werden muß, wenn dem Besitzer die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entzogen wird.

Nach § 16 Abs. 2 BO 1994 darf der Antragsteller innerhalb der fünf der Antragstellung unmittelbar vorangegangenen Jahre nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften, insbesondere wegen solcher Verstöße, die objektiv geeignet sind, Leben, Gesundheit oder Vermögen dritter Personen unmittelbar zu gefährden oder die Vollziehung der kraftfahrrechtlichen oder straßenpolizeilichen Vorschriften in einer den Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit gefährdenden Weise zu beeinträchtigen, bestraft worden sein.

§ 16 Abs. 5 leg. cit. bestimmt, daß (u.a.) § 14 sinngemäß gilt.

Der Beschwerdeführer ist nicht im Recht, wenn er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend macht, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil in der Begründung zumindest sinngemäß der Entzug der Lenkerberechtigung für die Dauer von 14 Tagen einem "sonstigen sogenannten Führerscheinentzug" gleichgesetzt werde, und dabei näher ausführt, es sei der rechtsanwendenden Behörde vorgegeben, hinsichtlich der Auswirkungen von Lenkerberechtigungsentzügen dahin zu differenzieren, ob ein "echter" Entzug im Sinne der seit jeher bestehenden Gesetzeslage vorliege oder bloß ein (kurzfristiger) "Entzug im Administrativverfahren".

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die belangte Behörde aus dem wiedergegebenen Entzug der Lenkerberechtigung (mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. März 1996) bloß den - richtigen - Schluß gezogen hat, daß die gegenständlichen Ausweise ex lege ungültig geworden sind, wobei diese Rechtsfolge im übrigen auch bei einer vorübergehenden Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 eintritt (vgl. das zur inhaltsgleichen Regelung des § 36 Abs. 3 der Betriebsordnung 1986 ergangene

hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 93/03/0039). Die belangte Behörde wollte damit offensichtlich lediglich zum Ausdruck bringen, daß einer (neuerlichen) Ausstellung der Ausweise nicht schon das Hindernis der entschiedenen Sache entgegensteht. Einen weiteren Schluß aber, daß nämlich wegen des Entzuges der Lenkerberechtigung die Vertrauenswürdigkeit nach § 6 Abs. 1 Z. 3 erster Satz BO 1994 nicht gegeben oder der Tatbestand des § 16 Abs. 2 BO 1994 erfüllt worden sei, hat die belangte Behörde gar nicht gezogen. Sie hat vielmehr ihre rechtliche Beurteilung (unmittelbar) auf die näher dargestellten Verwaltungsvorstrafen gegründet.

Insofern geht daher auch die Beschwerderüge ins Leere, "der im Administrativverfahren ausgesprochene Entzug der Lenkerberechtigung" hätte (auch im Zusammenhang "mit sonst aktenkundigen Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers") die beantragte Neuausstellung der Ausweise nicht hindern dürfen. Daß aber die belangte Behörde in Ansehung der von ihr herangezogenen Verstöße die Rechtslage verkannt oder entscheidungswesentlich Verfahrensvorschriften verletzt hätte, ist für den Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht zu finden.

So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0151, ausgesprochen, daß aus einer einzigen Geschwindigkeitsüberschreitung der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise auf Grund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder auf Grund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden kann. Gerade ein solcher besonderer Umstand liegt in Hinsicht auf die von der belangten Behörde herangezogene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h durch eine gewählte Geschwindigkeit von 140 km/h vor. Ein derart gravierendes Ausmaß der Überschreitung (absolut) um 70 km/h bzw. (relativ) um 100 % indiziert ein Charakterbild des so erheblichen Mangels an Achtung der Schutzinteressen zulässiger Höchstgeschwindigkeiten, nämlich der Sicherheit des Straßenverkehrs, daß daraus bei einem Taxilenker in Hinsicht auf die Ausübung seines Berufes und auf die von ihm zu befördernden Personen der Mangel an Vertrauenswürdigkeit abzuleiten ist. Schon in Hinsicht auf diese Übertretung ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, daß die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben sei.

Bezüglich der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 2 BO 1994 ist weiters auf folgendes hinzuweisen. Aus der Verwendung der Mehrzahl "Verstöße" ergibt sich, daß mindestens zwei solche (bestrafte) Verstöße vorliegen müssen. Dabei stellt die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im gegebenen Zusammenhang, in dem es um die Beförderung von Schülern geht, einen schweren Verstoß wegen einer straßenpolizeilichen Vorschrift dar, der objektiv geeignet ist, die Schüler unmittelbar zu gefährden, wobei das Erfordernis der objektiven Eignung bewirkt, daß es nicht darauf ankommt, ob die Gefährdung oder Beeinträchtigung im Zuge der Übertretung tatsächlich eingetreten ist (vgl. zum Ganzen das zur diesbezüglich inhaltsgleichen Regelung des § 6 BO 1986 ergangene hg. Erkenntnis vom 7. März 1990, Slg. Nr. 13.134/A). Ausgehend davon ging die belangte Behörde schon in Hinsicht auf die rechtskräftigen Bestrafungen wegen Geschwindigkeitsübertretungen durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. März 1996 zu Recht von der Erfüllung des Tatbestandes des § 16 Abs. 2 BO 1994 aus. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, daß die Behörde in der Qualifikation dieser Geschwindigkeitsübertretungen als eine Mehrheit von Delikten, mögen diese auch, wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend machte, im Zuge einer einzigen Fahrt geschehen sein, an die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers gebunden war.

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht auf den fünfjährigen "Beobachtungszeitraum" des § 6 Abs. 1 Z. 3 zweiter Satz BO 1994 gestützt hat, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu einer Antragstellung im Sinne des hg. Beschlusses vom 5. November 1997, Zl. A 118/97, veranlaßt sieht.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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