Normen
AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und reiste am 26. November 1991 in das Bundesgebiet ein. Am 27. November 1991 beantragte er, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner am 31. März 1992 erfolgten niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark gab er zu seinen Fluchtgründen an, er habe auf Grund seiner Schulbildung während seiner Militärzeit (angegeben mit 1987 bis 1989) im Fronteinsatz zum Irak ein Waffenlager ca. 20 km von seinem Wohnort entfernt verwaltet. Nach Ende des Krieges mit dem Irak sei er aus dem Militärdienst entlassen worden und habe als Fernmelder bei der staatlichen Erdölgesellschaft in Ahwaz gearbeitet. Seit seiner Entlassung aus dem Militär seien etwa dreimal Militärangehörige zu ihm nach Hause gekommen und hätten eine Hausdurchsuchung vorgenommen, weil nach seiner Militärzeit das von ihm verwaltete Waffenlager geplündert worden und er selbst in Verdacht gestanden sei, diese Waffen an die Mudjaheddin weitergegeben zu haben. Im September 1991 seien wieder Militärangehörige zu ihm nach Hause gekommen und hätten bei einer Hausdurchsuchung Videokassetten und Briefe seines Bruders aus Schweden gefunden. Am 9. September 1991 sei er festgenommen und einvernommen und bis zum 16. September 1991 festgehalten worden. Während seiner Haftzeit sei er weder geschlagen noch gefoltert worden. Da die beschlagnahmten Videokassetten und Briefe gegen die bestehende Regierung gerichtet gewesen seien, habe er Angst gehabt, für längere Zeit in Haft genommen und vor Gericht gestellt zu werden. Dies sei primär der Grund seiner Flucht gewesen. Da er Angst gehabt habe, sei er auch, ohne im Besitz eines Reisedokumentes zu sein, überstürzt illegal in die Türkei gereist. Bis zu dieser Festnahme sei er von den Behörden des Iran nie gegen Bestimmungen der Genfer Konvention verfolgt oder in Haft genommen worden. Er sei bei der Ölgesellschaft als Fernmelder beschäftigt und sei keinerlei behördlichen Maßnahmen unterstellt gewesen.
In seiner fristgerecht gegen den abweisenden Formularbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 7. August 1992 erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer lediglich auf seine in erster Instanz gemachten Angaben und machte einen darüber hinausgehenden Sachverhalt zunächst nicht geltend. Erst mit Berufungsergänzung vom 20. November 1992 rügte der Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit seiner niederschriftlichen Erstvernehmung mit der Begründung, dieser sei kein Persisch-, sondern nur ein Englischdolmetsch beigezogen worden, sodaß es für ihn schwierig gewesen sei, sich "richtig auszudrücken" und schloß daran folgende, ergänzende Darstellung seiner Fluchtgründe:
"Das erste Mal kam ich in Konflikt mit dem iranischen Regime, als ich am 05.03.1986 mit meiner Freundin in der Stadt spazieren ging. Deshalb wurde ich von der Polizei festgenommen. Ohne Gerichtsurteil wurde ich in aller Öffentlichkeit mit 45 Schlägen mit einem Lederriemen bestraft. Das war für mich eine große Demütigung. Ich zog mich von meinen Freunden zurück und versagte in der Folge auch bei der Schulabschlußprüfung.
Von 1987 bis 1989 war ich beim Militär. Ich erhielt aber ein Jahr lang keinen Militärausweis.
Am 20.07.1988 kam es zu einem Vormarsch der irakischen Truppen. Wir mußten zurückweichen, da wir keine Chance gegen die irakische Übermacht hatten. Deswegen wurden wir verhaftet und eine Woche festgehalten. Ich wurde verhört und gefragt, ob ich den Mudschaheddin angehöre und warum wir nicht die Islamische Republik verteidigen wollten.
Die Polizei durchsuchte mein Elternhaus und fand viele Briefe, Zeitungen, Bücher und Videokassetten, die sich gegen die Islamische Republik richteten.
Ich wurde vom Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch meinem Schwager, der ein Polizeibeamter ist, gelang es, mich nach vielen Schwierigkeiten aus dem Gefängnis herauszuholen. Doch mein Name wurde auf die Schwarze Liste gesetzt und fortan wurde ich ständig von der Polizei beobachtet.
Nach meiner Freilassung mußte ich so tun, als wäre ich ein islamischer Fundamentalist. Ich mußte zum Freitagsgebet in die Moschee gehen und gegen die USA und alle westlichen Staaten demonstrieren.
Auch durfte ich nicht die Universität besuchen, da mein Name auf der Schwarzen Liste stand.
Da ich durch die ständige Kontrolle der Polizei und die Schikanen, denen ich ausgesetzt war, keine Möglichkeit hatte, im Iran in Freiheit zu leben, meine politische Meinung nicht sagen durfte, da ich sonst sofort wieder als Staatsfeind verhaftet worden wäre, gab es für mich keine andere Möglichkeit, als aus dem Iran zu fliehen, verließ ich am 12.08.1991 den Iran. Über die Türkei flüchtete ich nach Österreich."
Mit Bescheid vom 1. Oktober 1993 wies die belangte Behörde die Berufung (samt deren Ergänzung) gemäß § 66 Abs. 4 AVG (infolge Verneinung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991) ab.
Aufgrund der dagegen gerichteten Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/19/0223, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Anwendung der Rechtslage nach dem AsylG 1991 anstelle jener nach dem AsylG ä1968ü) auf, sodaß das Berufungsverfahren neuerlich bei der belangten Behörde anhängig wurde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers (neuerlich) gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, er sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes. Sie begründete dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der von ihr (nunmehr richtigerweise) in Anwendung gebrachten Rechtslage nach dem AsylG (1968) dahingehend, die Behörde könne einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im wesentlichen gleichbleibende Angaben mache, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erschienen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluß aufdrängten, daß sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprächen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe daher nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder gar widersprüchlich darstelle. Der Behauptung angeblicher Verständigungsschwierigkeiten hielt die belangte Behörde entgegen, der Beschwerdeführer habe nicht nur seine Fluchtgeschichte (gemeint: Fluchtweg) gleichlautend dargelegt, sondern er habe auch die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben mit seiner Unterschrift bestätigt. Der Beschwerdeführer habe bei der Frage nach seinen Fremdsprachenkenntnissen zuerst Englisch, dann Türkisch und etwas Deutsch angegeben. Er habe auch am Ende der Niederschrift erklärt, diese in englischer Sprache verstanden und seinen Angaben nichts mehr hinzuzufügen zu haben. Es sei daher objektiv kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, der Einvernahme zu folgen oder sich in hinreichendem Maße auszudrücken. Allerdings unterzog die belangte Behörde in weiterer Folge das in der Berufungsergänzung enthaltene Vorbringen (offenbar eventualiter) einer rechtlichen Beurteilung, wonach dem Vorfall vom 5. März 1986 der zeitliche Konnex zur Ausreise fehle und der kurzfristigen Inhaftierung, den Hausdurchsuchungen, Verhören und Befragungen sowohl der Zusammenhang mit einem der in der Genfer Konvention genannten Gründe als auch die durch die Genfer Konvention geforderte Intensität des Eingriffs fehle. Der in der Berufungsergänzung enthaltene Hinweis auf eine vom Militärgericht erfolgte Verurteilung zu lebenslanger Haft sei im Hinblick darauf unglaubwürdig, daß der Beschwerdeführer noch anläßlich seiner Ersteinvernahme angegeben habe, im Iran nie verfolgt oder in Haft genommen worden zu sein und auch sonst von dieser Verurteilung keinerlei Erwähnung gemacht habe. Darüber hinaus sei weder das Fehlen des Rechtes auf freie Meinungsäußerung noch die ablehnende Haltung eines Asylwerbers dem innen- und außenpolitischen System seines Heimatlandes gegenüber ein Grund, ihn als Flüchtling anzuerkennen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zunächst rügt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, einen eindeutigen, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Sachverhalt festzustellen. Diese Rüge ist nicht berechtigt, ist doch zweifelsfrei davon auszugehen, daß die belangte Behörde jene Angaben als glaubwürdig ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt hat, die der Beschwerdeführer anläßlich seiner Ersteinvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark gemacht hat. Ebenso zweifelsfrei ist zu erkennen, daß die belangte Behörde ein darüber hinausgehendes, erst in der Berufungsergänzung erstattetes Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine gegenteiligen Angaben in erster Instanz als unglaubwürdig erachtete, wobei die von der belangten Behörde diesbezüglich dargelegten Erwägungen nachvollziehbar sind und auch in der Beschwerde nicht weiter bekämpft werden. Darüber hinaus hat die belangte Behörde ohnedies auch den ergänzten Sachverhalt - mit Ausnahme der als unglaubwürdig erachteten Behauptung des Bestehens eines auf lebenslange Haft lautenden Urteiles gegen den Beschwerdeführer - einer rechtlichen Beurteilung unterzogen, sodaß der Beschwerdeführer durch die Unterlassung einer ausdrücklichen Feststellung auch dieser Behauptungen in keinem subjektiven Recht verletzt worden sein kann. Aus diesem Grunde erübrigen sich auch Ausführungen zur Frage, inwieweit der Hinweis auf die Unterfertigung einer Niederschrift im Sinne des § 15 AVG eine stichhältige Antwort auf die Behauptung sprachlicher Unzulänglichkeiten im Rahmen der Ersteinvernahme sein kann.
Geht man daher von dem von der belangten Behörde insgesamt rechtlich beurteilten Sachverhalt aus, ist eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Die belangte Behörde befindet sich auf dem Boden der Rechtslage, wenn sie kurzfristigen Inhaftierungen, Verhören und Hausdurchsuchungen allein, nämlich ohne Hinzutreten von Umständen, die asylrechtliche Relevanz aufweisen, die Eignung, Flüchtlingseigenschaft zu indizieren, abspricht (vgl. hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0323).
Auch der "Anregung" in der Beschwerde, die Bestimmung des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 in der Fassung BGBl Nr 610/1994 an den Verfassungsgerichtshof zur Gesetzesprüfung vorzulegen, war nicht aufzugreifen, da im vorliegenden Fall, auch im Sinne des aufhebenden Vorerkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, das AsylG (1968) Anwendung zu finden hatte und die Bestimmung des § 20 AsylG 1991 in keinem Fall für die Entscheidung des vorliegenden Falles präjudiziell war.
Insgesamt erweist sich daher die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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