VwGH 95/20/0485

VwGH95/20/048518.9.1997

DerVerwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des A in Graz, vertreten durch Dr. Günter Vasicek, Rechtsanwalt in Krems, Schwedengasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. Dezember 1994, Zl. 403.394/61-V6/94, betreffend Überstellung in den Entlassungsvollzug, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der in der Justizanstalt Stein eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßte, beantragte am 20. November 1994 seine Überstellung in den vorzeitigen Entlassungsvollzug. Mit formloser Entscheidung des Leiters der Justizanstalt wurde die Überstellung des Beschwerdeführers in den Entlassungsvollzug abgelehnt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. Dezember 1994 wurde der dagegen erhobenen Beschwerde gemäß § 121 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 145 Abs. 2 StVG sowie § 46 Abs. 2 und 3 StGB nicht Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift, aus der hervorgeht, daß das urteilsmäßige Strafende der Strafhaft des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Amnestie 1995 der 17. Jänner 1997 sei. Im Hinblick auf dieses Entlassungsdatum befände sich der Beschwerdeführer seit 17. Jänner 1996 im Entlassungsvollzug.

Aufgrund einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, wann der Beschwerdeführer tatsächlich aus seiner Strafhaft entlassen wurde, wurde mit Schriftsatz des Bundesministers für Justiz vom 4. August 1997 bekanntgegeben, daß der Beschwerdeführer tatsächlich (nach Antritt einer nicht amnestiebegünstigten Freiheitsstrafe von drei Monaten) am 17. Juni 1997 entlassen worden sei.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 1997 wurde an den Beschwerdeführer angesichts dessen Überstellung in den bedingten Entlassungsvollzug (und schließlich seiner Entlassung) die Frage gerichtet, ob er sich hinsichtlich seiner, die Verweigerung der Überstellung in den bedingten Entlassungsvollzug zu einem früheren Zeitpunkt bekämpfenden Beschwerde als nunmehr klaglos gestellt erachte.

Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 12. August 1997 erklärte dieser, es sei richtig, daß aufgrund der inzwischen eingetretenen Umstände, wie Überstellung in den Entlassungsvollzug und voraussichtliches Haftende kein Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der von ihm eingebrachten Beschwerde bestehe. Da er aber die Beschwerde am 9. August 1995 eingebracht habe und damals von einer Überstellung in den Entlassungsvollzug noch keine Rede gewesen sei, sei die gegenständliche Beschwerde berechtigt gewesen. Er beantrage daher eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darüber, inwieweit die von ihm eingebrachte Beschwerde berechtigt gewesen sei, wobei bejahendenfalls der belangten Behörde die Kosten auferlegt werden mögen.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A, vom 23. Mai 1985, Zl. 84/08/0080 = ZfVB 1986/2/0749, vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026 u.a.).

Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer, der zwischenzeitig nicht nur in den Entlassungsvollzug überstellt, sondern auch aus der Strafhaft entlassen wurde, kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Wegen der bereits eingetretenen Beendigung der Strafhaft des Beschwerdeführers wäre die Lösung der Frage, ob die angefochtene Nichtüberstellung in den frühzeitigen Entlassungsvollzug mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, nur mehr von rein theoretischer Bedeutung. Es ist aber nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1968, VwSlg. Nr. 7425/A, vom 20. März 1986, Zl. 85/07/0249, vom 18. Mai 1988, Zl. 87/01/0076 u.a.). Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch (an den Beschwerdeführer) gemäß § 56 VwGG nicht vor. Allerdings kommt § 58 Abs. 2 VwGG, eingefügt durch die Novelle

BGBl. Nr. 88/1997, zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer war hinsichtlich der Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu behandeln, als ob er unterlegene Partei im Sinn des § 47 VwGG wäre, da bei inhaltlicher Prüfung die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre.

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