Normen
ASVG §203 Abs1;
PG 1965 §9 Abs1 idF 1985/426;
VwRallg;
ASVG §203 Abs1;
PG 1965 §9 Abs1 idF 1985/426;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.880,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1946 geborene Beschwerdeführerin steht als Oberoffizial i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre letzte Dienststelle war die Technische Universität Wien, wo sie als Laborantin am Institut für Grundbau und Bodenmechanik tätig war.
Aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin, bei der wegen ihrer als Berufskrankheit anerkannten gesundheitlichen Beschwerden bereits seinerzeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. festgestellt war, mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 1995 gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 (in der damals geltenden Fassung) mit Wirkung vom 1. Juni 1995 in den Ruhestand versetzt wurde. Aus der Begründung dieses Bescheides in Verbindung mit den Aktenbeilagen geht hervor, daß die Beschwerdeführerin von 1993 bis zu ihrer Ruhestandsversetzung insgesamt an 557 Tagen nicht dienstfähig war. In dem der Ruhestandsversetzung zugrundeliegenden amtsärztlichen Gutachten wird folgender Befund über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin abgegeben:
"Es besteht ein Zustand nach Entfernung des rechten Lungenunterlappens (1984) wegen einer Pilzerkrankung, seit damals besteht eine chronische Bronchitis mit Asthmaanfällen und diversen Allergien. Mit einer dauernden Dienstfähigkeit ist deshalb nicht zu rechnen. Gelegentliche Besserungen werden mit Verschlechterungen abwechseln. Auch bei anderweitiger Verwendung z.B. im Bürodienst wäre mit krankheitsbedingten Fernbleiben das durchaus über einige Wochen gehen könnte, zu rechnen."
Dem zum Ruhestandsversetzungsbescheid führenden Amtsvortrag ist unter anderem folgendes zu entnehmen:
"Die Dienstnehmerin ist lt. obzitiertem amtsärztlichen Gutachten zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden."
Mit Schreiben vom 12. Juni 1995 wandte sich die Beschwerdeführerin an die belangte Behörde mit dem Hinweis auf ihre geringe Ruhegenußbemessungsgrundlage, ihr diesbezüglich angeblich bei der Pensionierung gemachte Zusagen und ihren durch ihre Berufskrankheit bedingten schlechten Gesundheitszustand und legte hiezu mehrere Gutachten vor.
Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin daraufhin mit Schreiben vom 28. Juni 1995 im wesentlichen mit, daß eine Verfügung gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 nicht getroffen worden sei, weil sowohl der Arbeitsinspektionsärztliche Dienst in seiner Stellungnahme vom 5. August 1994 als auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in ihrem Bescheid vom 9. Februar 1994 dargelegt hätten, daß zumindest nach dem damaligen Stand der Dinge eine Erwerbsunfähigkeit nicht gegeben gewesen sei. Der Arbeitsinspektionsärztliche Dienst habe der Beschwerdeführerin immerhin noch Arbeiten in Räumlichkeiten zugemutet, bei denen die Beschwerdeführerin einer inhalativen Belastung durch Erdstaub nicht ausgesetzt sei. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt habe bescheidmäßig festgestellt, daß die Erkrankung der Beschwerdeführerin zwar als Berufskrankheit anerkannt werde, Erwerbsfähigkeit aber dennoch gegeben sei. Aus diesen Gründen sei eine Verfügung gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 nicht getroffen worden.
Die Beschwerdeführerin gab dann am 18. Juli 1995 zum Schreiben der belangten Behörde vom 28. Juni 1995 eine umfangreiche Stellungnahme unter Vorlage eines weiteren fachärztlichen Gutachtens ab und beantragte bescheidmäßig über die Frage der Zurechnung nach § 9 Abs. 1 PG 1965 abzusprechen.
Nach mehrfachem Schriftwechsel, Einholung weiterer Befunde und Einräumung des Parteiengehörs erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. Juli 1995, gerichtet auf Zurechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965, abgewiesen wurde.
Zur Begründung wird im wesentlichen nach Bezugnahme auf den Ruhestandsversetzungsbescheid und den diesem zugrundeliegenden ärztlichen Gutachten weiter ausgeführt, der amtsärztliche Befund habe zum Ausdruck gebracht, daß die Beschwerdeführerin im Falle eines Büroarbeitsplatzes statt eines Laborarbeitsplatzes je nach Befindlichkeit von Fall zu Fall durchaus über einige Wochen krankheitsbedingt arbeitsverhindert sein könnte. Der Arbeitsinspektionsärztliche Dienst habe in seiner Stellungnahme vom 5. August 1994 empfohlen, die Beschwerdeführerin nicht mehr für Arbeiten in Räumlichkeiten einzusetzen, bei denen sie einer inhalativen Belastung durch Erdstaub ausgesetzt wäre. Diese Empfehlung setze logischerweise voraus, daß eine Arbeit in allgemeinen Büroräumen für die Beschwerdeführerin, von wechselnden Krankenständen abgesehen, prinzipiell zumutbar sei. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt habe die Erkrankung der Beschwerdeführerin gemäß § 177 Abs. 2 ASVG ausdrücklich als Berufskrankheit anerkannt. Lediglich deshalb weil die dieser Berufskrankheit zugrundeliegende Krankheit als nicht so gravierend erachtet worden sei, daß die Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin durch die Folgen dieser Berufskrankheit über drei Monate nach Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um wenigstens 50 % gemindert gewesen sei, sei ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente abgelehnt worden.
Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte fachärztliche Gutachten Dris. Susanne K. vom 1. Mai 1994 habe zur Frage der Arbeitsfähigkeit folgende Aussage getroffen:
"Von pulmonaler Seite sind Ihnen auch leichte körperliche Arbeiten an Ihrem damaligen Arbeitsplatz nicht zuzumuten. Bei komplettem Arbeitsplatzwechsel seien jedoch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen zumutbar, jedoch nicht in dauernder Nässe und Kälte. Insbesondere seien Arbeiten mit Erde und Arbeit mit möglichem Schimmelpilzbefall unbedingt auszuschließen. Ihr Asthma sei arbeitsplatzbezogen so einschränkend, daß Arbeiten mit möglichem Schimmelpilzbefall nicht zumutbar sind."
Es ergebe sich auch aus diesem von der Beschwerdeführerin selbst am 18. Juli 1995 vorgelegten Gutachten ausdrücklich, daß bei einem kompletten Arbeitsplatzwechsel leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen zum Untersuchungszeitpunkt zumutbar gewesen seien.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29. September 1995 sei der Beschwerdeführerin hiezu im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Hiezu habe die Beschwerdeführerin am 23. Oktober 1995 vorgebracht:
"1. Die rechtlichen Schlußfolgerungen im angeführten Schreiben des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst treffen schon deswegen nicht zu, weil die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Unfallversicherungsrecht gemäß § 205 ASVG ausschließlich im Hinblick auf die Bemessung von Versehrtenrechten erfolgt. Diese Bewertung steht in keinem rechtlichen oder sachlichen Zusammenhang mit der Frage, ob eine bestimmte Berufstätigkeit noch fortgesetzt werden kann. Es kann daher nicht ausgesagt werden, wie hoch die unfallversicherungsrechtliche Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sein muß, damit Berufsunfähigkeit, bzw. Dienst- oder Erwerbsfähigkeit gegeben ist.
2. Wie ich bereits in meiner Stellungnahme vom 18. Juli 1995 auf Seite 3 oben ausgeführt habe, geht das Gutachten des Amtssachverständigen vom 19. Oktober 1994 davon aus, daß in meinem Fall auch dann, wenn keine weitere inhalative Belastung mehr vorliegt, mit mehrwöchigem krankheitsbedingten Fernbleiben von der Arbeit zu rechnen sei.
Diese Aussage, die allerdings für eine Entscheidung im Sinne des § 9 Pensionsgesetz 1965 nicht ausreichend konkretisiert ist, wird von der Dienstbehörde auch im nunmehrigen Schreiben nicht in Abrede gestellt.
Sie geht allerdings rechtsirrtümlich davon aus, daß der Frage der zu erwartenden jährlichen Krankenstände keine rechtliche Bedeutung im Sinne des § 9 Pensionsgesetzes 1965 zukomme."
Aufgrund einer nochmaligen Zustellung der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. November 1995 ergänzend wie folgt Stellung genommen:
"Auf Seite 4 des do. Schreibens unten befindet sich folgende Aussage:
"Auch bei der rechtlichen Beurteilung des Begriffes der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 9 PG 1965 kann daher nicht von einer grundsätzlich verschiedenen Wirkung ausgegangen werden, weil auch dieser Begriff darauf abstellt, ob der in Ruhestand zu versetzende Beamte im allgemeinen Erwerbsleben, also in dem Bereich, in dem auch das ASVG gilt, einem Erwerb nachzukommen vermag." Dieses Argument aufgreifend bringe ich vor, daß nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte Invalidität/Berufsunfähigkeit bzw. Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension wegen gemindeter Arbeitsfähigkeit jedenfalls dann besteht, wenn der bei einem Versicherten verbliebene Rest an Arbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt unverwendbar wird. Der Oberste Gerichtshof geht davon aus, daß bei zu erwartenden Krankenständen von 7 Wochen jährlich die Unverwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt gegeben ist (OGH 16.6.1992, 10 OBS 119/92 = SSV-NF 6/70)."
Infolgedessen sei ein ergänzendes polizeiamtsärztliches Gutachten eingeholt worden, um unter anderem feststellen zu können, in welchem Ausmaß zu erwartende Krankenstände eine Teilnahme der Beschwerdeführerin am Erwerbsleben ausschlössen. Das nach rund drei Monaten eingelangte polizeiamtsärztliche Gutachten/Befund habe hiefür aber keine näheren Angaben enthalten (wird näher ausgeführt).
In dem am 16. April 1996 ergänzend erstellten polizeiamtsärztlichen Gutachten/Befund sei vom Arzt folgendes ausgeführt worden:
"Am 22. Februar 1996 erschien Frau C bei mir und legte einen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vor, datiert mit 17. Dezember 1992, in dem sie mit 40 % Minderung der Erwerbsfähigkeit begutachtet worden war. Jedoch ist auf den gesundheitlichen Gesamtzustand am 1. Juni 1995 das Datum der Ruhestandsversetzung, zu beziehen.
In der Vorgeschichte liegt ein Myzetom des rechten Lungenunterlappens, welches am 3. April 1984 durch Unterlappen-Lobektomie behandelt wurde. Eine Nizoralnachbehandlung wurde durchgeführt. Laut Gutachten des Medizinalrates Primarius Dr. PRÜGGER vom 21. September 1993 geht hervor, daß die Lungeninfektion durch eine Infektion mit Schimmelpilzen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Berufstätigkeit erworben wurde. Dieser Gutachter bestätigt die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 %. Etwa aus gleicher Zeit stammt ein pneumologisches Fachgutachten der Abteilung für Lungenerkrankungen im Krankenhaus Wien Lainz, nämlich vom 26. August 1993. Damals wurde festgestellt: eine mäßige körperliche Leistungsfähigkeit, keine relevante Einschränkung der kadiozirkulatorischen Leistungsbreite, die Blutgasparameter während körperlicher Ruhe und körperlicher Belastung im Normalbereich und eine restriktive Ventilationsstörung. Auch hier wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 % festgestellt.
Am 22. Februar 1996 bei der amtsärztlichen Untersuchung berichtet Frau C über ein chronisches Asthmabronchiale und nachgewiesene allergische Reaktionen gegen zwei Sorten Pilze und Knäuelgras.
Aufgrund dieses chronischen Asthma bronchiale sind Krankenstände zu erwarten, die jedoch wegen der bestätigten fehlenden Einschränkung der kadiozirkulatorischen Leistungsbreite nicht einen drei Monate im Jahr überschreitenden ununterbrochenen Arbeitsausfall ergeben würden. Es sind eher mehrere, ca. zwei bis drei Wochen dauernde Krankenstände mit Häufung in der feuchtkalten Jahreszeit zu erwarten. Aufgrund der vorliegenden Befunde ist auch - bezogen auf den 1. Juni 1995 - der Untersuchten eine sitzende Arbeit ganztägig mit Ruhepausen in einem gut belüfteten Raum unter Abwesenheit der Allergene zuzumuten.
Es ist also leichte Bürotätigkeit möglich."
Nach Wiedergabe des § 9 Abs. 1 PG 1965 führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen weiter aus, die angesprochene Erwerbsunfähigkeit gehe weit über die Dienstunfähigkeit hinaus; der Erwerbsunfähige müsse nicht nur nicht mehr in der Lage sein, seinen bisherigen Dienst auszuüben, sondern darüberhinaus auch ganz allgemein und auch in der Privatwirtschaft keine gänzlich andere zumutbare Erwerbstätigkeit ausüben können.
Erwerbsunfähigkeit liege demnach erst vor, wenn die Arbeitskraft nicht mehr ausreiche, eine Beschäftigung auszuüben, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an sich verfügbar sein könne und dem Beamten im Hinblick auf seine bisherige berufliche Stellung und dem damit verbundenen sozialen Status zumutbar sei. Ob dem Beamten eine Beschäftigung, die Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes sei, auch tatsächlich vermittelt werden könne oder nicht, sei für die Beurteilung der Frage der Erwerbsunfähigkeit ohne Bedeutung. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten fiktiv zu erwartenden mehrwöchigen Krankenstände könnten zwar - auch den ergänzend eingeholten Ausführungen des Amtsarztes folgend - zutreffen, sie seien jedoch nicht geeignet, für die Beschwerdeführerin Erwerbsunfähigkeit festzustellen. Wenn auch der Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 9 PG 1965 nicht mit dem Rechtsbegriff des ASVG identisch sei, sei doch in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß nach ASVG eine Versehrtenrente infolge Berufskrankheit erst dann gebühre, wenn die Erwerbsfähigkeit als Folge einer Berufskrankheit über drei Monate nach Eintritt des Versicherungsfalles hinaus und wenigstens 50 v.H. gemindert sei. Die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen ließen daher Berufsunfähigkeiten, die durch Krankheiten (Berufskrankheiten) bedingt seien, die weniger als drei Monate dauerten, nicht als so schwerwiegend erscheinen, daß daran bereits das Ausscheiden aus dem aktiven Erwerbsleben zu knüpfen sei. Auch bei der rechtlichen Beurteilung des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit nach § 9 PG 1965 könne daher nicht von einer grundsätzlich verschiedenen Wertung ausgegangen werden, weil auch dieser Begriff darauf abstelle, ob der in den Ruhestand zu versetzende Beamte im allgemeinen Erwerbsleben, also in dem Bereich, in dem auch das ASVG gelte, einem Erwerb nachgehen könne. Die ergänzend eingeholten polizeiamtsärztlichen Befunde und Gutachten stellten ausdrücklich klar, daß der Beschwerdeführerin eine leichte Bürotätigkeit ohne Einwirkung der sie störenden Allergene mit Ruhepausen aus gesundheitlicher Sicht zumutbar sei. Aus der Anlage 1.5 zum BDG 1979 ergebe sich, daß nach der derzeitigen Rechtslage entsprechend dem Richtverwendungskatalog unter Punkt 5 sub. 4 lit. c und d leichte Bürotätigkeit so hochwertig sei, wie eine Tätigkeit als Facharbeiter. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin an der Technischen Universität Wien sei jedoch die eines angelernten Laboranten gewesen. Es ergebe sich somit aus dem Gesetz selbst, daß für die Beschwerdeführerin Bürotätigkeit keine Verschlechterung der Arbeitswertigkeit darstelle und daher für sie auch sozial zumutbar wäre. Es ergebe sich somit aus dem Gutachten kein Hinweis auf das Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit im rechtlichen Sinn, weil die der Beschwerdeführerin verbliebene restliche Arbeitskraft dazu ausreiche, Büroarbeiten zu verrichten, die nach dem vorher erwähnten Richtverwendungskatalog von Gesetzes wegen als gleichwertig einzustufen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Zurechnung von Jahren zur ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit nach § 9 Abs. 1 PG 1965 durch unrichtige Anwendung des § 9 leg. cit. sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß zunächst versucht worden sei, durch Änderungen an ihrem Arbeitsplatz geeignete Bedingungen für ihre weitere Berufsausübung zu schaffen, was aber keine Besserung ihrer Erkrankung gebracht habe. Sie habe nicht pensioniert werden wollen, es sei ihr aber nicht gelungen in ihrer Dienststelle einen anderen Arbeitsplatz zu erhalten, wohl deshalb, weil jeder Vorgesetzte die zu erwartenden "Krankenstände" gefürchtet habe. Neben dem Umstand, daß es sich bei der Erkrankung der Beschwerdeführerin um eine Berufskrankheit handle, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % bedinge, stehe weiters außer Streit, daß bei der Beschwerdeführerin bei jeder Art von Berufstätigkeit - also auch einer solchen, die mit einer möglichst geringen Belastung betreffend ihre Erkrankung verbunden sei - mit mehreren jeweils zwei bis drei Wochen dauernden Krankenständen zu rechnen sei. Bei einer allenfalls notwendigen Ergänzung des Beweisverfahrens - so macht die Beschwerdeführerin als Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend - hätte sich aber sogar ergeben, daß insgesamt pro Jahr auch mit mehr als drei Monaten an Krankenständen gerechnet werden müßte.
Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, die rechtlichen Überlegungen der belangten Behörde seien durch eine Anlehnung an die ASVG-Bestimmungen über die Versehrtenrente bestimmt, an der die belangte Behörde trotz der Einwände der Beschwerdeführerin ungerechtfertigterweise festhalte. Die belangte Behörde vertrete daher insbesondere die Ansicht, daß eine Erwerbsunfähigkeit wegen zu erwartender Krankenstände nur dann angenommen werden könne, wenn diese mit mindestens drei Monate zu prognostizieren seien. Dabei werde aber übersehen, daß diese drei Monate im Rahmen der Regelung des § 203 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG eine ganz andere Funktion hätten, als ein Abstellen auf die Dauer von Krankenständen. Es gehe hiebei lediglich darum, daß die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit das Ausmaß von drei Monaten habe, der Dienstnehmer müsse keineswegs drei Monate arbeitsunfähig sein, sondern die Erwerbsfähigkeit von 20 % oder 50 % müsse mindestens drei Monate dauern. Daß im ASVG ein solches - ohnehin relativ kurzes - Element der Dauer eingeführt worden sei, erkläre sich daraus, daß Anspruchsgegenstand dieses Regelungszusammenhanges eine Rente sei, also eine Art von Leistung, die ihrer Natur nach einen gewissen Dauercharakter habe, sodaß sie der Gesetzgeber nicht für Fälle vorsehen habe wollen, bei welchen eine kontinuierliche Heilung schon nach weniger als drei Monaten zu einem dem Grunde nach nicht mehr anspruchsberechtigend gewerteten Zustand geführt habe. Damit sei aber für die im Beschwerdefall maßgebende Fragestellung überhaupt nichts anzufangen.
Was diese Fragestellung betreffe, sei von den behördlichen Ausführungen diesbezüglich lediglich richtig, daß es für den Begriff der Erwerbsfähigkeit nicht auf eine konkrete Prognose ankomme, ob tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt ein Arbeitsplatz gefunden werde. Sehr wohl sei es aber relevant, ob auf dem Arbeitsmarkt eine grundsätzliche Unterbringungsmöglichkeit bestehe. Zu den unter diesem Aspekt zu berücksichtigenden Kriterien gehöre es bei den in Schüben auftretenden bzw. zur Arbeitsunfähigkeit führenden Gesundheitsstörungen auf das anzunehmende Verhältnis zwischen Zeiten der Arbeitsfähigkeit und Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit Bedacht zu nehmen. Es gebe hier unzweifelhaft eine Grenzlinie, ab welcher es nicht mehr von individuellen Faktoren beim Dienstgeber oder Dienstnehmer abhänge, ob ein Arbeitsverhältnis möglich sei, sondern ein solches deshalb generell ausscheide, weil das zu erwartende Verhältnis zwischen Krankenständen und Zeiten der Dienstleistung zu ungünstig sei. Es könne daher nicht die Frage sein, ob, sondern nur, wo diese Grenze zu ziehen sei.
Die belangte Behörde bestreite das prinzipiell selbst nicht, sie nehme lediglich im vorher dargestellten Sinne eine völlig untaugliche Anknüpfung für die Ziehung dieser Grenze beim § 203 ASVG (oder ähnlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen) an. Der Gesetzgeber habe in diesem Zusammenhang keineswegs zum Ausdruck gebracht, daß er eine Erwerbsunfähigkeit erst bei Vorkommen von ununterbrochen drei Monate dauernden Krankenständen angenommen wissen wolle, sondern mit dieser Mindestfrist von drei Monaten allein den oben schon angeführten Zweck verfolgt. Wann Erwerbsfähigkeit vorliege oder nicht, müsse daher aus dem Wesen dieses Begriffes selbst abgeleitet werden. Dazu habe die Beschwerdeführerin aber bereits im Verfahren vorgebracht, daß nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes bei zu erwartenden Krankenständen von sieben Wochen jährlich die Restarbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt unverwertbar sei - was naturgemäß "Erwerbsunfähigkeit" bedeute. Die belangte Behörde habe dieses Vorbringen zwar in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitiert, sei jedoch darauf nicht eingegangen. Vom Begriffsinhalt her sei kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß im Sinne des § 9 Abs. 1 PG 1965 eine Erwerbsfähigkeit noch angenommen werden könne, wenn eine verbliebene Restarbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbar sei. Ein Abweichen davon würde voraussetzen, daß die Einschätzung des Obersten Gerichtshofes als verfehlt angesehen werde, wofür es jedoch keinen Anhaltspunkt gebe.
Diesem Vorbringen kommt, was die zeitlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versehrtenrente nach § 203 ASVG im Verhältnis zu der Auslegung des § 9 Abs. 1 PG 1965 betrifft, Berechtigung zu. Aus der im § 203 Abs. 1 ASVG normierten Frist von "drei Monaten nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus" ist für die Frage der Erwerbsunfähigkeit nach § 9 Abs. 1 PG 1965 im Hinblick auf den anderen Regelungszweck des § 203 Abs. 1 ASVG nichts Entscheidendes zu gewinnen.
Aus folgenden Überlegungen kommt der Beschwerde auch sonst - im Ergebnis - Berechtigung zu:
Nach § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung der 8. Pensionsgesetznovelle, BGBl. Nr. 426/1985, hat die oberste Dienstbehörde einem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenußfähigen Bundesdienstzeit zuzurechnen.
Ausgehend von dem Sachverhalt, der im Beschwerdefall unstrittig feststeht, ist im Beschwerdefall primär die Rechtsfrage zu lösen, ob die Beschwerdeführerin, deren Gesundheitszustand voraussichtlich jährlich mehrere jeweils zwei bis drei Wochen dauernde Krankenstände bedingt, noch erwerbsfähig im Sinne des § 9 Abs. 1 PG 1965 ist oder nicht.
Die Anwendung des § 9 Abs. 1 PG 1965 setzt jedenfalls die Dienstunfähigkeit des Beamten voraus. Die Erwerbsunfähigkeit ist damit im Verhältnis zur Dienstunfähigkeit der weitere Begriff. Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann (medizinischer Aspekt) und kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz im Bereich seiner Dienstbehörde vorhanden ist, dessen Aufgaben der Beamte erfüllen kann und dessen Ausübung ihm billigerweise zugemutet werden kann (Vergleichsaspekt) (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1991, Zl. 90/12/0272).
Dem entgegen bedeutet der weitere Begriff der Erwerbsunfähigkeit, trotz des beruflich einschränkenden Zustandes, der Dienstunfähigkeit bewirkt hatte, doch in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Fähigkeit ist abstrakt zu beurteilen; es kommt also nicht darauf an, ob gerade ein Bedarf an der Verweisungstätigkeit besteht oder nicht. Maßgebend ist vielmehr, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Fähigkeit des Einsatzes für bestimmte Tätigkeiten gegeben sind. Hiebei ist auch zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit, Fähigkeit zur Selbstorganisation) gegeben ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juni 1994, Zl. 93/12/0150).
Voraussetzung für die Begünstigung nach § 9 Abs. 1 PG 1965 ist neben der Erwerbsunfähigkeit noch, daß diese ohne vorsätzliches Verschulden des Beamten eingetreten ist und die verbliebene Restarbeitsfähigkeit für einen zumutbaren Erwerb ausreicht. Die Erwerbsfähigkeit setzt jedenfalls eine im Arbeitsleben grundsätzlich notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit voraus (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juni 1994, Zl. 93/12/0150).
Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Beschluß vom 16. Juni 1992, 10 Ob S 119/92, unter Angabe weiterer Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß bei regelmäßig zu erwartenden Krankenständen von sieben Wochen jährlich ein Ausschluß des so gesundheitlich Reduzierten vom Arbeitsmarkt anzunehmen ist.
Wenn im Beschwerdefall festgestellt worden ist, daß der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin, und zwar unabhängig von einer speziellen beruflichen Tätigkeit, jedenfalls "mehrere jeweils zwei bis drei Wochen dauernde Krankenstände" notwendig mache, kann bei dem vorher dargestellten rechtlichen Hintergrund sowohl im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch der des Obersten Gerichtshofes nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse der Arbeitswelt einsatzfähig ist bzw. ob ihre verbliebene Restarbeitsfähigkeit noch am Arbeitsmarkt verwertet werden kann.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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