Normen
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. August 1995 gab das Arbeitsmarktservice Graz dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Notstandshilfe unter Berufung auf die §§ 12 Abs. 3 lit. b und 12 Abs. 6 lit. c des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) keine Folge. In der Begründung wurde die Auffassung vertreten, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer nach dem letzten gültigen Einkommens- bzw. Umsatzsteuerbescheid einen Umsatz erzielt habe, welcher Arbeitslosigkeit ausschließe.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Nach der Begründung - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - sei der Beschwerdeführer bis 31. Jänner 1984 als Projektingenieur bei der W. AG in Wien beschäftigt gewesen. Am 19. Juni 1995 habe er einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt und dabei seinen Beruf als Angestellter angegeben. Mit Gesellschaftsvertrag vom 23. Mai 1986 hätten er und seine Ehefrau die C. HandelsgmbH gegründet, deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Waren aller Art sei. Vom Stammkapital der Gesellschaft habe der Beschwerdeführer eine Stammeinlage von S 300.000,--, seine Ehefrau eine solche von S 200.000,-- übernommen. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei der Beschwerdeführer für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses zum Geschäftsführer bestellt gewesen. Nach einem Schreiben vom 23. August 1994 habe er diese Funktion zu Gunsten seiner Gattin zurückgelegt. Bei der belangten Behörde seien in den Jahren 1988, 1989, 1990, 1991, 1992 und 1994 zahlreiche Auslandsaufenthalte des Beschwerdeführers aktenkundig. Es handle sich dabei zum überwiegenden Teil um Aufenthalte in Peking. Der für das Jahr 1994 vorliegende Bescheid des zuständigen Finanzamtes weise als Gesamtbetrag der Entgelte S 409.500,-- aus; die Einkünfte aus Gewerbebetrieb würden S 782.320,-- betragen. Nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gelte auch jemand, der ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten tätig sei, nicht als arbeitslos. Dabei komme es auf ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis nicht an. Es sei allerdings zu prüfen, welches Entgelt einem Betriebsfremden gebühren würde. Der "über die Jahre mitzuverfolgende Sachverhaltsverlauf" spreche nach Auffassung der belangten Behörde eine "deutliche Sprache". Die Auslandsaufenthalte des Beschwerdeführers sowie seine Berufsbezeichnung "Angestellter" machten seine Tätigkeit in der C. HandelsgmbH hinreichend deutlich. Da in dieser Gesellschaft, an der nur der Beschwerdeführer und seine Ehegattin beteiligt seien und dieser die Geschäftsführung obliege, rechtfertige es, vom "Betrieb des Ehegatten" zu sprechen. Davon, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers, würde sie von einem Betriebsfremden verrichtet, gegen ein Entgelt verrichtet würde, das die so genannte Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteige, sei im Beschwerdefall nicht auszugehen. Dem Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe habe daher nicht entsprochen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ist im Beschwerdefall offensichtlich von der mangelnden Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers im streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat sie die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers wegen seiner Tätigkeit im "Betrieb der Ehegattin", für die ein fiktiver Dienstnehmer ein Entgelt erhalten hätte, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis lit. c ASVG angeführten Beträge überstiegen hätte (vgl. § 12 Abs. 6 lit. d AlVG), verneint.
Dass die Erstbehörde dabei den Beschwerdeführer noch als selbstständig Erwerbstätigen im Sinne der §§ 12 Abs. 3 lit. b und 12 Abs. 6 lit. c AlVG beurteilt hat, die belangte Behörde ihre Entscheidung jedoch ersichtlich auf § 12 Abs. 3 lit. d und Abs. 6 lit. d AlVG gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Gegenstand der Entscheidung war der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Notstandshilfe. Dieser Antrag wurde mangels Arbeitslosigkeit abgelehnt. Die belangte Behörde hat dabei lediglich die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit auf eine andere Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gestützt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG ist die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Berufung der belangten Behörde auf § 12 Abs. 3 lit. d AlVG erweist sich allerdings aus folgenden Erwägungen als unzutreffend:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne des Abs. 1, wer in einem Dienstverhältnis steht oder (lit. d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder der Kinder tätig ist.
Nach § 12 Abs. 6 lit. d AlVG gilt jedoch als arbeitslos, wer ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde.
Als unzutreffend erweist sich die Auffassung der belangten Behörde, die C. HandelsgmbH sei ein "Betrieb der Ehegattin". Bei dieser Gesellschaft, für die der Beschwerdeführer tätig gewesen ist, handelt es sich nämlich auf Grund ihrer Eigenschaft als juristischer Person um ein eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten, das auch bei einer maßgeblichen Beteiligung der Ehegattin des Beschwerdeführers bzw. bei deren Geschäftsführerfunktion nicht als ein "Betrieb der Ehegattin" im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. d bzw. § 12 Abs. 6 lit. d AlVG angesehen werden kann (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 21. September 1993, Zlen. 91/08/0145, 0146).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Stempelgebührenersatz konnte nur für
drei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zugesprochen werden.
Wien, am 31. Mai 2000
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