Normen
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AVG §58 Abs2;
VStG §16 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §50;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §58 Abs2;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AVG §58 Abs2;
VStG §16 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §50;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §58 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) Mödling vom 19. Juli 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. insgesamt zehn Übertretungen nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz 1972, BGBl. Nr. 234, in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 144/1974 und 544/1982 in Verbindung mit verschiedenen Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) bzw. in Verbindung mit verschiedenen Bescheidauflagen des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 2. August 1990, betreffend Genehmigung der Änderung von Betriebsanlagen, begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurden hinsichtlich der Spruchpunkte 1, 6, 7 und 8 vier Geldstrafen in der Höhe von je S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 14 Tage), hinsichtlich der Spruchpunkte 3, 4 und 10 drei Geldstrafen zu je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 14 Tage) sowie hinsichtlich des Spruchpunktes 5 eine Geldstrafe von "S 60.000,--" (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) - sohin insgesamt S 340.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 132 Tage) verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (in Senatsbesetzung) vom 12. Februar 1996 wurde der vom Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung insofern Folge gegeben, als die zu den Punkten 1, 6, 7 und 8 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses jeweils verhängten Geldstrafen von S 50.000,-- auf je S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 7 Tage), die zu den Punkten 3, 4 und 10 jeweils verhängten Geldstrafen von S 20.000,-- auf je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 7 Tage) sowie die zu Spruchpunkt 5 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von "S 60.000,--" auf S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen), sohin auf einen Gesamtbetrag von S 160.000,--, herabgesetzt wurden.
Die Spruchpunkte 2 und 9 des erstinstanzlichen Strafbescheides, mit denen Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 10 Tage) verhängt worden waren, waren nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides, weil hinsichtlich dieser Strafaussprüche eine gesonderte Entscheidung durch das zuständige Ersatzmitglied der belangten Behörde erging.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer lediglich die Strafbemessung bekämpft, macht dieser Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie "mangelhafte Tatsachenfeststellung zufolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (sekundärer Verfahrensmangel)" geltend und führt u.a. aus, er fühle sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf gesetzeskonforme Ermessensausübung gemäß § 19 VStG verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach Absatz 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer bringt zunächst im wesentlichen vor, daß sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde mit "Strafexzeß" gegen ihn vorgegangen sei. Die belangte Behörde stütze die verhängten Verwaltungsstrafen im wesentlichen auf die kurzfristige Verengung von Haupt- bzw. Nebenverkehrswegen im Verkaufsraum, die kurzfristige Verstellung eines Notausganges sowie die - aufgrund baulicher Gegegebenheiten - minimale Verengung eines nur im Notfalle zu benutzenden Treppenaufganges. Diese Verwaltungsübertretungen würden zwar eine Gefährdung von Kunden im Notfall bewirken, diese minimale Gefährdung rechtfertige jedoch keineswegs eine Geldstrafe im Betrag von jeweils S 25.000,--, die sich nach dem umstrittenen Kumulationsprinzip auf "S 160.000" aufsummiere.
Dem Beschwerdeführer ist zunächst zu entgegnen, daß es im Hinblick auf den Grundsatz des § 22 VStG über die kumulative Bestrafung keinen mildernden Umstand darstellen kann, wenn über einen Täter, der durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, auch mehrere Strafen nebeneinander verhängt werden (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1995, Zl. 93/02/0321).
Im übrigen gesteht der Beschwerdeführer selbst zu, daß die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen durchaus eine Gefährdung von Kunden im Notfall bewirken würden, was gleichermaßen auch für Arbeitnehmer des Beschwerdeführers - die Vermeidung von Gefahr für deren Leben und Gesundheit entspricht dem primären Zweck arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen - gilt.
Ferner hat die belangte Behörde mehrfach auf die Berücksichtigung von mehreren, teilweise einschlägigen, teilweise auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen des Beschwerdeführers hingewiesen, sodaß bei einem Strafrahmen von bis zu 50.000,-- S (siehe § 31 Abs. 2 lit. p ASchG in der vorzitierten Fassung) selbst bei Annahme von durchschnittlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hinsichtlich der Höhe der einzelnen verhängten Geldstrafen nicht von einem "Strafexzeß" gesprochen werden kann.
Der Beschwerdeführer bringt vor, gemäß § 5 Abs. 1 VStG genüge zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimme. Die belangte Behörde habe ihm jedoch ein bedingt vorsätzliches Handeln unterstellt und dies als Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung herangezogen. Diese rechtliche Beurteilung könne sich jedoch nicht auf die getroffenen Feststellungen stützen. Die belangte Behörde vermeine weiters, das bedingt vorsätzliche Handeln des Beschwerdeführers nicht auf die konkreten Umstände zum Tatzeitpunkt rückführen zu müssen, sondern begnüge sich mit einem Verweis, daß der Beschwerdeführer bereits
16 rechtskräftige, teilweise einschlägige bzw. auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafen aus dem Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes aufweise.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Aussage, die Filiale sei baulich so gestaltet, daß es überhaupt nicht möglich wäre, die Waren im Zuge von Lieferungen gesetzmäßig zu lagern, bei umfangreichen Warenanlieferungen komme, ja müsse es geradezu zu Verengungen der "Verkehrswege" kommen, sowie das Vorliegen von acht - wie sich aus der im Verwaltungsstrafakt erliegenden Vorstrafenabfrage ergibt - einschlägigen bzw. auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, zum Zeitpunkt der Begehung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten rechtskräftigen Vorstrafen, welche die belangte Behörde zu Recht ebenfalls als straferschwerend werten konnte, zeigt jedoch, daß der Beschwerdeführer über die Problematik der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in den ihm anvertrauten Filialen Bescheid wußte, die Verwirklichung der gesetzlichen Tatbilder jedenfalls ernstlich für möglich hielt und sich jedoch damit, insbesondere im Hinblick auf das fehlende Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems, welches die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften garantieren würde, abfand. Die belangte Behörde konnte daher ohne Rechtsirrtum von der Annahme des Vorliegens eines bedingten Vorsatzes als Straferschwerungsgrund bei der Strafbemessung ausgehen.
Hiebei ist es auch unter dem Gesichtspunkt des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG im Hinblick auf ein das Verschulden ausschließendes "wirksames (ausreichendes) Kontrollsystem" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Mai 1995, Zl. 95/02/0026) nicht ausreichend, daß der Beschwerdeführer, wie er in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 16. November 1995 angab, die in Rede stehende Filiale einmal wöchentlich kontrolliert bzw. im Falle von Warenanlieferungen in seiner Gegenwart umgehend Maßnahmen setzt, falls er Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften wahrnimmt.
Wenn der Beschwerdeführer weiters geltend macht, die belangte Behörde habe keine Feststellungen über seine Einkommens- und Vermögenssituation getroffen, so ist er darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde erkennbar seine diesbezüglichen, u.a. in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 16. November 1995 gemachten Angaben der Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. S. 9, fünfter Absatz des angefochtenen Bescheides).
Der Beschwerdeführer erachtet sich letztlich hinsichtlich der Höhe der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen, hiebei insbesondere durch die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 7 Tagen trotz Verhängung von Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe, in seinen Rechten verletzt. Wie jedoch eine Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes sowohl an den Beschwerdeführer als auch an die belangte Behörde ergab, hat der Beschwerdeführer die gesamte Geldstrafe am 12. Juni 1996 entrichtet. Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen können daher nicht mehr vollzogen werden. Der Beschwerdeführer ist demzufolge durch die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafen - unabhängig davon, ob diese dem Gesetz entsprachen oder nicht - in seinen Rechten nicht verletzt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0088). Jedoch ist im Beschwerdefall dadurch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafen nachträglich das Rechtsschutzinteresse weggefallen, was für den Aufwandersatz nach § 58 Abs. 2 VwGG i. d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 - wie noch zu zeigen ist - von Bedeutung ist.
Im Lichte dieser Ergebnisse sowie im Hinblick darauf, daß die Delikte, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurden, mit Strafe bis zu S 50.000,-- bedroht sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Strafzumessung der Geldstrafen ihren Ermessensspielraum überschritten hätte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 58 Abs. 2 VwGG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
§ 58 Abs. 2 VwGG in der genannten Fassung sieht u.a. vor, daß in Fällen, in denen bei einer Beschwerde nachträglich das Rechtsschutzinteresse wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Es ist daher zu prüfen, welche Partei obsiegende und welche unterlegene Partei gewesen wäre, wenn das Rechtsschutzinteresse nicht weggefallen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, Zl. 94/13/0076).
Zwar ist im Beschwerdefall das Rechtsschutzinteresse nur hinsichtlich eines Teilbereiches, nämlich der Festsetzung der Höhe der jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafe (in jeweils einheitlicher Höhe) weggefallen, jedoch betraf dies einen für die Beschwerde wesentlichen Punkt, sodaß auch in diesem Fall die dargestellten Grundsätze für einen Kostenzuspruch nach § 58 Abs. 2 leg.cit. Anwendung finden.
Ungeachtet des Umstandes, daß die Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen sind, hätte die belangte Behörde eine Begründung dafür zu geben gehabt, warum sie bei (von ihr bereits reduzierten) Geldstrafen im Ausmaß von 20 bis 60 % des gesetzlichen Höchstrahmens bei der Ersatzfreiheitsstrafe den Strafrahmen jedoch jeweils im Ausmaß von 50 % (vgl. § 16 Abs. 2 VStG) ausgeschöpft hat, sodaß teilweise ein nach dem Verhältnis der Höchststrafen zu bemessender erheblicher Unterschied besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, Zl. 91/18/0217).
Eine derartige Begründung ist jedoch im angefochtenen Bescheid unterblieben, sodaß das diesbezügliche Beschwerdevorbringen - im Falle des Fortbestandes des Rechtsschutzinteresses - zumindest zum Teil zum Erfolg geführt hätte, weshalb der Beschwerdeführer in einem solchen Fall (vgl. § 50 VwGG) als obsiegende Partei anzusehen gewesen wäre. Hinsichtlich der Zuerkennung der Kosten war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)