VwGH 96/06/0167

VwGH96/06/01672.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. Mai 1996, Zl. 03-12.10 P 34-96/1, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Purgstall bei Eggersdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Stmk 1995 §119 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
VwRallg;
BauG Stmk 1995 §119 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Februar 1993 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer einer im Freiland liegenden Liegenschaft der Auftrag erteilt, die auf diesem Grundstück konsenslos aufgestellte Teichhütte bis spätestens 30. April 1993 zu beseitigen. Aufgrund einer Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser baupolizeiliche Auftrag mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Juli 1993 aufgehoben. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. November 1995 als Aufsichtsbehörde wurde dieser Bescheid des Gemeinderates als nichtig erklärt und aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. März 1996 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den baupolizeichen Auftrag nur insoweit stattgegeben, als die Leistungsfrist mit acht Wochen nach Rechtskraft des Berufungsbescheides festgesetzt wurde.

Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers erging der angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abwies. Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, daß gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen seien. Vorschriftswidrig sei jeder Bau, für den sowohl im Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich gewesen sei, eine solche aber nicht vorliege. Zum Einwand des Beschwerdeführers, daß es sich bei der gegenständlichen Hütte nicht um einen Neubau handle, sondern von einem Altbestand auszugehen sei, zumal lediglich auf den Grundmauern des früheren, sogar größeren Gebäudes nunmehr ein kleineres Gebäude errichtet worden sei, sei auszuführen, daß gemäß § 57 Abs. 1 lit. a Steiermärkische Bauordnung 1968 Neubauten oder Bauten, bei denen nach Abtragung oder Zerstörung eines bestehenden Baues dessen Grund- und Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet würden, einer Bewilligung der Baubehörde bedürften. Dementsprechend sei sehr wohl davon auszugehen, daß diese Wiedererrichtung auf den Grundmauern auch einen bewilligungspflichtigen Tatbestand im Sinne der Steiermärkischen Bauordnung 1968 darstelle. Schließlich wird auch auf die Bewilligungspflicht des Bauwerkes nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59, eingegangen. Auch nach diesem Gesetz seien Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen bewilligungspflichtig bzw. unter gewissen restriktiven Voraussetzungen gegebenenfalls anzeigepflichtig. Wie nach der alten Rechtslage sehe auch das Steiermärkische Baugesetz 1995 die Beseitigung vorschriftswidriger baulicher Anlagen vor.

Des weiteren untersucht die belangte Behörde, ob (im Hinblick auf die Fischzucht des Beschwerdeführers) ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege, und verneint diese Frage. Da somit festgestellt worden sei, daß im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege und sowohl zum Zeitpunkt der Errichtung der Hütte als auch im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages eine baubehördliche Bewilligungspflicht gegeben gewesen sei, sei der Beschwerdeführer durch den mit Vorstellung bekämpften Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der erkennbar die Verletzung im Recht, einen baupolizeilichen Auftrag nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erteilt zu erhalten, geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bekämpft insbesondere die Auffassung der belangten Behörde, daß das gegenständliche Bauwerk auch nach dem Steiermärkischen Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, bewilligungspflichtig sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß das gegenständliche Bauauftragsverfahren gemäß § 119 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz 1995 nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen war. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinen Erkenntnissen vom 20. Februar 1997, Zl. 94/06/0218, und vom 29. August 1996, Zl. 96/06/0066, ausgesprochen hat, ist bei Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 auch bei Anwendung des § 119 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz bei der Beurteilung der Bewilligungspflicht zum Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages auf das Steiermärkische Baugesetz 1995 abzustellen. Es ist daher im Beschwerdefall entscheidungswesentlich, ob der gegenständliche Bau auch nach dem Stmk Baugesetz bewilligungspflichtig ist.

2. § 21 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz lautet auszugsweise:

(1) Zu den bewilligungsfreien Vorhaben gehört die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:

...

2. kleineren baulichen Anlagen, wie insbesondere:

...

  1. g) Gerätehütten im Bauland bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 30 m2;

    ...

  1. 3. kleineren baulichen Anlagen, soweit sie mit den in Z. 2 angeführten Anlagen und Einrichtungen hinsichtlich Größe und Auswirkungen auf die Nachbarn vergleichbar sind;

    ..."

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bekämpft der Beschwerdeführer (der sich schon in seiner Vorstellung auf die Zulässigkeit der Errichtung der gegenständlichen Hütte nach dem Steiermärkischen Baugesetz berufen hat) den angefochtenen Bescheid zunächst mit dem Hinweis auf § 21 Abs. 1 Z 2 lit. g Steiermärkisches Baugesetz.

Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Hinweis auf § 21 Abs. 1 Z 2 lt. g Steiermärkisches Baugesetz, daß nur Gerätehütten im Bauland bis zu der dort genannten Gesamtfläche von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind. Für das vorliegende Grundstück, welches im Freiland liegt, kommt somit § 21 Abs. 1 Z 2 lit. g Steiermärkisches Baugesetz 1995 nicht zum Tragen.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer jedoch auf § 21 Abs. 1 Z 3 Steiermärkisches Baugesetz hin. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit dieser Bestimmung nicht auseinandergesetzt. Sie hat aufgrund des Umstandes, daß die vom Beschwerdeführer vorgenommene Wiedererrichtung eines Gebäudes an der Stelle eines früher bestandenen Gebäudes eine Neuerrichtung darstellt, auf die Bewilligungspflicht der baulichen Anlage geschlossen, ohne die Möglichkeit einer Bewilligungsfreiheit gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 Steiermärkisches Baugesetz in Betracht zu ziehen (nach dem vorgelegten Verwaltungsakt hat das Bauwerk eine Nutzfläche von 13,7m2).

Die belangte Behörde ist ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht zum Ergebnis gekommen, daß die Beurteilung der Gemeindebehörde zutreffend gewesen sei. Sie hat damit den auf Gemeindeebene unterlaufenen Verfahrensmangel der nicht ausreichenden Begründung des Vorliegens der Bewilligungspflicht des gegenständlichen Bauvorhabens nach dem Steiermärkischen Baugesetz nicht wahrgenommen. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

3. Soweit der Beschwerdeführer weiters an sich zutreffend auf § 40 Abs. 2 Stmk. Baugesetz hinweist, demzufolge bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig gelten, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären, ist aus dem Blickwinkel des vorliegenden Verfahrens auf folgendes hinzuweisen:

Der Beschwerdeführer ist den im Verwaltungsverfahren (im Gutachten des Sachverständigen zur Frage des Vorliegens eines landwirtschaftliche Betriebes, welches dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt worden war) getroffenen Feststellungen betreffend die Errichtung der gegenständlichen Hütte im Jahre 1987 nicht entgegengetreten. Er hat in seiner Vorstellung nicht geltend gemacht, daß ein rechtmäßiger Bestand im Sinne des § 40 Stmk. Baugesetz vorliege (er hat sich vielmehr in der Vorstellung nur gegen die Annahme der Bewilligungspflicht bzw. die Verneinung des Vorliegens eines landwirtschaftlichen Betriebes gewendet). Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, in ihrer Vorstellungsentscheidung auch die Frage zu behandeln, ob entgegen den Sachverhaltsfeststellungen der Gemeindebehörde bezüglich die Errichtung der Hütte von einem früheren Errichtungszeitpunkt auszugehen wäre und dementsprechend gegebenenfalls auch die vom Beschwerdeführer nunmehr genannte Ausnahmebestimmung anwendbar wäre. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer § 40 Stmk. Baugesetz erst in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend macht, steht diesem Vorbringen auch das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen, da rechtliche Ausführungen, die neue Sachverhaltsfeststellungen erforderlich machen würden, ebenfalls durch das Neuerungsverbot ausgeschlossen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1966, Slg. Nr. 6883/A und die bei Dolp, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit,

3. Auflage, 553, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Auf dieses Vorbringen ist daher im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr einzugehen.

4. Im Hinblick auf die unter 2. dargestellten Überlegungen war jedoch der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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