Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Juni 1995 wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers vom 23. Mai 1995 gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er im Iran gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Fremdengesetzes führte die belangte Behörde aus, daß in einem Feststellungsverfahren nach § 54 iVm § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG das Vorbringen des Antragstellers die zentrale Entscheidungsgrundlage darstelle, wobei es diesem obliege, alles Zweckdienliche vorzubringen, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 FrG nachvollziehbar zu machen. Dazu sei zunächst festzuhalten, daß der Beschwerdeführer selbst keine konkreten Verfolgungshandlungen staatlicher Behörden seines Heimatlandes gegen seine Person behauptet habe. Er selbst habe vor der Erstbehörde angegeben, bis zu seiner Flucht "mit der Polizei nicht in Berührung" gekommen zu sein. Der Beschwerdeführer nehme lediglich an, von der Polizei gesucht zu werden, weil er sich von einem Freund das verbotene Buch "Satanische Verse" ausgeborgt hätte. Darüber hinaus wären seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester festgenommen worden. Abgesehen davon, daß die Eltern des Beschwerdeführers unmittelbar nach der Festnahme wieder freigelassen worden seien, stellten die von ihm vorgebrachten Umstände keine ausreichenden Indizien für seine persönliche Bedrohung oder Gefährdung i.S. des § 37 FrG dar. Wie dargetan, hätten bislang keine Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer stattgefunden. Selbst wenn man davon ausgehe, daß seine Annahme den Tatsachen entspreche, habe er jegliche Aussage darüber vermissen lassen, worin seine Gefährdung oder Bedrohung gelegen sein solle bzw. was ihn zur Annahme kommen lasse, wegen des entliehenen Buches um sein Leben oder seine Freiheit fürchten zu müssen.
Angesichts des gegebenen Sachverhaltes hätten keine stichhaltigen Gründe für die Annahme objektiviert werden können, daß der Beschwerdeführer im Iran gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/1182, und vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0167).
2.1. Die Beschwerde bringt dazu vor, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, welche Folgen seine Unbesonnenheit, nämlich das Lesen der Satanischen Verse von Salman Rushdi, für seine Familie gehabt hätte und von Anfang an behauptet, "daß der von ihm gezogene Schluß, er befinde sich in Todesgefahr, zwingend ist". Das Negieren einer Gefahr durch die Behörde beruhe auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Es dürfe als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, daß der vom Iran ausgehende "Todesbefehl gegen Salman Rushdi, gegen einen Übersetzer und einen Verleger im Ausland vollzogen wurde". "Daß ein Übertreter der Ächtung dieses Buches im Inland, also im Iran, mit schweren Nachteilen zu rechnen hat, damit ist sicher zu rechnen. Ein solcher Schluß ist nach der Lebenserfahrung sicher zulässig. Durch den nunmehr vorliegenden Brief der Eltern ist die unmittelbare Todesgefahr bewiesen."
2.2. Anläßlich seiner (in Anwesenheit eines Dolmetsch durchgeführten) Vernehmung vor der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) am 23. Mai 1995 begründete der Beschwerdeführer seinen bei dieser Gelegenheit gestellten Antrag nach § 54 FrG damit, daß er in seinem Heimatland politisch verfolgt werde. Ihm sei eines Tages von einem Freund, einem namentlich genannten Buchhändler, das Buch "Satanische Verse" von Salman Rushdi zum Lesen überlassen worden. Er habe dann erfahren, daß das Geschäft seines Freundes von der Polizei durchsucht worden sei, und dieser durch Repressalien gezwungen seinen Namen preisgegeben habe. Als der Beschwerdeführer am nächsten Tag nach Hause gekommen sei, habe er schon von weitem Fahrzeuge der Polizei vor seinem Haus gesehen und sei deshalb sofort zu seinem Bruder und dann weiter zu seinem zweiten Bruder geflüchtet. Die Nachbarn des Beschwerdeführers seien zu seinem Bruder gekommen und hätten erzählt, daß sein Vater, sein Bruder und seine Schwester verhaftet worden wären. Daraus habe der Beschwerdeführer geschlossen, daß die Polizei auch ihn suche. Nach einem ca. einmonatigen Aufenthalt bei einem Bekannten sei er mit Hilfe eines Schleppers zunächst nach Dubai und von dort weiter nach Deutschland geflüchtet. Bis zu seiner Abreise aus dem Iran sei er mit der Polizei nicht in Berührung gekommen. Er könne auch nicht angeben, ob gegen ihn ein Haftbefehl bestehe; er glaube nur, daß er von der Polizei gesucht werde.
In seiner Berufung vom 13. Juni 1995 gab der Beschwerdeführer an, daß sich seine Furcht vor Verfolgung auf die Beobachtung gründe, daß in einem der Fahrzeuge, mit denen die Revolutionswächter zu seiner Wohnung gefahren seien, um seine Eltern und Geschwister zu verhaften, auf dem Rücksitz sein Freund, der besagte Buchhändler, gesessen sei, was die Vermutung nahelege, daß dieser in der Haft der Revolutionswächter gefoltert worden sei und ihnen den Namen des Beschwerdeführers verraten habe. Zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers werde beantragt, mit Hilfe des österreichischen Botschafters in Teheran Erkundigungen einzuziehen über die "Hausdurchsuchung in Shiraz, Abdelabad, 20 Metri Fergas Nr. 7, im Hause des Antragstellers".
2.3. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dieses Vorbringen des Beschwerdeführers weder als zur Glaubhaftmachung einer Gefährdung i.S. des § 37 Abs. 1 FrG (Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe) noch als zur Glaubhaftmachung einer Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 2 leg. cit. (des Lebens oder der Freiheit aus Gründen seiner politischen Ansichten) ausreichend erachtete.
Zum einen ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers im Iran aufgrund seiner politischen Ansichten bedroht sein sollte, wo er doch laut seiner Aussage vom 23. Mai 1995 sich das Buch "Satanische Verse" ausgeborgt hat, "weil ein junger Mensch meiner Meinung nach seine Bildung vergrößern möchte". Zum anderen ist der unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers in ihrer Gesamtheit - selbst wenn man, wie die belangte Behörde, hinsichtlich der Tatsachenbehauptungen dem Beschwerdeführer folgt - gezogene Schluß, daß eine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers im Iran i.S. des § 37 Abs. 1 FrG als nicht wahrscheinlich zu erkennen sei, unbedenklich. Denn die (zum Teil nach kurzem beendete) Inhaftierung einzelner Familienmitglieder des Beschwerdeführers, der Transport des Buchhändlers durch Revolutionswächter zum Haus des Beschwerdeführers, die vermutete Preisgabe seines Namens durch den Buchhändler und eine Hausdurchsuchung, die im übrigen, ebenso wie die Verhaftung einzelner Familienangehöriger, vom Beschwerdeführer selbst nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem angeblich ihm zur Last gelegten Lesen des besagten, ausgeborgten Buches gebracht worden ist, in Verbindung mit der Erklärung, nicht zu wissen, ob überhaupt ein Haftbefehl gegen ihn vorliege, vielmehr nur zu glauben, daß er von der Polizei gesucht werde, vermögen in keiner Weise glaubhaft zu machen, daß der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Iran aus dem von ihm behaupteten Grund Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
2.4. Von daher gesehen geht die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe sich mit dem Berufungsvorbringen nicht auseinandergesetzt und nicht begründet, wieso sie das Vorbringen für unrichtig halte, ins Leere. Der mit der Beschwerde vorgelegte, am 28. Juni 1995 in Shiraz zur Post gegebene Brief der Eltern des Beschwerdeführers an ihn, aus dem sich angeblich die "unmittelbare Todesgefahr" des Beschwerdeführers ergebe, konnte von der belangten Behörde aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigt werden. Seiner Einbeziehung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren steht das Neuerungsverbot entgegen (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
3. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangte, daß der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe i.S. des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft machte, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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