Normen
AuslBG §14a;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
AVG §38;
B-VG Art130 Abs2;
AuslBG §14a;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
AVG §38;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 17. Jänner 1995 (bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 18. Jänner 1995) stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG.
Mit Bescheid vom 7. September 1995 setzte die Behörde erster Instanz das Verfahren über diesen Antrag gemäß § 38 AVG bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin aus.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgender Begründung:
"Voraussetzung einer recht- und gesetzesmäßigen Aussetzung ist die Anhängigkeit einer Vorfrage bei der zuständigen Behörde. Im gegenständlichen Fall aber handelt es sich nicht um ein Verfahren vor der Behörde, sondern vor dem BG Purkersdorf.
Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und meinem Antrag auf Arbeitserlaubnis stattzugeben.
Selbst wenn dem nicht gefolgt würde, ist dem Bescheid entgegenzuhalten, daß bis zur rechtskräftigen stattgebenden Entscheidung über die Ehenichtigkeitsklage vom rechtsgültigen Bestehen der Ehe auszugehen ist, sodaß auch aus diesem Grund eine Aussetzung nicht gerechtfertigt werden kann und mangels Bestehens eines anderen Versagungsgrundes meine Arbeitserlaubnis zu bestätigen ist.
Schließlich verfüge ich um einen rechtsgültigen Befreiungsschein bis 24.3.1996.
Zumindest hätte die Behörde Erhebungen über den Verfahrensstand pflegen müssen, wonach sie sich selbst von der Aussichtslosigkeit des Rechtsstandpunktes der auf Nichtigkeit klagenden Staatsanwaltschaft Wien überzeugen konnte, zumal meine Gattin selbst zugestand, NICHT vor der Eheschließung Geld erhalten zu haben, SEHR WOHL die Ehe vollzogen zu haben und selbst anläßlich der Eheschließung gedacht zu haben, daß DARAUS EINE ÜBLICHE EHE
WÜRDE."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Nach Zitierung der §§ 66 Abs. 4 AVG und § 38 AVG führte sie begründend aus, zur Entscheidung über den Antrag auf Arbeitserlaubnis sei es im Hinblick auf die Bestimmung des § 14a Abs. 1 AuslBG von maßgeblicher Bedeutung, ob in dem dort genannten Zeitraum eine nach den Bestimmungen des AuslBG bewilligte Beschäftigung vorgelegen sei. Im Ermittlungsverfahren der erstinstanzlichen Behörde sei festgestellt worden, daß beim Bezirksgericht Purkersdorf ein Gerichtsverfahren zur Klärung der Rechtmäßigkeit der mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe des Beschwerdeführers anhängig sei. Da der Beschwerdeführer bisher mit einem Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG, dessen Rechtsanspruch sich aus dieser Ehe ableite, beschäftigt gewesen sei, sei der rechtskräftige Abschluß des genannten Gerichtsverfahrens für die Entscheidung über den Antrag auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis eine Vorfrage, die das Arbeitsmarktservice nach eigenen Anschauungen nicht zu beurteilen vermöge. Das Verfahren sei daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Vorfrage auszusetzen gewesen. Tatsache sei, daß der Beschwerdeführer einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG auf Grund seiner mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe erhalten habe. Tatsache sei weiters, daß ein Ehenichtigkeitsverfahren anhängig sei. Der Beschwerdeführer selbst habe das Verhandlungsprotokoll vom 7. Februar 1995, aufgenommen beim Bezirksgericht Purkersdorf in der Ehenichtigkeitssache, vorgelegt. Der belangten Behörde sei es nicht möglich, die Vorfrage eindeutig zu beurteilen, da dieses Urteil aber für die Entscheidung, ob eine Arbeitserlaubnis auszustellen sei oder nicht, wesentlich sei, könne die Berufungsbehörde nur der Entscheidung der ersten Instanz beipflichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der § 38 AVG in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991 lautet:
"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."
Die Vorschrift des § 38 AVG hat den Zweck, fehlerhafte oder einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden( vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Feber 1993, Zl. 92/09/0333 u.a.).
Zunächst ist klarzustellen, daß "Sache" der Entscheidung der Berufungsbehörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG der Bescheid auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG war. Auf die Beschwerdeausführungen über die materiellrechtlichen Voraussetzungen der vom Beschwerdeführer beantragten Arbeitserlaubnis braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer die mangelnde Präjudizialität der gerichtlichen Entscheidung über die Nichtigkeit seiner mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe geltend. Dem ist folgendes zu entgegnen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zl. 87/08/0139) ist unter einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren zu entscheiden ist. Präjudiziell - und somit Vorfragenentscheidung (durch die hierfür zuständige Behörde) - im verfahrensrechtlich relevanten Sinn ist nur eine Entscheidung, die erstens eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar, das heißt eine notwendige Grundlage ist, und zweitens die diese Rechtsfrage in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1988, Zl. 87/08/0139, und vom 2. Juli 1990, Zl. 90/19/0181 u.a.).
Voraussetzung für die Aussetzung ist daher 1. die Präjudizialität der Entscheidung über die Vorfrage und 2. die Anhängigkeit des darüber bei der zuständigen Behörde durchzuführenden Verfahrens.
Ob die Behörde bei Vorliegen der beiden oben genannten inhaltlichen Erfordernisse von der ihr im § 38 Satz 2 AVG eingeräumten Befugnis (Möglichkeit zur Aussetzung) Gebrauch macht, obliegt ihrem Ermessen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Ermessens vorlagen.
ad 1. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ist dem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn er mindestens 5 Jahre mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat. Nach den insoweit unstrittigen Feststellungen der Verwaltungsbehörden wurde dem Beschwerdeführer ein Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ausgestellt, was bedeutet, daß dieser sich daher allein auf den Tatbestand der aufrechten Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger stützt. Voraussetzung für die Bewilligung der beantragten Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG ist aber u.a. das Vorliegen einer erlaubten Beschäftigung. Wie auch die belangte Behörde richtig ausführt, ist eine Beschäftigung aber in diesem Sinne nicht mehr "erlaubt", wenn sie - wie im Beschwerdefall - auf einem Befreiungsschein im Sinn des § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG beruht, die tatbestandsmäßige Ehe aber wegen Nichtigkeit mit Wirkung ex tunc aufgehoben wurde.
ad 2. Gemäß § 49 Abs. 2 Z. 2b JN gehören ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes vor die Bezirksgerichte Streitigkeiten über die Scheidung, die Aufhebung oder die Nichtigerklärung einer Ehe oder über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Parteien. Ausschließlich zuständig für die anhängige Ehenichtigkeitsklage den Beschwerdeführer betreffend ist daher das örtlich zuständige Bezirksgericht, nämlich das Bezirksgericht Purkersdorf. Dessen Entscheidung ist daher für die belangte Behörde jedenfalls bindend. Daß das Verfahren über die Ehenichtigkeitsklage beim zuständigen Gericht noch im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde anhängig war, gesteht der Beschwerdeführer - allerdings in anderem Zusammenhang und unter Verkennung der rechtlichen Bedeutung - in der Beschwerde selbst zu.
Bereits aus diesen Gründen muß auf die weiteren, insbesondere unter dem Blickpunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, erstatteten Ausführungen in der Beschwerde nicht mehr eingegangen werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
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