VwGH 96/21/0799

VwGH96/21/07995.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des (am 31. Jänner 1974 geborenen) M St, vertreten durch Dr. Alfred Strobl, Rechtsanwalt in Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 141, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. August 1996, Zl. IV-274.896-FrB/96, betreffend Übertragung eines unbefristeten Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Juli 1996 auf Übertragung des unbefristeten Sichtvermerkes, welcher als Antrag auf "unbefristeten Sichtvermerk" zu werten sei, gemäß § 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen werde. In der Begründung wurde ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer am 20. November 1989 ein unbefristeter Sichtvermerk erteilt worden sei. Dieser sei mit Bescheid vom 31. Jänner 1996 gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ungültig erklärt worden. Diesem Ausspruch liege eine Verurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. Oktober 1995 wegen § 201 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt, zugrunde. Gegen diesen, seit 15. Februar 1996 rechtskräftigen Bescheid, habe der Beschwerdeführer eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingelegt. Dieser habe der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Der Verfassungsgerichtshof habe in weiterer Folge die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung lasse den ungültig erklärten Sichtvermerk nicht wieder aufleben, sondern räume lediglich die Möglichkeit ein, eine Entscheidung im Inland abzuwarten. Es bestehe somit kein Sichtvermerk, der zu übertragen gewesen wäre. Der gegenständliche Antrag sei somit als Neuantrag zu werten, dem jedoch kein Erfolg beschieden sein könne, weil der Sichtvermerkversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG aufgrund der erfolgten Verurteilung nach wie vor gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insoweit verletzt, als über seinen Antrag auf Übertragung des unbefristeten Sichtvermerkes in sein neues Reisedokument nicht entschieden wurde und die belangte Behörde diesen Antrag, ohne mit ihm Kontakt aufzunehmen, umgedeutet habe.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, daß der Beschwerdeführer die Übertragung des unbefristeten Sichtvermerkes in sein neues Reisedokument begehrte. Damit liegt aber ein eindeutig deklarierter Parteiwille vor. Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen einer Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar geschlossen werden kann, weil die Behörde nur über die im Antrag umschriebene Angelegenheit im Sinne des § 59 AVG entscheiden darf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 96/21/0716). Die Umdeutung des klaren Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Unrecht; durch die Entscheidung über den "umgedeuteten Antrag" wurde der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag nicht erledigt und ist daher nach wie vor offen.

Die belangte Behörde belastete mit dieser Vorgangsweise ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß Stempelgebühren nur im Ausmaß von S 480,-- (Beschwerde dreifach a S 120,--, Beilage vierfach a S 30,--) erforderlich waren.

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