Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchpunktes 4.) einschließlich des darauf bezughabenden Straf- und Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. März 1996 wurde der Beschwerdeführer u.a. wie folgt schuldig erkannt:
"... Der Beschuldigte, Herr P, hat es als gewerberechtlicher Geschäfsführer der K-Hotel OHG, welche zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Hotels berechtigt ist, zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 18.8.1993 in W, S-Straße 3, beim Betrieb der gewerblichen Betriebsanlage bescheidmäßig vorgeschriebene Auflagen insoferne nicht eingehalten, als folgende Mängel bestanden:
2) entgegen Punkt 12) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MBA f.d. 1./8. Bezirk, vom 15.5.1979, Zl. MBA 1/8 - Ba 15632/1/79, wonach die Eisentüren zum Müllsammelraum, zum Aufstellungsraum der Lüftungsaggregate und zum Heizraum durch Anbringen einer wärmedämmenden Schicht (Asbest) und Blech feuerhemmend auszugestalten und diese Türen selbstschließend einzurichten sind, war die Türe zum Müllraum und die zum Heizraum nicht selbstschließend eingerichtet, da es sich bei diesen Türen um Flügeltüren handelte und der Stehflügel nicht selbstschließend eingerichtet war.
4) Entgegen Punkt 5) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MBA f.d. 1./8. Bezirk, vom 2.12.1982, Zl. MBA 1/8 - Ba 15632/1/82, wonach der Elektroinstallationsschacht neben dem Zentralheizungsrauchfang an der rechten Grundgrenze (von der Straße aus gesehen) allseits auch an seinem oberen und unteren Ende brandbeständig (F 90) abgeschlossen sein muß und alle Zugangstüren zu diesem Schacht brandbeständig (T 90) gemäß ÖNORM B 3850 ausgebildet sein müssen, war die ÖNORM-Plakette, die die Brandschutzqualifikation gemäß Punkt 5.5 ÖNORM B 3850 aufweisen muß, auf den Türen zum Elektroinstallationsschacht übertapeziert und augenscheinlich nicht feststellbar."
Der Beschwerdeführer habe dadurch zu Punkt 2) § 367 Z. 26 GewO 1973 i.d.g.F. i.V.m. Punkt 12) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Mai 1979, Zl. MBA 1/8 - Ba 15632/1/79, und zu Punkt 4) § 367 Z. 26 GewO 1973 i.V.m. mit Punkt 5) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 2. Dezember 1982, Zl. MBA 1/8 - Ba 15632/1/82, i.V.m. Punkt 5.5 der ÖNORM B 3850 vom 1. Mai 1976, begangen, weshalb gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 jeweils eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je einem Tag) verhängt wurde.
Zur Begründung wurde diesbezüglich ausgeführt, der Beschwerdeführer sei der Meinung, Punkt 12) der Auflage des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Mai 1979 im Jahre 1979 entsprochen zu haben. Seit der Bauzeit des Hauses seien die in dieser Auflage genannten Türen stets als Flügeltüren ausgeführt worden. Der Gehflügel sei mit einer Selbstschließvorrichtung ausgestattet worden. Die Anbringung eines Schließfolgereglers sei im Punkt 12) des Bescheides vom 15. Mai 1979 schon deshalb nicht vorgeschrieben worden, weil es im Jahre 1979 solche Schließfolgeregler noch gar nicht gegeben habe. Die Seltbstschließvorrichtung habe sich daher lediglich auf den Gehflügel beziehen können. Der Stehflügel, der nur in Ausnahmefällen geöffnet werde, benötige eine solche Selbstschließvorrichtung nicht. Im übrigen sei auch dieser Mangel bei den vorhergegangenen kommissionellen Überprüfungen nicht beanstandet worden. Eine Verschraubung des Stehflügels sei sofort nach der Verhandlung am 18. August 1993 vorgenommen worden. Zur Auflage Punkt 5) des Bescheides vom 2. Dezember 1982 vertrete der Beschwerdeführer die Meinung, die sichtbare Anbringung der ÖNORM-Plakette sei darin nicht vorgeschrieben worden. Bei den vorangegangenen Überprüfungen sei die fehlende Sichtbarkeit der ÖNORM-Plakette niemals beanstandet worden. Es sei lediglich die Bestätigung des Baumeisters über den Einbau dieser Türen sowie die Bestätigung des Türenherstellers über die ÖNORM-gerechte Ausführung verlangt worden. Über Verlangen seien diese Bestätigungen jedesmal vorgewiesen worden.
Zu Punkt 12) des Bescheides vom 15. Mai 1979 habe die Behörde ermittelt, daß es nach den Ausführungen des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 36 auch 1979 schon technisch möglich gewesen wäre, Flügeltüren bescheidkonform zu gestalten, indem ein Schließfolgeregler angebracht, eine Selbstschließer eingebaut und für die automatische Verriegelung des Stehflügels Vorsorge getroffen hätte werden können. Daß der Stehflügel nur selten geöffnet werde, mag daran nichts zu ändern. Punkt 5) des Bescheides vom 2. Dezember 1982 verweise auf die ÖNORM B 3850. Gemäß Punkt 5. der ÖNORM B 3850 vom 1. Mai 1976 müßten geprüfte Bandschutzabschlüsse, die nach dieser ÖNORM gekennzeichnet seien, in Schloßhöhe im Türblattfalz auf der Seite des Bandes eine Einprägung oder ein unlösbar montiertes Metallschild in einer Mindestgröße von 105 mm x 22 mm aufweisen. Erwiesen sei, daß an sämtlichen Türen zum Elektroinstallationsschacht die ÖNORM-Plaketten, die die Brandschutzqualifikation auswiesen, übertapeziert und daher nicht sichtbar gewesen seien, weshalb die zu Punkt 4) angelastete Tat in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei. Daß die dem Beschwerdeführer angelasteten Mängel bei früheren Begehungen nicht beanstandet worden seien, vermöge den Beschwerdeführer nicht zu entschuldigen, da er als gewerberechtlicher Geschäftsführer dafür Sorge zu tragen habe, daß die Betriebsanlage den Bescheidauflagen entspreche. Maßgeblich sei der Inhalt der Bescheidauflagen und nicht das Ergebnis einer Begehung der Betriebsanlage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Türen seien bei der Errichtung des Hotels 1959 doppelflügelig ausgeführt und der Stehflügel nach dieser Einbringung mit einem Kantenriegel fixiert worden. Es sei technisch unbestritten, daß die Anbringung eines Selbstschließers auch an Stehflügeln nur dann sinnvoll sei, wenn auch ein Schließfolgeregler angebracht werde, um zu gewährleisten, daß Flügeltüre und Gehtüre auch in der richtigen Reihenfolge schließen. In der Auflage werde die Anbringung eines Schließfolgereglers nicht genannt. Die ÖNORM B 3850 vom 1. Mai 1976 habe ebenfalls noch keinen Schließfolgeregler gekannt, sondern erst bei der Änderung der ÖNORM mit 1. Oktober 1986 werde erstmals bestimmt, daß zweiflügelige Türen eine Einrichtung zur selbsttätigen Regulierung der Schließfolge aufweisen müßten. Davon abgesehen verweise diese Bescheidauflage auf keine ÖNORM. Daß ein Schließfolgeregler und eine Selbstschließvorrichtung des Stehflügels nicht Bescheidinhalt der genannten Auflage gewesen sei, zeige auch, daß der Amtssachverständige selbst ausgeführt habe, daß eine Verschraubung des Stehflügels zur Erfüllung des Bescheides genüge. Auflagen hätten so formuliert zu sein, daß der Betroffene klar entnehmen könne, was ihm tatsächlich aufgetragen werde. Bezüglich der übertapezierten ÖNORM-Plakette verweise diese Auflage des Bescheides vom 2. Dezember 1982 zwar auf die ÖNORM B 3850, doch spreche diese Auflage nur von einer brandbeständigen Ausbildung von Türen, schreibe aber nicht vor, daß diese Zugangstüren eine sichtbare ÖNORM-Plakette aufweisen müßten. Abgesehen davon, daß die ÖNORM nicht verpflichtend eine Kennzeichnung zum Zeitpunkt der Erlassung der Auflage vorgesehen habe, sei in der Bescheidauflage ausdrücklich nur die Ausbildung gemäß der ÖNORM genannt, eine Verpflichtung zur Kennzeichnung sei aber nicht aufgenommen. Dies wäre schon deshalb gar nicht möglich gewesen, weil es eine obligatorische Verpflichtung zur Kennzeichnung für die Hersteller nicht gegeben habe. Trotz ausdrücklichem Antrag habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht einvernommen. Dadurch sei eine erschöpfende Erörterung des Sachverhaltes zum Nachteil des Beschwerdeführers hintangehalten. Bezüglich der Einhaltung der Auflagen hätten bereits mehrere Begehungen stattgefunden, wobei stets die Erfüllung der beiden - nunmehr bemängelten - Auflagen von den Amtssachverständigen angenommen worden seien, weshalb den Beschwerdeführer kein Verschulden an einem allfälligen Mangel in der Auflagenerfüllung treffe.
Gemäß § 367 Z. 26 der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt hier anzuwendenden Gewerbeordnung 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 82a Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
Dadurch, daß § 367 Z. 26 leg. cit. auf die in Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. März 1994, Zl. 93/04/0255, u.a.).
Im Beschwerdefall hat sich die belangte Behörde zunächst auf die Auflage des gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1973 ergangenen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Mai 1979, Zl. MBA 1/8 - Ba 15632/1/79, bezogen, da die Aktenlage des Verwaltungsverfahrens folgenden Inhalt aufweist:
"Eisentüren zum Müllsammelraum, zum Aufstellungsraum der Lüftungsaggregate und zum Heizraum sind durch Anbringen einer wärmedämmenden Schicht (Asbest) und Blech feuerhemmend auszugestalten. Die Türen sind selbstschließend einzurichten."
Bei verständiger Würdigung dieser individuellen Norm kann die dem Beschwerdeführer aufgetragene Verpflichtung, Eisentüren selbstschließend einzurichten, nur bedeuten, Türen so zu gestalten, daß sie sich nach dem Öffnen systembedingt selbsttätig schließen. Derart ist - soweit der Beschwerdeführer die Bestimmtheit der Auflage bekämpft - auch nicht zu finden, daß die Auflage dem Verpflichteten nicht jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflage zweifelsfrei erkennen ließe. Wenn nun aber die Türen im Beschwerdefall nicht als einflügelige sondern als zweiflügelige Türen ausgebildet wurden, so ändert dies nichts daran, daß diese Funktion gewahrt sein muß; d.h. uneingeschränkt auch durch den sogenannten "Stehflügel". Eine einschränkende Auslegung der in Frage stehenden Auflage, daß sich diese nur auf den sogenannten "Gehflügel" bezöge, läßt deren objektiver Wortlaut - abgesehen von der Frage eines allfälligen Wertungswiderspruchs mit dem (offenkundig brandschutztechnischen) Zweck der Regelung - nicht zu.
Was die Verfahrensrüge der mangelnden Einvernahme des Beschwerdeführers betrifft, wird es in der Beschwerde unterlassen, die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels darzustellen. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hinweist, habe sich nach den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides die Einvernahme des Beschwerdeführers deshalb erübrigt, weil seinem Vorbringen, daß die bei der Begehung der gegenständlichen Betriebsanlage am 18. August 1993 festgestellten Mängel bei vorhergehenden Begehungen der Betriebsanlage nicht bemängelt worden seien, ohnehin Glauben geschenkt worden sei. Was der Beschwerdeführer bei einer persönlichen Einvernahme darüber hinaus vorgebracht hätte, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt.
Der Beschwerdeführer ist aber im Recht, soweit er sich
gegen den Spruchpunkt 4) wendet.
Im Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 2. Dezember 1982 heißt im Punkt 5) unter anderem:
"Alle Zugangstüren zu diesem Schacht müssen brandbeständig
(T 90) gemäß ÖNORM B 3850 ausgebildet sein."
Wie in der Beschwerde zutreffend hervorgehoben wird, spricht die Auflage daher nur von einer brandbeständigen AUSBILDUNG der Türen nicht aber (auch) von einer entsprechenden Kennzeichnung. Daß aber in der (brandbeständigen) "Ausbildung" nach ÖNORM B 3850 deren entsprechende Kennzeichnung mitumfaßt wäre, läßt sich auch aus der verwiesenen ÖNORM B 3850 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vom 1. Mai 1976) nicht ableiten. Dies schon deshalb, weil die von der belangten Behörde herangezogene Kennzeichnungsvorschrift des Punktes 5. keine verpflichtende Kennzeichnung vorsieht, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist ("Wenn geprüfte Brandschutzabschlüsse nach dieser ÖNORM gekennzeichnet werden, müssen sie ...").
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im übrigen aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)