VwGH 96/20/0861

VwGH96/20/086127.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1996, Zl. 4.349.056/1-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und am 25. Februar 1996 in das Bundesgebiet eingereist. Am 26. Februar 1996 beantragte er, daß Österreich ihm Asyl gewähre. Das Bundesasylamt wies seinen Asylantrag mit Bescheid vom 5. April 1996 ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1996 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er der kurdischen Volksgruppe in der Türkei angehöre. Er habe im Verwaltungsverfahren als Fluchtgrund angegeben, daß er von "kurdischen Kämpfern" aufgefordert worden sei, den Militärdienst nicht abzuleisten und sich vielmehr den "kurdischen Kämpfern" anzuschließen. Es sei ihm wiederholt gelungen, einen Wehrdienstaufschub zu erlangen. Der Einsatz im Militärdienst würde ihn veranlassen, gegen sein eigenes Volk (die Kurden) zu kämpfen.

Die Beschwerde wendet sich gegen die im Bescheid der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte Auffassung, er werde in seinem Heimatland nicht aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention verfolgt, einerseits mit dem Hinweis, daß bereits die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden ständige Verfolgung und Diskriminierung mit sich bringe; das manifestiere sich darin, daß die persönliche Freiheit und die persönliche Integrität jedes Kurden einen weit geringeren Schutz durch die türkischen Behörden - im Vergleich mit sonstigen Türken - genössen. Andererseits wäre der Beschwerdeführer im Falle seiner Militärdienstleistung der Verfolgung durch andere Kurden ausgesetzt.

Damit macht der Beschwerdeführer asylrelevante Umstände in einer ausreichend substantiierten Form jedoch nicht geltend. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auch wenn der belangten Behörde die allgemeine (schwierige) Lage der kurdischen Volksgruppe im Heimatland des Beschwerdeführers hätte bekannt sein müssen, würde dies noch nicht bedeuten, daß daraus asylrechtlich relevante Rückschlüsse auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers hätten gezogen werden können (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1993 und 4. Oktober 1995, Zlen. 92/01/0831 und 95/01/0052). Nach dem Beschwerdeinhalt hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde selbst konkrete, individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen in einer asylrechtlich relevanten Weise dargetan. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes als nicht ausreichend ansah, dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Eine wegen der Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes bzw. wegen Desertion drohende (wenn auch strenge) Bestrafung wird grundsätzlich nicht als Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention angesehen (vgl. dazu für viele z.B. die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0718, und vom 21. April 1993, Zlen. 92/01/1121, 1122). Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Auffassung auch in Fällen vertreten, in denen in den betroffenen Heimatstaaten Bürgerkrieg, Revolten oder bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen stattgefunden haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/01/0070 für viele andere). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könnte die Flucht wegen der Einberufung zum Militärdienst nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als bei anderen Staatsangehörigen wäre. Dem Beschwerdeinhalt kann nicht entnommen werden, daß der Beschwerdeführer im Zuge seiner erstinstanzlichen Angaben einen derartigen Zusammenhang hergestellt hätte. Auch in der Beschwerde selbst wird derartiges nicht behauptet. Der Umstand allein, daß der Beschwerdeführer wegen seiner Einberufung zum Militärdienst "Repressalien" von Seiten der "kurdischen Kämpfer" ausgesetzt wäre oder er im Zuge seines Militärdienstes unter Umständen auch gegen diese militärisch vorgehen müßte, ist asylrechtlich unbeachtlich. Daß der Beschwerdeführer aus Gründen der Konvention gerade zu dem Zweck einberufen worden wäre, gegen politisch Gleichgesinnte vor dem Hintergrund des mit der Pflicht zur Militärdienstleistung verbundenen Zwanges eingesetzt zu werden, mit der Einberufung somit eine dem Beschwerdeführer allenfalls unterstellte (unerwünschte) politische Gesinnung getroffen werden soll, wird nicht behauptet.

Da somit bereits die Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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