VwGH 95/19/0044

VwGH95/19/004431.8.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Oktober 1994, Zl. 4.340.496/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, ist am 15. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag beantragt, ihm Asyl zu gewähren.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 13. August 1992 hat er entscheidungswesentlich angegeben, daß sein Vater bis zu dessen Tod im Oktober 1990 Vorsitzender der "Reformed Ogboni Fraternity Benin Circle" gewesen sei; dabei handle es sich um eine Vereinigung, die sich gegen die Christen - der Beschwerdeführer ist ein solcher - gerichtet habe. In den Statuten dieser Ogboni-Gesellschaft sei verankert gewesen, daß der älteste Sohn als Vorsitzender seinem Vater nachfolge. Da der Beschwerdeführer dies aber nicht habe tun wollen, sei er von der Polizei gewarnt worden, daß er möglicherweise von den Mitgliedern der Gesellschaft ermordet werden könnte. Von dem Zeitpunkt dieser Warnung am 2. Oktober 1991 bis zu seiner Ausreise Ende Februar 1992 sei der Beschwerdeführer von der Polizei beschützt worden. Da der Beschwerdeführer Angst gehabt habe, von den Mitgliedern der Gesellschaft ermordet zu werden, habe er Nigeria verlassen.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling (im Sinne des Asylgesetzes (1968)) sei.

Im Berufungsverfahren legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Polizeibehörden seines Heimatlandes vor, in dem die Erzählung des Beschwerdeführers wiedergegeben wird; als Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen wird empfohlen, daß der Beschwerdeführer entweder die Stelle seines Vaters einnimmt oder sich nach "anderen Alternativen" umsehen solle. Aus diesem Schreiben ergibt sich auch, daß Verdächtige inhaftiert und vernommen, gegen Sicherheitsleistung aber wieder freigelassen wurden.

Mit dem Bescheid vom 11. Oktober 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Dagegen richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Über diese hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war".

Diese Auffassung trifft aber angesichts der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nach dem 1. Juni 1992 - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf das des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt hat - aufgrund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 nicht zu. Dies führt aber noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat; diese Bestimmung führte aber zu keiner inhaltlichen Änderung gegenüber dem nach § 1 AsylG (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff. Danach ist Flüchtling nur eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Davon ausgehend hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers deshalb keine Folge gegeben, weil es sich bei den von ihm beschriebenen Drohungen der angeführten Gesellschaft um das Vorgehen von Privatpersonen und nicht um konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den angeführten Gründen handle. Dieser Argumentation der belangten Behörde ist unter Zugrundelegung des vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der Behörde erster Instanz vorgetragenen Sachverhaltes beizupflichten, weil sich daraus nicht ergibt, daß die ihm gegenüber angeblich ausgesprochenen Drohungen von staatlichen Stellen ausgegangen oder sonst dem Staat zuzurechnen wären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0541, vom 21. April 1994, Zl. 94/19/0209, und vom 4. Juli 1994, Zl. 94/19/1134). Der Beschwerdeführer bringt vielmehr selbst vor, daß ihn die Polizei seines Heimatstaates bis zu seiner Ausreise beschützt habe.

Soweit also der Beschwerdeführer vor dem Gerichtshof erstmals vorbringt, daß ihm durch die nigerianische Polizei kein Schutz geboten wurde, da diese islamisch dominiert sei und sich daher bewußt aus der Auseinandersetzung heraushalte, entfernt er sich von dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG zugrundezulegenden Sachverhalt.

Da sich der angefochtene Bescheid sohin als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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