VwGH 95/18/0925

VwGH95/18/092511.7.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. März 1995, Zl. 105.287/3-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 29. März 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung (nach der Aktenlage: auf Verlängerung) einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin verfüge nach ihren eigenen Angaben über kein Einkommen. Ihr Lebensunterhalt solle aufgrund der Verpflichtungserklärung ihres Lebensgefährten gedeckt werden. Das Einkommen des "Verpflichters" sei jedoch für einen "dreiköpfigen Haushalt" zu gering, sodaß die dauernde Sicherung des Unterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG nicht gewährleistet sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung "Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist".

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt.

Nach der Bestimmung des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG kann die Behörde einem Fremden trotz Vorliegens u.a. des Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z. 2 leg. cit. einen Sichtvermerk erteilen, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint. Diese Ausnahmebestimmung kommt auch dann zum Tragen, wenn die Behörde ihre Entscheidung nicht ausdrücklich auf das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 2 oder Z. 3 FrG, sondern auf den im § 5 Abs. 1 AufG hervorgehobenen, inhaltsgleichen Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes stützt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0328).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht bei der Beurteilung der Frage, ob der erwähnte Ausschließungsgrund gegeben sei, auf das Einkommen des die Verpflichtungserklärung abgebenden Lebensgefährten der Beschwerdeführerin abgestellt.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang jedoch zu Recht das Fehlen von konkreten Feststellungen als Grundlage für die Heranziehung des Ausschließungsgrundes des nicht gesicherten Lebensunterhaltes.

2.2. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, welcher monatliche Betrag für den Unterhalt der Beschwerdeführerin, ihres Lebensgefährten und ihres Kindes tatsächlich zur Verfügung steht. Sie hat es auch verabsäumt darzulegen, welchen monatlichen Unterhaltsbedarf dieser Personen sie ihrer rechtlichen Beurteilung, daß der Lebensunterhalt im Grunde des § 5 Abs. 1 AufG nicht gesichert sei, zugrundegelegt hat, wie sie also den unbestimmten Gesetzesbegriff "nicht gesicherter Lebensunterhalt" ausgelegt hat.

3. Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei einem Unterbleiben des aufgezeigten Verfahrensmangels zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigen) Ergebnis hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur die Vorlage von zwei Ausfertigungen der Beschwerde und einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides erforderlich war.

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