VwGH 95/21/0983

VwGH95/21/098327.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache des IS in Linz, geboren am 9. Mai 1955, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. November 1994, Zl. St 310/94, betreffend Ausweisung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AsylG 1997 1991;
AufG 1992 §12;
AufG 1992;
FrG 1993 §17 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AsylG 1997 1991;
AufG 1992 §12;
AufG 1992;
FrG 1993 §17 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 21. November 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 8. Mai 1992 in Spielfeld zu Fuß illegal über die grüne Grenze in das Bundesgebiet gelangt. Er sei nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes gewesen. Der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 21. Mai 1992 abgewiesen worden. Seine dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 29. April 1994, rechtswirksam erlassen am 5. Mai 1994, ebenfalls abgewiesen worden. Er halte sich demnach nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da er entgegen den Bestimmungen des zweiten Teiles des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet eingereist sei. Weiters sei ihm weder ein Sichtvermerk noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 (AsylG 1991) komme ihm schon deshalb nicht zu, da er weder den paßrechtlichen Vorschriften nach, noch direkt aus dem Land eingereist sei, in dem er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen. Eine vorläufige Aufenthaltsbestätigung sei ihm auch nicht ausgestellt worden. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 4. Oktober 1994 habe der Beschwerdeführer auch nicht bestritten, daß er in Slowenien bereits anderweitig Schutz vor Verfolgung genossen habe. Slowenien sei seit 27. September 1991 Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention und seit 15. Jänner 1992 durch die EG als eigener Staat anerkannt.

Auf Grund der persönlichen Situation des Beschwerdeführers (er sei zwar verheiratet und habe drei Kinder, seine Familie lebe jedoch im Kosovo; weiters sei er seit seiner Einreise nach Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen) könne angenommen werden, daß durch die Verfügung der Ausweisung kein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben vorliege. Selbst wenn ein solcher Eingriff vorläge, könne es keinem Zweifel unterliegen, daß zur Aufrechterhaltung der Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) die Verhinderung des Aufenthaltes "undokumentierter", illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender Fremder dringend geboten sei. Einem geordneten Fremdenwesen und in dieser Hinsicht der Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften komme ein sehr hoher Stellenwert zu.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers bezüglich einer eventuellen Verfolgungsgefahr in seinem Heimatland komme insofern keine Beachtung zu, als in diesem Verfahren nur die Ausweisung verfügt und nicht darüber entschieden werde, in welches Land er unter Umständen abgeschoben werden könne.

Der Beschwerdeführer sei daher auszuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Beschwerdeführer reiste am 8. Mai 1992 von Slowenien aus nach Österreich und stellte am 11. Mai 1992 einen Asylantrag. Dadurch erwarb er gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, im Hinblick darauf ein vorläufiges Aufenthaltsrecht, daß den slowenischen Behörden sein vorübergehender Aufenthalt in diesem Staat offensichtlich nicht bekannt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0094). Dieses vorläufige Aufenthaltsrecht wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage auch bescheinigt. Mit Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 mit 1. Juni 1992 galt dieses vorläufige Aufenthaltsrecht im Hinblick darauf, daß das Asylverfahren gemäß § 25 Abs. 2 des Asylgesetzes 1991 nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes weiterzuführen war, als vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 weiter (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 95/18/0473). Der angefochtene Bescheid wurde zu einem Zeitpunkt erlassen (29. November 1994), als dem Beschwerdeführer das genannte vorläufige Aufenthaltsrecht deshalb nicht (mehr) zukam, weil das Asylverfahren infolge Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers durch Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1994 (nach der Aktenlage zugestellt am 5. Mai 1994) bereits rechtskräftig abgeschlossen war. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof; dieser wurde mit Beschluß vom 10. Jänner 1995, Zl. AW 94/01/0573, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird, etwa durch Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (vgl. den hg. Beschluß vom 12. Mai 1997, Zl. 96/21/0245), durch die Gewährung von Asyl (vgl. den hg. Beschluß vom 13. November 1997, Zl. 95/18/1332) oder auch durch die Einräumung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts gemäß einer aufgrund § 12 des Aufenthaltsgesetzes erlassenen Verordnung (vgl. den hg. Beschluß vom 23. Oktober 1997, Zl. 95/18/1306). Mit der Legalisierung des Aufenthaltes des betroffenen Fremden ändert sich nämlich die für die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG maßgebliche Sachlage in einem wesentlichen Punkt, wodurch die objektiven Grenzen der Rechtskraft überschritten werden und ein solcher Bescheid seine rechtlichen Wirkungen verliert und auch nicht mehr vollstreckbar ist (vgl. dazu Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Aufl. 1995, Rz 995).

Eine solche wesentliche Änderung der für die Erlassung des hier angefochtenen Bescheides maßgeblichen Sachlage ist im vorliegenden Fall durch die mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1995, Zl. AW 94/01/0573, ausgesprochene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 1994, mit dem sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden war, erhobene Beschwerde bewirkt worden. Damit wurde die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nämlich in jene Lage zurückversetzt, die er vor Erlassung des genannten Bescheides hatte, weshalb dem Beschwerdeführer das asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsrecht wieder zukam; sein Aufenthalt wurde nachträglich legalisiert. Hinzuweisen ist darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof zwar in ähnlichen Fällen den Eintritt der Gegenstandslosigkeit von gegenüber im Instanzenzug abgewiesenen Asylwerbern ergangenen Ausweisungsbescheiden nicht angenommen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0078). Diese unterscheiden sich vom vorliegenden Fall aber dadurch, daß das Bestehen bzw. Wiederaufleben einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nicht unzweifelhaft war.

Die nach Erlassung dieses Beschlusses eingebrachte Beschwerde richtet sich daher gegen einen Bescheid, der bereits zum Zeitpunkt ihrer Erhebung seine rechtlichen Wirkungen verloren hatte. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 1998

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