Normen
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §10 Abs2 Z1;
UStG 1972 §10;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §10 Abs2 Z1;
UStG 1972 §10;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb eine Fahrschule. Er bot den Fahrschülern auch schriftliche Lehrmittel zum Kauf an. Bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheides unterwarf das Finanzamt die Umsätze aus den Verkauf dieser Lehrmittel dem Umsatzsteuersatz von 20 % und führte zur Begründung aus, es lägen Nebenleistungen zu der in der Unterrichtserteilung bestehenden Hauptleistung vor.
In der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid brachte der Beschwerdeführer vor, in seiner Fahrschule würden den Fahrschülern "Skripten" angeboten. Diese würden nicht im Selbstverlag hergestellt, sondern von diversen Verlagen "zugekauft". Die Absolvierung eines Fahrkurses in seinem Unternehmen setze den Erwerb derartiger schriftlicher Unterlagen nicht voraus. Das Anbieten der "Skripten" stelle eine zusätzliche Serviceleistung seines Unternehmens dar, zumal die Schüler dieselben Unterlagen auch anderswo erwerben könnten.
Auf Vorhalt gab der Beschwerdeführer an, es stelle eine Serviceleistung für seine Schüler dar, daß er ihnen Fachbücher (Skripten) zum Kauf anbiete. Es sei jedem Schüler freigestellt, ob und welche Bücher bzw Skripten er kaufe. Für den Erwerb der schriftlichen Unterlage müßten sie zusätzliches Entgelt aufwenden. Ein Drittel seiner Schüler würde überhaupt keine Bücher bzw. Skripten erwerben. Der Rest der Schüler decke gezielt seinen Bedarf aus dem vorhandenen Angebot. Es sei möglich, die Führerscheinprüfung nur aufgrund des von ihm angebotenen praktischen und theoretischen Unterrichtes zu bestehen, ohne sich weitergehender Lernhilfen zu bedienen. Bei ihm würden auch solchen Personen, die gar keinen Kurs absolvierten, Bücher und Skripten kaufen.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung brachte der Beschwerdeführer ua vor, es handle sich im gegenständlichen Fall nicht um von ihm verfaßte Skripten, sondern um Fachbücher, die in jeder Buchhandlung erhältlich seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde die Berufung nur teilweise Folge. Sie nahm als erwiesen an, daß in Fahrschulen jedem Schüler in Ergänzung zum Fahrunterricht der Zugang zu einschlägigen Skripten oder Fachbüchern ermöglicht werde. Die Art des Zuganges sei allerdings unterschiedlich. Bei manchen Fahrschulen bestehe ein einheitlicher Preis für Fahrunterricht und Skripten, bei manchen würden die Preise hiefür getrennt in Rechnung gestellt. Manche Fahrschulunternehmer machten den Besuch der Fahrkurse vom Erwerb von Skripten oder Fachbüchern abhängig; beim Beschwerdeführer sei dies nicht der Fall. In dessen Unternehmen würden den Schülern die Fachbücher getrennt in Rechnung gestellt. Ein Drittel der Schüler habe keine Fachbücher erworben, zwei Drittel hingegen zumindest einen Teil der angebotenen Bücher. Es sei grundsätzlich möglich, die Führerscheinprüfung zu bestehen, ohne über den theoretischen und praktischen Unterricht hinaus Fachbücher zu verwenden. Der Preis der von Fahrschülern erworbenen Fachbücher liege im Durchschnitt bei 10% des Preises für den Unterricht. Der Beschwerdeführer habe Fachbücher auch an Personen verkauft, die keine Fahrkurse besuchten; der Umfang solcher Lieferungen liege bei 10 % aller Lieferungen von Fachbüchern. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Umstand, daß im Unternehmen des Beschwerdeführers - wie in allen anderen Fahrschulen - Skripten und Bücher zumindest zum Zweck der Ergänzung des Unterrichtes den Fahrschülern zugänglich gemacht würden, spreche für den engen Zusammenhang zwischen der Lieferung der schriftlichen Unterlagen und der Unterrichtserteilung. Diese Beurteilung werde zusätzlich durch den Umstand gestützt, daß zwei Drittel der Fahrschüler des Beschwerdeführers zumindest zum Teil das bestehende Angebot an Büchern und Skripten in Anspruch genommen habe. Daß für die Schüler die Lieferung der Skripten überhaupt keine selbständige Bedeutung gegenüber dem Fahrunterricht habe, erhelle insbesondere der Zweck, den die Schüler verfolgten, wenn sie die Fahrschule aufsuchten. Es ginge ihnen lediglich um den Erwerb des Wissens für die Führerscheinprüfung. Es sei sohin die Lieferung der Fachbücher als unselbständige Nebenleistung zum Unterricht anzusehen. Unselbständige Nebenleistungen teilten das Schicksal der Hauptleistung. Es komme daher für die Lieferungen von Büchern und Skripten der Normalsteuersatz zur Anwendung. Lediglich hinsichtlich der Lieferungen von Büchern an Personen, die nicht an den Fahrkursen teilgenommen haben, - die Einnahmen aus diesen Lieferungen betrügen 10 % der Gesamteinnahmen aus dem Verkauf schriftlicher Unterlagen - bestehe kein Zusammenhang zu einer anderen Hauptleistung; nur für diese Umsätze komme daher der begünstigte Steuersatz von 10 % zur Anwendung.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Anwendung des ermäßigen Umsatzsteuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf von Büchern verletzt. Er biete die Bücher den Fahrschülern zusätzlich zum Unterricht an. Zwischen dem Unterricht und dem Bücherverkauf bestehe kein enger Zusammenhang, zumal es jedem Schüler grundsätzlich freistehe, Unterlagen, Lehrbücher, etc. "von welcher Fahrschule immer" zu verwenden. Die vom Beschwerdeführer verkauften Bücher würden nicht im Selbstverlag hergestellt. Der Verkauf von Büchern stelle eine eigenständige Serviceleistung seiner Fahrschule dar; er bestehe in eigenständigen Rechtsgeschäften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 ermäßigt sich die Steuer auf 10 vom Hundert für die Lieferungen der in der Anlage A aufgezählten Gegenstände (ua Bücher, Broschüren und ähnliche Druckerzeugnisse).
Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich für jede einzelne Leistung erhoben. Aus dem im Umsatzsteuerrecht geltenden Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung folgt aber, daß unselbständige Nebenleistungen umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilen. Der Steuersatz richtet sich daher nach der Hauptleistung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1990, 89/15/0048).
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob selbständige, umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilende Leistungen vorliegen, oder solche Leistungen, die zueinander im Verhältnis von Hauptleistung und unselbständiger, das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilender Nebenleistung stehen.
Eine unselbständige Nebenleistung ist anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Die Merkmale der Nebensächlichkeit und des engen Zusammenhanges der Nebenleistung mit der Hauptleistung sind als erfüllt anzusehen, wenn die Nebenleistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 93/14/0055). Maßgeblich ist der Leistungsvorgang und nicht, ob die Leistungen auf ein und demselben Vertrag beruhen und ob das Entgelt für jede einzelne Leistung oder als Gesamtentgelt berechnet wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. September 1990, 89/15/0051, und 89/15/0048).
Von dieser Rechtsauffassung ausgehend kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die in Streit stehenden Leistungen als Nebenleistungen zur Erteilung von Fahrunterricht qualifiziert hat. Die Lieferung von Büchern und Skripten, die als Lernbehelfe für den im Rahmen des Fahrschulunterrichtes zu erlernenden Stoff eingesetzt werden, ist eine Leistung, durch welche die Hauptleistung, nämlich die Unterrichtserteilung, ergänzt und abgerundet wird. Die belangte Behörde hat richtigerweise angenommen, daß die Lieferung derartiger schriftlicher Unterlagen - im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung - keine selbständige Bedeutung hat, sondern eine untergeordnete, den Unterricht ergänzende und ihm dienende Funktion.
In der Beschwerde wird die Behauptung nicht mehr aufrecht erhalten, Fahrschüler würden auch ohne schriftliche Unterlagen den Kurs absolvieren, sondern lediglich vorgebracht, es könnten auch die Unterlagen einer anderen Fahrschule verwendet werden. Damit tritt die Beschwerde aber der Annahme der belangten Behörde, die Bereitstellung von schriftlichen Unterlagen sei für Fahrschulen typisch, nicht entgegen. Handelt es sich bei den in Rede stehenden Leistungen - wie das Ausmaß der Inanspruchnahme im Beschwerdefall zeigt - um typischerweise bei Fahrschulen zusätzlich zur Unterrichtsleistung vorkommende Leistungen, so spricht auch dieser Umstand - im Zusammenhang mit der Hilfsfunktion gegenüber dem Fahrschulunterricht - für die Beurteilung als Nebenleistung. Ob der Fahrschüler verpflichtend bestimmte schriftliche Unterlagen erwerben muß und ob diese bereits im Preis für den Fahrschulkurs enthalten sind oder ob sie mit gesondertem Rechtsgeschäft erworben werden müssen, ist hingegen für diese Beurteilung nicht relevant.
Daß die Fahrschüler nicht gezwungen sind, beim Beschwerdeführer die Unterlagen zu erwerben, und daß diese vom Beschwerdeführer "zugekauften" Unterlagen auch in einer Buchhandlung erworben werden könnten, steht der Beurteilung als Nebenleistung nicht entgegen. Die Lösung der Frage, ob bestimmte Leistungen umsatzsteuerlich mehrere selbständige Leistungen darstellen oder zueinander im Verhältnis von Hauptleistung zu Nebenleistung stehen, kann nämlich nicht mit Hilfe einer isolierten, den im konkreten Fall tatsächlich gegebenen Zusammenhang der Leistungen außer acht lassenden Betrachtungsweise erfolgen. Ein und dieselbe Leistung kann im Fall selbständiger Erbringung Hauptleistung sein, im Fall ihrer Erbringung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer anderen Leistung zu dieser aber im Verhältnis einer unselbständigen Nebenleistung stehen, wie die Beispiele der im Einzelfall vom Kunden verlangten Verpackungs- und Montageleistungen zeigen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 89/15/0048).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
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