Normen
BAO §21;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §10;
UStG 1972 §3 Abs12;
UStG 1972 §3 Abs9;
BAO §21;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §10;
UStG 1972 §3 Abs12;
UStG 1972 §3 Abs9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei einer die Besteuerungsgrundlagen der Jahre 1985 und 1986 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer betreibt in München den Handel mit Elektro- und Haushaltsgeräten. In Österreich wohnhafte Kunden beliefert er von einem Auslieferungslager in Salzburg. Er bietet in Österreich Reiseveranstaltungen an, die gegen Zahlung eines Pauschalentgeltes die Beförderung mit Reisebussen von in Österreich gelegenen Abfahrtsorten aus, Unterbringung und Verpflegung sowie allenfalls den Besuch künstlerischer bzw. volkstümlicher Darbietungen umfassen. Den Reiseteilnehmern wird der Besuch von Verkaufsveranstaltungen, die der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung des Absatzes der von ihm vertriebenen Waren durchführt, freigestellt. Die von den Reiseteilnehmern bezahlten Pauschalentgelte vereinnahmt der Beschwerdeführer, der seinerseits die Entgelte der von ihm beauftragten Beförderungsunternehmer, Hotels und Veranstalter entrichtet. Mit den Beförderungsunternehmern rechnet der Beschwerdeführer auf "Kilometergeldbasis" ab, wobei die ihm gelegten Rechnungen jeweils getrennt die gesamte Wegstrecke sowie die in Österreich zurückgelegte Fahrstrecke und die auf letztere entfallende Umsatzsteuer ausweisen. In seinen Umsatzsteuererklärungen für 1985 und 1986 wies der Beschwerdeführer die Umsatzsteuerbeträge, die auf die in Österreich erbrachten Beförderungsleistungen entfallen, als Vorsteuer aus. Die mit den Reiseteilnehmern vereinbarten Pauschalentgelte behandelte der Beschwerdeführer zur Gänze als in Österreich nicht steuerbar.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, der auf die in Österreich gelegenen Fahrstrecken entfallende Fahrpreisanteil unterliege beim Beschwerdeführer der Umsatzsteuer. Dieser Auffassung des Prüfers folgend nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend die Umsatzsteuer für 1985 und 1986 wieder auf und erließ neue Sachbescheide.
Mit Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Behörde vertrete die irrige Auffassung, daß er eine Beförderungsleistung erbringe. Unter Personenbeförderung sei jedoch eine unter eigener Verantwortung des Beförderungsunternehmers ausgeübte Tätigkeit zu verstehen. Er sei aber kein Beförderungsunternehmer; die Verantwortung liege ausschließlich bei den beauftragten Reisebusunternehmern. Diese seien daher für den österreichischen Beförderungsanteil umsatzsteuerpflichtig und somit berechtigt, dem Beschwerdeführer Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen. Für den Beschwerdeführer sei im Hinblick auf den Betrieb eines Auslieferungslagers in Salzburg die Umsatzsteuerpflicht in Österreich gegeben. Es sei daher auch der Vorsteuerabzug zu Recht erfolgt.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und führte im wesentlichen aus, wenn sich eine Beförderungsleistung sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstrecke, so falle der inländische Teil der Leistung gemäß § 3 Abs. 12 UStG 1972 unter dieses Gesetz. Das gleiche gelte sinngemäß für die Einräumung oder Übertragung des Rechtes auf Inanspruchnahme von Leistungen, die in einer Personenbeförderung bestünden. Das Leistungsangebot des Beschwerdeführers enthalte die Beförderung von Personen von einem Ort in Österreich nach einem Ort in Deutschland, die Verpflegung in einer Gaststätte und gegebenenfalls den Besuch von volkstümlichen Darbietungen. Diese Leistungen erbringe der Beschwerdeführer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Es sei nicht ausschlaggebend, daß der Beschwerdeführer die Leistungen (darunter auch die Beförderungsleistung) "zukaufe". Der Beschwerdeführer führe somit Beförderungsleistungen durch. Das der Höhe nach unbestrittene Entgelt, das auf die Beförderungsleistungen im Inland entfalle, sei somit umsatzsteuerpflichtig. Eine Vorsteuerkürzung sei nicht vorgenommen worden.
Die vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 Abs. 12 UStG 1972 erster Satz lautet:
"Erstreckt sich eine Beförderungsleistung sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland, so fällt der inländische Teil der Leistung unter dieses Bundesgesetz."
Die genannte Vorschrift sieht somit für grenzüberschreitende Beförderungsleistungen eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, daß sich der Ort der Leistung bei den in einem positiven Tun bestehenden sonstigen Leistungen danach bestimmt, wo die einzelne Leistung ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ausgeführt wird. Danach unterliegt nur der inländische Teil der Beförderungsleistung der inländischen Umsatzbesteuerung. Eine sich über die Grenze erstreckende einheitliche Beförderungsleistung ist somit in einen steuerbaren inländischen und einen nicht steuerbaren ausländischen Teil aufzuteilen, wobei sich der steuerliche Umsatz nach dem Entgelt bemißt, das auf die Inlandsstrecke entfällt (vgl. Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer § 2 Anm 415; Dorazil - Frühwald - Hock - Mayer, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz § 3 Anm 26; Kolacny - Scheiner, Fallbeispiele zur Mehrwertsteuer § 3/18).
Der Beschwerdeführer tritt den Darlegungen der belangten Behörde, daß er durch Erfüllungsgehilfen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (als Hilfsgeschäfte) Beförderungsleistungen (teils im Inland) erbracht hat, nicht entgegen. Er vertritt nunmehr - unter Berufung auf den Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung - die Auffassung, die "Verbringung der Teilnehmer zur Verkaufsveranstaltung" bis zur österreichischen Grenze stelle nur einen Teil einer als Einheit zu betrachtenden "Werbeleistung" dar, die im Ausland erbracht werde und somit in Österreich nicht steuerpflichtig sei.
Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich für jede einzelne Leistung erhoben. Nur wenn Leistungen nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) zusammengehören, behandelt das Umsatzsteuerrecht - nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit (Einheitlichkeit) der Leistung - die wirtschaftliche Einheit mehrerer Leistungen als eine Leistung (vgl. Kranich - Siegl - Waba aaO § 1 Anm 53 ff). Daraus folgt zunächst, daß die Aufspaltung eines solchen einheitlichen Leistungsvorganges in Einzelleistungen unzulässig ist. Aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung folgt weiters, daß unselbständige Nebenleistungen umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung teilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/15/0048, und die dort angeführte Lehre und Rechtsprechung). Die Steuerpflicht (und der Steuersatz) für die Nebenleistung richten sich daher nach der Hauptleistung.
Im vorliegenden Fall wären somit die auf die inländischen Beförderungsanteile entfallenden Entgelte nicht steuerbar, wenn die Beförderungsleistung Teil eines im Ausland erfolgten einheitlichen Leistungsvorganges wäre oder zu einer im Ausland erbrachten Hauptleistung im Verhältnis einer unselbständigen Nebenleistung stünde.
Beides ist aber nicht der Fall. Dabei kann auf sich beruhen, ob die vom Beschwerdeführer den Reiseteilnehmern gebotene Möglichkeit zur Teilnahme an seinen Verkaufsveranstaltungen eine "Leistung" im Sinne des Umsatzsteuerrechtes (als vom Leistungswillen umfaßte Zuwendung eines konkreten verkehrsfähigen Wirtschaftsgutes an einen bestimmten Empfänger) darstellt. Selbst bei Bejahung dieser Frage könnte nicht davon gesprochen werden, daß zwischen der Teilnahme an den Verkaufsveranstaltungen und der Beförderungsleistung ein derart enger wirtschaftlicher Zusammenhang bestünde, daß diese Leistungen als hinter das Ganze zurücktretende Elemente eines einheitlichen Leistungsvorganges betrachtet werden könnten. Ebensowenig kann davon die Rede sein, daß die Möglichkeit zur Teilnahme an Verkaufsveranstaltungen des Beschwerdeführers (die er irreführend als "Werbeleistung" bezeichnet) die Hauptleistung darstellte, zu der die Personenbeförderung mit Reisebussen von in Österreich gelegenen Abfahrtsorten zu Zielorten im Ausland im Verhältnis einer unselbständigen Nebenleistung stünde.
Eine unselbständige Nebenleistung ist dann anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Die Merkmale der Nebensächlichkeit und des engen Zusammenhanges der Nebenleistung mit der Hauptleistung sind als erfüllt anzusehen, wenn die Nebenleistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt. Maßgeblich ist der Leistungsvorgang und nicht, ob die Leistungen auf ein und demselben Vertrag beruhen und ob das Entgelt für jede einzelne Leistung oder als Gesamtentgelt berechnet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/15/0048, und die darin angeführte Lehre und Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall fehlt schon das Merkmal der "Nebensächlichkeit", weil nach der Verkehrsauffassung nicht davon die Rede sein kann, daß die Teilnahme an der Verkaufsveranstaltung des Beschwerdeführers die im Vordergrund stehende Hauptleistung, die gesamte Reiseveranstaltung bzw. die Beförderungsleistung die demgegenüber in den Hintergrund tretende, die erwähnte "Hauptleistung" lediglich ermöglichende, abrundende oder ergänzende Leistung darstellte.
Die nicht weiter konkretisierten und im Beschwerdeverfahren erstmals vorgetragenen Behauptungen des Beschwerdeführers, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage sei nicht berücksichtigt worden, daß während der Fahrt "vom äußersten Burgenland bis zu den Grenzübergängen nach Deutschland, Schweiz und Italien" Zusteigemöglichkeiten gegeben und die von den Kunden des Beschwerdeführers geleisteten Pauschalentgelte nicht kostendeckend seien, können der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Beschwerdeführer damit gegen das sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebende Neuerungsverbot verstößt. Auch die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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