VwGH 94/03/0151

VwGH94/03/015114.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des E in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, vom 14. April 1994, Zl. MA 63- 15/94, betreffend Zurücknahme des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3;
BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs1;
BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3;
BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. April 1994 wurde der am 26. Juni 1990 ausgestellte Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 (BO 1994), auf die Dauer von 12 Monaten zurückgenommen.

In der Begründung führte die Berufungsbehörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. Pst. 1717-Sg/93, schuldig erkannt worden, am 28. Mai 1993 um 7.07 Uhr in Wien XI auf der Autobahn A 4 stadteinwärts als Lenker eines PKW die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h und somit erheblich überschritten zu haben und nicht einen solchen Abstand zum nächsten, vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten zu haben, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vor ihm fahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Der Beschwerdeführer habe weiters im Zeitraum vom 10. Jänner 1990 bis zum 24. August 1990 als Zulassungsbesitzer eines KFZ nicht dafür gesorgt, daß am Fahrzeug eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht sei. Schließlich habe die Wirtschaftskammer Wien mitgeteilt, daß aufgrund der Anzeige eines Taxiunternehmers beim Landesgericht für Strafsachen Wien gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren wegen Veruntreuung geführt werde. Der Beschwerdeführer habe somit in 8 Fällen die Rechtsvorschriften nicht eingehalten. Das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h stelle ein nicht bloß geringfügiges Überschreiten dar. Gerade von einem Taxilenker müsse erwartet werden, daß er die für die Berufsausübung maßgebenden Rechtsvorschriften im Straßenverkehr einhalte. Die Behörde sei daher zu der Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer das Kriterium der Vertrauenswürdigkeit nicht mehr erfülle, weshalb der Taxilenkerausweis zum Schutz der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Taxilenker auf die Dauer von 12 Monaten zurückgenommen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich verletzt im Recht, daß der Taxilenkerausweis nicht auf die Dauer von 12 Monaten zurückgenommen wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Taxilenkerausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 nennt als eine dieser Voraussetzungen die Vertrauenswürdigkeit.

Die BO 1994 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 94/03/0118) ist unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches davon auszugehen, daß dem Wort "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zukommt wie dem Ausdruck "Sich-verlassen". Dem Gegenstand der in Rede stehenden Regelung nach soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxi-Gewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist aufgrund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, obliegt.

Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. Jänner 1994, Zl. Pst 1717-Sg/93, schuldig erkannt, am 28. Mai 1993 in Wien XI auf der A4 stadteinwärts fahrend von km 6,0 bis km 5,5 als Lenker eines PKW"s a) die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h überschritten zu haben und b) nicht einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten zu haben, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das Fahrzeug vor ihm plötzlich abgebremst worden wäre. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach a) § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 und b) § 18 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb zu a) eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt und zu b) gemäß § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen worden ist. Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer weiters mit sieben Strafverfügungen schuldig erkannt, zu bestimmten Zeitpunkten zwischen dem 10. Jänner 1990 und dem 24. August 1990 als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten KFZ an bestimmten Tatorten in Wien nicht dafür gesorgt zu haben, daß am Fahrzeug eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6 KFG 1967) angebracht sei; er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 134 iVm § 103 Abs. 1 und 36 lit. e KFG 1967 begangen, weshalb jeweils Geldstrafen von S 800,-- verhängt wurden.

Hinsichtlich des gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahrens wird in der Beschwerde vorgebracht, es sei nicht beim Landesgericht für Strafsachen Wien, sondern beim Bezirksgericht Hernals durchgeführt worden und habe mit einem rechtskräftigen Freispruch des Beschwerdeführers geendet; der Beschwerdeführer hätte dies der belangten Behörde, hätte sie ihm im Verwaltungsverfahren Parteiengehör gewährt, mitteilen können. Die belangte Behörde geht in ihrer Gegenschrift auf dieses Vorbringen nicht ein, auch aus dem Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht bereits vom Vorwurf eines gerichtlich strafbaren Verhaltens freigesprochen gewesen wäre.

Aus einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann nicht in jedem Fall auf einen Mangel an Vertrauenswürdigkeit des Taxilenkers geschlossen werden. Der Verwaltungsgerichtshof kann zwar nicht der Ansicht des Beschwerdeführers beitreten, die Mißachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit dürfte bei einem Taxilenker nicht als gravierend qualifiziert werden, weil er häufiger im Straßenverkehr unterwegs sei als ein anderer Lenker und zudem den Wünschen seiner Auftraggeber unterworfen sei. Von einem Taxilenker ist nämlich die Beachtung der im Interesse der Verkehrssicherheit erlassenen Vorschriften jedenfalls zu erwarten (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 91/03/0324, und vom 29. Juni 1994, Zl. 93/03/0266). Aus einer einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitung kann aber der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise aufgrund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder aufgrund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden.

Wenn ein Taxilenker als Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges nicht dafür sorgt, daß eine den Vorschriften des KFG 1967 entsprechende Begutachtungsplakette angebracht ist, und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 KFG begeht, so ist dies bei Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Lenkers entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch dann zu berücksichtigen, wenn dieses Kraftfahrzeug ausschließlich für Privatfahrten des Taxilenkers eingesetzt wird. Schutzzweck der zitierten Vorschrift ist nämlich die Sicherheit des Straßenverkehrs. Eine Person, die einen Hang zur Nichtbeachtung von im Interesse der Verkehrssicherheit erlassenen Vorschriften erkennen ließe, wäre aber zum Lenken eines Taxis nicht geeignet (vgl. hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1984, Slg. Nr. 11.430/A). Gerade der Umstand, daß ein Lenker trotz der Verhängung von Verwaltungsstrafen weiterhin gleichartige Verwaltungsübertretungen begeht, kann den Schluß zulassen, daß er derzeit nicht Gewähr für die Erfüllung der für das Taxigewerbe bestehenden Anforderungen bietet.

Im gegenständlichen Fall ist im Rahmen des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers wesentlich, daß er eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h, das sind 40 % der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h) und zugleich eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO 1960, und zwar dadurch, daß er bei dieser Geschwindigkeit nur einen Sicherheitsabstand von 2,5 m eingehalten hat begangen hat. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer - bei Außerachtlassung der Zeit vor Erteilung des Taxilenkerausweises - am 14. Juli, 12. August und 24. August 1990 als Zulassungsbesitzer eines KFZ nicht dafür gesorgt hat, daß am Fahrzeug eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war, und dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs. 1 iVm § 36 lit. e KFG 1967 begangen hat, obwohl er in den davorliegenden Monaten bereits viermal wegen Übertretung derselben Bestimmung bestraft worden ist. Ausgehend von diesem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde angenommen hat, die erforderliche Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers sei nicht mehr gegeben.

Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Ausweis "für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen ... Zeitraum zurückzunehmen". Durch dieses Tatbestandsmerkmal wird die Behörde nicht - wie dies der Beschwerdeführer vermeint - zur Ausübung freien Ermessens im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG ermächtigt, sondern ihr Verhalten dadurch gebunden, daß sie einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen Zeitraum zu bestimmen hat (vgl. das zur inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 36 Abs. 1 BO 1986, BGBl. Nr. 163/1986, ergangene hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, Zl. 87/03/0207). Der Verwaltungsgerichtshof kann im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die festgestellten Verwaltungsübertretungen in der Festsetzung des Zeitraumes der Zurücknahme mit zwölf Monaten eine Rechtswidrigkeit nicht erkennen.

Der Beschwerdeführer zeigt zu Recht auf, daß die Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens einen Schluß auf die Eignung als Taxilenker nicht zuläßt. Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich jedoch, daß die belangte Behörde zwar das gerichtliche Strafverfahren erwähnt, für die Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers aber ausschließlich auf die erwiesenen Verwaltungsübertretungen abgestellt hat. Der Beschwerdeführer ist daher im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, daß im angefochtenen Bescheid auch dieses gerichtliche Strafverfahren angeführt ist. Daraus ergibt sich weiters, daß der Beschwerdeführer keine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzeigt, wenn er vorbringt, er hätte, wäre ihm Parteiengehör gewährt worden, der belangten Behörde vom Freispruch im gerichtlichen Strafverfahren Mitteilung machen können.

Die Vertrauenswürdigkeit ist aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers zu beurteilen (vgl. hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 94/03/0118), nicht aber aufgrund der allenfalls für dieses Verhalten verhängten Strafen. Mit dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe sich nicht mit der Höhe der verhängten Verwaltungsstrafen auseinandergesetzt, kann daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden.

Da sohin die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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