Normen
AVG §8;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §51 Abs1;
AVG §8;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §51 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühl vom 2. Juli 1996 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer, somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "P-Gesellschaft m.b.H."
verantwortlich zu sein, daß für dieses Unternehmen tätige namentlich genannte Personen mit bestimmten Kunden über einen jeweiligen Aufnahmeantrag für die Mitgliedschaft bei der "S-AG" jeweils auch eine Versicherung für den Fall einer Erkrankung, eines Unfalles, des Todes (Überführung) während der Reise ins Ausland abgeschlossen haben und somit von der P-Gesellschaft m.b.H. das Versicherungsagentengewerbe ausgeübt worden sei, ohne hiefür die Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Es liege daher eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 Z. 3 GewO 1994 vor. Zur Sicherung der Strafe des Verfalls wurde gemäß § 39 VStG eine weiße Ringmappe mit Werbematerial in Beschlag genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem Bescheid vom 9. August 1996 wies der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 24, 51 und 51e VStG als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch wenn der erstbehördliche Bescheid an den Beschwerdeführer adressiert und somit auch an ihn ergangen sei, sei seine dagegen erhobene Berufung nicht zulässig. Der Bescheid sei nämlich - ungeachtet der Frage seiner Rechtmäßigkeit - ins Leere gegangen. Die Beschlagnahme von Gegenständen könne nur dem Eigentümer gegenüber ausgesprochen werden. Sei Eigentümer, wie hier, eine andere Person als der Beschuldigte des Verwaltungsstrafverfahrens, so könne eine lediglich dem Beschuldigten gegenüber ausgesprochene Beschlagnahme in dessen Rechtssphäre keine Auswirkungen haben. Aus der fehlerhaften Adressierung des Beschlagnahmebescheides folge keineswegs eine Berufungslegitimation. Daß auch der Eigentümer der betreffenden Gegenstände kein Berufungsrecht habe, folge daraus, daß der Bescheid gar nicht an ihn gerichtet gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei eine Verwaltungsübertretung in seiner Eigenschaft als vertretungsbefugtes Organ der P-Gesellschaft m.b.H. vorgeworfen worden, wobei sich die weiße Ringmappe mit Werbematerial im Eigentum dieser Gesellschaft befinde und nicht im Eigentum des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den Rechten auf Entscheidung in der Sache, Anerkennung der Parteistellung, Zugestehung und Ausübung des Berufungsrechtes sowie Nichtvornahme einer Beschlagnahme entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er, neben Argumenten gegen die Berechtigung der erfolgten Beschlagnahme vor, richtig sei, daß der Verfallsbescheid zumindest auch der Eigentümerin, also der Gesellschaft hätte zugestellt werden müssen. Dies ändere aber nichts an der Rechtswirksamkeit des Bescheides, da sowohl ihm als auch der Gesellschaft Parteistellung im Verfahren zukomme. Nach ständiger Rechtsprechung werde das Berufungsrecht im Verfahren betreffend Beschlagnahme von Verfallsgegenständen sowohl dem Beschuldigten als auch dem davon verschiedenen Eigentümer zugestanden, unbestrittenermaßen müsse aber zumindest einem Beschuldigten und dem Adressaten des Verfallbescheides die Parteistellung und damit Rechtsmittellegitimation zugebilligt werden.
Gemäß § 17 VStG dürfen, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.
Gemäß § 39 Abs. 1 VStG kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.
Die belangte Behörde verkennt im vorliegenden Fall den normativen Gehalt des erstbehördlichen Bescheides, wenn sie meint, er sei deshalb ins Leere gegangen, weil die in Rede stehende Ringmappe mit Werbematerial nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stehe. Eine Beschränkung der Wirksamkeit der im erstbehördlichen Bescheid ausgesprochenen Beschlagnahme lediglich auf den Fall, daß die gegenständliche Ringmappe mit Werbematerial im Eigentum des Beschwerdeführers steht, ist weder dem erstbehördlichen Bescheid unmittelbar zu entnehmen, noch ergibt sie sich aus dem Gesetz. Mit ihrer Rechtsansicht, da die Beschlagnahme von Gegenständen nur gegenüber dem Eigentümer ausgesprochen werden könne, sei der erstbehördliche Bescheid ins Leere gegangen, verkennt die belangte Behörde den Unterschied zwischen Rechtswirksamkeit und Rechtswidrigkeit.
Die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen nach § 39 Abs. 1 VStG ist Teil des Verwaltungsstrafverfahrens, in dem jedenfalls der Beschuldigte Parteistellung genießt. Es steht ihm daher - unabhängig von einem allfälligen Berufungsrecht des Sacheigentümers (vgl. den hg. Beschluß vom 27. September 1949, Slg. N.F. Nr. 989/A und das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Zl. 83/17/0034) - gemäß § 51 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 6 VStG das Recht der Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid ohne Rücksicht darauf zu, ob er Eigentümer des beschlagnahmten Gegenstandes ist.
Da die belangte Behörde dies verkannte belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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