VwGH 96/21/0653

VwGH96/21/06531.8.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 3. Februar 1976 geborenen HC, vertreten durch

DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 11. Juli 1996, Zl. Fr 2537/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art7;
AufG 1992;
FrG 1993 §17 Abs1;
ARB1/80 Art7;
AufG 1992;
FrG 1993 §17 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 11. Juli 1996 gerichtet, mit dem der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer zuletzt bis zum 14. Februar 1996 auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe; seit dem 15. Februar 1996 sei sein Aufenthalt im Bundesgebiet rechtswidrig. Die österreichische Rechtsordnung messe der Beachtung der fremdengesetzlichen Vorschriften ein solches Gewicht bei, dass selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwer wiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege. Der Vater des Beschwerdeführers sowie sein Bruder hielten sich rechtmäßig in Österreich auf. Obgleich diese familiären Bindungen bestünden, sei dennoch die Ausweisung des Beschwerdeführers zu verfügen, weil er auf Grund seines seit dem 15. Februar 1996 währenden illegalen Aufenthaltes in Österreich gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere die gesetzlichen Bestimmungen, die den Aufenthalt von Fremden in Österreich regeln, verstoßen habe.

In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen. Nach letzterer Bestimmung ist eine Ausweisung, durch welche in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil zumindest seit dem 10. Februar 1996 ein durchgehend vierjähriger rechtmäßiger Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gegeben sei. Der angefochtene Bescheid widerspreche dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei Nr. 1/80. Auch sei die Ausweisung des Beschwerdeführers nicht gemäß § 19 FrG dringend geboten, weil der Beschwerdeführer durch seinen Vater vollkommen abgesichert sei und er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich habe. Die belangte Behörde habe die durch § 19 FrG gebotene Interessensabwägung nur ansatzweise durchgeführt.

Nach der Aktenlage war der Beschwerdeführer in Österreich auf Grund eines zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Fremden erteilten Sichtvermerks mit der Gültigkeit vom 7. September 1992 bis zum 3. Februar 1994 und auf Grund zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Fremden erteilter Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz mit der Gültigkeit vom 9. Dezember 1993 bis zum 14. Februar 1996 zum Aufenthalt berechtigt. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren auch vorgebracht, dass sein Vater seit 1988 in Österreich lebe und arbeite. Für seinen Lebensunterhalt sorge seit seiner Einreise sein Vater, der bei einer namentlich angeführten Firma beschäftigt sei.

Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB) lautet:

"Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

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