VwGH 95/17/0613

VwGH95/17/061326.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 20. Oktober 1995, Zl. MD-VfR - A 4/95, betreffend Haftung gemäß § 7 WAO für Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG Wr 1946 §7;
LAO Wr 1962 §54 idF 1992/040;
LAO Wr 1962 §7 idF 1992/040;
AnzeigenabgabeG Wr 1946 §7;
LAO Wr 1962 §54 idF 1992/040;
LAO Wr 1962 §7 idF 1992/040;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Am 14. Jänner 1994 fand bei der A GmbH (im Folgenden: GmbH), über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 3. Dezember 1993 der Konkurs eröffnet worden war, eine abgabenbehördliche Revision (Nachschau) statt, die für näher bezeichnete Monate des Zeitraumes August 1990 bis einschließlich Dezember 1993 einen Rückstand an Anzeigenabgabe samt Säumniszuschlag ergab. Die bestellte Masseverwalterin anerkannte im Namen der Gesellschaft die Abgabepflicht, die ziffernmäßige Richtigkeit des ausgewiesenen Abgabenbetrages und das Revisionsergebnis. Dem Prüfungsbogen ist zu entnehmen, dass ab Dezember 1992 keine Unterlagen über die Abrechnung der Anzeigenabgabe vorgelegt werden konnten, sodass die Abgaben (Revisionsnachtrag November 1992 bis Oktober 1993 sowie amtliche Bemessung November und Dezember 1993) laut dem handschriftlichen Vermerk der Prüferin im Wege der Schätzung ermittelt werden mussten. Mit Abgabenerklärung vom 14. Jänner 1994 erklärte die Masseverwalterin Anzeigenabgabe für die Monate August und September 1990, Februar 1991 bis Jänner 1992, März bis September 1992 und November 1992 bis einschließlich Oktober 1993.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 1994 teilte die Abgabenbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, dass von der geprüften GmbH, deren im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer und daher verantwortlicher Vertreter er sei, Anzeigenabgabe nicht termingemäß entrichtet worden sei. Dadurch sei die gesetzliche Voraussetzung für seine Haft- und Zahlungspflicht gegeben. In diesem Schreiben wurde der Abgabenrückstand auf Grund der Erklärungen vom 12. November 1993 sowie vom 14. Jänner 1994 nunmehr mit S 167.271,79 (samt Säumniszuschlag) ausgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, sich zum vorliegenden Sachverhalt und zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

Der Beschwerdeführer äußerte sich mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 dahingehend, dass er sich gegen die Inanspruchnahme "seiner persönlichen Haftung" ausspreche, da er die Geschäftsführerpflichten nicht verletzt habe. Er könne nicht nachvollziehen, wie die Behörde zu der genannten Nachforderung komme, da die Prüfung ohne sein Beisein in der Kanzlei der Masseverwalterin stattgefunden habe. Er habe auch keinen Prüfungsbescheid bekommen. Er habe bei der Behörde vorgesprochen und nur ein Blatt namens "Anzeigenabgabe-Revision (Nachschau)" in Kopie erhalten, aus dem nicht hervorgehe, für welche Rechnungen die Anzeigenabgabe nicht bezahlt worden sein soll. Es möge sein, dass Rechnungen auf "unseren" (gemeint: der Gesellschaft) monatlichen Aufstellungen mit internen Namen bezeichnet worden seien, die mit dem offiziellen Firmenwortlaut auf der Rechnung nicht identisch und daher als nicht abgeführt angesehen worden seien. Er sei um die notwendigen Unterlagen bemüht und könne nach Erhalt der Unterlagen den Weg jeder einzelnen Rechnung nachvollziehen, zumal er alle Geschäftsunterlagen der Gesellschaft "säuberlich" aufbewahrt habe.

1.2. In dem mit 24. Oktober 1994 datierten Haftungsbescheid der Stadt Wien wurde der Beschwerdeführer für den Rückstand an Anzeigenabgabe der primärschuldnerischen GmbH in Höhe von S 167.271,79 für den Zeitraum August 1990 bis Oktober 1993 haftbar gemacht und zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert. Dieser Bescheid stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 des Gesetzes vom 21. September 1962 betreffend allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden der Stadt Wien verwalteten Abgaben, LGBl. Nr. 21/1962 (Wiener Abgabenordnung, im Folgenden: WAO). Der Beschwerdeführer sei im Handelsregister der primärschuldnerischen GmbH als Geschäftsführer eingetragen und habe weder die Bezahlung der vorgeschriebenen Abgaben veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe damit die ihm als Geschäftsführer auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft uneinbringlich sei. Der Rückstand setze sich wie folgt zusammen:

"Anzeigenabgabe 10/93 S 34.570,79 lt. Erklärung vom 12. November

1993

Säumniszuschlag 10/93 S 691,--

Anzeigenabgabe

RN 8/90 - 10/93 S 129.422,-- lt. Erklärung vom 14.01.1994

Säumniszuschlag

RN 8/90 - 10/93 S 2.588,--

S 167.271,79"

Dieser Bescheid konnte dem Beschwerdeführer beim Zustellversuch vom 27. Oktober 1994 nicht zugestellt werden.

1.3. Mit Schreiben vom 27. Jänner 1995 richtete der Beschwerdeführer ein als "Einspruch gegen eine Geschäftsführerhaftung" bezeichnetes Schreiben an den Magistrat der Stadt Wien. Er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der primärschuldnerischen GmbH gewesen und habe sich als solcher zur Erstellung der Buchhaltung und der monatlichen Abrechnungen immer qualifizierter Mitarbeiter bedient. Er selbst sei lediglich im Verkauf tätig gewesen, habe jedoch die in der Administration tätigen Mitarbeiter stichprobenartig überwacht. Im Rahmen seiner stichprobenartigen Überprüfungen habe er keinerlei Mängel festgestellt, was auch aus den seitens der "Stadtkasse" vorgenommenen früheren Prüfungen hervorgehe. Es seien bei den Vorprüfungen nur Differenzen in "geringfügigstem" Ausmaß festgestellt worden, weshalb es für den Beschwerdeführer "unerklärlich" sei, warum es bei der letzten Prüfung zu "erheblichen Feststellungen" gekommen sei. Hinsichtlich der festgestellten Differenzen treffe ihn persönlich keine Schuld bzw. sei ihm fahrlässiges Handeln nicht vorzuwerfen, da er die ihm obliegenden Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllt habe. Er spreche sich daher ausdrücklich gegen die Inanspruchnahme seiner persönlichen Haftung aus.

Mit Schreiben vom 1. Februar 1995 teilte er mit, dass er die Höhe des Abgabenrückstandes nunmehr nicht mehr bestreite, und verwies auf sein Schreiben vom 27. Jänner 1995. 1.4.1. Da der zuvor genannte Haftungsbescheid vom 24. Oktober 1994 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden konnte, fertigte der Magistrat der Stadt Wien am 29. März 1995 neuerlich einen inhaltsgleichen Haftungsbescheid aus, welcher vom Beschwerdeführer am 30. März 1995 persönlich bei der erstinstanzlichen Abgabenbehörde übernommen wurde.

1.4.2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 2. Mai 1995 Berufung. Er habe dargelegt, dass er sich für die Abrechnung, Buchhaltung und Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen und Abgaben qualifizierter Mitarbeiter bedient und diese überwacht und kontrolliert habe. Wenn sich die Behörde mit der Verantwortung des Beschwerdeführers auseinander gesetzt hätte, so hätte sie erkannt, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden treffe und er daher nicht zur Haftung herangezogen werden könne. Der Beschwerdeführer sei dadurch in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Der Bescheid sei auch rechtlich unrichtig, da sich diesem kein Hinweis auf eine schuldhafte Pflichtverletzung entnehmen lasse, die dazu führe, dass die Abgabe nicht eingebracht hätte werden können. Aus der Bescheidbegründung ergebe sich keinerlei schuldhaftes Verhalten, sondern lediglich das Vorhandensein eines Abgabenrückstandes. Auch habe der Bescheid keinerlei Ausführungen dazu enthalten, dass dem Beschwerdeführer der Abgabenrückstand bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen, was Voraussetzung für ein Verschulden an der Nichteinbringung sei. Zufolge dem in Berufung gezogenen Bescheid ergebe sich der Rückstand aus den Erklärungen vom 12. November 1993 und 14. Jänner 1994 samt entsprechenden Säumniszuschlägen. Bereits daraus ergebe sich, dass das Nichtveranlassen der Zahlung bzw. die Nichtabdeckung des Rückstandes kein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers darstelle. Was jenen Teil des Rückstandes betreffe, für den seine Haftung in Anspruch genommen werde, der von der Erklärung vom 12. November 1993 herrühre, sei festzustellen, dass unmittelbar nach dieser Erklärung die Zahlungsunfähigkeit der primärschuldnerischen GmbH eingetreten sei und er pflichtgemäß als Geschäftsführer den Konkurs angemeldet habe. Eine Zahlung der Anzeigenabgabe zwischen der Erklärung vom 12. November 1993 und der Konkurseröffnung hätte eine Gläubigerbevorzugung und somit ein gerichtlich strafbares Verhalten als Geschäftsführer dargestellt. Zum Zeitpunkt der Erklärung vom 14. Jänner 1994 sei das Konkursverfahren bereits eröffnet gewesen und diese Erklärung mit der Masseverwalterin erarbeitet worden. Eine Bezahlung der Abgaben zu diesem Zeitpunkt wäre mangels Verfügungsberechtigung über das Vermögen der primärschuldnerischen GmbH nicht mehr möglich gewesen. Schon allein auf Grund des eröffneten Konkursverfahrens sei es dem Beschwerdeführer begrifflich unmöglich gewesen, die Bezahlung der Anzeigenabgabe zu veranlassen bzw. für die Abwicklung des Rückstandes zu sorgen, sodass ihn auch keinerlei Verschulden daran träfe. Die Konkurseröffnung sei der Behörde bekannt gewesen.

Mit Schreiben vom 19. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aller Gläubiger eingeladen, zum Nachweis dafür, dass die primärschuldnerische GmbH in Bezug auf die am 12. November 1993 erklärten Abgabenschuldigkeiten bereits zahlungsunfähig gewesen sei, eine Liquiditätsaufstellung ab 1. Oktober 1993 bis zur Konkurseröffnung vorzulegen.

Am 27. Juni 1995 legte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Steuerberaters Mag. H. vor, welches folgenden Wortlaut hatte:

"Ich beziehe mich auf das Schreiben des Magistrat der Stadt Wien, betreffend die Anzeigenabgabe für Oktober 1993 und möchte Ihnen in diesem Zusammenhang mitteilen, dass die Firma A. ab dem 1. Oktober 1993 bis zur Konkurseröffnung auf Grund der bei mir vorhandenen Unterlagen Eingänge in Höhe von S 666.846,47 hatte. Dem gegenüber stehen Ausgaben in Höhe von S 546.579,01."

1.5. Infolge des rechtzeitig gestellten, nicht näher begründeten Vorlageantrages vom 4. August 1995 galt die Berufung wiederum als unerledigt. Die Berufungsvorentscheidung hat den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Haftung des Beschwerdeführers auf den Betrag von S 156.055,73 eingeschränkt wurde, da nach Abschluss des Konkurses die auf die Abgabenbehörde entfallende Quote in Höhe von S 11.216,06 bezahlt wurde.

1.6. Die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien wies mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 (dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid) die Berufung des Beschwerdeführers ab. Es stehe fest, dass die Abgabenforderungen (gegenüber der primärschuldnerischen GmbH) tatsächlich bestünden; sie würden vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Allerdings habe sich der Haftungsrückstand auf Grund der Zahlung auf insgesamt S 156.055,73 vermindert. Unbestritten stehe weiters fest, dass der Beschwerdeführer alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei. Über das Vermögen der primärschuldnerischen GmbH sei am 3. Dezember 1993 das Konkursverfahren eröffnet worden, womit feststehe, dass die Abgabenrückstände bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnten. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschrift des § 7 des Wiener Anzeigenabgabengesetzes 1983, wonach der Abgabepflichtige für jeden Monat bis längstens 14. des darauf folgenden Monats dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über die für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist den sich danach ergebenden Abgabenbetrag an die Stadt Wien bar oder mittels Überweisung einzuzahlen habe. Es sei Aufgabe des Geschäftsführers nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Der Umstand, dass der Geschäftsführer mit den erforderlichen Arbeiten eine Buchhalterin betraut sowie mit der Lohnbuchhaltung und allen steuerlichen und sonstigen betriebswirtschaftlichen Agenden einen Steuerberater beauftragt habe, enthebe den Geschäftsführer nicht der Pflicht, die beauftragten Personen bei ihrer Tätigkeit in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschlössen, dass ihm Steuerrückstände verborgen blieben. Die diesbezüglichen Berufungsausführungen gingen daher ins Leere, zumal der Rechtsmittelwerber es unterlassen habe darzulegen, wie - ohne sein Verschulden - trotz der behaupteten Kontrollen ein Abgabenrückstand dieser Größenordnung habe entstehen können. Was den Rückstand für Oktober 1993 anlange, sei dieser zur Gänze nicht bezahlt worden. Der Berufungswerber sei den Feststellungen in der Berufungsvorentscheidung vom 26. Juli 1995, dass er den Abgabengläubiger benachteiligt habe, im Vorlageantrag nicht entgegengetreten, weshalb ein Mangel an Verschulden nicht vorliege.

Nach der Rechtsprechung dürfe die Behörde bei schuldhafter Pflichtverletzung des Geschäftsführers, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei. Mit seiner Behauptung, es sei durch nichts erwiesen, dass der Geschäftsführer der Verursacher der Uneinbringlichkeit gewesen sei, verkenne der Geschäftsführer daher die Verteilung der Beweislast, zumal nichts dafür spreche, dass die Gesellschaft über keine Mittel verfügt habe.

1.7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung LGBl. Nr. 40/1992 lautet:

"Die in den §§ 54 ff. bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten haften neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung."

§ 54 Abs. 1 WAO in der zitierten Fassung bestimmt auszugsweise:

"Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. ..."

Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der primärschuldnerischen GmbH und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bzw. nach der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 der Umstand, dass die Abgabe beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, unbestritten.

2.2. Wenn der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin erblickt, dass die belangte Behörde auf Grund einer in der WAO nicht enthaltenen Beweislastregel von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgegangen sei, so ist er zunächst auf das zu § 9 BAO ergangene hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, Zl. 96/15/0049, zu verweisen, wonach es Aufgabe des Geschäftsführers ist darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe dafür Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hätte, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dies im Anwendungsbereich des § 7 WAO und im vorliegenden Verfahrenszusammenhang sowohl für die Stammfassung dieser Bestimmung als auch für deren Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 40/1992, der zufolge nicht mehr die Uneinbringlichkeit, sondern der Umstand, dass die Abgabe beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, bereits in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 1999, Zl. 97/17/0144 (unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1997, Zl. 96/17/0066), ausgesprochen. Auch wenn § 7 WAO keine ausdrückliche Verteilung der Beweislast vornimmt, so ist darin ein Haftungsanspruch des Abgabengläubigers in der Art eines Schadenersatzes zu sehen (vgl. auch dazu das eben zitierte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, wonach die Vertreterhaftung einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet sei, denn diese gesetzlich begründete Mitschuld habe ein pflichtwidriges Verhalten des Vertreters und einen dadurch bewirkten Einnahmenausfall des Abgabengläubigers zur Voraussetzung, vgl. ferner das zur WAO ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0428). Gemäß § 1298 ABGB hat derjenige, der vorgibt, an der Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert worden zu sein, hiefür den Beweis zu erbringen. Dieser in § 1298 ABGB für das Zivilrecht positivierte Rechtsgrundsatz hat auch im Abgabenrecht Gültigkeit, weshalb ein potenziell Haftungspflichtiger die Gründe darzutun hat, aus denen er an der Pflichterfüllung gehindert war (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, zum vergleichbaren § 9 BAO, S 126 f, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 11. September 1980, Zl. 653/80).

Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

2.3. Auch das Vorbringen, die primärschuldnerische GmbH habe bei und unmittelbar vor Konkurseröffnung nicht über die notwendigen Mittel verfügt, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, wobei die belangte Behörde die Bedeutung der Konkurseröffnung am 3. Dezember 1993 verkannt habe, ist nicht zielführend.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren ein Schreiben des Steuerberaters der GmbH vom 27. Juni 1995 vorgelegt hat, aus dem ersichtlich ist, dass diese im Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis "zur Konkurseröffnung" (diese erfolgte am 3. Dezember 1993) Eingänge in Höhe von S 666.846,47 hatte, denen Ausgaben in Höhe von S 546.579,01 gegenüberstanden. Schon deshalb durfte die Behörde davon ausgehen, dass zum damaligen Zeitpunkt Mittel zur Begleichung der offenen Abgabenverbindlichkeiten vorhanden waren.

Die Haftung nach § 7 WAO ist - ebenso wie jene nach § 9 BAO - eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus. Nach Abschluss des Konkurses ist, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, anzunehmen, dass der in der Konkursquote nicht mehr Deckung findende Teil der Abgabenforderung uneinbringlich sein wird. Da die Eröffnung des Konkursverfahrens und die bloß quotenmäßige Befriedigung des Abgabengläubigers in Höhe von S 11.216,06 unbestritten sind, liegt auch diese Tatbestandsvoraussetzung vor.

2.4. Jedenfalls aber hätte den Beschwerdeführer die Pflicht getroffen, unter Verwendung der liquiden Mittel den Abgabengläubiger - unter Beachtung des Gebotes der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - zu befriedigen.

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. erneut das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 22. September 1999, Zl. 96/15/0049, mwH).

2.5. Soweit sich der Beschwerdeführer dadurch beschwert erachtet, dass die Fälligkeitszeitpunkte der Abgaben aus dem angefochtenen Bescheid nicht zu erkennen seien, ist er auf den klaren Wortlaut des § 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22 idF LGBl. Nr. 1/1995, zu verweisen. Dieser bestimmt, dass der Abgabepflichtige für jeden Monat bis längstens 15. des darauf folgenden Monats dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über die für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist den sich darnach ergebenden Abgabenbetrag an die Stadt Wien bar oder mittels Überweisung einzuzahlen hat.

Dass es im Übrigen dementsprechend - was nur der Vollständigkeit halber bemerkt sei - auf den Zeitpunkt einer bescheidmäßigen Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe für die Prüfung der Haftungsvoraussetzungen nicht ankommt, hat der Verwaltungsgerichtshof ua in seinen Erkenntnissen vom 17. August 1998, Zl. 98/17/0038, und vom 25. Jänner 1999, Zl. 94/17/0229, ausgesprochen.

Da die Wiener Anzeigenabgabe eine Selbstbemessungsabgabe darstellt, deren Fälligkeit vom Gesetz festgelegt wird, ist der Bescheid auch aus diesem Blickwinkel nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.6. Die unter dem Titel "Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften" vorgetragenen Argumente stellen im Wesentlichen eine Wiederholung des bisherigen Beschwerdevorbringens dar, sodass es genügt, dazu auf das bisher Gesagte zu verweisen.

2.7. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich daher, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 26. Juni 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte