Normen
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
EMRK Art8 Abs2;
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, Vater und Sohn, beide philippinische Staatsangehörige, stellten am 4. Juli 1995 im Wege der österreichischen Botschaft in Budapest Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen, die am 11. Juli 1995 beim Magistrat der Stadt Wien einlangten. Als Aufenthaltszweck gaben die Beschwerdeführer jeweils Familienzusammenführung mit der Ehegattin bzw. der Mutter an.
Der Landeshauptmann von Wien wies mit gleichlautenden Bescheiden vom 22. August 1995 die Anträge der beiden Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) ab, weil die Beschwerdeführer jeweils über vom 3. Mai 1995 bis zum 25. August 1995 gültige Touristensichtvermerke verfügten. Es werde somit eine Bewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk begehrt, was § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG widerspreche.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide Berufung. Sie rügten die Verletzung von Parteiengehör und die Nichtgewährung von Akteneinsicht und brachten weiters vor, sie hätten ihre Anträge vor der Einreise in das Bundesgebiebt in Budapest bei der österreichischen Botschaft eingebracht. Sowohl die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers als auch der Bruder des Zweitbeschwerdeführers (der Sohn des Erstbeschwerdeführers) seien österreichische Staatsbürger.
Die Berufungen wurden vom Bundesminister für Inneres mit gleichlautenden Bescheiden vom 28. Mai 1996 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, die Erstbehörde habe die Anträge gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen, wogegen die Beschwerdeführer Berufung erhoben hätten. Die Beschwerdeführer seien nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit Touristensichtvermerken (ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Manila, gültig vom 3. Mai 1995 bis zum 25. August 1995) eingereist und hätten ihre damit begonnenen Aufenthalte mit den vorliegenden Anträgen auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Unbeschadet des Vorbringens der Beschwerdeführer sei bei der Beurteilung der Anträge allein maßgeblich, daß § 5 Abs. 1 AufG zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege ein solcher vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erübrige sich das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, da das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluß vom 2. Oktober 1996, B 2343/96-3, B 2344/96-3, die Behandlung der Beschwerden abgelehnt und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurden die Beschwerden von den Beschwerdeführern ergänzt. Sie erachten sich in ihrem Recht auf Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Fremdengesetz verletzt. Aufgrund der Touristensichtvermerke wäre sogar eine Inlandsantragstellung durch die Beschwerdeführer zulässig gewesen, sie hätten aber den Weg gewählt, ihre Anträge bei der österreichischen Botschaft in Budapest einzubringen. Die belangte Behörde gehe irrtümlich davon aus, daß die Beschwerdeführer eine Verlängerung ihrer Touristensichtvermerke angestrebt hätten. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Weiters bringen die Beschwerdeführer vor, die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers und Mutter des Zweitbeschwerdeführers sei österreichische Staatsbürgerin.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Die §§ 3 Abs. 1 und 2 sowie 5 Abs. 1 AufG in der hier anzuwendenden Fassung der AufG-Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lauten (auszugsweise):
"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
- 1. von österreichischen Staatsbürgrn oder
- 2. von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
(2) Die Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 1 für Ehegatten setzt voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein halbes Jahr besteht.
...
§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."
§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautet:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG bereits dann gegeben, wenn sich ein Antragsteller in dem für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit Touristensichtvermerk erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0534). Ein nahtloser Anschluß an den Touristensichtvermerk ist demgegenüber zur Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0293).
Die Beschwerdeführer treten den Bescheidfeststellungen, sie seien mit Touristensichtvermerken, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Manila, gültig vom 3. Mai 1995 bis zum 25. August 1995, eingereist und hätten ihre damit begonnenen Aufenthalte mit den vorliegenden Anträgen auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen, nicht entgegen. Die angefochtenen Bescheide enthalten allerdings keine Feststellungen dahingehend, daß sich die Beschwerdeführer nach Ablauf ihrer Touristensichtvermerke weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten hätten.
Da die in § 6 Abs. 1 AufG verankerte Pflicht des Antragstellers, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund vorliegt, nicht so weit reicht, auch das Nichtvorliegen eines Sichtvermerksversagungsgrundes im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG darzutun, durfte die belangte Behörde § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nur nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens heranziehen, in dessen Rahmen sie von Amts wegen zu prüfen hatte, ob die Beschwerdeführer sich weiterhin in Österreich aufhielten. Im Rahmen eines derartigen Ermittlungsverfahrens träfe dabei die Parteien die Pflicht, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zlen. 95/19/1311, 1312). Im Rahmen eines solchen Ermittlungsverfahrens hatte die Behörde den Beschwerdeführern auch entsprechend Parteiengehör einzuräumen. Dieses brauchte ihnen allerdings hinsichtlich solcher Angaben nicht gewährt zu werden, die sie selbst im Verwaltungsverfahren gemacht hatten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1985, Zl. 85/18/0219).
Die belangte Behörde hat Erhebungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht gepflogen. Sie konnte sich dabei auch nicht auf die Angaben der Beschwerdeführer in ihren Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen stützen, weil diese aus einem Zeitpunkt stammten, zu dem die Beschwerdeführer aufgrund der ihnen ausgestellten Touristensichtvermerke zum Aufenthalt in Österreich berechtigt waren.
Da nach der Aktenlage jedoch der Bescheid der Behörde erster Instanz erst am 15. September 1995, somit zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, in dem die Touristensichtvermerke der Beschwerdeführer bereits am 25. August 1995 abgelaufen waren, wäre es Sache der Beschwerdeführer gewesen, schon in ihren Berufungen den Annahmen der Behörde erster Instanz mit konkreten Vorbringen entgegenzuhalten, ob und gegebenenfalls wann sie das Bundesgebiet nach Ablauf ihrer Touristensichtvermerke wieder verlassen hätten. Weder die Berufungen noch die Beschwerden enthalten aber derartige Vorbringen. Die belangte Behörde hatte daher Indizien für ihre Annahme, die Beschwerdeführer hätten das Bundesgebiet im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide nicht wieder verlassen.
Vor diesem Hintergrund kann allerdings die Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführer den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht hätten, nicht als unrichtig erkannt werden.
Soweit die Beschwerdeführer eine mangelhafte Bedachtnahme auf das durch Art. 8 MRK geschützte Privat- und Familienleben durch die belangte Behörde rügen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Bedachtaufnahme auf private und familiäre Interessen von Fremden bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung nicht vorgesehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/1452).
Soweit die Beschwerdeführer durch ihre Hinweise, ihre Ehefrau bzw. Mutter sei österreichische Staatsbürgerin, einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 AufG behaupten wollen, ist darauf zu verweisen, daß ein solcher Rechtsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 AufG nur dann besteht, sofern kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt. Da nach dem bisher Gesagten der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, somit ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG, verwirklicht ist, besteht ein solcher Rechtsanspruch in den vorliegenden Fällen nicht.
Die Beschwerden waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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