Normen
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §1 Abs2;
AufG 1992 §12;
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §1 Abs2;
AufG 1992 §12;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG könnten Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden, "wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des Fremdengesetzes (zweiter Teil) oder unter Umgehung der Grenzkontrolle" eingereist seien und binnen einem Monat betreten würden. Außerdem seien Fremde gemäß § 17 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf § 19 leg. cit. auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.
Der Beschwerdeführer, in dessen Reisepaß sich "keinerlei Grenzkontrollstempel" fänden, habe bei seiner Vernehmung am 2. September 1994 vorgebracht, daß er am 22. August 1994 mit einem Reisebus von Zagreb nach Wien gekommen wäre. Es sei eine Erfahrungstatsache, daß Einreisende in solchen Fällen immer wieder verschiedene Mittel einsetzten, so etwa das Verlassen des Reisebusses während der Kontrolle, um der Grenzkontrolle zu entgehen, wenn sie befürchteten, etwa wegen fehlender finanzieller Mittel zurückgewiesen zu werden. Wenn sich in einem solchen Fall der Einreisewillige der Grenzkontrolle stellen würde, würde im Wege der zuständigen Sicherheitsdirektion die Möglichkeit einer Unterbringung und einer Finanzierung des Aufenthaltes überprüft werden. Die belangte Behörde sei im vorliegenden Fall aufgrund des hier vorliegenden Sachverhaltes zu der Überzeugung gelangt, daß der Beschwerdeführer, möge er auch tatsächlich unter Österreichern im Reisebus, für den er eine Fahrkarte vorgelegt habe, eingereist sein, die Grenzkontrolle umgangen habe. Dafür, daß der Beschwerdeführer, obwohl sein Bruder in Österreich lebe, nicht über die für den Aufenthalt erforderlichen Mittel verfügt habe, spreche auch der Umstand, daß er sich unverzüglich nach seiner Einreise um Mittel aus der Bosnienhilfe bemüht habe. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG für die Ausweisung seien daher gegeben.
Abgesehen davon lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG vor, weil der Aufenthalt nach Umgehung der Grenzkontrolle gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 FrG nicht rechtmäßig sei und auch die für bosnische Kriegsflüchtlinge geltende Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 in der geltenden Fassung nicht zum Tragen komme, wenn sich der Einreisewillige nicht der Grenzkontrolle stelle. Dieses Aufenthaltsrecht nach der genannten Verordnung sei nach Auffassung der belangten Behörde auch deshalb nicht in Betracht gekommen, weil kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß der Beschwerdeführer - ein im Militärdienst stehender Feuerwehrmann - seine Heimat wegen der Kriegshandlungen habe verlassen müssen. Es sei daher die Ausweisung auch im Grunde des § 17 Abs. 1 FrG zu verfügen gewesen, zumal dem nicht § 19 leg. cit. entgegenstehe, weil bisher kein gemeinsamer legaler Aufenthalt mit Familienangehörigen im Bundesgebiet gegeben gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß ihm "gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit § 4 Abs. 2 der Verordnung BGBl. 402/93 und nunmehr auch im Sinne des § 1 Abs. 2 Verordnung BGBl. 368/94" eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich zukomme. Er habe sich gemäß § 10 Abs. 1 des Grenzkontrollgesetzes der Grenzkontrolle gestellt und habe seine Heimat Bosnien-Herzegowina wegen der dortigen Kriegshandlungen verlassen. An der slowenisch-österreichischen Grenze bei Spielfeld seien "österreichische Grenzbeamte" in den Bus gestiegen, um die Pässe der Reisenden zu kontrollieren. Es hätten sich, wie anhand der Pässe erkennbar gewesen sei, vorwiegend österreichische Staatsbürger in dem Bus befunden. Auch der Mann, der neben dem Beschwerdeführer gesessen sei, sei Österreicher gewesen. Als der Beschwerdeführer dem "Grenzbeamten" seinen Paß habe vorzeigen wollen, habe dieser abgewunken.
1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 368/1994, haben Staatsangehörige des genannten Staates, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. besteht dieses Aufenthaltsrecht weiters für die nach dem 1. Juli 1993 einreisenden und eingereisten Personen gemäß Abs. 1, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich der Fremde der Grenzkontrolle stellte und ihm entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde.
Die Ansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer nicht unter den von der genannten Verordnung erfaßten Personenkreis falle, kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Dem Erfordernis, sich der Grenzkontrolle zu stellen, wird nämlich nur durch ein Tun des Fremden entsprochen: Er hat von sich aus (INITIATIV) an der Grenzkontrollstelle an ein Grenzkontrollorgan zwecks Durchführung der Grenzkontrolle heranzutreten. Der Beschwerdeführer hat diesem Erfordernis nicht Rechnung getragen, weil er bei der Grenzkontrolle seinen Paß nicht vorgezeigt hat; der Beschwerdeführer hätte - selbst wenn, wie er behauptet, das Grenzkontrollorgan beim Vorzeigen des Passes "abgewunken" haben soll - an dieses zur Durchführung der Grenzkontrolle herantreten müssen. Mangels Vornahme einer Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Übertrittes des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet durch zu einer solchen Kontrolle berufene österreichische Organe (Grenzkontrollorgane) an einer Grenzkontrollstelle kam aber auch die Verwirklichung des weiteren, kumulativ zu erfüllenden Tatbestandsmerkmales "und ihm ... die Einreise gestattet wurde" nicht in Betracht, da ein "Gestatten" der Einreise ein entsprechendes Handeln des Grenzkontrollorganes im Rahmen der Grenzkontrolle bedingt (vgl. aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 30. November 1995, Zl. 94/18/0529).
Da dem Beschwerdeführer somit ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß der genannten Verordnung nicht zukam und er nicht dartut, aus welchem sonstigen Grund sein Aufenthalt rechtmäßig sein sollte, erfolgte dessen Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG zu Recht. Ein Eingehen auf die Beschwerdeausführungen, wonach der Beschwerdeführer seine Heimat wegen der Kriegshandlungen habe verlassen müssen, erübrigt sich daher.
2. Die Beschwerde hält den bekämpften Bescheid im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer bei einer Verwandten wohne und sich zudem sein Bruder (mit dessen Familie) in Österreich aufhalte.
Dieses Vorbringen ist verfehlt.
Selbst unter der Annahme eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zeigt dieses Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Einerseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Erkenntnis vom 7. Juli 1996, Zl. 96/18/0035 mwH). Andererseits sind die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleiben in Österreich angesichts seines kurzen Aufenthaltes in der Dauer von etwas mehr als vier Monaten, der zur Gänze unrechtmäßig war, nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären, als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse.
3. Wegen der zutreffenden Anwendung des § 17 Abs. 1 FrG braucht auf die in der Beschwerde ebenfalls relevierte Frage der Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG nicht mehr eingegangen zu werden.
4. Da - wie ausgeführt - dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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