Normen
BAO §114;
GmbHG §89;
KVG 1934 §2 Z1;
KVG 1934 §2 Z2;
KVG 1934 §2 Z3 litb;
KVG 1934 §2 Z3;
BAO §114;
GmbHG §89;
KVG 1934 §2 Z1;
KVG 1934 §2 Z2;
KVG 1934 §2 Z3 litb;
KVG 1934 §2 Z3;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 18.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wurde 1992 durch Ausgliederung aus der Stadt Wels als Kapitalgesellschaft gegründet. Die Stadt Wels verblieb alleinige Gesellschafterin.
Mit Schreiben vom 24. Mai 1994 (Zl. 95/16/0302), vom 29. September 1994 (Zl. 95/16/0305), vom 27. Oktober 1994 (Zl. 95/16/0304) und vom 25. November 1994 (Zl. 95/16/0303) teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt Linz mit, vom Magistrat der Stadt Wels Zuschüsse über S 87,803.711,23 im Zeitraum 24. November 1993 bis 16. Mai 1994, S 69,838.245,80 im Zeitraum vom 16. Mai 1994 bis 20. September 1994, S 172,067.437,42 bis zum Stichtag 24. Oktober 1994 und S 6,412.251,93 vom 11. November 1994 bis 23. November 1994, somit insgesamt S 336,121.641,78 erhalten zu haben. Das Finanzamt erließ infolgedessen vier (vorläufige) Bescheide, mit denen der Beschwerdeführerin die Zahlung einer Gesellschaftsteuer von 1 % auf der Basis der jeweiligen Zuschüsse vorgeschrieben wurde, wobei als steuerpflichtiger Erwerbsvorgang in einem Fall "weitere Einzahlungen, Verlustübernahme" , in den drei anderen Fällen "freiwillige Leistung" angenommen wurden.
Die Beschwerdeführerin berief gegen sämtliche Bescheide und machte in ihren Berufungen geltend, die Kapitalzuführung durch ihre alleinige Gesellschafterin, der Stadt Wels, sei in Hinblick auf sinkende Besucherzahlen der Messe als zwingend notwendige "Sanierung" zu qualifizieren und stelle daher keine "freiwillige Leistung" im Sinn des § 2 Z. 3 lit. b KVG dar. Die Einbringung des Kapitals hätte außerdem zu keiner objektiven Werterhöhung der Gesellschaftsrechte geführt, da die Zuschüsse für die Sanierung von Betriebsliegenschaften dienten, welche zudem bereits bilanziert und somit im Wert des Geschäftsanteils mit enthalten gewesen wären.
Der konkrete Fall unterscheide sich von jenem des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1993, Zl. 92/16/0146, weil die Beschwerdeführerin im Gegensatz zu der dort betroffenen Gesellschaft mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet gewesen sei, sodaß die Zuschüsse das Eigenkapital der Beschwerdeführerin nicht überragt hätten.
In sämtlichen angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde nach abweisenden Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes die Berufungen der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die Leistungen der Beschwerdeführerin seien aus betriebswirtschaftlichen oder politischen Erwägungen, aber ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erfolgt. Mit Hinblick auf § 114 BAO werde die Steuerpflicht auch nicht von der Tatsache berührt, daß alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin eine Körperschaft öffentlichen Rechts sei. Die nach § 2 Z. 3 lit. b KVG zu fordernde objektive Werterhöhung der Gesellschaftsanteile liege bei Geldleistungen im Regelfalle vor, zumal nach herrschender Ansicht auch bei Verlustabdeckungen, selbst wenn eine Überschuldung dadurch nicht voll beseitigt werde, die Gesellschaftsteuerpflicht bejaht werde. Weiters sei es für die Steuerpflicht nach § 2 Z. 3 lit. b KVG irrelevant, ob die Kapitalzufuhr unter Umständen steuerfrei geblieben wäre, wenn sie noch vor Umgründung der Beschwerdeführerin erfolgt wäre.
Gegen diese vier Bescheide wenden sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und nach Ablehnung der Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht auf Gesellschaftsteuerfreiheit und auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens verletzt.
Das Bundesministerium für Finanzen legte die Verwaltungsakten sowie die Gegenschriften der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung verbunden und über sie erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 1 KVG 1934 in der im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide bereits geltenden Fassung BGBl. Nr. 629/1994 ist der erste Teil dieses Gesetzes in der novellierten Fassung für alle Rechtsvorgänge anzuwenden, für welche die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 1994 entstand. Hier entstand die Steuerschuld gemäß § 4 Abs. 1 BAO jeweils vor dem 31. Dezember 1994, weshalb das KVG in der Fassung des BGBl. Nr. 818/1993 (im folgenden: KVG) anzuwenden ist.
Gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiele: Verzicht auf Forderungen, Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung, Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft durch die Gesellschafter zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung).
Nach ständiger Rechtsprechung ist als "freiwillige" Leistung im Sinn der zitierten Bestimmung jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft zu verstehen, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1993, Zl. 92/16/0146, vom 16. Dezember 1993, Zl. 92/16/0065, und vom 17. Februar 1994, Zl. 92/16/0089).
Die Beschwerdeführerin brachte zunächst vor, die Leistungen der Stadt Wels wären unfreiwillig erfolgt, weil die Stadt als alleinige Gesellschafterin gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, der Gesellschaft nach erfolgter Ausgliederung am 31. Dezember 1992 Kapital zuzuführen. Dies sei auch noch zeitnah im Jahr 1993 geschehen. Die Beschwerdeführerin führt allerdings in der Folge nicht aus, auf welcher gesetzlichen Grundlage eine solche Verpflichtung bestehen könnte. Allfällige Verpflichtungen aus dem Umgründungssteuergesetz 1988 können in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, da Gegenstand der Gesellschaftsteuer nicht die Umgründung, sondern die Kapitalzufuhr war. Ebensowenig kann die behauptete gesetzliche Verpflichtung aus dem GmbH-Gesetz abgeleitet werden.
Die Beschwerdeführerin führte weiters aus, ein Messeunternehmen sei eine Gesellschaft besonderer Art, da es als Wirtschaftsmotor einer Region dienen könne. Ihr alleiniger Gesellschafter, die Stadt Wels, könne es sich daher aus realpolitischen Erwägungen nicht leisten, dem Untergang des Unternehmens tatenlos zuzusehen. Dieser "reale" Zwang sei dem "gesetzlichen" im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG gleichzuhalten, zumal die Stadt als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und nicht als Gesellschafterin gehandelt habe.
Den verba legalia des § 2 Z. 3 lit. b KVG kann unmittelbar nicht entnommen werden, ob ein "realpolitischer" Zwang die Freiwilligkeit ausschließt. Als abgabenrechtlicher Tatbestand ist § 2 Z. 3 lit. b KVG und damit auch der Begriff der "Freiwilligkeit" jedenfalls nach dem Zweck des KVG und nach dem Inhalt des § 2 Z. 3 KVG selbst auszulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zl. 94/16/0225). Sinn und Zweck des Teil I des KVG ist es, die Stärkung inländischer Kapitalgesellschaften durch Zuführung von Kapital zu besteuern (Dorazil, KVG, Kurzkommentar, Wien 1992, Rz 1 zu § 2). Während durch die Z. 1 des § 2 KVG der Erwerb von Gesellschaftsrechten einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerb steuerlich erfaßt wird, soll durch Z. 2 und 3 des § 2 KVG eine spätere Veränderung (Erhöhung) der Gesellschaftsrechte erfaßt und dadurch das Gesamtbild des § 2 KVG abgerundet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1987, Zl. 85/15/0192). Liest man die Bestimmungen der Z. 1, 2 und 3 des § 2 KVG nun zusammen, so kann als "freiwillig" im Sinn des § 2 Z. 3 KVG eine Leistung nur dann angesehen werden, wenn sie nicht auf einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung (also weder gesetzlichen noch vertraglichen) Verpflichtung beruht (Z. 2). "Realpolitische" Zwänge sind von Z. 3 schon allein deshalb nicht umfaßt, weil die Motive des zuschießenden Gesellschafters keine Rolle spielen. Die Privilegierung solcher Motive wäre überdies mit der gemäß § 114 BAO erforderlichen Gleichbehandlung aller Abgabenpflichtigen unvereinbar.
Ebensowenig kann der Auffassung der Beschwerdeführerin gefolgt werden, die Stadt Wels habe als öffentlich-rechtliche Körperschaft gehandelt und sei daher nicht als Gesellschafterin aufgetreten. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 19. April 1995, Zl. 93/16/0044, und dem schon zitierten Erkenntnis vom 25. März 1993 dargelegt hat, verfolgen Körperschaften öffentlichen Rechts auch eigene wirtschaftliche Interessen, wenn sie aus öffentlichen Mitteln Subventionen gewähren, die einer Gesellschaft zukommen, deren Gesellschafter sie sind; die gleichzeitige Verfolgung öffentlicher Zwecke schließt Gesellschafterinteressen keineswegs aus. Somit ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, daß die Kapitalzufuhr der Stadt Wels "freiwillig" im Sinn des § 2 Z. 3 lit. b KVG erfolgte.
Neben der Freiwilligkeit der Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung die objektive Eignung, den Wert von Gesellschaftsrechten zu erhöhen, weitere Voraussetzung des § 2 Z. 3 lit. b KVG. Die Beschwerdeführerin brachte vor, die Zuschüsse hätten nicht verhindern können, daß die Gesellschaft weiterhin "rote Zahlen" schrieb. Takacs (KVG, Grenzverlag 1990, 50 und 53) sowie der dort zitierten Rechtsprechung sei zu entnehmen, nur jene Leistungen unterlägen der Gesellschaftsteuer, denen der "Erfolg" beschieden sei, das Gesellschaftskapital zu verbreitern, oder die Rechte der Gesellschafter zu erhöhen.
Nach heute ständiger Rechtsprechung ist der Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung nicht erforderlich; vielmehr reicht die objektive "Eignung" der Leistung, den Erfolg der Wertsteigerung zu bewirken (siehe das schon zitierte Erkenntnis vom 19.April 1995 m. w.N.). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, daß selbst die Abdeckung von Verlusten als wertsteigernd im Sinn des § 2 Abs. 3 lit. b KVG zu qualifizieren ist (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994). Überhaupt wird bei Geldleistungen die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, im Regelfall zu bejahen sein, soweit ihnen als Sonderleistung nicht eine Gegenleistung gegenübersteht (Egly/Klenk Gesellschaftsteuerkommentar4, 148), bzw. soweit die Leistung nicht zurückgezahlt werden muß (Kinnebrock/Meulenbergh, Kapitalverkehrsteuergesetz5, 93). Nur dann, wenn der Zuschuß an eine bereits in Liquidation befindliche Kapitalgesellschaft geleistet wird, ist die Wertsteigerung im Sinn des § 2 Abs. 3 lit. b KVG ausgeschlossen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 93/16/0103).
Die Beschwerdeführerin rügt weiters, daß die belangte Behörde nicht inhaltlich auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend das schon mehrfach genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1993 eingegangen sei. In ihrer Berufung führte die Beschwerdeführerin nämlich aus, dem zitierten Erkenntnis könne entnommen werden, daß Kapitalzuschüsse nur dann gesellschaftsteuerpflichtig sind, wenn sie das Eigenkapital der betroffenen Gesellschaft übersteigen.
Abgesehen davon, daß die Zuschüsse der Stadt Wels im Zeitraum 24. November 1993 bis 23. November 1994 insgesamt S 336,121.641,78 ausmachten und damit über dem Eigenkapital von S 248,000.000,-- lagen, kann eine derartige Auslegung des § 2 Z. 3 lit. b KVG dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes keinesfalls unterstellt werden. In seinen Erwägungen nahm der Verwaltungsgerichtshof keinen Bezug auf den Umstand, daß in jenem Fall das Eigenkapital geringer als die Zuschüsse war, sondern stützte die Steuerpflicht des Gesellschafters ausschließlich auf die objektive Eignung der Kapitalzufuhr zur Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile. Diese ist aber auch gegeben, wenn die Zuschüsse das Ausmaß des Eigenkapitals nicht erreichen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. In Anbetracht der durch die zitierten Judikatur geklärten Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. September 1998
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